Lesung aus C.H.Spurgeon "Das Evangelium des Reiche"

Basiert auf "Biblische Lehre" - aber damit die Praxis nicht zu kurz kommt, ein Extra-Forum

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Jörg
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Matthäus 16.20-23

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20. Da verbot Er seinen Jüngern, daß sie niemand sagen sollten, daß Er Jesus der Christ wäre.

Noch sollten sie Schweigen beobachten über die höchsten Ansprüche unsres Herrn, damit nicht das Volk in voreiligem Eifer Ihn durch Waffengewalt zum König einsetzte. Es war gefährlich, einer so schlecht unterrichteten Menge zu sagen, was sie sicherlich mißverstehen und mißbrauchen würde. Der Befehl, niemandem zu sagen, muß sehr seltsam in den Ohren der Jünger geklungen haben. Es war nicht ihre Sache, die Ursache des Befehls ihres Herrn zu erforschen; es war genug für sie, zu thun, was Er sie hieß. Wir haben kein solches Verbot, und deshalb wollen wir allen sagen, daß unser Herr der Heiland ist, der Gesalbte Gottes, oder wie Er selbst es ausdrückte, “Jesus der Christ.“

21. Von der Zeit an fing Jesus an und zeigte seinen Jüngern, wie Er müßte hin gen Jerusalem gehen, und viel leiden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten, und getötet werden, und am dritten Tage auferstehen.

Da die Gemeinde oder Gesellschaft jetzt wirklich geordnet war und als eine Thatsache behandelt wurde, so begann unser Herr, seine Jünger auf die Zeit vorzubereiten, wo sie als eine verbundene Körperschaft allein zu handeln hätten, weil Er von ihnen genommen sein würde. Ihre erste große Prüfung würde sein Tod sein, wovon Er dunkel schon früher gesprochen hatte. “Von der Zeit an fing Jesus an, und zeigte seinen Jüngern“ seinen Tod deutlicher. Es gibt eine passende Zeit für schmerzliche Enthüllungen, und unser Herr ist weise in der Wahl derselben. Er erwähnt das Zusammentreten seiner Feinde: “Älteste und Hohepriester und Schriftgelehrte“ werden sich eifrig verbinden. Ihre Wut wird sich in vielerlei Grausamkeit zeigen; Er wird “viel leiden.“ Er erklärt, daß sie ihre Feindschaft bis zu dem bitteren Ende treiben werden; Er wird “getötet werden.“ Er sagt vorher, daß Er “auferstehen“ wird, und Er bezeichnet die Zeit, nämlich “am dritten Tage.“ All dieses muß den Männern traurig geklungen haben, die sich immer mit Bildern von einem Reich ganz andrer Art schmeichelten. Die meisten von ihnen schwiegen weislich in ihrer Traurigkeit, doch einer war da, der eine viel zu kühne Zunge hatte.

22. Und Petrus nahm Ihn zu sich, fuhr Ihn an, und sprach: Herr, schone Deiner selbst; das widerfahre Dir nur nicht!

Dem Petrus konnte man noch nicht vertrauen als Haushalter. Er nimmt sich zu viel heraus. Seht, wie groß er ist! Er bildet sich fast ein, daß er Meister sei. Er liebte seinen Herrn so sehr, daß er nicht ertragen konnte, davon zu hören, daß Er getötet werden würde, und er wollte Ihn gern hindern, von einem so furchtbar traurigen Gegenstand zu reden. Er denkt, der Herr sei krankhaft ängstlich und lege der Feindschaft der Pharisäer mehr Wichtigkeit bei, als sie verdiene. Deshalb nimmt er den Herrn allein und rügt Ihn. Die Worte sind sehr stark: “Petrus nahm Ihn zu sich, fuhr Ihn an.“ Er meinte, des Herrn freimütiger Freund zu sein und zu gleicher Zeit das ehrfurchtsvolle Benehmen zu behaupten, das seinem Jünger geziemte, aber er nahm sich ersichtlich zu viel heraus, als er wagte, seinen Herrn zu rügen. Er konnte in dem Tode unsres Herrn nichts als den Untergang der Sache sehen, und darum hatte er das Gefühl, es dürfe nicht so sein. Er flehte die Barmherzigkeit des Himmels an, eine so furchtbare Katastrophe zu hindern. “Schone Deiner selbst.“ Es muß nicht, kann nicht so ausfallen, wie Jesus geweissagt hat. “Das widerfahre Dir nur nicht.“ Er wollte sogar den Gedanken daran aus unsres Herrn Seele treiben. Würden wir nicht dasselbe gethan haben, wenn wir da gewesen und ebenso besorgt um die Ehre unsres Herrn gewesen wären, wie Petrus es war? Würden wir nicht von Entsetzen ergriffen worden sein bei der Vorstellung, daß ein solcher wie Er einen grausamen Tod erleiden sollte? Hätten wir nicht in furchtbarem Ernst geloben können: “Das soll Dir nicht widerfahren?“

23. Aber Er wandte sich um, und sprach zu Petrus: Hebe dich, Satan, von mir! du bist mir ärgerlich; denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.

Unser Herr war über die Versuchung erhaben, die aus der Liebe seines Freundes erwuchs. Er wollte nicht länger an der Seite des Petrus bleiben, Er wandte sich hinweg von ihm. Da Er sah, daß der Teufel den Petrus als sein Werkzeug gebrauchte, redete Er den Satan selber an und Petrum auch, so weit er mit der bösen Eingebung eins war. “Hebe dich, Satan, von mir.“ Der Versuch war gemacht, einen Stein des Anstoßes in den Pfad der Selbstaufopferung zu legen, den Jesus sogar bis zum bitteren Ende verfolgen wollte. Er spähte das Hindernis aus und sprach: “Du bist mir ärgerlich.“ Sein liebster Freund war sein furchtbarster Feind, wenn er Ihn von seinem Lebenswerk abbringen wollte. Der Teufel glaubte, daß es ihm durch unsres Herrn soeben ernannten Vormann gelingen werde, aber Jesus machte kurzen Prozeß mit der Versuchung: Er war den Stein aus dem Wege und hinter sich, so daß Er nicht darüber straucheln konnte. Der Kern des Irrtums war der, daß Petrus die Dinge vom Standpunkt menschlichen Ruhmes und Erfolges ansah und nicht von jenem großartigen Standpunkt, in welchem die Ehre Gottes in der Errettung der Menschen alles andre weit überwiegt.

Etwas Wunderbares ist hier. Ein Mensch kann wissen, was nur der Vater offenbaren kann, und dennoch “nicht meinen, was göttlich ist.“ Wenn er nicht das Opfer des Herrn Jesu annimmt, so “meint er nicht,“ was göttlich ist. Wenn er sich nicht von Herzen über die Versöhnung freut, so nimmt er jenen lieblichen Geruch der Ruhe nicht wahr, den Gott der Herr in dem großen Opfer wahrnimmt, und hat deshalb keine Gemeinschaft mit göttlichen Dingen. Er kennt nicht den Geschmack, den Duft, das Wesen der geistlichen Dinge. Wie sehr er Jesum auch in Worten ehren mag, so ist er doch ein Feind, ja, ein wirklicher Satan für den wahren Christus, dessen eigentliches Wesen sein Werk als unser Sühnopfer ist. Die, welche heutzutage das stellvertretende Opfer unsres Herrn schmähen, lieben mehr das, was menschlich ist, als das, was göttlich ist. Sie erheben laut den Anspruch, große Menschenfreunde zu sein, aber gesunde Theologen sind sie nicht. Sie mögen die Freunde der Menschen sein, aber sie sind nicht die Diener Gottes. Mit welchem Schmerz schreiben wir diese Worte, wenn wir an die vielen Prediger denken, auf die sie Anwendung finden!
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 16.24-28

Beitrag von Jörg »

24. Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst, und nehme sein Kreuz auf sich, und folge mir.

Wie unser Herr, um seine Bestimmung zu erfüllen, sich opfern mußte, so muß dies auch jeder, der sein Nachfolger sein will. Um uns dicht an unsren Herrn zu halten, was Er mit den Worten “mir nachfolgen“ meint, müssen wir unser Ich aufgeben, denn Er verleugnete sich selbst, um sein Volk zu erlösen. Wir müssen unser Ich nicht kennen und ihm nicht nachgeben, sondern jeder von uns muß “sich selbst verleugnen.“ Indem er dies thut, muß er freudig seine eigne persönliche Last von Schmerz und von Dienst auf seine Schulter nehmen und sie mit Selbstaufopferung tragen, wie Jesus sein Kreuz trug.

Er hatte ihnen von seinem Kreuz gesagt; nun sagt Er ihnen von ihren eignen Kreuzen. Sie mochten nun wiederum wählen, ob sie Ihm folgen wollten und konnten. Mit ihrer genaueren Belehrung über seine Bestimmung war ihnen wieder die Frage vorgelegt, ob sie Ihm nachfolgen oder Ihn verlassen wollten. Wenn sie dabei verharrten, seine Nachfolger zu sein, so mußten sie dies als Kreuzträger und Selbstverleugnende sein. Die Bedingungen sind auch in unsren Tagen nicht anders. Nehmen wir sie an? können wir Schritt halten in der langen Reihe der Kreuzträger oder wollen wir dem Zeitgeist beistimmen und schöne Sachen über Jesum sagen, während wir sein stellvertretendes Opfer leugnen und die Selbstverleugnung scheuen, die Er verlangt? Unsre eigne Weisheit muß, wenn sie uns dahin führt, gering von dem „teuren Blut“ zu denken, gänzlich verleugnet und selbst verabscheut werden.

25. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden.

Nun sollten sie nach der Lehre handeln, die Er sie gelehrt hatte. Sie konnten ihr wirkliches Selbst nur erhalten durch den Verlust dieses gegenwärtigen Lebens. Wenn sie aber bei sich beschlössen, daß sie zuerst und zuvörderst ihr äußeres Leben erhalten müßten, so würde dies auf Kosten ihres wahren Wesens geschehen. Ihnen dies deutlich zu sagen, war ehrlich gehandelt von unsres Herrn Seite, und es sprach sehr für die Jünger, daß sie Ihm doch treu blieben. Ach, es war einer da von den erwählten Zwölfen, der wahrscheinlich in diesem Augenblick plante, wie er den Beutel behalten und doch schließlich den Folgen der Forderung seines Meisters sich entziehen könnte.

26. Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele? Oder was kann der Mensch geben, damit er seine Seele wieder löse?

Wenn er sein wirkliches Leben verliert, was könnte es ihm nützen, selbst wenn die ganze Welt sein wäre? Der wahre Gewinn oder Verlust ist ein Gewinn oder Verlust des Lebens. Alle äußeren Dinge sind Kleinigkeiten, verglichen mit diesem wahrhaften Leben. Selbst jetzt: “Was hülfe es dem Menschen?“ Er hat kein wirkliches Leben in Christo, und was ist alles andre, was er sonst besitzt? Was andres als ein glänzender Schein, womit er seine Seele am Rande der Hölle belustigt? Und was die künftige Welt anlangt, so ist da keine Frage. Das ewige Leben zu verlieren, ist in der That ein überwältigender Verlust.

Nichts kann mit dem ewigen Leben verglichen werden. Der Seele Wert kann nicht durch gewöhnliche Berechnungen abgeschätzt werden. Welten auf Welten wären ein armseliger Preis. “Was kann ein Mensch geben, damit er seine Seele wieder löse?“ Von Schacher kann nicht die Rede sein. Die Seele ist so sehr das einzige Erbteil des Menschen, daß er, wenn er sie verloren hat, alles verloren hat.

27. Denn es wird ja geschehen, daß des Menschen Sohn komme in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln; und alsdann wird Er einem jeglichen vergelten nach seinen Werken.

Es wird ein Tag kommen, wo Christus von dem Richterstuhl herab es kund machen wird, wer weise gewesen ist in seiner Lebensart, denn alsdann wird der Lohn oder die Strafe Licht auf das frühere Verhalten des Menschen werfen. Er, der selber verachtet ward, wird der Belohner derjenigen sein, die ihr Leben um seiner Sache willen hingaben. An jenem Tage wird der gekreuzigte Menschensohn in der Herrlichkeit kommen. Diese Herrlichkeit wird die “Herrlichkeit seines Vaters“ sein, und diese göttliche Herrlichkeit wird durch Heere von begleitenden Engeln bezeugt werden. In aller Pracht des Himmels wird Er beim jüngsten Gericht den Lohn austeilen. Durch die göttliche Gnade werden die Werke der Gerechten als Beweise ihrer Liebe zu Gott angenommen werden, und den Gottlosen wird mit Gerechtigkeit ihr Schicksal nach ihren Werken bestimmt, weil diese Werke der Beweis sein werden, daß sie nicht den Glauben gehabt haben, der gute Werke hervorbringt.

Herr, durch Deinen guten Geist laß mich stets an jenen Tag der Tage gedenken, der die Ewigkeit hell von unermeßlicher Seligkeit machen wird oder dunkel von unaussprechlichem Wehe! Möge ich alle Dinge betrachten in dem Glanze des Lichtes, das Deinen Richterstuhl umgibt!

28. Wahrlich, ich sage euch: Es stehen etliche hier, die nicht schmecken werden den Tod, bis daß sie des Menschen Sohn kommen sehen in seinem Reich.

So nahe war diese Herrschaft, welche die um Christi willen erlittenen Verluste der Heiligen wieder ersetzen sollte, daß, ehe noch alle die Umstehenden tot sein würden, der Herr ein Vorspiel dieser Herrschaft geben wollte in dem Gericht über Israel durch die Belagerung und Zerstörung Jerusalems, und sein Reich aufrichten wollte, dessen Anzeichen und dessen Werkzeug der Richterstuhl ist.

Wir haben hier eine schwierige Stelle, und dies scheint die einfachste Weise zu sein, sie in ihrem Zusammenhange zu verstehen. Unser Herr scheint zu sagen: „Durch Leiden und Tod steige ich auf einen Thron, und dadurch wird man sehen, daß Verlust und Tod oft der Weg zu wahrem Gewinn und wirklichem Leben sind. Dies mein Reich ist nicht weit weg und ist wirklich da; einige von euch werden mich in der Ausübung meiner königlichen Macht sehen, ehe sie sterben.“

Doch hat man auch gedacht, es bedeute, daß einige niemals wirklich den Tod schmecken oder die Fülle seiner schrecklichen Bedeutung kennen würden bis zum Gerichtstage. Dies ist wahr, aber es kann kaum an dieser Stelle gelehrt werden.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 17.1-4

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(Unser König wird verklärt. V. 1-13.)

1.2.Und nach sechs Tagen nahm Jesus zu sich Petrus und Jakobus und Johannes, seinen Bruder, und führte sie beiseits auf einen hohen Berg; und ward verklärt vor ihnen; und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß als ein Licht.


Waren diese “sechs Tage“ der ruhige Zwischenraum einer Woche, in dem unser Herr sich auf den eigentümlichen Vorgang auf dem “hohen Berg beiseits“ vorbereitete? Wußte die kleine Gesellschaft von Dreien von dem einen Sabbat zu dem andren, daß eine solche erstaunliche Freude ihrer wartete? Die Drei waren erwählt aus den Erwählten und durften sehen, was kein andrer in der Welt sehen durfte. Ohne Zweifel hatte der Herr Gründe für seine Wahl, wie Er sie für jede Wahl hat, die Er trifft, aber Er enthüllt sei uns nicht. Dieselben drei schauten den Todeskampf im Garten; vielleicht war der erste Anblick nötig, ihren Glauben bei dem zweiten aufrecht zu halten.

Den Namen des „hohen Berges“ kann man nicht wissen, denn die, welche die Örtlichkeit kannten, haben keine Nachricht darüber hinterlassen. Tabor, wenn ihr wollt; Hermon, wenn ihr das vorzieht. Niemand kann entscheiden. Es war ein einsamer und hoher Berg.

Während Er im Gebet war, strahlte sein Glanz hervor. Sein Angesicht, von seiner eignen inneren Herrlichkeit erleuchtet, wurde eine Sonne, und seine Kleider, gleich Wolken, die von dieser Sonne beschienen, wurden weiß wie das Licht selber. “Er ward verklärt vor ihnen.“ Er allein war der Mittelpunkt von dem, was sie sahen. Es war eine wunderbare Enthüllung der verborgenen Natur des Herrn Jesu. Da ward auf eine Weise das Wort des Johannes erfüllt: „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.“

Die Verklärung fand nur einmal statt; ein besonderes Schauen der Herrlichkeit Christi genießt man nicht jeden Tag. Unsre höchste Freude auf Erden ist, Jesum zu sehen. Es kann keine größere Seligkeit im Himmel sein; aber wir werden besser im stande sein, diese überaus große Seligkeit zu ertragen, wenn wir die Bürde des Fleisches abgelegt haben.

3. Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elias, die redeten mit Ihm.

So hatten das Gesetz und die Propheten, “Mose und Elias“, Verkehrt mit unsrem Herrn, “redeten mit Ihm,“ und hatten eine vertrauliche Unterhaltung mit ihrem Herrn. Längst abgeschiedene Heilige leben noch, leben in ihrer Persönlichkeit, sind unter ihrem Namen bekannt, und erfreuen sich nahen Zugangs zu Jesu. Es ist eine große Freude für Heilige, mit Jesu zu sein. Sie finden, daß es ein Himmel ist, wenn sie mit Ihm reden können. Die Häupter der früheren Perioden sprachen mit dem Herrn über seinen Tod, mit dem eine neue Weltzeit beginnen sollte. Nachdem Er sich so lange zu seinen unwissenden Nachfolgern herabgelassen, mußte es eine große Freude für die menschliche Seele Jesu sein, mit zwei hervorragenden Geistern, wie Mose und Elias, zu reden. Welch ein Anblick für die Apostel, diese glorreichen Drei! „Sie erschienen ihnen,“ aber sie, „redeten mit Ihm.“ Der Zweck der Heiligen war nicht, mit Aposteln zu reden, sondern mit ihrem Meister. Obgleich Heilige von Menschen gesehen werden, ist doch ihr Verkehr mit Jesu.

4. Petrus aber antwortete und sprach zu Jesu: Herr, hier ist gut sein; willst Du, so wollen wir hier drei Hütten machen, Dir ein, Mose eine und Elias eine.

