Eine Erklärung zum bapt. Glaubensbekenntnis(1689) für heute.

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Jörg
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9. Die von Christus festgelegte Art und Weise zur Berufung eines Mannes, der vom Heiligen Geist zum Amt des Aufsehers oder Ältesten in einer Gemeinde befähigt und begabt ist,1 ist die, dass dieser dazu durch gemeinsame Abstimmung von der Gemeinde selbst bestimmt wird.2 Durch Fasten und Beten soll er feierlich mit Handauflegung der Gemeindeältesten ausgesondert werden, falls schon vorher welche dazu eingesetzt worden waren.3 Auch ein Diakon soll in gleicher Weise durch Abstimmung bestimmt und durch Gebet ausgesondert werden, ebenfalls mit Handauflegung.4
1. Eph 4,11; 1Tim 3,1-13.
2. Apg 6,1-7; 14,23 verglichen mit Mt 18,17-20; 1Kor 5,1-13.
3. 1Tim 4,14; 5,22.
4. Apg 6,1-7.

10. Die Aufgabe der Pastoren besteht darin, sich ständig dem Dienst für Christus in seinen Gemeinden zu widmen, in der Verkündigung des Wortes und im Gebet, indem sie sich um ihre Seelen kümmern, weil sie Christus Rechenschaft geben müssen.1 Die Gemeinden, denen sie dienen, sind dazu verpflichtet, ihnen nicht nur den nötigen Respekt entgegenzubringen, sondern ihnen auch, so weit das möglich ist, von all ihren eigenen Gütern etwas zukommen zu lassen,2 so dass sie gut versorgt sind, ohne selbst in weltliche Dinge verwickelt zu sein,3 und auch anderen gegenüber gastfreundlich sein können.4 Dies fordert das Gesetz der Natur und die ausdrückliche Anordnung unseres Herrn Jesus, der befohlen hat, dass diejenigen, welche das Evangelium verkündigen, vom Evangelium leben sollen.5
1. Apg 6,4; 1Tim 3,2; 5,17; Hebr 13,17.
2. 1Tim 5,17-18; 1Kor 9,14; Gal 6,6-7.
3. 2Tim 2,4.
4. 1Tim 3,2.
5. 1Kor 9,6-14; 1Tim 5,18.

11. Obwohl die Aufseher oder Pastoren der Gemeinden auf Grund ihres Amtes dringend dazu verpflichtet sind, das Wort zu verkünden, ist das Predigen des Wortes dennoch nicht auf sie allein beschränkt. Andere, die ebenfalls vom Heiligen Geist dafür begabt und befähigt sind und von der Gemeinde anerkannt und dazu berufen wurden, dürfen und sollen ebenfalls predigen.1
1. Apg 8,5; 11,19-21; 1Petr 4,10-11.

12. So wie alle Gläubigen verpflichtet sind, sich selbst Ortsgemeinden anzuschließen, wenn und wo sie die Möglichkeit dazu haben, dies zu tun, so stehen alle, die zu den Vorrechten einer Gemeinde zugelassen sind, auch unter deren Zucht und Leitung gemäß der Herrschaft Christi.1
1. 1Thess 5,14; 2Thess 3,6.14-15; 1Kor 5,9-13; Hebr 13,17.
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Jörg
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13. Ein Gemeindeglied, das durch irgendetwas gekränkt wurde nachdem es die Pflicht erfüllt hat, die von ihm gegenüber demjenigen verlangt wird, durch den es sich gekränkt fühlt soll die Ordnung der Gemeinde nicht stören oder sich selbst von den Gemeindeversammlungen oder der Durchführung einer der Anordnungen mit der Begründung fernhalten, dass es durch ein anderes Glied gekränkt wurde, sondern im weiteren Vorgehen der Gemeinde die Hoffnung auf Christus setzen.1
1. Mt 18,15-17; Eph 4,2-3; Kol 3,12-15; 1Joh 2,7-11.18-19; Mt 28,20.

14. So wie jede Gemeinde und alle ihre Glieder dazu verpflichtet sind, ständig für das Wohl und Gedeihen aller Gemeinden Christi an allen Orten zu beten und sie bei jeder Gelegenheit zu unterstützen (jede einzelne innerhalb ihres Gebietes und ihrer Berufung durch die Ausübung ihrer Begabungen und Gnadengaben),1 so sollen die Gemeinden (wenn sie nach Gottes Vorsehung gegründet wurden, soweit sie die Möglichkeit und Gelegenheit dazu besitzen)2 Verbindung untereinander haben, zu ihrem Frieden, zum Wachstum in der Liebe und zur gegenseitigen Erbauung.3 1. Joh 13,34-35; 17,11.21-23; Eph 4,11-16; 6,18; Ps 122,6; Röm 16,1-3; 3Joh 8-10 verglichen mit 2Joh 5-11; Röm 15,26; 2Kor 8,1-4.16-24; 9,12-15; Kol 2,1 verglichen mit 1,3-4.7 und 4,7.12.
2. Gal 1,2.22; Kol 4,16; Offb 1,4; Röm 16,1-2; 3Joh 8-10.
3. 1Joh 4,1-3 verglichen mit 2Joh und 3Joh; Röm 16,1-3; 2Kor 9,12-15; Jos 22.

