Eine Erklärung zum bapt. Glaubensbekenntnis(1689) für heute.

Basiert auf "Biblische Lehre" - aber damit die Praxis nicht zu kurz kommt, ein Extra-Forum

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Jörg
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I. Die Tatsache des Beharrens (Abschnitt 1)


Abschnitt 1 legt mit einfachen Worten dar, was das Beharren der Heiligen bedeutet und genau beinhaltet. Zwei Dinge werden dabei besonders hervorgehoben: Die betroffenen Personen und die Bedeutung und der genaue Inhalt des Beharrens. Wenn man von den Personen spricht, die das Beharren betrifft, dann beinhaltet dies zwei Fragen: „Wer sind die, die beharren?“ Diejenigen, denen die Gabe des Ausharrens verliehen wird, werden hier auf vierfache Weise beschrieben. Sie sind diejenigen, die „in dem Geliebten angenommen“ wurden, nicht diejenigen, wie man heute oft sagt, die Jesus als ihren Heiland angenommen haben. Sie sind diejenigen, die „wirksam berufen“ worden sind, nicht nur solche, die allgemein durch das Evangelium gerufen wurden und auf irgendeine Weise darauf reagiert haben. Sie sind diejenigen, die „durch seinen Geist … geheiligt“ wurden, nicht lediglich alle, die ein äußerliches Bekenntnis abgelegt haben und einen äußerlichen Lebenswandel vollzogen haben. Sie sind diejenigen, „denen er den kostbaren Glauben seiner Erwählten gegeben hat“, nicht einfach jeder, der sich als gläubig bezeichnet. Das ist sehr wichtig. Das Beharren der Heiligen bedeutet nicht, dass alle, die behaupten, Christen zu sein, oder es in unseren Augen zu sein scheinen, beharren werden. Nur für die wahren Heiligen gilt, dass sie beharren werden. Das ist die überzeugende Antwort auf das Argument aus der Erfahrung, das gegen diese Lehre vorgebracht wird. Wenn Christen über diese Lehre diskutieren, hört man oft den Satz: „Ich kenne jemanden, der ein Christ war, aber vom Glauben abgefallen und in seinen Sünden gestorben ist.“ Es handelt sich hier nicht um die Lehre vom Beharren aller derjenigen, die sich Christen nennen, oder wenigstens all derer, die Christen zu sein scheinen. Es geht um die Lehre vom Beharren der Heiligen.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Die Bedeutung des Beharrens setzt sich mit der Frage auseinander: „Was ist Beharren?“ Diese Frage lässt sich dadurch klären, dass wiederum eine Reihe anderer Fragen beantwortet wird. Worin beharren sie? Beharren hat an sich keine Bedeutung. Es muss das Beharren in einer bestimmten Sache sein. Das Bekenntnis sagt uns, dass es um das Beharren im Stand der Gnade geht. Der Stand der Gnade ist, objektiv betrachtet, der Stand oder die Stellung, in der man von Gottes Zorn errettet und unter seine väterliche Liebe und Gnade gebracht wurde. Subjektiv betrachtet geht es um den Stand, in dem man den Geist Gottes und seine Früchte im Herzen trägt. Das baptistische Glaubensbekenntnis von 1689 erwähnt in Abschnitt 1 viele dieser Früchte. Nach den Aussagen der Heiligen Schrift beharrt der Gläubige vor allen Dingen im Glauben (1Kor 15,1-2; Kol 1,23; Hebr 10,39; 1Joh 5,1-5), aber auch in der Buße (Hes 16,60; Mt 5,4; 1Joh 1,7-9), der Liebe (Joh 15,9; 1Joh 3,14-15), der Hoffnung (Kol 1,23; 1Thess 1,3) und in der Freude (Mt 13,44). Auch wenn ein Christ selbst das eigene Empfinden für diese Gnaden verlieren mag und wenn sie bei ihm sogar für andere nicht mehr wahrnehmbar sind, werden diese Gnaden dennoch niemals völlig ausgelöscht, selbst wenn ein Christ in schwere Sünde verfällt.

Ein Argument, das häufig gegen die Lehre vom Beharren vorgebracht wird, besagt, dass dies denjenigen, die glauben, eine Lizenz zum Sündigen erteilen würde. Aber das genaue Gegenteil ist der Fall. Beharren ist das Beharren im Glauben, in der Buße, in der Liebe, in der Hoffnung und in der Freude am Evangelium. Jemand, der von sich im gegenwärtigen Augenblick nicht sagen kann, dass er diese Gnaden besitzt, kann aus dieser Lehre kaum die Zustimmung dafür ableiten, weiter zu sündigen. Wie lange beharren sie? Die Antwort des Bekenntnisses lautet: „bis ans Ende“. Das heißt, sie beharren bis zu ihrem Tod oder dem zweiten Kommen Christi (Mt 24,13; 2Tim 4,7). Wofür beharren sie? Auch hier antwortet das Bekenntnis sehr klar, dass sie zur ewigen Errettung beharren (Hebr 3,6.14; 10,39). Dies muss gegenüber denjenigen verfochten werden, die das Beharren nur für eine Möglichkeit unter vielen halten. Wir beharren nicht nur für ein paar zusätzliche Belohnungen, sondern für die Errettung selbst. Wie sicher ist ihr Beharren? Das Bekenntnis sagt konkret, dass die Heiligen „darin gewiss bis ans Ende beharren werden“. Das Beharren der Heiligen besagt nicht, dass es die meisten schaffen werden oder dass die Christen gewöhnlich beharren, sondern dass jeder wahre Christ mit Sicherheit beharren wird.