Der Anblick sprach zu den Drei, die Ihn schauten, und sie fühlten sich verpflichtet, zu antworten. Petrus muß sprechen: “Petrus aber antwortete.“ Das, was obenauf ist, kommt heraus: “Herr, hier ist gut sein.“ Jedermann war seiner Meinung. Wer würde es nicht gewesen sein? Weil es so gut war, wollte er gern in diesem seligen Zustande bleiben und noch mehr Gutes daraus schöpfen. Aber er hatte nicht seine Ehrfurcht verloren, und deshalb wollte er den Dreien ein angemessenes Obdach bieten. Er legt den Vorschlag Jesu vor.: “willst Du.“ Er bietet sich an, mit seinen Brüdern hier Hütten für die drei Heiligen zu entwerfen und zu bauen: “Laß uns hier drei Hütten machen.“ Er schlägt nicht vor, für sich und Jakobus und Johannes zu bauen, aber er sagt. “Dir eine, Mose eine und Elias eine.“ Seine Rede klingt wie die eines verwirrten Kindes. Er redet etwas irre, doch sind seine Worte sehr natürlich. Wer wollte nicht wünschen, in solcher Gesellschaft zu bleiben? Mose und Elias und Jesus; welch eine Gesellschaft! Aber doch, wie unpraktisch ist Petrus! Wie selbstsüchtig der eine Gedanke: “Hier ist gut sein.“ Was sollte für die übrigen von den Zwölfen und für die andren Jünger und für die weite, weite Welt gethan werden? Einmal solche Seligkeit einschlürfen, mochte gut für die Drei sein, aber ein fortgesetztes Trinken davon möchte nicht einmal für sie wirklich gut gewesen sein. Petrus wußte nicht, was er sagte. Das Gleiche könnte von vielen andren aufgeregten Äußerungen begeisterter Heiliger gesagt werden.
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Jörg
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Matthäus 17.5-8

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5. Da er noch also redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören.

“Da er noch also redete.“ Solche wilde Reden mochten wohl unterbrochen werden. Welche gesegnete Unterbrechung! Wir mögen oft dem Herrn dafür danken, daß Er unsrem Schwatzen ein Ende macht. “Da überschattete sie eine lichte Wolke.“ Sie war licht und warf einen Schatten. Sie fühlten, daß sie darin eintraten und fürchteten sich, als sie es thaten. Es war eine sonderbare Erfahrung, doch hat sie sich an uns wiederholt. Wissen wir nicht, was es ist, Schatten aus einem lichten Glanze zu bekommen und “eine Stimme aus der Wolke?“ So handelt der Herr häufig mit seinen Begnadigten.

Die Stimme war klar und deutlich. Zuerst kam das göttliche Zeugnis für die Sohnschaft unsres Herrn: “Dies ist mein lieber Sohn,“ und des Vaters Erklärung: “an welchem ich Wohlgefallen habe.“ Welche Glückseligkeit für uns, daß Jehovah Wohlgefallen an Christo hat und an allen, die in Ihm sind! Dann folgte die göttliche Forderung: “Den sollt ihr hören.“ Es ist besser, den Sohn Gottes hören, als Heilige sehen oder Hütten bauen. Dies wird dem Vater mehr gefallen als alles andre, was die Liebe eingeben kann.

Das Wohlgefallen des Vaters an dem Herrn Jesu ist ein hervorragender Teil seiner Herrlichkeit. Die Stimme offenbarte dem Ohr eine größere Herrlichkeit, als der Glanz des Lichts durch das Auge mitteilen konnte. Der hörbare Teil der Verklärung war ebenso wunderbar als der sichtbare, ja, nach dem folgenden Vers will es scheinen, als sei er es noch mehr gewesen.

6. Da das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht, und erschraken sehr.

Ja, die Stimme überwältigte sie. Tieferer Eindruck wurde durch die Worte des Herrn hervorgebracht, als durch das blendende Licht. “Da das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht, und erschraken sehr.“ Sie waren in der unmittelbaren Gegenwart Gottes und hörten des Vaters Stimme und mochten wohl niederfallen und zittern. Eine zu klare Offenbarung Gottes, selbst wenn sie sich auf Jesum bezöge, würde uns mehr entkräften als kräftigen. Die drei Jünger sagten nichts mehr von Hütten bauen, sondern wie ein Mann “fielen sie auf ihr Angesicht.“ Ehrfurcht ist das Ende vom Reden. In diesem Fall sah es aus wie das Ende vom Bewußtsein, aber es war nur eine zeitweilige Ohnmacht, von der sie sich erholen und um so freudiger sein sollten.

7. Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an, und sprach: Stehet auf, und fürchtet euch nicht!

Jesus schien von ihnen weggegangen zu sein, verloren in einer Wolke des Lichts, aber nun “trat Er zu ihnen und rührte sie an.“ Seine Gemeinschaft mit reinen Geistern ließ Ihn nicht die Berührung des schwachen Fleisches verachten. O, der süße Trost dieser sanften Berührung! Sie erweckte, tröstete und stärkte seine erschrockenen und zitternden Jünger. Die Berührung der Menschheit ist für das arme Fleisch und Blut beruhigender als der Glanz der Gottheit. Die Stimme vom Himmel wirft nieder, aber das Wort von Jesu lautet: “Stehet auf!“ Des Vaters Stimme macht sie sehr erschrocken, aber Jesus sagt: “Fürchtet euch nicht!“ Glorreicher Gott, wie sehr loben wir Dich für den Mittler!

8. Da sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand denn Jesum allein.

Geschlossen waren ihre Augen wegen des zu hellen Lichtes, und sie wagten sie nicht zu öffnen, bis sie Jesu Berührung fühlten. “Da hoben sie ihre Augen auf.“ Was sahen sie?

Mose und Elias und der helle Glanz waren verschwunden und sie waren zu den Alltäglichkeiten ihres Lebens mit Jesu zurückgekehrt. “Sie sahen niemand,“ aber sie hatten nichts verloren, da Jesus blieb. Sie hatten durch das Verschwinden der Glänzenden gewonnen, da sie Jesus um so besser sehen konnten, und ihre Aufmerksamkeit nicht geteilt war. Das Gesicht seiner Verklärung hatte sie blind gemacht und betäubt, aber “Jesum allein“ heißt zum praktischen Leben zurückkehren und den besten Anblick von allen immer noch haben. O, daß auch wir das Auge unsres Geistes so auf den Herrn als unser einziges Ziel hefteten, daß Er den ganzen Bereich unsres Gesichtskreises ausfüllte und wir Jesum allein sähen!
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 17.9-13

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9. Und da sie vom Berge herabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt dies Gesicht niemand sagen, bis des Menschen Sohn von den Toten auferstanden ist.

Was sie gesehen, bekräftigte ihre eigne Zuversicht und blieb ein geheimer Freudenquell für sie; aber da es von andren großen Glauben erfordert hätte, es zu verstehen, sollten sie “dies Gesicht niemand sagen.“ Die Verklärung wäre ebenso schwer zu glauben gewesen, als die Menschwerdung selber, und es konnte von keinem Nutzen sein, Forderungen an einen Glauben zu stellen, der kaum existierte. Bis durch unsres Herrn Auferstehung die größte Bestätigung von allen gegeben war, wäre das Gesicht auf dem heiligen Berge eher eine Bürde als eine Stütze für den Glauben derer gewesen, die es nicht selbst sahen, sondern nur den Bericht der Apostel hörten. Es ist weise, das Zeugnis nicht zu überladen. Es gibt einen Zeitpunkt für das Bekanntmachen höherer Wahrheiten, denn zur unrechten Zeit könnten diese die suchenden Seelen eher belasten als ihnen beistehen. Welches Geheimnis hatten diese Männer zu bewahren! Sie bewahrten es, aber sie vergaßen es niemals und hörten auch nie auf, den Einfluß desselben zu fühlen.

Jetzt, da der Sohn des Menschen von den Toten auferstanden ist, braucht keine Lehre mehr zurückgehalten zu werden. Indem unser Herr das Leben und die Unsterblichkeit ans Licht gebracht, hat Er den Vorhang zerrissen, der lange die höheren Geheimnisse des Evangeliums verborgen hat. Sein Hervorgehen aus dem Grabe hat alle begrabene Wahrheit in Freiheit gesetzt. Es ist unnötig, um nicht zu sagen, sündlich, von den tiefen Dingen Gottes zu schweigen, nun „der Herr wahrhaftig auferstanden ist.“ Doch erwähnen einige Prediger, die wir nennen könnten, jahrelang nicht der Erwählung, des Bundes oder des Beharrens bis ans Ende.

10. Und seine Jünger fragten Ihn und sprachen: Was sagen denn die Schriftgelehrten, Elias müsse zuvor kommen?

Eins nach dem andren wird das, was den Jüngern schwierig schien, dem Herrn vorgelegt, und die Lösung wird bald gegeben. Eins betraf den Elias; und da sie ihn soeben gesehen, so nannten sie diese Sache. “Was sagen denn die Schriftgelehrten, Elias müsse zuvor kommen?“ Dies ist die Aussage von Leuten, die unsre Heiligen Schriften studiert haben, daß Elias vor dem Erscheinen unsres Herrn kommt. Ohne Zweifel machte es sie stutzig, wenn es ihnen in logischer Weise vorgelegt wurde:

Der Messias kann nicht kommen, ehe Elias erschienen ist;
Elias ist nicht erschienen;
Deshalb ist Jesus nicht der Messias.