15. In den Fällen, dass Schwierigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten auftreten, sei es bezüglich einer Lehre oder einer Amtsausübung — wobei entweder die Gemeinden im allgemeinen oder eine einzelne Gemeinde in ihrem Frieden, ihrer Einheit und ihrer Erbauung betroffen sind — oder dass eines oder mehrere Glieder einer Gemeinde in einem oder durch ein Gemeindezuchtverfahren gekränkt wurden, das nicht der Wahrheit und Ordnung entsprach, entspricht es dem Willen Christi, dass viele Gemeinden, die in Verbindung miteinander stehen, mittels Delegierter zusammenkommen, um zu beraten und einen Rat bezüglich der Meinungsverschiedenheit zu geben, was allen betroffenen Gemeinden mitgeteilt werden soll.1 Dabei sind die versammelten Delegierten nicht mit Gemeindegewalt, die richtigerweise so genannt wird, oder Gerichtsbarkeit über die Gemeinden selbst ausgestattet, weder um Zucht über irgendwelche Gemeinden oder Personen auszuüben noch um ihren Beschluss den Gemeinden oder Amtsträgern aufzuzwingen.2
1. Gal 2,2; Spr 3,5-7; 12,15; 13,10.
2. 1Kor 7,25.36.40; 2Kor 1,24; 1Joh 4,1.
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Jörg
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Gliederung des Kapitels
Abschnitt 1-15


1-4 I. Die weltweite Gemeinde
1-2 A. Ihre Identität
1 1. Als unsichtbare Gemeinde
2 2. Als sichtbare Gemeinde
3 B. Ihr Fortbestand
1. Dessen scheinbare Unwahrscheinlichkeit
2. Dessen tatsächliche Gewissheit
4 C. Ihre Vollmacht (Autorität)
1. Das wahre Haupt der Gemeinde: Christus
2. Das falsche Haupt der Gemeinde: der Antichrist

5-15 II. Die Ortsgemeinde
5 A. Der Urgrund ihres Mandats
1. Die Grundlage des Mandats
2. Der Inhalt des Mandats
6 B. Ihre klar bestimmte Gliedschaft
1. Evangelisch
2. Freiwillig
3. Vereinigt in einem Bund
7 C. Ihre Vollmacht (Autorität)
1. Deren genaue Empfänger
2. Deren in jeder Hinsicht vorhandene Hinlänglichkeit
3. Deren erneut genannter Ursprung
4. Deren konkrete Aufgabe
5. Deren geregelte Ausführung

8-13 D. Ihre berufene Leitung
8 1. Die Identität ihrer Leitung
9 2. Die Berufung ihrer Leitung


10-11 3. Die Hauptaufgabe ihrer Leitung: die Verkündigung des Wortes
10 • Die amtliche Verkündigung des Wortes durch Pastoren
- Deren große Verantwortung
- Deren angemessene Wertschätzung
11 • Die Unterstützung bei der Verkündigung des Wortes durch andere

12-13 4. Das Ausmaß ihrer Leitung
12 • Sie erstreckt sich auf all ihre Gemeindeglieder.
13 • Sie erstreckt sich auf alle ihre Probleme.

- Die Situation ins Auge gefasst
- Das erlassene Verbot
- Die erforderliche Anweisung

14-15 E. Ihre brüderlichen Beziehungen
14a 1. Deren göttliche Berechtigung
14b 2. Deren Grenzen auf Grund der Vorsehung
14c 3. Deren geistlicher Gewinn
15 4. Deren besonderer Nutzen: beratende Zusammenkünfte

• Ihre möglichen Gründe
• Ihre biblische Grundlage
• Ihre strengen Grenzen



Kapitel 26 des baptistischen Glaubensbekenntnisses von 1689 ist eines der Kapitel, das am stärksten von denen des Westminster Glaubensbekenntnisses abweicht. Das Kapitel, das im Westminster Bekenntnis mit „Von der Kirche“ überschrieben ist (dort Kapitel 25), enthält sechs Abschnitte, während das Bekenntnis von 1689 fünfzehn Abschnitte umfasst. Die Lehre von der Gemeinde trennt die baptistischen Puritaner von den presbyterianischen Puritanern. Allerdings waren die Baptisten keineswegs die einzigen, die in dieser Frage nicht mit dem Westminster Bekenntnis übereinstimmen konnten. Viele Abschnitte dieses Kapitels stammen aus ähnlichen Aussagen in einem Programm über Gemeindeordnung (“Savoy Platform of Polity”), das 1658 von kongregationalistischen Puritanern zusammen mit der Savoy- Erklärung veröffentlicht worden war. Die Vorstellungen, die sich in diesem Kapitel wiederfinden, bleiben also nicht auf die Baptisten beschränkt, sondern werden zum Teil auch von kongregationalistischen Puritanern wie Thomas Goodwin, John Owen, John Cotton und Jonathan Edwards verfochten. Nur die Aufnahme dieser Vorstellungen in ein Bekenntnis ist den Baptisten eigen. Das Kapitel lässt sich klar in zwei Teile unterteilen. Die Abschnitte 1 bis 4 behandeln die weltweite Gemeinde, während die Abschnitte 5 bis 15 die Ortsgemeinde behandeln. Diese Unterteilung geht nicht nur aus den jeweils betonten Inhalten der beiden Teile dieses Kapitels hervor, sondern lässt sich auch aus ihrem jeweiligen Ursprung ableiten. Die Abschnitte 1 bis 4 stammen im Großen und Ganzen aus der Revision des Kapitels über die Gemeinde des Westminster Bekenntnisses durch die Savoy-Erklärung, in dem die weltweite Gemeinde behandelt wird. Die Abschnitte 5 bis 15 stammen andererseits im Kern aus dem Programm über die Ordnung der Ortsgemeinde (“Savoy Platform of Polity”), das zusammen mit der Savoy- Erklärung veröffentlicht worden war. Der Erläuterung dieses Kapitels liegt im Großen und Ganzen die oben dargebotene Gliederung zu Grunde.
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Jörg
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I. Die weltweite Gemeinde (Abschnitt 1-4)

A. Ihre Identität (Abschnitt 1-2)

In diesen beiden Abschnitten geht es um die unsichtbare und die sichtbare Gemeinde.