Warum ist es notwendig zu beharren? Ein Wörterbuch definiert Beharren folgendermaßen: „trotz Schwierigkeiten oder Widerstand fortfahren, etwas zu tun“. Das Bekenntnis hebt diesen Aspekt im zweiten Teil von Abschnitt 1 und in Abschnitt 3 besonders hervor. Beharren ist notwendig, denn das christliche Leben ist ein Kampf — ein Krieg gegen viele Feinde, die uns davon abbringen wollen, schlussendlich errettet zu sein (2Tim 4,7). Dies bedeutet Laufen, Kämpfen und Auf-der-Hut-Sein. Wir dürfen uns nicht wundern oder daran zweifeln, dass wir errettet sind, wenn unser christliches Leben von Hindernissen, Rückschlägen und Sünden durchzogen zu sein scheint. Das christliche Leben und die letztendliche Errettung beinhalten eben echtes Beharren.
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Jörg
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II. Die Grundlagen für das Beharren (Abschnitt 2)

A. Ihre Vorbedingung

Nichts kommt häufiger vor, als dass Leute die Bibel mit einer voreingenommenen Haltung lesen, die nicht im Licht der Heiligen Schrift geprüft wurde. Eine dieser Annahmen ist die unbiblische Meinung, dass der freie Wille bei der Errettung eine entscheidende Funktion hat. Wenn wir den gewichtigen Argumenten gerecht werden wollen, die für das Beharren der Heiligen sprechen, dann muss diese Annahme überprüft, verworfen und durch eine andere ersetzt werden. Wir müssen zu der Einsicht gelangen, dass das Beharren der Heiligen nicht von ihrem freien Willen abhängig ist. Wir müssen an diese Lehre mit dem Vorverständnis herangehen, dass bei der Errettung nicht der freie Wille, sondern die freie Gnade den Ausschlag gibt. Die Gnade lenkt unseren Willen und geht diesem voran. Die Bibel lehrt, dass nicht der freie Wille, sondern Gottes Gnade den entscheidenden Platz bei der Errettung einnimmt (Joh 6,37.44; Röm 9,16; Phil 2,12-13). Im Bekenntnis heißt es: „Dieses Beharren der Heiligen beruht nicht auf ihrem eigenen freien Willen“ (17,2). Da dies die biblische Voraussetzung darstellt, ist es die einzige Voraussetzung, von der aus die biblischen Aussagen in der rechten Weise beurteilt werden können. Ansonsten werden wir die Voraussetzung des freien Willens in all diese Stellen hineinlesen. Nichts könnte uns dann noch von etwas anderem überzeugen.


B. Ihre Kennzeichen

1. Die Unveränderlichkeit des Ratschlusses der Erwählung
Da die Gläubigen auf Grund des unwandelbaren Ratschlusses berufen worden sind und Glauben empfangen haben, werden sie auch künftig wirksam berufen bleiben und bis ans Ende Glauben empfangen (Mt 24,22.24.31; Röm 8,30; 9,11; 11,2.29; Eph 1,5-11).