11.12. Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Elias soll ja zuvor kommen, und alles zurecht bringen. Doch ich sage euch: Es ist Elias schon gekommen, und sie haben ihn nicht erkannt, sondern habe an ihm gethan, was sie wollten. Also wird auch des Menschen Sohn leiden müssen von ihnen.

“Jesus antwortete.“ Er hat eine Antwort auf alle Fragen, und wir werden wohl thun, alle unsre schwierigen Fragen vor Ihn zu bringen, um seine Erwiderungen zu hören. Unser Herr gibt zu, daß Elias vor dem Messias kommen muß: “Elias soll ja zuvor kommen,“ aber Er versichert, daß der mit der Weissagung Gemeinte “schon gekommen ist,“ und daß die Bösen “an ihm gethan haben, was sie wollten.“ Dies klärte sogleich den Zweifel auf. Dann fuhr Jesus weiter fort und sagte, daß das, was an dem wahren Elias gethan worden sei, auch an Ihm, dem Messias, gethan werden würde. Jesus selber mußte eines grausamen Todes sterben. “Also wird auch des Menschen Sohn leiden müssen von ihnen.“ Wie einfach die Erklärung der Schwierigkeit! Wie oft ist es schon geschehen, daß wir etwas erwartet haben, was schon gekommen war, oder durch eine Lehre in Verwirrung gesetzt wurden, die, wenn der Heilige Geist sie uns eröffnete, sich voll Unterweisung und Trost erwies. Ohne göttliche Belehrung ertrinken wir in seichten Stellen; aber mit ihr schwimmen wir in unergründlichen Tiefen.

13. Da verstanden die Jünger, daß Er von Johannes dem Täufer zu ihnen geredet hatte.

“Da verstanden die Jünger;“ unsres Herrn belehrendes Wort öffnete ihnen das Verständnis. Wenn Er lehrt, so lernen die dümmsten Schüler. Nun sahen sie, daß Johannes der Täufer der Elias der Weissagung war. Er war ein strenger Ermahner der Könige und predigte Israel Buße. Er war gekommen, um alles zurecht zu bringen, und so war der Messias nicht erschienen, ohne daß der wahre Elias voraufgegangen war. Dies war ihnen deutlich genug, nachdem der Herr es ihnen verständlich gemacht hatte. Herr, sprich nicht bloß mit uns, sondern laß uns Dein Wort auch verstehen!
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Jörg
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Matthäus 17.14-17

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(Der König kehrt zum Felde des Kampfes zurück. V. 14-21.)

14-16. Und da sie zu dem Volk kamen, trat zu Ihm ein Mensch, und fiel Ihm zu Füßen, und sprach: Herr, erbarme Dich über meinen Sohn! denn er ist mondsüchtig, und hat ein schweres Leiden; er fällt oft ins Feuer und oft ins Wasser; und ich habe ihn zu Deinen Jüngern gebracht, und sie konnten ihm nicht helfen.


Von der Gemeinschaft mit Heiligen und der Bestätigung seiner Anrechte durch die Stimme des Vaters kommt unser Herr herab, um mit dem Teufel zu kämpfen. Unser Mose steigt vom Berge herab und findet das Böse triumphierend in der Menge drunten. Während seiner Abwesenheit hatte der Feind seine schwachen Nachfolger besiegt. Umgeben von spöttelnden Gegnern hatten die Jünger vergeblich versucht, einen bösen Geist aus einem Jüngling auszutreiben, der durch die furchtbare Besessenheit mondsüchtig gemacht war. Der arme, getäuschte Vater wendet sich sogleich demütig an den herrn, legt den Fall klar vor und bittet in sehr angemessener Weise. Sein epileptischer Sohn war mondsüchtig, hatte schwer zu leiden und war in großer Gefahr durch häufiges, plötzliches Niederfallen. Das Leiden war ein furchtbares für alle dabei Gegenwärtigen. Das Schreien und die Verzerrungen, welche mit der Epilepsie verbunden sind, sind häufig schrecklich zu hören und zu sehen. Die Jünger hatten augenscheinlich ihr Bestes gethan, und da sie bei andren Gelegenheiten Teufel ausgetrieben hatten, waren sie erstaunt, ihre Bemühungen vereitelt zu sehen. Der fast verzweifelnde Vater rief nun vertrauensvoll aus: “Ich habe ihn zu Deinen Jüngern gebracht, und sie konnten ihm nicht helfen.“ Ach, armer Mann, du sprachst nur so, wie seitdem alle gethan haben, wenn sie auf Jünger vertraut und nicht auf ihren Meister allein! Weise war es von dir, daß du zu Jesu eiltest, Ihm zu Füßen fielst, und sprachst: Herr, erbarme Dich über meinen Sohn. Wie oft treibt die Sünde die Menschen zu den entgegengesetzten Dingen! “Er fällt oft ins Feuer und oft ins Wasser.“ Gewisse Menschen sind mondsüchtig und voll Schmerz zu einer Zeit, doch hart und unempfindlich zu einer andren; eine Zeitlang rasend vor Aufregung und bald nachher tot wie ein Stein. Wenn die Sünde sich mit Geistesverwirrung verbunden zeigt, so ist es schwer, sie zu behandeln. Wie oft haben ernste Seelengewinner von einem Menschen bekennen müssen, daß sie ihm nicht helfen könnten! Es mißlang uns bei einem Menschen von seltsamem Temperament, und die Leidenschaft, die ihn in Besitz genommen, war ganz besonders unlenksam. Möglicherweise war das einzige Glied, was ihn noch mit etwas Besserem verband, ein alter Vater, dessen Bitten uns in großer Sorge um den halbmondsüchtigen und ganz und gar verkommenen jungen Mann hielten. Obgleich wir bereit waren, den elenden Empörer zu bessern und wiederherzustellen, waren wir doch ganz unfähig, ihm zu helfen. Es war nötig, daß Jesus kam, eben wie in der vorliegenden Erzählung. Herr, verlaß uns nicht; wenn selbst Apostel nichts ohne Dich thun konnten, was soll dann von uns armen Schwächlingen geschehen!

17. Jesus aber antwortete und sprach: O du ungläubige und verkehrte Art, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch dulden? Bringet mir ihn hierher!

Die ganze Generation, unter der unser Heiland lebte, verursachte Ihm Schmerz durch ihren Mangel an Glauben und das Fehlen des festen Vertrauens auf Gott, das ihnen die größten Segnungen gesichert hätte. Seine eignen Jünger – Er war so lange bei ihnen gewesen, und doch hatten sie noch nicht gelernt, Glauben an Ihn zu haben. Die Schriftgelehrten und Pharisäer – Er hatte von ihnen schon viele Male gelitten, und nun mußte sie einen armen Mondsüchtigen zum Mittelpunkt ihres Kampfes mit Ihm machen. Er war in Gemeinschaft mit dem Himmel gewesen, und es war ein furchtbarer Mißton für sein Herz, zu einer solchen unruhigen und ungläubigen Gesellschaft zurückzukommen. Sie waren beides, “ungläubig und verkehrt.“ Die beiden Dinge sind gewöhnlich zusammen. Diejenigen, welche nicht glauben wollen, wollen auch nicht gehorchen.

Welches Leiden war all dieses für die heilige Seele unsres Herrn! “Wie lange soll ich bei euch sein?“ Muß ich in so unwürdiger Gesellschaft verharren. “Wie lange soll ich euch dulden?“ Muß ich immer so unter euren schlechten Gewohnheiten leiden? Es war ein Augenblick, wo seine triumphierenden Feinde und seine ungläubigen Freunde gleichermaßen Tadel verdienten. Aber nachdem das Wort gesprochen war, wollte Jesus nicht den armen Leidenden den boshaften Angriffen des bösen Geistes überlassen.

Seht, wie unser königlicher Anführer die Schlacht mit einem Worte wendet! Er verlegte den Kampfplatz von den Jüngern zu sich selber. “Bringet mir ihn hierher.“ Nie laßt uns diese Vorschrift vergessen. Wenn wir am meisten an uns selbst verzweifeln, laßt uns auf Christum trauen.
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Matthäus 17.18-21

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18. Und Jesus bedrohte ihn; und der Teufel fuhr aus von ihm, und der Knabe ward gesund zu derselbigen Stunde.

“Jesus bedrohte ihn, und der Teufel fuhr aus.“ Ein Wort von Christo, und der Satan flieht. Markus nennt diesen bösen Geist „sprachlos und taub;“ aber er hörte Jesum und antwortete auf seine Stimme mit einem Schrei. Und indem er das Kind schrecklich riß, fuhr er aus von ihm, um niemals wiederzukehren. “Der Knabe ward gesund zu derselbigen Stunde;“ d.h. sogleich und für immer. Gott verleihe uns Glauben, unsre Knaben und Mädchen zu dem Herrn Jesu zu bringen im Vertrauen auf seine Macht, sie jetzt für das ganze künftige Leben zu heilen. Selbst wenn junge Leute sehr heftigen Temperaments geworden sind und frühreif im Laster, kann der Herr sogleich die böse Macht bezwingen. Es war nicht nötig, daß der Knabe wartete, bis er erwachsen war. Er war als Kind unter der Macht des Teufels und er ward als Kind geheilt. Laßt uns die Errettung der Kinder als Kinder suchen.