1. Die weltweite Gemeinde als unsichtbare Gemeinde (Abschnitt 1)

Dieser Abschnitt enthält drei Schlüsselbegriffe. Der Ausdruck „katholisch“ bedeutet einfach so viel wie „allgemein“. Wenn wir von der katholischen Gemeinde sprechen, dann meinen wir die allgemeine Gemeinde und nicht die römische Kirche, die sich selbst als allgemein oder katholisch bezeichnet. Der Ausdruck „unsichtbar“ ist, wie er hier gebraucht wird, leicht missverständlich. Es fällt auf, dass er im Bekenntnis sehr sorgsam näher bestimmt wird: „die … unsichtbar genannt werden kann“ (26,1). Der dritte Schlüsselbegriff ist „Erwählte“. Die unsichtbare, weltweite Gemeinde „besteht aus der Gesamtzahl der Erwählten, die in Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft unter Christus, ihrem Haupt, in eins vereinigt sind“ (26,1). Dieser Abschnitt lehrt also mittels dieser drei Schlüsselbegriffe wenigstens drei Dinge: 1. Es gibt eine weltweite Gemeinde. 2. Zu dieser weltweiten Gemeinde gehören alle Erwählten. 3. Die weltweite Gemeinde ist als solche unsichtbar. Lehrt die Bibel, dass es so etwas wie eine weltweite Gemeinde gibt? Im Neuen Testament wird das Wort „Gemeinde“ 115mal gebraucht. Die meisten dieser Stellen beziehen sich in der Tat nicht auf die weltweite Gemeinde, sondern auf eine oder mehrere Ortsgemeinden (2Kor 8,23-24; Gal 1,2). Das Neue Testament spricht aber auch von einer weltweiten Gemeinde (Mt 16,18; 1Kor 12,28; Eph 1,22; 4,11-15; 5,23-25.27.29.32; Kol 1,18.24; Hebr 12,23). Diese Stellen widerlegen die Position des Landmarkismus und dessen Leugnung einer weltweiten, unsichtbaren Gemeinde. Lehrt die Bibel, dass diese weltweite Gemeinde aus all den Erwählten besteht? Zur Beantwortung dieser Frage ist eine Unterscheidung notwendig: Die Gemeinde ist die endgültige, organisatorische, irdische Erscheinungsform des Volkes Gottes. Wir müssen nun zwischen der Gemeinde als Institution und der Gemeinde als Volk Gottes unterscheiden. Diese Unterscheidung ermöglicht es uns, Teilen des Neuen Testaments gerecht zu werden, die häufig falsch interpretiert werden.
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Bei den Ereignissen, die im Zusammenhang mit Christi erstem Kommen stehen, begann die Gemeinde auf eine sehr entscheidende Weise, als eine Institution und Organisation zu existieren. Historisch betrachtet, begann die Gemeinde in gewisser Hinsicht mit den Geschehnissen von Christi irdischem Dienst, seinem Tod, seiner Auferstehung und der Ausgießung des Heiligen Geistes. Die Apostel Christi sind die historische Grundlage, auf die Christus nun seine Gemeinde baut (Mt 16,18; Eph 2,20; Hebr 12,18-24). Die Zukunftsform des Verbs in der Aussage Christi: „Ich werde meine Gemeinde bauen.“ ist also durchaus wörtlich zu verstehen (vgl. Mt 16,18). Auch wenn Israel ein Typus für die Gemeinde war (Röm 2,28-29; 1Kor 10,18; Gal 6,16; Phil 3,3) und selbst wenn die Gemeinde das neue Israel Gottes ist, in dem sich die Prophetie erfüllt (Apg 2,16; 15,14-18; 1Kor 10,11; Gal 6,16; Eph 2,12-19; Hebr 8,7-13), so ist es dennoch wahr, dass es die Gemeinde als Institution und Organisation im Alten Testament noch nicht gab. Diese Wahrheiten stehen den Neigungen einiger Spielarten der Bundestheologie entgegen, die den Unterschied zwischen der Gemeinde und Israel im Interesse der Säuglingstaufe einebnen wollen. Auf der anderen Seite ist die Gemeinde der Höhepunkt der irdischen Erscheinungsformen des Volkes Gottes. Daher wird von der Gemeinde oft in einer Weise gesprochen, die sie mit all denen gleichsetzt, die mit Christus verbunden sind. Die Gemeinde ist der Leib und die Braut Christi (Eph 1,22; 4,11-16; 5,23-27.29.32; Kol 1,18.24). Außerdem gehören am letzten Tag alle Erretteten aus allen Zeiten zur Braut Christi (Eph 5,27; Offb 21,9-14; vgl. Mt 8,11-12; Joh 10,14-17; Hebr 11,39-40). So wird sich die Gemeinde eines Tages aus all den Erlösten zusammensetzen. Als das Volk Gottes besteht die Gemeinde „aus der Gesamtzahl der Erwählten“ (26,1).
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Diese Überlegungen widerlegen den Dispensationalismus mit seiner Unterscheidung von Gemeinde und Israel und seiner Leugnung der Tatsache, dass die alttestamentlichen Heiligen Teil der Gemeinde sind. Lehrt die Bibel, dass die weltweite Gemeinde unsichtbar ist? Wenn wir diesen Ausdruck gebrauchen, dann müssen wir ihn wie das Bekenntnis sehr sorgsam verwenden, denn es gibt keine unsichtbare Gemeinde, die losgelöst von der sichtbaren Gemeinde existieren würde. Mit anderen Worten: Die weltweite Gemeinde ist stets eine sichtbare, organisatorische Institution. John Murray sagt: „Es gibt keinen Hinweis auf die Annahme, dass die ‚Gemeinde‘ als unsichtbare Seinsweise unabhängig von der sichtbaren Gemeinde existieren würde.“ Die weltweite Gemeinde ist immer sichtbar, auch wenn sie nicht vollkommen oder vollständig sichtbar ist. Die weltweite Gemeinde, von der im Epheserbrief die Rede ist, ist sichtbar (Eph 1,22; 3,10.21; 4,4.11-13; vgl. 1Kor 12,28). Die weltweite Gemeinde konnte verfolgt werden und musste somit auch sichtbar sein (Apg 8,1.3; 9,1-2.31; vgl. Gal 1,13; Phil 3,6). Man kann nicht glaubwürdig von sich behaupten, ein Glied der unsichtbaren Gemeinde zu sein, während man sich der Gliedschaft und Gemeinschaft in einer sichtbaren Gemeinde entzieht. In welcher Hinsicht ist die Gemeinde dann „unsichtbar“? Sie ist unsichtbar, weil wir das Werk des Heiligen Geistes, durch das jemand mit Christus verbunden wird, nicht direkt sehen können. Sie ist unsichtbar, da wir die Echtheit des Gnadenstandes eines anderen nicht mit Sicherheit beurteilen können. Sie ist unsichtbar, weil die Gemeinde als Ganzes noch keine vollendete, irdische Wirklichkeit ist. Sichtbare Gemeinden sind nur eine unvollkommene und partielle Erscheinungsform der unsichtbaren Gemeinde.
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2. Die weltweite Gemeinde als sichtbare Gemeinde (Abschnitt 2)