2. Die Wirksamkeit des Werkes Christi
Die Bibel zeugt sowohl von der Wirksamkeit des Werkes Christi als auch von der Unauflöslichkeit unserer Einheit mit Christus. Die Einheit mit Christus in der Erwählung (Eph 1,4), Erlösung (Röm 5,9-10; 8,31-34; 2Kor 5,14) und Berufung (Joh 10,28-29; 14,19; Röm 8,35-38; 1Kor 1,8-9) ist, wenn sie einmal vorhanden ist, unveränderlich und unwiderruflich. Daher wird das Volk Christi durch die Kraft Christi, die in ihm wohnt, im Stand der Gnade beharren.
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Jörg
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3. Die unaufhörliche Innewohnung des Heiligen Geistes
Mit „unaufhörlich“ ist hier die Vorstellung gemeint, dass die Innewohnung des Heiligen Geistes nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft ist. Die ersten drei Begründungen für das Beharren richten ihre Aufmerksamkeit insbesondere auf Gott den Vater im Ratschluss der Erwählung, Gott den Sohn im Erlösungswerk und auf Gott den Heiligen Geist bei der Zueignung des Heils. Alle drei Personen der Trinität sind an der Gabe des Beharrens beteiligt. Im Bekenntnis ist davon die Rede, „dass der Geist und der Same Gottes in ihnen bleiben“ (17,2). Hierbei geht man davon aus (und dem stimme ich zu), dass sich der in der Heiligen Schrift erwähnte Same Gottes auf die Innewohnung des Geistes Gottes bezieht (1Joh 3,9). 1. Johannes 3,9 — wie auch immer die Aussage, dass die aus Gott Geborenen nicht sündigen, genau zu verstehen ist — lehrt nachdrücklich und unmissverständlich das Beharren der Heiligen. Die parallelen Aussagen über die Wiedergeburt in 1. Johannes unterstreichen dies (1Joh 2,19-20.27; 5,4.18). Auch das Evangelium des Johannes bekräftigt ganz eindeutig, dass die Wiedergeburt das Werk des Heiligen Geistes ist (Joh 3,3-8). Andere Bilder, die im Zusammenhang mit dem Werk des Geistes gebraucht werden, enthalten denselben Gedanken. Der Heilige Geist wird als der beschrieben, der die Gläubigen versiegelt (2Kor 1,22; Eph 1,13; 4,30). Drei eng miteinander verbundene Vorstellungen werden durch das griechische Verständnis vom Versiegeln vermittelt: die Beglaubigung der Echtheit (Joh 6,27), die Bewahrung vor Fälschung (Mt 27,66) und die Kennzeichnung des Eigentums (Offb 7,3-4; 9,4). Wenn dies auf die Versiegelung durch den Heiligen Geist angewandt wird, führt jede dieser Deutungen direkt zur Lehre vom Beharren der Gläubigen. Der Heilige Geist wird auch als Anzahlung beschrieben, ein Guthaben, ein Unterpfand, eine Abschlagszahlung (2Kor 1,22; 5,5; Eph 1,14). Die Vorstellung, dass ein wahrer Gläubiger, der das Unterpfand des Heiligen Geistes besitzt, völlig und endgültig vom Glauben abfällt, setzt folglich konkret voraus, dass Gott seinen eigenen in aller Aufrichtigkeit gegebenen Versprechungen nicht nachkommt. In der Lehre vom Beharren steht die Treue Gottes selbst auf dem Spiel, und diese wird durch die Lehre, dass man vom Glauben wieder abfallen könne, angegriffen.
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Jörg
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4. Die Zuverlässigkeit von Gottes Eid
Da ein Bund eine Verheißung ist, die durch einen Eid bekräftigt wurde, steht der Verweis des Bekenntnistextes auf den „Eid Gottes“ in engem Zusammenhang mit dem späteren Hinweis auf den „Gnadenbund“.3 Es wird hierbei eindeutig auf Hebräer 6,16-20 angespielt. Diese Schriftstelle weist auf die Tatsache hin, dass Gott seinem Volk nicht nur eine Verheißung gegeben hat, sondern auch seinen Eid. Der Gott, der seine Versprechungen immer einhält und für den es deshalb keinen Grund gibt, weshalb er seine Verheißungen durch einen Eid bekräftigen sollte — der Gott, der bei niemand Höherem als bei sich selbst schwören kann — er hat seine Verheißungen dadurch bekräftigt, dass er bei sich selbst einen Eid schwor. Der einzige Grund für all dieses scheinbar sinnlose Bemühen und überflüssige Schwören auf der Seite Gottes liegt im Trost für wahre Gläubige begründet. Er tut dies, um uns damit „einen starken Trost“ und „einen sicheren und festen Anker der Seele“ zu geben (Hebr 6,18-19).


5. Die Unfehlbarkeit des Gnadenbundes
Die Unfehlbarkeit des Gnadenbundes besagt, dass er nicht scheitern kann. Gottes Gnadenbund versagt nicht darin, die zu erretten, die mit ihm in einem Bund stehen. All diejenigen, die im Bund sind, werden tatsächlich und ohne Ausnahme errettet. Im Bekenntnis von 1689 bezeichnet der Ausdruck „Gnadenbund“ den einen Heilsplan oder die ein Erlösungsabsicht Gottes, die sich vom Anfang bis zum Ende der Welt erstreckt. Die volle Offenbarung des Gnadenbundes war im Neuen Testament abgeschlossen (vgl. Kapitel 7,3). Auch wenn der Neue Bund nicht mit dem Gnadenbund gleichgesetzt werden darf, so geschieht die definitive Offenbarung des Gnadenbundes doch im Neuen Testament (oder Neuen Bund). In Jeremia 31,31-34 findet sich eine Zusammenfassung des Neuen Bundes. Man beachte, wie dort der Alte dem Neuen Bund mit den Worten „nicht wie“ (Jer 31,32) gegenübergestellt wird. Der Alte Bund konnte gebrochen werden. Er stellte das Heil oder das Beharren derer, die zu ihm gehörten, nicht sicher (Jer 31,32; Hebr 8,7-8). Darin bestand sein „Mangel“ (NGÜ). Beim Neuen Bund ist dies anders. Er sichert denjenigen, die zu ihm gehören, das Heil und das Beharren zu (Jer 31,33-34; 32,40; Hebr 10,11-18). Die Vorstellung, dass jemand, der echten Anteil am Neuen Bund hat und der wirklich zum Neuen Bund gehört, nicht mehr darin verbleiben und beharren und schlussendlich verloren gehen könnte, ist der Bibel fremd. Auch die Meinung, dass die kleinen Kinder von Gläubigen zum Neuen Bund gehören, erfordert die zusätzliche Annahme, dass sie alle auch beharren werden und gerettet sein werden. Kein Kindertäufer glaubt das. Die Heilige Schrift macht deutlich, dass jeder, der jemals in den Neuen Bund gekommen ist, schließlich errettet werden wird. Uns wird persönlich unser Beharren bis ans Ende und unser Heil zugesagt! Das Beharren der Heiligen ist keine abstrakte Wahrheit, sondern eine persönliche Zuversicht. Die verwendeten Bilder beinhalten dies: Es ist ein Siegel, ein Anker, ein Unterpfand. Ein Christsein, das durch einen Mangel an echter Gewissheit gekennzeichnet ist, ist ebenso mangelhaft wie ein Christsein, das sich durch falsche Gewissheit auszeichnet.
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C. Ihre Folgen
Als Ergebnis all dieser bedeutenden biblischen Wahrheiten muss die Lehre vom Beharren der Heiligen als absolut sicher betrachtet werden. Es muss daher nicht notwendigerweise der Versuch unternommen werden, jede schwierige Stelle, welche Arminianer dagegen vorgebracht haben, genau zu erklären. Denn da die entscheidenden Grundlagen für diese Lehre, wie sie eben dargestellt wurden, durch solche schwierigen Stellen nicht widerlegt werden können, bleiben diese Stellen in ihrer Auslegung zwar schwierig, stellen aber keinen Widerspruch zu der Lehre an sich dar.