19. Da treten zu Ihm seine Jünger besonders, und sprachen: Warum konnten wir ihn nicht austreiben?

Dies war eine sehr passende Frage. Wenn uns etwas fehlschlägt, laßt uns dies eingestehen, die Schuld davon auf uns nehmen und unsren Herrn um sein gnädiges Dazwischentreten bitten. Wenn wir besiegt sind, möge es von uns gesagt werden: “Da treten zu Ihm seine Jünger.“ Laßt uns dies zu einer persönlichen Sache machen. „sie traten zu Ihm besonders.“ Laßt uns demütig zu unsres Herrn Füßen sitzen, um Tadel oder Unterweisung zu empfangen, wie es Ihm recht scheint.

20. Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Um eures Unglaubens willen. Denn ich sage euch wahrlich: So ihr Glauben habt als ein Senfkorn, so mögt ihr sagen zu diesem Berge: Hebe dich von hinnen dorthin! so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.

Mangel an Glauben ist die große Ursache des Fehlschlagens unter den Jüngern, sowohl bei ihnen selber, als in ihrem Werk für andre. Es mögen in gewissen Fällen andre besondere Krankheiten da sein, aber dies ist die große und hauptsächlichste Ursache alles Fehlschlagens. “Um eures Unglaubens willen.“ Wenn wahrer Glaube da gewesen wäre, wirklicher und lebendiger Glaube, so hätten die Jünger jedes Wunder wirken können, sogar das Versetzen eines Berges. Welchen Glauben wir auch haben mögen, wir werden kein Wunder wirken, denn dies ist nicht das Zeitalter der Wunder. Ist unser Glaube deshalb beschränkt in seinem Kreise? Weit entfernt. Wir können das, was recht und tauglich ist, jetzt ohne Wunder durch den Glauben vollbringen. Unser Glaube mag klein “als ein Senfkorn“ sein, aber wenn er lebendig und wahr ist, so verbindet er uns mit dem Allmächtigen. Noch immer ist es wahr: “Ihr mögt sagen zu diesem Berge: Hebe dich von hinnen dorthin, so wird er sich heben.“ Berge sollen sich vor unsrem Glauben heben durch Mittel, die ebenso sicher sind, als wenn sie wunderbar wären; durch Mittel, die noch wundervoller sind, als wenn der Lauf der Natur verändert wäre. Vergleichungsweise gesprochen ist die Aufhebung des Naturgesetzes ein grobes Mittel, aber wenn der Herr dasselbe Resultat wirkt, ohne eines seiner Gesetzes zu vergewaltigen, so ist das ein nicht weniger göttliches Werk als ein Wunder. Dies ist das, was der Glaube gegenwärtig von dem Herrn erlangt: Sein Gebet wird erhört, und Dinge, die ihm selbst unmöglich sind, werden durch die göttliche Macht gewirkt. In geistlicher und bildlicher Weise wird der Berg versetzt. Buchstäblich steht der Berg noch, aber der Glaube findet einen Weg um ihn herum, durch ihn oder über ihn, und versetzt ihn so, dem Wesen nach.

In unsrem Missionsfelde sind Berge der Ausschließlichkeit, die unsre Missionare ausschlossen, hinweg gehoben. Im gewöhnlichen Leben haben unübersteigliche Schwierigkeiten sich gelöst. In mannigfaltiger Weise verschwinden Hindernisse vor dem wirklichen Glauben, nach dem Wort des Herrn Jesu: “Euch wird nichts unmöglich sein.“

21. Aber diese Art fährt nicht aus, denn durch Beten und Fasten.

Obwohl Mangel an Glauben das Haupthindernis für die Heilung des armen, mondsüchtigen Kindes war, so war doch der Fall einer, in dem besondere Mittel nötig waren. Der Glaube würde diese eingegeben und gewährt haben, da sie durchaus nötig waren; wenn es den Jüngern gelingen sollte, hätte der Glaube sie angewandt. Bei Gott sind alle Dinge gleich möglich, aber für uns mag der eine Teufel schwerer auszutreiben sein als der andre. Die eine Art wird auf ein Wort hin ausfahren, aber von einer andren mag es heißen: “Diese Art fährt nicht aus denn durch Beten und Fasten.“ Wer in gewissen Fällen den Teufel überwinden will, der muß erst den Himmel durch Gebet überwinden und sich selbst durch Selbstverleugnung besiegen. Der Teufel des Trinkens ist einer von der Art, der sicherlich durch den Glauben überwunden werden kann; und doch müssen wir gewöhnlich viele Fürbitte bei Gott thun und gänzliche Enthaltsamkeit als ein Beispiel für andre üben, ehe wir diesen Teufel austreiben können. Unser Geschäft in der Welt ist, die Menschen von der Macht des Teufels zu befreien, und wir müssen zu Jesu gehen, um die Art und Weise zu lernen. Gebet und Selbstverleugnung darf nicht gespart werden, wenn wir dadurch eine Seele von der Macht des Bösen befreien können; und wahrer Glaube an Gott wird uns instandsetzen, das Gebet hinauf zu schicken und die Selbstverleugnung zu üben. Mag sein, daß es einigen von uns fehlgeschlagen ist, weil wir noch nicht gut unterwiesen sind in der rechten Art des Verfahrens. Entweder versuchen wir es mit dem Glauben, ohne die verordneten Mittel zu gebrauchen, oder wir gebrauchen diese ohne einfachen Glauben an Gott, und in jedem Fall wird es uns fehlschlagen. Wenn wir im Glauben an Gott auf Christi eigne Weise ans Werk gehen, so werden wir den bösen Geist austreiben.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 17.22-24

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(Wiederum spricht der König von seinem Tode. V. 22. 23.)

22. 23. Da sie aber ihr Wesen hatten in Galiläa, sprach Jesus zu ihnen: Es ist zukünftig, daß des Menschen Sohn überantwortet werde in der Menschen Hände; und sie werden Ihn töten, und am dritten Tage wird Er auferstehen. Und sie wurden sehr betrübt.


Unser Herr kehrte oft zu dem ernsten Gegenstand seines Todes durch Menschenhände zurück. Dies beschäftigte seine Seele, und deshalb sprach Er davon zu seinen Jüngern. Ihre Gemüter waren viel zu empfänglich für andre Vorstellungen hinsichtlich seines Reiches, und deshalb stellte Er ihnen die Wahrheit fast immer wieder in denselben Worten vor. Er wollte alle Träume von einer weltlichen Monarchie aus ihren Seelen verbannen. Sein Tod war eine schmerzliche Prüfung für sie, und deshalb wollte Er sie darauf vorbereiten. Er spricht nun davon, daß Er verraten werden wird. Dies war immer ein bitterer Tropfen in seinem Gallenbecher. Des Menschen Sohn kommt, die Menschen zu erretten, und Er wird durch einen Menschen “verraten in der Menschen Hände.“ Für die Menschen lebte Er, durch einen Menschen ward Er verraten, und durch Menschen starb Er. Völlig sah Er voraus, daß “sie Ihn töten würden.“ O selbstmörderische Welt! Will nichts dich zufriedenstellen als das Blut von Gottes eignem Sohn?

Unser Herr will, daß wir viel von seinem Tode predigen, nun er vollbracht ist, denn Er sprach beständig davon, während derselbe noch zukünftig war. Kein Gegenstand ist so wichtig, so praktisch, so nötig.

Sein durchdringender Geist vergegenwärtigte sich den Tod und sah jenen dritten Tag voraus, wo das Wort erfüllt werden sollte: “Er wird auferstehen.“ Dies war das Morgenlicht, das die Finsternis der Verzweiflung von den Seelen der Jünger verbannt haben würde, wenn sie es verstanden und geglaubt hätten. Ein alter Schriftsteller sagt: „Er verzuckerte die bittere Pille seines Todes mit der Süßigkeit seiner verheißenen Auferstehung.“

Unser Herr wußte wohl, was Er sagte, und Er gebrauchte deutliche Ausdrücke; aber wie Er auch sprach, seine Nachfolger konnten nur zum Teil seine Meinung verstehen, und dieser Teil machte sie “sehr betrübt.“ Halb verstandene Worte Christi mögen dem Herzen große Betrübnis verursachen. Doch mag es sein, daß diese kühlende Wolke der Furcht ihre Seelen beruhigte und sie vor dem Fanatismus bewahrte, der die Lust um sie her erfüllte. Er wußte am besten, welcher Gemütszustand für sie zu dieser Zeit am sichersten sei, und Er weiß dasselbe in betreff unsrer in diesem Augenblick.

(Unser König und der Zinsgroschen. V. 24-27.)

24. Da sie nun gen Kapernaum kamen, gingen zu Petrus, die den Zinsgroschen einnahmen, und sprachen: Pflegt euer Meister nicht den Zinsgroschen zu geben?