Die weltweite Gemeinde ist nicht grundsätzlich oder völlig unsichtbar. Abschnitt 2 lehrt, dass sie sichtbar ist. Es werden zwei Dinge über diese sichtbare weltweite Gemeinde bekräftigt.4 Das Wesen der sichtbaren Gemeinde wird so beschrieben, dass nur diejenigen zu ihr gehören, „die den Glauben des Evangeliums bekennen und im entsprechenden Gehorsam gegenüber Gott durch Christus leben, wobei sie ihr eigenes Bekenntnis nicht durch irgendwelche Irrtümer, die das Fundament umkehren, oder durch unheiligen Umgang zerstören“ (Kapitel 26,2; vgl. Mt 16,18; 28,15-20; Apg 11,26; Röm 1,7-8; 1Kor 1,2; 5,1-9). Der Zusammenhang zwischen der weltweiten sichtbaren Gemeinde und den Ortsgemeinden besteht darin, dass nur sichtbare Heilige Glieder von Ortsgemeinden sein sollen (Mt 18,15-20; Apg 2,37-42; 4,4; 1Kor 5,1-9). Während die weltweite Gemeinde weder vollkommen noch vollständig sichtbar ist, ist sie doch praktisch sichtbar. Es gibt keinen wahren Christen, der nicht den Namen Christi bekennt und ihm äußerlich sichtbar gehorsam ist. Jedes Bekenntnis zum Glauben, wie begeistert es auch sein mag, wird durch das unbußfertige Festhalten an einer Häresie oder durch einen gottlosen Lebensstil zunichte gemacht.

B. Ihr Fortbestand (Abschnitt 3)

Der Fortbestand der weltweiten, sichtbaren Gemeinde wird durch eine Feststellung über bestimmte Tatsachen eingeleitet, die einen derartigen Fortbestand unwahrscheinlich oder zweifelhaft erscheinen lassen mögen. Diese Tatsachen besagen, dass Ortsgemeinden sündigen (1Kor 1,11; 5,1; 6,6; 11,17-19; 3Joh 9-10) und sogar abfallen können (Offb 2,5; vgl. 1,20; 1Tim 3,14-15). Wir dürfen niemals blindlings dem Vorbild irgendeiner Gemeinde oder deren Führern folgen. Wir müssen uns sorgsam vor gemeinschaftlich begangenen Sünden und Abfall in Acht nehmen. Wenn Sie Ihre Gemeinde lieben, dann beten Sie für Ihre Gemeinde, seien Sie wachsam gegenüber der Sünde und ermahnen Sie diejenigen, die in Sünde gefallen sind. Trotz dieser Tatsachen, die einzelne Ortsgemeinden betreffen können, wird die weltweite Gemeinde stets einen sichtbaren Fortbestand haben (Mt 16,18; 24,14; 28,20; Mk 4,30-32; vgl. Ps 72,16-18; Jes 9,6-7). Sowohl die Heilige Schrift als auch das Bekenntnis sprechen von der Unzerstörbarkeit der sichtbaren, weltweiten Gemeinde. Christus wird „immer ein Reich in dieser Welt“ haben, „das aus denen besteht, die … seinen Namen bekennen.“ (26,3). Wir brauchen nicht zu befürchten, dass der Name der Gemeinde Christi jemals verschwinden wird. Atheisten sagen dies voraus. Romanautoren schreiben darüber. Voltaire hatte es prophezeit, doch in seinem Haus wurden später Bibeln gedruckt. Wir dürfen diese Verheißungen in unseren Gebeten für unsere eigenen Ortsgemeinden in Anspruch nehmen. Während wir zwar keine absolute Verheißung haben, dass unsere eigene Ortsgemeinde Bestand haben wird, so wissen wir doch, dass Christi weltweite Gemeinde immer sichtbar fortbestehen wird. Die Art und Weise in der er vorgesehen hat, dass dies geschehen soll, sind Ortsgemeinden wie unsere. Daher können wir darum beten, dass er seine Gemeinde baut und die Mächte Satans durch uns überwunden werden!
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C. Ihre Vollmacht (Autorität) (Abschnitt 4)

In Abschnitt 4 geht es darum, dass der Herr Jesus das Haupt oder der Herrscher über die weltweite Gemeinde ist. Daraus wird folgerichtig geschlossen, dass der römische Papst in keiner Weise das Haupt der Gemeinde sein kann (vgl. die Gliederung). Viele derer, die am Bekenntnis von 1689 treu festhalten, stellen den Wert der Lehraussage, dass der Papst der Antichrist sei, in Frage. Der Autor dieses Buches gehört auch zu diesen. Es handelt sich hier um eine Aussage, die bei einer Revision des Bekenntnisses wahrscheinlich gestrichen würde. Eine derartige Streichung müsste jedoch nicht deshalb vorgenommen werden, weil man weniger vom abgefallenen Zustand der römisch-katholischen Kirche und den gottlosen und häretischen Ansprüchen des Papstes überzeugt wäre, sondern auf Grund der exegetischen Überzeugung, dass die Aussage des Bekenntnisses an dieser Stelle falsch oder ohne angemessene Grundlage ist. Wiederholt wird bekräftigt, dass Christus das Haupt der Gemeinde ist (Mt 28,18-20; Joh 10,14-16; 17,1-3; Apg 5,31; 1Kor 12,27-28; Kol 1,18; Eph 1,20-23; 4,11-16; 5,23-32). Nun mag jemand sagen: „Das hört sich schön und gut an, aber wie zeigt sich dies in der Praxis? Christus ist im Himmel und nicht auf der Erde. Kein Mensch, der auf der Erde lebt, hat seit nahezu 2000 Jahren mit ihm im eigentlichen Sinne des Wortes geredet. Was kann eine derartige Stellung als Haupt bedeuten? Wie wird sie ausgeübt?“ Die Antwort auf diese Frage ist in der Tat sehr einfach. Christus übt seine Stellung als Haupt auf der Erde durch die von ihm eingesetzten Beauftragten aus. Der Heilige Geist ist der Stellvertreter Christi (Vicarius Christi). Er wurde gesandt, um das Werk Christi fort- und auszuführen (Joh 14,16-18.26; 15,26-27; 16,7-13; Apg 16,6-10; 2Kor 3,17-18). Seine Apostel sind die „weltweiten Aufseher“ über die Gemeinde und durch ihr Zeugnis deren Grundlage (Mt 16,16-18; Apg 1,20-26; Eph 2,19-22; Offb 21,14). So wird das Werk des in den Himmel aufgefahrenen Christus durch ihr „Zeugnis“ weitergetragen (Apg 5,31-32). Diese „Zeugen“ leiten die Gemeinde Christi immer noch durch ihr verschriftlichtes Zeugnis (das Neue Testament). Der Heilige Geist ist gegenwärtig, um dieses Wort bis ans Ende der Welt wirksam sein zu lassen.