D. Die gute Lösung für Rückfälle
Wahre Gläubige erneuern ihre Buße und ihren Glauben an Christus (Lk 22,32.61-62; 1Kor 11,32). So wie die Erwählten nicht sterben werden, bevor sie sich bekehren, werden die Wiedergeborenen nicht sterben, bevor sie Buße getan haben. Dies ist ein entscheidendes Argument gegen die Einflüsterungen Satans: „Wenn du sündigst, kannst du ja Buße tun.“ Ja, es wird so sein, aber wahre Buße besteht darin, dass man die Sünde quasi erbricht. All die Freude beim Essen des leckeren Sündenbissens wird durch die schreckliche Übelkeit und das Erbrechen mehr als dahin. Für einen wahren Christen ist mit Sünde immer mehr Elend als Freude verbunden! Die modernen oberflächlichen Christen haben sich gegen die Lehre vom Beharren der Heiligen gewandt und stattdessen eine Lehre aufgestellt, die allgemein unter dem Begriff „ewige Heilssicherheit“ bekannt wurde. Während das Bekenntnis in gewisser Hinsicht die ewige Heilssicherheit lehrt, vertritt es doch nicht die landläufige Meinung, die ewige Heilssicherheit bedeute, dass man errettet ist, ganz egal wie man lebt und unabhängig davon, ob sie über die schweren Sünden, in die sie fallen, Buße tun.
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Um diese Ansicht zu stützen, werden oft mehrere Stellen angeführt: 1. Korinther 11,29-32 wird in Kapitel 30 behandelt. Hebräer 6,4-6 und 10,26-39 sprechen eindeutig von denjenigen, die letztlich verloren gehen, und nicht von Christen, die schlussendlich trotz ihrer Rückfälle in den Himmel gelangen (Hebr 6,8-9; 10,39). In 1. Joh 5,16-17 ist von der „Sünde zum Tod“ die Rede. Diese Sünde zum Tod wurde häufig so gedeutet, als ginge es dabei um Christen, die in ihrer Sünde verharren und die daher von einem betrübten Vater mit dem leiblichen Tod geschlagen werden. Es lassen sich mehrere überzeugende Entgegnungen gegen diese Auslegung ins Feld führen: Erstens heißt es in diesem Text „Tod“ und nicht verfrühter, leiblicher Tod. Da alle Christen sterben, kann der leibliche Tod nicht als Gericht betrachtet werden. Zweitens darf der Gegensatz zwischen dem Tod in 1. Johannes 5,16-17 und der Erwähnung des ewigen Lebens in 5,11-13.20 nicht außer Acht gelassen werden (vgl. den ähnlichen Gegensatz in 1Joh 3,14-15). Der Gegensatz, den dieser Abschnitt vor Augen hat, besteht nicht zwischen dem irdischen Leben und dem leiblichen Tod, sondern zwischen dem ewigen Leben und dem ewigen Tod. Drittens werden die Ausdrücke „Tod“ und „Leben“ in 1. Johannes niemals nur für das irdische Leben und den leiblichen Tod gebraucht. Viertens werden im unmittelbaren Textzusammenhang diejenigen, welche die Sünde zum Tod begangen haben, denen gegenübergestellt, die aus Gott geboren sind, wobei gesagt wird, dass diejenigen, die wahrhaft wiedergeboren sind, die Sünde zum Tod nicht begehen können (1Joh 5,18; 3,9). Schließlich bietet die historische Situation, in welcher der 1. Johannesbrief entstanden ist, genügend Anhaltspunkte, um diejenigen zu benennen, welche die Sünde zum Tod begangen haben. Im ganzen 1. Johannesbrief wendet sich der Schreiber gegen die gnostischen Scheinchristen, die von Christus abgefallen und zum Verderben bestimmt waren (1Joh 2,18-22; 4,1-6). Die Sünde zum Tod ist die Leugnung des Evangeliums Christi, was die gnostischen Scheinchristen getan hatten.
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18. Über die Gewissheit der Gnade und Errettung

1. Auch wenn es sein kann, dass diejenigen, die eine Zeit lang glauben, und andere nicht wiedergeborene Menschen sich selbst mit falschen Hoffnungen und fleischlichen Anmaßungen vergeblich damit betrügen, dass sie unter Gottes Gunst und im Stand der Errettung seien, wird ihre Hoffnung zu Grunde gehen.1 Doch diejenigen, die wirklich an den Herrn Jesus glauben und ihn aufrichtig lieben, indem sie sich bemühen, mit völlig reinem Gewissen vor ihm zu leben, können in diesem Leben völlig gewiss sein, dass sie im Stand der Gnade sind, und können sich der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes rühmen, eine Hoffnung, die sie niemals zuschanden werden lassen wird.2
1. Jer 17,9; Mt 7,21-23; Lk 18,10-14; Joh 8,41; Eph 5,6-7; Gal 6,3.7-9.
2. Röm 5,2.5; 8,16; 1Joh 2,3; 3,14.18-19.24; 5,13; 2Petr 1,10.