Der halbe Sekel Zins war eine religiöse Einrichtung, ursprünglich auf das Gesetz gegründet, aber erweitert durch eine Sitte, die in der Schrift keinen Anhalt hatte. Es war in dem göttlichen Gesetz verordnet, daß er für einen jeden dem Herrn gezahlt werden sollte bei der Volkszählung. Von diesem Lösegeld gab es keine Ausnahme, aber es war keine Steuer, die Jahr auf Jahr erhoben ward. Es war allmählich unter religiösen Leuten Sitte geworden, diesen Zins jedes Jahr zu zahlen, jedoch hing die Zahlung ganz vom freien Willen ab. Es war durch die Sitte festgesetzt, aber nicht durch das Gesetz und konnte nicht von demselben erzwungen werden. Es war eine freiwillige, jährliche Gabe, und nur Eiferer für die jüdische Religion bezahlten ihn. Solche Frömmler waren sehr genau darin, nicht nur den Zins jedes Jahr zu zahlen, sondern es auch bekannt werden zu lassen, daß sie es gethan. Die Einsammler des halben Sekels wandten sich nicht sogleich an Jesum, vor dem sie vielleicht eine heilsame Scheu hatten, sondern sie richteten an Petrus die etwas verfängliche Frage: “Pflegt euer Meister nicht den Zinsgroschen zu geben?“ Als wollten sie sagen: „Gewiß thut Er es; wir wollen Ihn nicht in Verdacht haben, daß Er dies versäumt. Ein so hervorragender Mann wird nicht verfehlen, es besonders genau mit dieser gewohnheitsmäßigen Abgabe zu nehmen.“
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 17.25-27

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25. 26. Er sprach: Ja. Und als er heim kam, kam ihm Jesus zuvor, und sprach: Was dünkt dich, Simon? Von wem nehmen die Könige auf Erden den Zoll oder Zins? Von ihren Kindern oder von den Fremden? Da sprach zu Ihm Petrus: Von den Fremden. Jesus sprach zu ihm: So sind die Kinder frei.

Petrus hatte es so eilig damit, seinen Herrn zu verteidigen, daß er Ihn in Schwierigkeiten brachte. “Er sprach: Ja.“ Er hätte seinen Herrn fragen oder die Einsammler an Ihn verweisen können, aber er war eilig und hielt sich für ganz sicher, wenn er seines Herrn Ruf aufrecht hielt. Ihm war es gewiß, daß sein Herr alles thun würde, was gute Leute thäten. Unser Heiland und seine Sache haben oft durch den Eifer der Freunde gelitten. Christus wird besser erkannt durch das, was Er selber sagt, als durch das, was seine Freunde für Ihn sagen.

Petrus war nicht daheim, als er seine rasche Antwort gab, und dachte wenig, daß der Herr Jesus beachten würde, was er gesagt und ihn darauf anreden, sobald “er heim kam,“ wie es nachher geschah. Unser Herr begann mit Petrus davon, ehe er Zeit hatte, seine Antwort zu erzählen oder zu verteidigen: “Jesus kam ihm zuvor.“ Er wußte, was sein Diener gethan, und beeilte sich, es zu berichtigen. Da er nur wenig von einem Petrus in dieser Sache gewesen war, so nennt unser Herr ihn “Simon.“ Er fragt ihn: “Was dünkt dich, Simon?“ Er will ihn zum Richter in der Sache machen. Nehmen die Könige “Zoll von ihren Kindern oder von Fremden?“ Natürlich war die Familie des Fürsten stets frei von der Abgabe. Des Königs Unterthanen, und besonders die Fremden unter seinem Regiment, mußten die Kopfsteuer bezahlen, aber die Prinzen von königlichem Geblüt waren frei. Sollte Jesus Lösegeld für sich an Gott bezahlen? Sollte Er, der selbst des Königs Sohn ist, seinem Vater Zoll bezahlen? Wenn der Zins eine Steuer geworden war, die im Reiche Gottes erhoben ward, so sind die Kinder frei. Weder Jesus noch Petrus war verbunden, zu zahlen. Petrus hatte die Sache nicht in diesem Lichte gesehen.

27. Auf daß aber wir sie nicht ärgern, so gehe hin an das Meer, und wirf die Angel, und den ersten Fisch, der herauffährt, den nimm; und wenn du seines Mund aufthust, wirst du einen Stater finden; denselben nimm, und gib ihnen für mich und dich.

Unser Heiland wollte nicht gern Grund zum Ärgernis geben. Er war nicht verpflichtet zu zahlen; aber lieber, als einen Anstoß geben, wollte Er für sich und für Petrus zahlen. Wie gnädig waren seine Worte: “Auf daß wir sie aber nicht ärgern!“ Wenn die Frage für sich geblieben wäre, nicht verbunden mit andren Umständen, so hätte unser Herr grundsätzlich sich weigern können, den Zins zu zahlen; aber die rasche Erklärung des Petrus hatte seinen Herrn in Schwierigkeit gebracht, und Er wollte nicht den Anschein haben, als sei Er dem von seinen Jüngern gegebenen Versprechen untreu. Außerdem würde Petrus dadurch in einen Streit geraten sein, und Jesus will viel lieber zahlen, als seinen Diener in Verlegenheit lassen. Wenn Geld in eine Sache verflochten ist, wo es sich um Grundsätze handelt, so müssen wir uns hüten, daß es auch nicht einmal den Schein hat, als wollten wir unser Geld unter irgend einem Vorwande sparen. Gewöhnlich wird es das weiseste sein, unter Protest zu bezahlen, damit es nicht scheint, als trügen wir besondere Sorge für unser Gewissen, wenn wir zugleich für unser Geld Sorge tragen können.

Die Art der Zahlung verhinderte, daß die Handlung unsren Herrn in Verlegenheit bracht. Sehr interessant war das Angeln des Fisches, welcher das Silber in seinem Munde brachte. “Den ersten Fisch, der herauffährt, den nimm; und wenn du seinen Mund aufthust, wirst du einen Stater finden.“ Sehr merkwürdig die Fügung, die den Sekel in das Meer fallen, den Fisch ihn verschlucken ließ, und ihn dann an den Angelhaken kommen ließ, sobald Petrus zu fischen begann. So bezahlt der Sohn die Steuer, die für seines Vaters Haus erhoben ward; aber Er übt sein königliches Vorrecht bei der Handlung aus und nimmt den Sekel aus dem königlichen Schatz. Als Mensch zahlt Er, aber als Gott läßt Er zuerst den Fisch Ihm den Sekel in seinem Munde bringen.

Das Geldstück reichte hin für Petrus sowohl als für seinen Herrn. So ließ unser Herr zu, daß Er wie einer behandelt wurde, der sein Leben verwirkt, und für den ein halber Sekel Lösegeld bezahlt werden mußte. Dies hat Er um unsretwillen gethan und in Gemeinschaft mit uns. Wir sind erlöst durch seine Handlung und in Verbindung mit Ihm, denn Er sprach von dem Stater: “Denselben nimm, und gib ihnen für mich und für dich.“ Es waren nicht zwei halbe Sekel, sondern ein Geldstück, das für Jesum und Petrum bezahlt ward. So sehen wir, daß die Seinen mit Ihm durch die Erlösung verbunden sind.

„Er litt an dem Kreuze die Strafe für mich,
Und so sind wir frei nun, mein Bürge und ich.“

Die moralische Lehre hieraus ist die, daß man lieber zahlen als Ärgernis geben soll.

Aber viel größere und tiefere Wahrheiten schlummern darunter. Es sind solche wie diese: die herrliche Freiheit des Sohnes, sein Zinszahlen um unsretwillen und die Lösung für Ihn und uns durch die Zahlung, die Er selbst bewirkt hat.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 18.1-5

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(Der König ordnet den Rang in seinem Reiche an. V. 1-5.)

1.Zu derselbigen Stunde traten die Jünger zu Jesu, und sprachen: Wer ist doch der Größte im Himmelreich?


Er sprach von seiner Erniedrigung, sie dachten an ihre eigne Erhöhung, und das “zu derselbigen Stunde.“ Wie verschieden in demselben Augenblick der Lehrer und die Jünger! Die Vorstellung von Größe, und von mehr oder minder davon für einen jeden, war mit ihrer Vorstellung von einem Reich verwerbt, selbst wenn es “das Himmelreich“ war. Sie traten zu Jesu, aber wie konnten sie die Kühnheit haben, ihrem demütigen Herrn eine Frage zu thun, die so offenbar seinem Denken und Geiste fremd war? Es zeigte ihr Vertrauen, aber es bewies auch ihre Thorheit.

2. Jesus rief ein Kind zu sich, und stellte das mitten unter sie.

Er antwortete ihnen nicht bloß mit Worten, sondern machte seine Lehre eindringlicher durch eine Handlung. “Er rief ein Kind zu sich.“ Das Kind kam sogleich, und Jesus “stellte es mitten unter sie.“ Daß das Kind auf seinen Ruf kam und sich willig hinstellen ließ, wo Jesus es wünschte, ist ein Zeugnis für die freundliche Weise unsres Herrn. Gewiß war ein Lächeln auf seinem Antlitz, als Er den Kleinen zu sich kommen hieß, und es muß eine liebliche Milde in der Art gewesen sein, in der Er das Kind mitten unter die Zwölfe als sein kleines Muster stellte. Laßt uns Jesum und das kleine Kind sehen und die zwölf Apostel um die zwei Hauptfiguren herum gruppiert. So möge die ganze Gemeinde sich versammeln, um Jesum und den kindlichen Charakter zu studieren.

3. Und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Es sei denn, daß ihr euch umkehret, und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.