Die Apostel oder die weltweiten Aufseher der Gemeinde gaben sich nicht damit zufrieden, unklar definierte örtliche Gruppen von Gläubigen ohne eigene Leitung zu haben. Hier hatten sie wiederum von Christus Einsicht bekommen, welcher der Gemeinde die notwendigen Gaben gibt. Daher beriefen sie örtliche Aufseher in den einzelnen Gemeinden (Apg 13,1; 14,23; 20,28; Eph 4,11; Tit 1,5-9; 1Petr 5,1). Diese Leiter, die unterschiedlich als Älteste, Aufseher oder Lehrer bezeichnet werden, besitzen nur in der jeweiligen Gemeinde, in der sie sich befinden, eine örtlich beschränkte und fehlbare Autorität. Doch üben sie in diesen Gemeinden Christi Autorität aus und herrschen über seine Gemeinde. Wenn das, was wir über die Stellung Christi als Haupt und seine irdischen Bevollmächtigten gesagt haben, wahr ist, dann sind die Ansprüche des Papstes falsch, ebenso wie der Anspruch einer oder mehrerer Personen, die behaupten, über alle oder mehrere Ortsgemeinden Autorität zu besitzen. Der wahre Stellvertreter Christi (Vicarius Christi) ist der Heilige Geist und nicht etwa der Papst. Der Papst erfüllt nicht die Voraussetzungen, um ein Apostel sein zu können. Die einzig wahre apostolische Sukzession findet sich in den Schriften des Neuen Testaments wieder. Die einzigen mit Christi Autorität bevollmächtigten Menschen sind die örtlichen Aufseher. Ihre Autorität ist strikt auf die Ortsgemeinde beschränkt, während der Papst fälschlicherweise eine weltweite Autorität für sich in Anspruch nimmt.
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II. Die Ortsgemeinde (Abschnitt 5-15)

Nachdem das Bekenntnis in Abschnitt 1-4 auf die weltweite Gemeinde eingegangen ist, wobei es diese Erörterung mit der abschließenden Bekräftigung, dass der Herr Jesus Christus ihr lebendiges Haupt ist, abgeschlossen hatte, geht es nun in Abschnitt 5 dazu über, dies auf die jeweilige, individuelle Erscheinungsform der weltweiten Gemeinde, die Ortsgemeinde, anzuwenden. Nachdem wir soeben darüber gesprochen hatten, wie Christus als dem Haupt der Gemeinde „alle Macht zur Berufung, Einsetzung, Ordnung und Leitung der Gemeinde … übertragen worden ist“ (26,4), geht das Bekenntnis nun darauf ein, wie Christus bei der Entstehung von Ortsgemeinden diese Vollmacht gebraucht.

A. Der Urgrund ihres Mandats (Abschnitt 5)

Dieser Abschnitt lehrt, dass die Ortsgemeinde in Jesus Christus, ihrem lebendigen und mächtigen Haupt, ihren Ursprung hat. Jesus hat die Gemeinde durch seine rettende Macht und sein Herrschaftsmandat ins Leben gerufen. Seine rettende Macht ist die Grundlage für dieses Mandat.

1. Die Grundlage des Mandats

Der erste Schritt bei der Entstehung einer Ortsgemeinde besteht darin, dass Christus Menschen mächtig und wirksam zu sich führt, indem er sie durch sein Wort und seinen Heiligen Geist ruft. Diese wirksame Berufung geschieht mittels des Wortes durch die Kraft seines Geistes und entsprechend dem Muster von Gottes Erlösungsabsicht (vgl. Kapitel 10; Joh 10,16.27; 12,32; 17,2; Apg 5,31-32). Der Ruf zur Errettung erreicht uns im Zusammenhang und im Rahmen des Missionsbefehls (Mt 28,18-20). Seine Absicht besteht nach Vers 20 dieses Abschnitts darin, dass diejenigen, die so berufen wurden, alles bewahren sollten, was Christus seinen Aposteln geboten hatte. Man beachte die Anspielung auf den Missionsbefehl im Text des Bekenntnisses.
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2. Der Inhalt des Mandats

Christi Befehl an sein Volk, sich in Ortsgemeinden zu sammeln, ist mehr als nur einfach ein weiteres Gebot von ihm. Diese Vorschrift schafft den Rahmen oder den Zusammenhang, in dem der Missionsbefehl (insbesondere der dritte Teil, auf den sich das Bekenntnis bezieht) ausgeführt wird. Jesus möchte, dass seine Jünger gelehrt werden, alles zu bewahren, was er geboten hat. Wie soll das geschehen? Durch die Schaffung von Ortsgemeinden mit den dort vorhandenen lehrfähigen Ältesten. Jesus hat solche Gemeinden in Matthäus 18,15-20 verordnet. Wenn Jesus befiehlt, dass Vergehen vor die Gemeinde gebracht werden, und gebietet, dass die Gemeinde solche Vergehen ahndet, bis hin zu dem, dass ein unbußfertiger Sünder aus ihr ausgeschlossen wird, dann hat er notwendigerweise auch verordnet, dass es solche Ortsgemeinden geben soll. Die Aufgabe, die in diesem Abschnitt der Gemeinde zugeschrieben wird, besteht darin, ein abgeirrtes Gemeindeglied eines von Christi Geboten zu lehren, indem sie ihn zur Buße ruft und gegebenenfalls Gemeindezucht anwendet. Jesus erteilt solchen Ortsgemeinden auch durch das Vorbild seiner Apostel ein Mandat. Der Apostel Paulus, von Christus persönlich bevollmächtigt, erfüllte überall, wohin er auch ging, den Missionsbefehl, indem er Ortsgemeinden einrichtete und in diesen Gemeinden ortsansässige lehrfähige Älteste einsetzte.