2. Diese Gewissheit ist nicht nur eine mutmaßliche und wahrscheinliche Überzeugung, die auf einer fehlbaren Hoffnung beruht, sondern eine unfehlbare Glaubensgewissheit,1 die sich auf das Blut und die Gerechtigkeit Christi, wie sie im Evangelium offenbart sind,2 auf den inneren Erweis der Gnadengaben des Geistes, die verheißen worden sind,3 und auf das Zeugnis des Geistes der Kindschaft gründet, der zusammen mit unserem Geist Zeugnis gibt, dass wir Kinder Gottes sind.4 Als Frucht davon bewahrt sie das Herz sowohl in einer demütigen als auch heiligen Haltung.5
1. Röm 5,2.5; Hebr 6,11.19-20; 1Joh 3,2.14; 4,16; 5,13.19-20.
2. Hebr 6,17-18; 7,22; 10,14.19.
3. Mt 3,7-10; Mk 1,15; 2Petr 1,4-11; 1Joh 2,3; 3,14.18-19.24; 5,13.
4. Röm 8,15-16; 1Kor 2,12; Gal 4,6-7.
5. 1Joh 3,1-3.
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3. Diese unfehlbare Gewissheit gehört nicht so zum Wesen des Glaubens, dass ein wahrer Gläubiger nicht auch lange darauf warten und mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen haben könnte, bis er an ihr teil hat.1 Doch durch den Geist dazu befähigt, die Dinge zu erkennen, die ihm von Gott frei gegeben sind, kann er sie ohne eine außergewöhnliche Offenbarung durch den rechten Gebrauch der Mittel erlangen.2 Darum haben alle die Pflicht, allen Fleiß anzuwenden, sich ihrer Berufung und Erwählung zu vergewissern, damit ihr Herz dadurch an Frieden und Freude im Heiligen Geist, an Liebe und Dankbarkeit gegenüber Gott und an Kraft und Bereitwilligkeit in den Pflichten des Gehorsams zunimmt, welche die besonderen Früchte dieser Gewissheit sind. Dies ist sehr weit davon entfernt, Menschen zur Nachlässigkeit zu verleiten.3
1. Apg 16,30-34; 1Joh 5,13.
2. Röm 8,15-16; 1Kor 2,12; Gal 4,4-6 verglichen mit Gal 3,2; 1Joh 4,13; Eph 3,17-19;
Hebr 6,11-12; 2Petr 1,5-11.
3. 2Petr 1,10; Ps 119,32; Röm 15,13; Neh 8,10; 1Joh 4,16.19; Röm 6,1-2.11-13; 14,17;
Tit 2,11-14.

4. Die Heilsgewissheit von wahren Gläubigen kann auf verschiedene Weise erschüttert, geschwächt oder unterbrochen werden, beispielsweise dadurch, dass sie es vernachlässigen, diese zu bewahren,1 dadurch dass sie in eine besondere Sünde fallen, die das Gewissen verwundet und den Geist betrübt,2 dadurch dass sie plötzlich oder heftig versucht werden,3 oder dadurch dass Gott das Licht seines Angesichts verbirgt und sogar die, die ihn fürchten, in Finsternis wandeln und kein Licht haben lässt.4 Dennoch verlieren sie niemals den Samen Gottes und das Leben durch den Glauben, die Liebe zu Christus und den Geschwistern, die Aufrichtigkeit des Herzens und das Pflichtbewusstsein, aus denen durch die Wirksamkeit des Geistes die Gewissheit zur rechten Zeit wieder neu belebt werden kann und durch die sie in der Zwischenzeit vor der völligen Verzweiflung bewahrt bleiben.5
1. Hebr 6,11-12; 2Petr 1,5-11.
2. Ps 51,10.14.16; Eph 4,30.
3. Ps 30,8; 31,23; 77,8-9.; 116,11.
4. Jes 50,10.
5. 1Joh 3,9; Lk 22,32; Röm 8,15-16; Gal 4,5; Ps 42,6.12.
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Gliederung des Kapitels

Abschnitt 1
I. Diese Gewissheit ist möglich.
A. Die Gefahr, die mit dieser Möglichkeit verbunden ist
B. Die Tatsache dieser Möglichkeit

Abschnitt 2
II. Diese Gewissheit ist unfehlbar.
A. Die Tatsache ihrer Unfehlbarkeit
1. Negativ ausgedrückt
2. Positiv ausgedrückt
B. Die Grundlagen ihrer Unfehlbarkeit
1. Die Verheißungen des Evangeliums
2. Die Kennzeichen der Gnade
3. Das Zeugnis des Heiligen Geistes
C. Die Folgen ihrer Unfehlbarkeit

Abschnitt 3
III. Diese Gewissheit kann erlangt werden.
A. Die Schwierigkeiten beim Erlangen dieser Gewissheit
B. Die Voraussetzungen zum Erlangen dieser Gewissheit
C. Die Pflicht zum Erlangen dieser Gewissheit