Die Apostel waren bekehrt in einem Sinne, aber sogar sie hatten eine weitere Bekehrung nötig. Sie mußten von Selbstsucht zur Demut und Zufriedenheit bekehrt werden. Ein Kind hat keine ehrgeizigen Träume und ist mit kleinen Dingen zufrieden; es strebt nicht nach Größe, sondern es vertraut und gibt dem Befehl nach. Wir können nicht ins Himmelreich kommen, wenn wir nicht von eingebildeter Größe zu wirklicher Demut herabsteigen und wie die Kinder werden. Um zur Größe der Gnade emporzusteigen, müssen wir hinabgehen zur Kleinheit, Einfalt und zum Vertrauen der Kindheit. Da dies die Regel für Apostel war, so mögen wir uns darauf verlassen, daß wir nicht in das Reich kommen können in einer weniger demütigenden Weise. Diese Wahrheit wird bestätigt durch unsres Herrn feierlich bezeugendes Wort: “Wahrlich, ich sage euch.“

4. Wer nun sich selbst erniedrigt wie dies Kind, der ist der Größte im Himmelreich.

Im Himmelreich ist der Kleinste der Größte. Der Demütigste ist der Höchste. Wer die niedrigsten Dienste für die Brüder verrichten will, soll der Höchste in ihrer Achtung sein. Wir haben es nötig, uns Mühe zu geben, um uns wahrhaft demütigen Sinnes zu machen, und wenn es uns durch die allmächtige Gnade gelingt, so werden wir einen hohen Grad in der Schule der Liebe erlangen. Welch ein Reich ist dies, in dem jeder aufsteigt dadurch, daß er freiwillig herabsteigt!

Es ist weise, wenn ein Mensch sich demütigt, denn dadurch wird er der Notwendigkeit entgehen, gedemütigt zu werden. Kinder suchen nicht demütig zu sein, sondern sie sind es, und das Gleiche ist der Fall mit solchen Menschen, in denen wirklich Gottes Gnade ist. Nachgeäffte Demut ist widerlich; die wirkliche ist anziehend. Möge die Gnade sie in uns wirken!

5. Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.

Es ist nichts Geringes, fähig zu sein, demütige und sanftmütige Charaktere zu würdigen. Einen kindlichen Gläubigen in Christi Namen aufnehmen, heißt Christum aufnehmen. Freude haben an einem demütigen, vertrauensvollen Charakter, heißt, Freude an Christo haben. Wenn wir es für Freude halten, solchen Menschen Dienste zu thun, so mögen wir gewiß sein, daß wir darin unsrem Herrn dienen. Die, welche Kleine in Christi Namen aufnehmen, werden ihnen gleich werden und so auf eine andre Weise in ihrer eignen Seele Christum aufnehmen.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 18.6-9

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(Unsres Königs Warnung vor Ärgernissen, besonders vor denen, welche den Kleinen Schaden thun. V. 6-14.)

6. Wer aber ärgert dieser Geringsten einen, die an mich glauben, dem wäre besser, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt, und er ersäuft würde im Meer, da es am tiefsten ist.


Einem Kleinen wohlthun, heißt den Heiland selbst aufnehmen. Sich darauf legen, die Einfältigen zu verderben oder die Demütigen zu beunruhigen, wird der sichere Weg zu einem furchtbaren Geschick sein.

Kleine, die an Jesum glauben, sind ganz besonders unter seiner Obhut, und nur die ganz Boshaften greifen sie an, oder versuchen sie zum Straucheln zu bringen. Ein solch böser Mensch wird nichts gewinnen, selbst wenn er den leichten Sieg erlangt, den er erwartet; er wird sich im Gegenteil eine schreckliche Vergeltung bereiten: Es wäre ihm besser, daß der größte Mühlstein, so wie er in einer von einem Esel gedrehten Mühle gebraucht wird, an seinen Hals gehängt würde, und daß er selbst dann über Bord geworfen würde und ersäuft im Meer, wo es am tiefsten ist. Er wird sicherlich sinken, schimpflich sinken, sinken, um nie mehr aufzustehen. Die, welche die Demütigen hassen, gehören zu den schlimmsten Menschen, denn ihre Feindschaft ist durch nichts herausgefordert. Sie mögen hoffen, dadurch zu steigen, daß sie die, welche einfältigen Herzens sind, bedrücken oder bethören, aber ein solches Verhalten wird früher oder später ihr Verderben sein. Es ist der demütige Herr der Demütigen, der diese Verurteilung ausspricht, und Er wird bald der Richter der Lebendigen und der Toten sein.

7. Wehe der Welt der Ärgernis halben! Es muß ja Ärgernis kommen; doch wehe dem Menschen, durch welchen Ärgernis kommt!

Es ist eine traurige Welt wegen der Steine des Anstoßes. Dies ist der große Jammer jedes Zeitalters. Der Gelegenheiten zum Sündigen sind schrecklich viele, und es scheint, wenn man die Gestaltung der Gesellschaft betrachtet, als müsse es so sein. “Es muß ja Ärgernis kommen.“ So lange der Mensch Mensch ist, wird seine Umgebung eine Prüfung für ihn sein, und seine Mitmenschen werden zu oft Anlaß zum Bösen für ihn werden. Dies bringt der Welt Wehe, aber das schlimmste Wehe trifft die, welche dieses Straucheln verschuldet haben. Die, welche suchen groß zu sein, geben großen Anlaß zu Ärgernissen. Von den Demütigen ist es am wenigsten wahrscheinlich, daß sie andren Anlaß zum Straucheln geben. Wehe ist deshalb das sichere Erbteil des Stolzen, denn er ist der “Mensch, durch welchen Ärgernis kommt.“

8.9. So aber deine Hand oder dein Fuß dich ärgert, so haue ihn ab, und wirf ihn von dir. Es ist dir besser, daß du zum Leben lahm oder ein Krüppel eingehest, denn daß du zwei Hände oder zwei Füße habest, und werdest in das ewige Feuer geworfen. Und so dich dein Auge ärgert, reiß es aus, und wirf’s von dir. Es sit dir besser, daß du einäugig zum Leben eingehest, denn daß du zwei Augen habest, und werdest in das höllische Feuer geworfen.

Hier wiederholt unser Herr eine Stelle aus der Bergpredigt. (Kap. 5,29.30.) Warum sollte Er es nicht? Große Lehren müssen häufig gelehrt werden, besonders Lehren, die schmerzliche Selbstverleugnung einschärfen. Es ist gut, wenn ein Mann am Schluß seines Predigtamtes dieselbe Predigt halten kann, wie am Beginn. Manche ändern sich fortwährend in unsren Tagen, aber Jesus ist derselbige gestern und heute und in Ewigkeit.

Versuchungen und Anreizungen zur Sünde sind so gefährlich, daß wir, wenn wir sie in uns finden, um jeden Preis uns von den Ursachen derselben frei machen müssen. Wenn das Fliehen vor diesen Versuchungen uns den Menschen gleich macht, die lahm oder Krüppel sind, oder einäugig, so wird der Verlust von geringer Bedeutung sein, wenn wir nur zum Leben eingehen. Besser, durch strengen Puritanismus die Bildung zu versäumen, als allen Schliff und alle Kenntnisse der Zeit auf Kosten unsrer geistlichen Gesundheit zu gewinnen. Ob es auch bei unsrem Eingang in das göttliche Leben geschienen hat, als wenn wir viel verlören durch das Aufgeben von Gewohnheiten oder Besitzungen, das uns als Pflicht erschien, so werden wir in Wirklichkeit doch gewinnen. Unser Hauptanliegen sollte sein, ins Leben einzugehen, und wenn dies uns Geschicklichkeit der Hand, Behendigkeit des Fußes und Verfeinerung des Auges kosten sollte, wie es das mag, so müssen wir uns fröhlich verleugnen, um das ewige Leben zu besitzen. In der Sünde verharren und all unsre Vorteile und Fähigkeiten behalten, wird ein furchtbarer Verlust sein, wenn wir in das höllische Feuer geworfen werden, was der sichere Teil aller ist, die im Sündigen verharren. Ein lahmer, verkrüppelter, halb blinder Heiliger ist selbst auf Erden besser, als ein Sünder, bei dem jede Fähigkeit völlig entwickelt ist. Es ist nicht notwendig, daß Hand, Fuß oder Auge uns straucheln machen, aber wenn sie es thun, so ist der chirurgische Prozeß kurz, scharf, entschieden: “Haue sie ab, und wirf sie von dir,“ oder. “Reiß es aus, und wirf es von dir.“ Der halbgebildete, schüchterne, einfältige Gläubige, der, um den Schlingen der falschen Wissenschaft, der weltlichen Schlauheit, des höfischen Stolzes zu entgehen, das aufgibt, was die Menschen „Vorteile“ nennen, wird sich schließlich als weiser bewähren, als die, welche ihre Seelen riskierten für das, was Weltlinge für notwendig zur menschlichen Vervollkommnung halten. Der Mann, der Gott glaubt und deshalb als einer bezeichnet wird, der sein kritisches Auge verloren, ist weiser als der, welcher sich durch doppelte Scharfsicht in die Hölle zweifelt. Zwei Hände, zwei Füße und zwei Augen werden wenig Vorteil gewähren, wenn sie in das ewige Feuer geworfen werden. Möge der Leser beachten, daß die schrecklichen, hier gebrauchten Ausdrücke nicht die Schöpfung finsterer Träume des Mittelalters sind, sondern die Worte des liebevollen Jesus.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 18.10-14

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10.11. Sehet zu, daß ihr nicht jemand von diesen Kleinen verachtet. Denn ich sage euch: Ihre Engel sehen allezeit das Angesicht meines Vaters im Himmel. Denn des Menschen Sohn ist gekommen, selig zu machen, das verloren ist.