Drei solch lehrreiche Beispiele sollen hier erwähnt werden. Paulus hatte persönlich in Lystra, Ikonion und Antiochia in Pisidien solche Gemeinden gegründet und entsprechende ortsansässige Lehrer eingesetzt (Apg 14,21-23). In den Städten Kretas hatte Paulus ebenfalls solche Gemeinden errichtet, doch hat er deren Organisation teilweise seinem Bevollmächtigten Titus übertragen (Tit 1,5). Auch in Ephesus gab es wiederum eine Kombination zuerst von Paulus’ persönlichem Wirken und anschließend einer Konsolidierung durch seine apostolischen Bevollmächtigten (1Tim 1,3; 3,14-16; 5,17-22). Was waren diese Ältesten? Sie waren offiziell eingesetzte Lehrer, die das Werk fortführen sollten, insbesondere den dritten Teil des Missionsbefehls, während Paulus auf neue Missionsfelder weiterzog (1Tim 3,2; 5,17; Tit 1,9-11; Eph 4,11-13). Der zentrale, auf den Menschen ausgerichtete Dienst der Ortsgemeinde besteht darin, dass die Gläubigen in ihrem Gehorsam gegenüber allen Geboten Christi ermutigt werden. Üblicherweise und dem Gebot entsprechend, erfordert die Unterweisung der Nachfolger Jesu darin, all seinen Geboten Gehorsam zu leisten, das Vorhandensein offiziell anerkannter lehrfähiger Ältester in einer Ortsgemeinde. Eine Gemeinde kann ohne lehrfähige Älteste zwar existieren, doch sie kann ohne diese nicht gut existieren. Oft wird behauptet, dass, während eine Gemeinde in der Lehre von Gottes Wort für Gottes Volk stark sein mag, andere Gemeinden ihre besondere Stärke im Bereich der Musik, der Gemeinschaft, bei sozialen Diensten oder in der Evangelisation hätten. So zu argumentieren ist verkehrt. Die Lehre von Gottes Wort ist eine unabdingbare und zentrale auf den Menschen hin ausgerichtete Aufgabe jeder Gemeinde (1Tim 3,15). Das eben Gesagte unterstreicht auch, dass die Dringlichkeit, Gemeinden zu gründen, ein wesentlicher, integraler Bestandteil bei der Erfüllung des Missionsbefehls ist. Oft wird aus dem einen oder anderen Grund heraus behauptet, dass die Gemeinde den Missionsbefehl nicht erfüllen könne. Tatsache ist aber, dass nur die Gemeinde den Missionsbefehl erfüllen kann, denn dieser Befehl geht davon aus und erfordert es, dass Ortsgemeinden gegründet werden.
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B. Ihre klar bestimmte Gliedschaft (Abschnitt 6)

Aus all dem, was bisher gesagt wurde, ergibt sich eine unmittelbare Konsequenz. Die Glieder einer Ortsgemeinde müssen Jünger Christi sein, die durch die Taufe in diese Gemeinden eingegliedert wurden (Mt 28,18-20; Apg 14,22-23; 1Kor 1,2.13-17; 1Thess 1,1; 2,10; Apg 2,37-42; 4,4;5,13-14). Jüngerschaft, Taufe und Gemeindegliedschaft sind mit dem Missionsbefehl aufs Engste verwoben. Jüngerschaft erfordert demnach Taufe, Gemeindegliedschaft und Unterordnung unter die Ältesten der Gemeinde. Gemeindegliedschaft setzt Jüngerschaft, die sich am Gehorsam gegenüber dem Herrn erweist, voraus und erfordert diese — Gehorsam, der sich insbesondere durch die Taufe und die Unterordnung gegenüber dem Wort Gottes im Lehrdienst der Gemeinde zeigt. Die Taufe darf nicht von Jüngerschaft und Gemeindegliedschaft gelöst werden. Eine weitere Schlussfolgerung, die sich aus all dem ergibt, ist die, dass getaufte Jünger, die eine Ortsgemeinde verlassen, um sich einer anderen Gemeinde anzuschließen, nicht einfach oder automatisch in eine andere Ortsgemeinde aufgenommen werden sollten und dies auch nicht erwarten dürfen. Sie sollten dieser Gemeinde und deren Ältesten bereitwillig Belege ihrer Jüngerschaft zur Verfügung stellen, indem sie mündlich ihre Erfahrung mit Christus bezeugen sowie durch Empfehlungsschreiben ihrer vorherigen Gemeinde, durch ihren offenkundig guten Lebenswandel als auch durch ihre Unterordnung gegenüber dem Herrn und seiner Gemeinde (Apg 9,26-30; Jud 4; Offb 2,2.14-15).
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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C. Ihre Vollmacht (Autorität) (Abschnitt 7)