Abschnitt 4
IV. Diese Gewissheit ist veränderlich.
A. Die Tatsache dieser Veränderlichkeit
B. Die Gründe für diese Veränderlichkeit
C. Die Grenzen dieser Veränderlichkeit


Die unmittelbare Quelle dieses Kapitels ist die Savoy-Erklärung. Auch wenn das Kapitel inhaltlich grundsätzlich mit dem Westminster Bekenntnis übereinstimmt, so ist doch die Savoy-Erklärung für eine Reihe bedeutsamer Details (wie es beim baptistischen Bekenntnis von 1689 häufig der Fall ist) die eigentliche Quelle. In diesem Kapitel geht es nicht vorrangig um den rettenden Glauben. Dieser wurde bereits in Kapitel 14 behandelt. (Über den Zusammenhang von Glaube und Heilsgewissheit vergleiche man die Anmerkungen in Kapitel 14 Über die Gewissheit der Gnade und Errettung.) Hier geht es um eine unfehlbare Heilsgewissheit, d. h. eine Gewissheit, die aus dem Glauben heraus erwächst. Die Autoren des Bekenntnisses sprechen hier von Christen, die „in diesem Leben völlig gewiss sein [können], dass sie im Stand der Gnade sind“ (18,1). Die Gewissheit der Gnade und Errettung ist nicht dasselbe wie die Gewissheit, dass Gottes Verheißungen wahr sind. Es handelt sich vielmehr um die Gewissheit, dass diese Verheißungen uns gelten. Es ist das Wissen, dass wir selbst als Individuen errettet sind und einst erlöst werden. Diejenigen, die das Bekenntnis niedergeschrieben haben, haben sowohl in Abschnitt 1 als auch in Abschnitt2 zu erkennen gegeben, dass zwischen dieser Gewissheit und der Gnade der Hoffnung eine enge Beziehung besteht. Während Theologen zwar darüber debattiert haben, ob die Gewissheit zum Kernbestand des Glaubens dazugehört oder nicht, sollte es doch keine Meinungsverschiedenheit darüber geben, ob die Gewissheit zum Wesenskern der Hoffnung gehört oder nicht. Denn sie ist in der Tat ein wesentliches Kennzeichen der Hoffnung. Die Gnade der Hoffnung besteht nach der Heiligen Schrift in einer persönlichen, vertrauensvollen Erwartung des Heils (Röm 5,2.5; Phil 1,19-20). Den historischen Hintergrund für dieses Kapitels bildet (wie für so viele andere in diesem Bekenntnis) eine Kontroverse. Gott gebraucht Kontroversen, um dadurch für seine Gemeinde die Wahrheit zu klären. Im Blick auf die Lehre von der Heilsgewissheit gab es wenigstens zwei Irrtümer, die unsere geistlichen Vorväter mit diesem Kapitel bezwingen wollten. Der erste Irrtum war die Leugnung des Vorhandenseins von Heilsgewissheit durch die römisch-katholische Kirche. Die römisch-katholische Lehre besagt, dass nur bestimmte Heilige durch spezielle Offenbarung Gewissheit erlangen könnten, aber für gewöhnliche Christen sei es gefährlich, Gewissheit zu haben. Im Gegensatz zu dieser Irrlehre bekräftigt das Bekenntnis immer wieder, dass Gewissheit möglich und segensreich ist. Der zweite Irrtum kam von antinomistischen Protestanten. Diese verkehrte Meinung war dadurch gekennzeichnet, dass man nachdrücklich behauptete, Heilsgewissheit zu besitzen, doch ohne dass sich dies in einem geheiligten Leben niederschlug. Im Gegensatz dazu warnt das Bekenntnis durchweg vor der Gefahr einer falschen Gewissheit und zeigt auf, dass ein sündhafter Lebensstil mit echter Gewissheit unvereinbar ist.
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I. Diese Gewissheit ist möglich (Abschnitt 1).

Das Hauptaugenmerk des Bekenntnisses richtet sich auf die Tatsache, dass echte Gläubige in diesem Leben Heilsgewissheit haben können (Röm 8,16; 2Petr 1,10; 1Joh 2,3; 3,14.18-19.24; 5,13). Jedoch könnte man den Anfang dieses Kapitels ein Zugeständnis nennen. Es sind hierbei die einleitenden Worte zu beachten: „Auch wenn …“ (18,1). Dieses Zugeständnis besagt, dass sich nicht wiedergeborene Menschen mit falschen Hoffnungen betrügen können (Jer 17,9; Mt 7,21-23; Lk 18,10-14; Gal 6,3.7-9; Eph 5,6-7). Es kann Heuchler geben und solche, die einen vergänglichen Glauben haben, die sich anmaßen, Christen zu sein. Wir müssen uns der Gefahr derartiger Anmaßungen bewusst sein. Dies sollte uns vorsichtig machen, aber es sollte uns nicht zu Skeptikern werden lassen. Wir dürfen aber auch nicht zulassen, dass die Gefahr der Anmaßung dazu führt, dass wir dem Irrtum Roms und anderer, welche die Möglichkeit der Gewissheit leugnen, verfallen.


II. Diese Gewissheit ist unfehlbar (Abschnitt 2).

Die einzige und grundlegende Betonung dieses Abschnitts liegt darauf, dass die Gewissheit, und zwar echte Gewissheit, unfehlbar ist. Unfehlbar bedeutet: keinen Fehlern und keinem Betrug unterworfen, zu keinem Fehler fähig, nicht versagen können. Das Bekenntnis hält fest, dass es eine Heilsgewissheit gibt, die uns nicht betrügt, in der wir uns nicht täuschen können, die über eine bloße Mutmaßung hinausgeht. Dies sollte denjenigen beruhigen, der sagt: „Ich möchte gerne Gewissheit haben, aber ich habe große Furcht davor, mich zu täuschen oder mich selbst zu betrügen.“ Es gibt eine Heilsgewissheit, die du haben kannst, die dich nicht betrügt und die unfehlbar ist. Das Bekenntnis beginnt damit, zuerst negativ und dann positiv die Tatsache zu betonen, dass echte Gewissheit unfehlbar ist. Das entspricht dem vielfachen Zeugnis der Heiligen Schrift (Röm 5,2.5; Hebr 6,19-20; 1Joh 3,2.14; 4,16; 5,13.19-20). Dies setzt natürlich voraus, dass der Glaube selbst auf der unfehlbaren Grundlage von Gottes Wort basiert und dieser von ihrer Wahrhaftigkeit mit Gewissheit überzeugt ist
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In einem noch engeren Verhältnis zur Heilsgewissheit steht die Tatsache, dass die Gewissheit aus verschiedenen unfehlbaren Wurzeln erwächst. Die erste Wurzel dieser unfehlbaren Gewissheit wird im baptistischen Glaubensbekenntnis von 1689 und im Westminster Bekenntnis unterschiedlich zum Ausdruck gebracht. Die Baptisten folgen der Savoy-Erklärung und sprechen vom „Blut und [der] Gerechtigkeit Christi, wie sie im Evangelium offenbart sind“ (18,2). Die Presbyterianer nennen es „die göttliche Wahrheit der Verheißungen des Heils“ (WBK 18,2). Dabei wird jedoch dieselbe Sache auf unterschiedliche Arten ausgedrückt. Das Blut und die Gerechtigkeit Christi sind der Inhalt der Verheißungen. Diese Verheißungen bieten selbst für den größten Sünder eine Grundlage für unfehlbare Gewissheit (Hebr 6,17-18; 7,22; 10,14.19). Die absolut freien und gnädigen Heilszusagen, wie sie im Evangelium geoffenbart sind, sind die einzige Quelle und die zentrale Grundlage für diese Gewissheit. Auch wenn diese Verheißungen herrlich sind, sind sie doch nicht die einzige und hinlängliche Grundlage für die unfehlbare Gewissheit. Man benötigt ebenfalls „den inneren Erweis der Gnadengaben des Geistes, die verheißen worden sind“ (2Petr 1,4-11; 1Joh 2,3; 3,14.18-19.24; 5,13). Es liegt auf der Hand, weshalb dies notwendig ist. Auch wenn die Verheißungen des Evangeliums wunderbar und frei sind, so sind sie doch allumfassend und an Bedingungen geknüpft. Mit anderen Worten: Sie werden frei und unterschiedslos allen Menschen verkündigt, und zwar unter der Voraussetzung, dass sie Buße tun und an das Evangelium glauben (Mt 3,7-10; Mk 1,15). Daher kann niemand die Verheißungen des Evangeliums für sich selbst in Anspruch nehmen ohne das Bewusstsein, dass er ihre Voraussetzungen auch erfüllt, nämlich Glaube, Buße und die anderen Gnadengaben des Heiligen Geistes, die aus diesen hervorgehen und deren Echtheit beweisen. Wenn die Gläubigen in ihrer Urteilskraft keine Hilfe bekommen würden, könnten sie wegen der in ihnen verbleibenden Sünde und Dunkelheit diese Gnadengaben des Heiligen Geistes in ihren Seelen niemals entdecken, geschweige denn aus ihnen mit Zuversicht ihren Heilsstand ableiten. „[D]as Zeugnis des Geistes der Kindschaft …, der zusammen mit unserem Geist Zeugnis gibt, dass wir Kinder Gottes sind“ (18,2), leuchtet als Spotlicht auf sein eigenes Werk in unseren Herzen und unserem Leben (Röm 8,15-16; 1Kor 2,12; Gal 4,6-7).
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Beitrag von Jörg »