In Abschnitt 7 geht es eindeutig um die Macht und Autorität, die einer Ortsgemeinde zukommt. Wenn wir diesen Abschnitt betrachten, müssen wir zuerst die Beschreibung dieser Macht, wie sie sich im Bekenntnis wiederfindet, untersuchen. Die fünf Punkte dieser Beschreibung sind in der obigen Gliederung angeführt. Die biblische Begründung für diese Beschreibung findet sich in zwei Schriftstellen wieder, die ausdrücklich jeden dieser im Bekenntnis genannten Punkte über die Macht, die der Gemeinde übertragen ist, erwähnen oder unterstützen (Mt 18,15-20; 1Kor 5,1-13, insb. Vers 4-5). Der genaue Empfänger dieser Macht, der in diesen Stellen genannt wird, ist die Ortsgemeinde. Selbst die Ortsgemeinde in Korinth mit all ihren Problemen ist im Besitz dieser Macht. Ihre völlige Hinlänglichkeit legt die Erwähnung der Schlüssel des Himmelreichs in Matthäus 18,18-19 nahe. In 1. Korinther 5 wird diese Hinlänglichkeit erstens durch die Aussage angedeutet, dass in ihrer Gemeindeversammlung die Macht des Herrn Jesus gegenwärtig ist (Vers 4), ferner dadurch, dass ihnen geboten ist, den Gottlosen aus ihrer Mitte zu entfernen (Vers 7 und 13). Der Ursprung dieser Macht ist eindeutig Christus selbst (Mt 18,20; 1Kor 5,3-5). Diese Macht bis hin zur Exkommunikation eines Gemeindegliedes gegeben (Mt 18,17; 1Kor 5,7.13), sie beinhaltet aber auch den Gottesdienst (Mt 18,20). Das ordentliche Vorgehen in einem Gemeindezuchtsfall wird durch die detaillierten Anordnungen in Matthäus 18,15-17 und 1. Korinther 5,4.11 sowie 2. Korinther 2,6-8 geregelt.

In den Sendschreiben an die sieben Gemeinden von Asien in Offenbarung 2 und 3 betont Christus wiederholt das Thema der Gemeindezucht, doch ist jede Gemeinde einzig und allein für ihre eigenen Glieder und deren Gemeindezucht verantwortlich. Christus hat niemals behauptet, angenommen oder impliziert, dass die anderen Gemeinden dadurch Gemeindezucht ausüben sollten, dass sie sich in die Angelegenheiten einer der anderen Gemeinden einmischten. Die anderen Gemeinden werden beispielsweise nicht dafür zur Rechenschaft gezogen oder dazu angewiesen, dass sie sich um die Gemeindezucht in Laodizea kümmern. Presbyterianer wenden sich mit vielen unterschiedlichen Gründen gegen eine so geartete Unabhängigkeit der einzelnen Ortsgemeinden. Die klassische Schlüsselstelle, auf die sie ihre Argumente stützen, ist Apostelgeschichte 15,8. Im Wesentlichen gründet sich die Argumentation der Presbyterianer auf zwei Punkte: Erstens übte die Versammlung in Jerusalem über viele unterschiedliche Ortsgemeinden Autorität aus. Dieser Punkt ist sicherlich richtig (Apg 15,28; 16,4). Zweitens sei die Versammlung in Jerusalem ein Kirchenrat oder eine Gemeindesynode gewesen, die sich aus den Ältesten als Repräsentanten vieler verschiedener Ortsgemeinden zusammengesetzt habe. Dieser Punkt ist umstritten und muss diskutiert werden. Während es richtig ist, dass „Älteste“ in untergeordneter Weise an der maßgeblichen Entscheidung beteiligt waren (Apg 15,23; 16,4), ist es nicht richtig oder es lässt sich wenigstens nicht nachweisen, dass sich die Versammlung aus Ältesten vieler oder gar nur aus zwei unterschiedlichen Gemeinden zusammensetzte. Es gibt nicht einmal einen Hinweis darauf, dass Paulus und Barnabas unter den „Aposteln und Ältesten“ waren, welche den Entschluss herbeiführten (Apg 15,2.4.6.22-23; 16,4). Insbesondere in Apostelgeschichte 15,2.4 und 16,4 werden Paulus und Barnabas von dem Kreis der betroffenen Ältesten unterschieden. Es gibt absolut keinen Beleg dafür, dass irgendeiner von den Ältesten der vielen anderen Gemeinden, an welche die Beschlüsse gesandt wurden, anwesend war.
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Die Gemeinde in Jerusalem hatte aus vielen Gründen eine heilsgeschichtlich einzigartige Autorität, wie es in keiner anderen Gemeinde mehr der Fall war. Daher kann sie mit ihren Ältesten nicht als Vorbild für andere, spätere und geringerstehende Gemeinden betrachtet werden.
1. Es handelt sich um die Gemeinde, in der die zwölf Apostel beheimatet waren. Deren Einfluss und Anwesenheit verliehen ihren Beschlüssen große Autorität.
2. Es ist die erste Gemeinde, die Muttergemeinde der Christenheit.
3. Ihre Leiter (selbst wenn man einmal von den Zwölfen absieht) waren die ursprünglichen Jünger und Nachfolger Christi. Älteste wie Jakobus, der Halbbruder unseres Herrn, auch wenn er nicht zu den zwölf Aposteln gehörte, besaßen dennoch eine Autorität, die apostolisch genannt werden muss (Gal 2,9; 1Kor 15,7). Es gibt folglich jeden Grund für die Annahme, dass die Gemeinde in Jerusalem innerhalb der Gemeinde Christi eine einzigartige Autoritätsstellung besaß. Es fällt nicht schwer, ein entsprechendes Vorbild für diese Autoritätsstellung ausfindig zu machen. Ihre Leitung, zu der möglicherweise viele der Siebzig gehörten, die von Christus ausgesandt worden waren (Lk 10,1.17), sollte rasch zu einer Art christlicher Sanhedrin werden. Sie übte aus all den oben genannten Gründen Autorität aus, die der Autorität des jüdischen Sanhedrin (dem Rat der siebzig Ältesten Israels) über alle jüdischen Synagogen sehr ähnlich war. All dies lässt verschiedene praktische Lektionen klar hervortreten: die hohe Autoritätsstellung der Ortsgemeinde und das erhabene Vorrecht, ein Glied in ihr und unter ihrer Autorität sein zu dürfen; die hohe Verantwortung der Ortsgemeinde, ihre Macht nicht zu missbrauchen; die herrliche Freiheit der wahren Ortsgemeinde (unter den Menschen gibt es keine höhergestellte religiöse Autorität); der lebendige Ursprung der Macht der Ortsgemeinde — die besondere Gegenwart Christi.
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D. Ihre berufene Leitung (Abschnitt 8-13)