Gegen die Lehre, dass Gläubige eine unfehlbare Heilsgewissheit haben können, wird häufig der Einwand vorgebracht, dass dies zu einer schrecklichen Vermessenheit, zu Stolz und Gottlosigkeit führen würde. Das Bekenntnis bekräftigt jedoch, dass das genaue Gegenteil der Fall ist. Die „Frucht“ solcher Gewissheit „bewahrt … das Herz sowohl in einer demütigen als auch heiligen Haltung“ (Kapitel 18,2; vgl. 1Joh 3,1-3). Die den entgegenstehende Vorstellung besagt, dass es keine derartige Gewissheit gibt, und ist in Wahrheit ein Feind der Gottseligkeit. Jemand, der glaubt, dass er niemals Gewissheit darüber haben kann, dass er im Stand der Gnade ist, egal wie hoch er Gottes Wort achtet, wird sehr wahrscheinlich dem Rat des Zweifels folgen und selbst den Schein der Gottseligkeit noch verlieren (Jer 2,25; 18,12). Aus der oben dargebotenen Erörterung lassen sich mehrere praktische Schlussfolgerungen ziehen. Jeder Christ kann — ohne Furcht vor Irrtum — gewiss sein, dass er ein Christ ist. Sie können wissen, dass Sie ein Christ sind. Verfallen Sie in keine aus Verzweiflung geborene Lethargie. Geben Sie sich nicht damit zufrieden, dass Sie es eben nicht wissen. Kein wahrer Christ gibt sich damit zufrieden, dass er nicht weiß, ob er wirklich ein Christ ist. Jede der drei hier erwähnten Wurzeln der Gewissheit ist von entscheidender Bedeutung. Wo immer eine von ihnen geleugnet oder gering geachtet wird, wird dies zu verheerendem Irrtum führen. Die Abwertung der ersten Wurzel, der Verheißungen des Heils, verwandelt die zweite in Gesetzlichkeit. Die Leugnung, dass die zweite Wurzel, die Kennzeichen der Gnade, in einem Zusammenhang mit der Gewissheit stehen, verwandelt die erste und dritte in eine oberflächliche Frömmigkeit. Die Leugnung der dritten Wurzel, des Zeugnisses des Heiligen Geistes, verwandelt die erste und zweite in Rationalismus.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

eugen
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Beitrag von eugen »

III. Diese Gewissheit kann erlangt werden (Abschnitt 3).

In diesem Abschnitt sind drei Punkte enthalten: Die Schwierigkeiten beim Erlangen dieser Gewissheit, die Voraussetzungen zum Erlangen dieser Gewissheit, die Pflicht zum Erlangen dieser Gewissheit. Die Schwierigkeiten beim Erlangen dieser Gewissheit werden in einem der umstrittensten Sätze dieses Bekenntnisses zum Ausdruck gebracht. „Diese unfehlbare Gewissheit gehört nicht so zum Wesen des Glaubens, dass ein wahrer Gläubiger nicht auch lange darauf warten und mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen haben könnte, bis er an ihr teil hat.“ (18,3). Diese Aussage war ein wesentlicher Teil der historischen Debatte darüber, ob die Gewissheit zum Wesenskern des Glaubens gehört oder nicht. Das Hauptanliegen dieses Satzes scheint darin zu bestehen, dass nicht jeder in dem Augenblick, in dem er wirklich an Christus glaubt, unfehlbare Gewissheit erlangt. Dies setzt natürlich voraus, dass es möglich ist und auch tatsächlich vorkommt, dass einige unmittelbar mit Beginn ihres Glaubens oder kurz danach Gewissheit erlangen. Dies ist eine großartige Wahrheit und eine der herrlichen Begleiterscheinungen des Evangeliums. Jemand kann Buße tun, glauben und mit dem Wissen nach Hause gehen, dass er gerechtfertigt ist, wie es das Beispiel des Kerkermeisters von Philippi deutlich macht (Apg 16,30-34). Aber das Bekenntnis hebt vor allem hervor, dass dies nicht die Erfahrung eines jeden Christen ist. Rettender Glaube und unfehlbare Gewissheit sind nicht so sehr gleichzusetzen, als dass man das eine nicht ohne das andere haben könnte. Die Bibel setzt dies voraus, wenn sie den Glauben und das Wissen, dass man Christ ist, als zwei unterschiedliche Dinge behandelt (1Joh 5,13), und wenn sie wahre Christen dazu auffordert, ihre Berufung und Erwählung dadurch gewiss zu machen, dass sie zusätzlich zu ihrem Glauben andere Gnadengaben des Heiligen Geistes hervorbringen (2Petr 1,5-10).

eugen
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Beitrag von eugen »

Außerdem ist es eine Tatsache der christlichen Erfahrung, dass viele jeden Grund dazu haben, davon auszugehen, dass sie bereits geraume Zeit, bevor sie anhaltende Heilsgewissheit erlangt haben, Christen geworden waren. Der Autor gehört selbst zu diesen. Das Problem bei diesen Aussagen des Bekenntnisses besteht darin, dass sie scheinbar den Eindruck erwecken, als gebe es einige echte Gläubige, die gar keine Heilsgewissheit haben, und als sei Heilsgewissheit eine Angelegenheit von alles oder nichts. Wie in diesem Buch schon weiter oben erwähnt wurde (vgl. Kapitel 14, S. 221-223), wäre eine derartige Schlussfolgerung nicht mit dem Wort Gottes vereinbar. Alle Christen tragen den Samen der Gewissheit in sich (Röm 8,15; Gal 4,6; 1Thess 1,3; 1Petr 1,4). Heilsgewissheit ist aufs Engste mit der Hoffnung und dem Dienst des Geistes der Kindschaft verbunden. Gewissheit geschieht außerdem stufenweise. Wenn die Gewissheit eine Sache wäre, bei der es um alles oder nichts geht, würde dies bedeuten, dass es sich um eine ziemlich mystische, mysteriöse und unkontrollierbare Sache handelt. Während physische und emotionale Faktoren sowie äußere Umstände bei der eigenen Erfahrung der Gewissheit Schwankungen hervorrufen können, so wird die Gewissheit doch zunehmen, wenn wir in der Gnade und in der Erkenntnis des Herrn Jesus Christus zunehmen (2Petr 1,5-11; 3,18).

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