1. Die Identität ihrer Leitung (Abschnitt 8)

Die Aussage dieses Abschnitts besteht darin, dass Christus in der Ortsgemeinde nur zwei bleibende Ämter verordnet hat: Älteste und Diakone. Man könnte noch viel mehr dazu sagen, aber die Hauptgründe dafür sind diese:
In den klassischen neutestamentlichen Stellen über die bleibenden Ämter in der Ortsgemeinde werden nur diese beiden Ämter erwähnt (Phil 1,1; 1Tim 3,1-13). Dies legt nahe, dass es keine anderen Ämter gibt. 2. Das Amt des Ältesten oder Presbyters, Aufsehers oder Bischofs und Pastors oder Hirten ist ein und dasselbe (Apg 20,17.28; Tit 1,5-7; 1Petr 5,2; 1Tim 3,2; Eph 4,11). Heute unterscheidet man üblicherweise Pastoren und Älteste voneinander. Doch werden in Apostelgeschichte 20,17.28 und 1. Petrus 5,2 die Ältesten dazu aufgefordert, die Gemeinde pastoral zu hüten. In 1. Timotheus 3,2 wird gefordert, dass alle Ältesten lehrfähig sein sollen. Die „Hirten und Lehrer“ Epheser 4,11 sind nichts anderes als die Ältesten. Es gibt keine drei Ämter in der Gemeinde: Pfarrer oder Pastor, Ältester und Diakon. Es gibt nur zwei Ämter: Aufseher-Ältester-Pastor und Diakon. Pastoren und Älteste sind dasselbe. Die biblische Lehre sollte nicht subtil durch eine Terminologie unterwandert werden, in der vom Erstpastor und Zweitpastor die Rede ist. Üblicherweise gibt es in jeder Ortsgemeinde eine Pluralität (Mehrzahl) von Ältesten. Dies lässt sich sowohl aus der Bibel als auch aus dem Bekenntnis erschließen. Es findet sich kein Beispiel für eine neutestamentliche Gemeinde, in der es nur einen Ältesten gibt. Im Allgemeinen ist stets von einer Pluralität (Mehrzahl) von Ältesten die Rede (Apg 14,23; 20,17; Phil 1,1; 1Thess 5,12; Tit 1,5; Hebr 13,17; Jak 5,14). Man muss allerdings eingestehen, dass die Position, die hier im Blick auf die Gleichsetzung der Bezeichnungen „Pastor und Ältester“ vertreten wird, nicht unzweideutig aus dem Bekenntnis hervorgeht. Es gibt in der Tat Aussagen, in denen Pastoren, Älteste und Aufseher eindeutig gleichgesetzt werden.
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In Abschnitt 8 spricht das Bekenntnis von den „Aufseher[n] oder Älteste[n]“ als einem der beiden bleibenden Ämter in der Gemeinde. Das „Amt des Aufsehers oder Ältesten“ wird in Abschnitt 9 erneut gleichgesetzt. In Abschnitt 11 scheint diese Gleichsetzung von Aufsehern und Ältesten eindeutig auf die Pastoren ausgedehnt zu werden, wenn im Bekenntnis von den „Aufseher[n] oder Pastoren der Gemeinden“ die Rede ist. Um den Gegebenheiten aber völlig gerecht zu werden, muss man die Tatsache in Betracht ziehen, dass in Abschnitt 10, in dem es um die finanzielle Unterstützung von Ältesten geht, der Ausdruck „Pastoren“ gebraucht wird. Außerdem heißt es in diesem Abschnitt nirgends, dass diejenigen Ältesten-Pastoren, die in erster Linie und vor allen Dingen unterstützt werden sollen, diejenigen sind, „die sich mühen im Wort und in der Lehre“ (1Tim 5,17 LÜ). Es mag der Eindruck entstehen, als solle damit indirekt gesagt werden, dass alle Pastoren (hier im Unterschied zu den Ältesten) unterstützt werden sollen. Doch wenn im folgenden Abschnitt Aufseher und Pastoren miteinander gleichgesetzt werden, scheint dieser denkbaren Schlussfolgerung widersprochen zu werden. Eine andere denkbare Interpretation dieser Aussage könnte darin bestehen, dass alle Ältesten Wortverkündiger sein und daher von der Gemeinde unterstützt werden sollten. Während diese Auslegung mit den vorliegenden Aussagen gut zusammenpasst, ist es schwierig, sie mit den klaren Lehren von Abschnitt 8 und 9 in Einklang zu bringen, wonach jede Gemeinde üblicherweise eine Pluralität von Ältesten haben soll. Sollte das Bekenntnis etwa lehren, dass jede Gemeinde gewöhnlich eine Mehrzahl von Ältesten hat und jeden von ihnen unterstützen sollte? Dies erscheint sehr unwahrscheinlich. Die Auslegung, die der zugegebenermaßen mehrdeutigen Formulierung des Bekenntnisses am nächsten zu kommen scheint, hebt die einschränkenden Worte in Abschnitt 10 besonders hervor: „so weit das möglich ist“ (26,10). In den ursprünglichen Belegstellen des Bekenntnisses wird an dieser Stelle 1. Timotheus 5,17-18 zitiert. Möglicherweise geht das Bekenntnis davon aus, dass im „Idealfall“ alle Ältesten unterstützt werden sollten, doch durch diese Aussage würde noch folgender Gedanke hinzugefügt werden: Alle Ältesten sollten unterstützt werden, so wie es der Gemeinde möglich ist und entsprechend der Prioritäten für die Unterstützung von Pastoren, die in der Bibel genannt werden. Ob dies das genaue oder richtige Verständnis von 1. Timotheus 5,17-18 widerspiegelt oder nicht — diese Auslegung bietet auf alle Fälle ein stimmiges Verständnis für die Aussagen des Bekenntnisses.
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