Die, welche demütigen Herzens sind, dürfen, wenn sie auch von den Gottlosen für Thoren gehalten werden, doch nicht von uns so beurteilt werden. “Sehet zu, daß ihr nicht jemand von diesen Kleinen verachtet.“ Wir müssen zusehen, daß wir niemals auf sie mit dem Mitleid, das der Verachtung verwandt ist, herabblicken. Sie sind Gott sehr teuer; sie werden von Engeln behütet, ja, von den Engeln, die nahe dem ewigen Thron stehen. Ihre Engel sind nicht in den Hinterreihen, sondern sehen allezeit das Angesicht meines Vaters im Himmel. Die höchsten Hofbeamten der Herrlichkeit halten es für ihre Ehre, über die zu wachen, die demütigen Herzens sind. Diejenigen, welche Diener der armen Heiligen und der Kinder sind, haben freien Eintritt beim Könige. Wie muß Er selber von seinen Kleinen denken?

Nein, dies ist nicht alles. Jesus selber sorgt für die Ärmsten und Dürftigsten. Ja, Er kam, das selig zu machen, das verloren ist. Wie können wir denn wagen, stolz zu sein und ein Kind wegen seiner Jugend zu verachten oder einen Mann wegen seiner Armut oder wegen seines Mangels an Verstand. Die Engel und der Herr der Engel sorgen für die Verachtetsten unsres Geschlechts; sollen wir es nicht?

12. Was dünket euch? Wenn irgend ein Mensch hundert Schafe hätte, und eins unter denselbigen sich verirrte: läßt er nicht die neun und neunzig auf den Bergen, geht hin und sucht das verirrte?

Wir dürfen nicht einmal hart von den Irrenden denken. Der, welcher nicht will, daß wir die Kleinen verachten, will nicht, daß wir die Verlornen vernachlässigen. Nein, die Verlornen sollen besondere Beachtung haben. Ist nicht der Eigentümer einer Herde für den Augenblick mehr bekümmert um das eine verirrte Schaf, als um die neun und neunzig, die in Sicherheit sind? Das verlorne ist nicht besser, als eins der andren, aber es wird vorangestellt um seines Zustandes willen. Es sit für den Hirten kein Gegenstand verdienten Tadels, viel weniger der Verachtung, sondern sein Hauptgedanke ist Teilnahme für die Gefahr desselben und die Furcht, daß es umkomme, ehe er es findet. Um es zu retten, geht er selber über die Berge und vernachlässigt die große Herde im Vergleich mit diesem einen. Dies ist guter Grund, keinen zu verachten, weder von den Geringsten, noch von denen, die am schwersten irren. Was dünket euch? Ihr, die ihr selber einst verirrt waret und durch den Hirten und Bischof zurückgebracht seid, was dünket euch?

13. Und so sich’s begingt, daß er’s findet, wahrlich sage ich euch: Er freut sich darüber mehr denn über die neun und neunzig, die nicht verirrt sind.

Von dem Hirten lesen wir: “So sich’s begibt, daß er’s findet;“ aber unser großer Hirte kennt kein Fehlschlagen und ist nicht entmutigt. Er bringt alle Schafe zurück, die der Vater Ihm gegeben.

Dieses Schaf, das nach dem Irregehen gefunden worden ist, macht dem Hirten augenblicklich mehr Freude, als alle übrigen, gerade weil es ihm mehr Bekümmernis gemacht. Es nimmt durch seine Rettung den ersten Platz in den Gedanken des Hirten ein. Er war gezwungen, mehr für dasselbe zu thun, als für die neun und neunzig, und darum, da er seinen Wert schätzt nach dem, was es ihm gekostet hat, freut er sich darüber mehr denn über die neun und neunzig, die nicht verirrt sind. Er ist nicht ärgerlich über seinen Verlust an Zeit, noch zornig über seine Extra-Arbeit; seine Freude ist überfließend. Augenscheinlich verachtet der gute Hirte nicht das Kleine wegen seines Irregehens, denn nachdem er es wiedergebracht, gewährt er ihm den Hauptplatz in seinen Gedanken, ja, er hat mehr Freude daran, ob es auch nur eins ist, als an neun und neunzig andren der besten seiner Herde.

14. Als auch ist’s vor eurem Vater im Himmel nicht der Wille, daß jemand von diesen Kleinen verloren werde.

Wir können selber den Vergleich mit dem Hirten der Seelen vervollständigen; er ist zu klar, als daß der Heiland ihn auszuführen brauchte.

In den vorliegenden Worten versichert unser Herr ferner, daß unser Vater im Himmel nicht will, daß jemand von diesen Kleinen verloren werde. Daher dürfen wir keinen von ihnen verachten und auch keinen verachten, weil er geringen und niederen Standes ist. Demütig in ihrer Selbstschätzung und gering geachtet unter den Menschen, wie die Kinder Gottes es oft sind, und umringt von grausamen Feinden, wie es häufig der Fall, will der himmlische Vater nicht, daß sie umkommen, und sie können auch nicht umkommen. Wir müssen nicht die Armen, die Geringen, die wenig Begabten behandeln, als hielten wir es für besser, wenn sie uns aus dem Wege wären, oder als wenn sie gar keine Bedeutung hätten und gern ganz übersehen werden könnten. Dies ist in einem gewissen Sinne, sie verloren gehen lassen; denn die, welche wir als nichts betrachten, werden für uns, als wären sie nichts. Der, welcher in den höchsten Himmeln sitzet, sucht diejenigen aus, welche demütigen Herzens sind und zerschlagenen Geistes wegen ihrer Verirrungen, und Er legt großen Wert auf sie. Unser Vater im Himmel will nicht, daß wir die verachten, die vor seinen Augen wert sind.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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Matthäus 18.15-18

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(Des Königs Gesetz betreffs der Ärgernisse. V. 15-35.)

15. Sündigt aber dein Bruder an dir, so gehe hin, und strafe ihn zwischen dir und ihm allein. Hört er dich, so hast du deinen Bruder gewonnen.


Weit entfernt, jemand zu verachten, sollen wir sein Bestes suchen, selbst wenn er uns Unrecht gethan hat. Hier ist ein Fall von persönlicher Beleidigung. Wir sollen versuchen, Frieden zu schließen mit unsrem Bruder, der an uns gesündigt hat. Der Beleidigte soll den Beleidigenden aufsuchen. Wir müssen nicht die Beleidigung in unser Herz hinein fressen lassen, indem wir ein mürrisches Stillschweigen beobachten, und wir dürfen auch nicht hingehen und die Sache an die Öffentlichkeit bringen. Wir müssen den Beleidiger aufsuchen und ihm seinen Fehler sagen, als wenn er ihn nicht wüßte, wie es vielleicht auch ist. Laß die Ermahnung zwischen dir und ihm allein sein. Es mag sein, daß er sofort das Unrecht wieder gut macht, und dann haben wir gewonnen, nicht unsren Prozeß, sondern etwas, was viel mehr wert ist, unsren Bruder. Wir hätten ihn verlieren können, aber ein offenes Wort hat ihn gewonnen. Gott sei gelobt!

16. Hört er dich nicht, so nimm noch einen oder zwei zu dir, auf daß alle Sache bestehe auf zweier oder dreier Zeugen Munde.

Wenn der Bruder sehr schwer gesündigt hat, wird er wahrscheinlich mürrisch oder verwegen sein, und er wird dich nicht hören. Gib ihn darum nicht auf, sondern fahre fort, Frieden zu finden. Laß deine Vorstellungen von andren unterstützen: “nimm noch einen oder zwei zu dir.“ Vielleicht wird der Beleidiger beachten, was von den andren Brüdern gesagt wird, ob er auch gegen dich ein Vorurteil hat; oder er mag einer vereinten Ermahnung ein Gewicht beilegen, was er nicht fühlen würde, wenn die Klage nur von einem käme. Indem du würdige Schiedsrichter herbei rufst, gibst du dem Beleidiger eine bessere Gelegenheit, alles wieder zurecht zu bringen. Diesmal, laßt uns hoffen, wird der Bruder gewonnen werden. Aber wenn nicht, so hast du dich gegen Mißdeutung sicher gestellt: “auf daß alle Sache bestehe auf zweier oder dreier Zeugen Munde.“ Die Verdrehung von Worten ist es, wodurch Streitigkeiten erzeugt werden; es ist etwas Gutes, die Mittel zu haben, irrige Angaben zu berichtigen. Obwohl es etwas sehr Unweises ist, sich in Streitigkeiten zu mischen, so ist es doch nach diesem Spruch klar, daß wir willig sein sollen, einer der Zwei oder Drei zu sein, die da helfen, einen Streit zu schlichten.

17. Hört er die nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er die Gemeinde nicht, so halte ihn als einen Heiden und Zöllner.

Menschen, die fähig sind, ihren Mitmenschen zu schaden, sind oft so verhärtet, daß sie die freundlichste Ermahnung zurückweisen. Wenn ein Bruder auf diese Weise handelt, sollen wir ihn dann aufgeben? Nein, wir müssen noch einen letzten Versuch machen: “ Sage es der Gemeinde.“ Die ganze Versammlung der Gläubigen muß zuletzt den Fall hören und muß ihn ermahnen. Er soll eine Gelegenheit haben, das Urteil und den Rat der ganzen Brüderschaft zu hören. Sollte dieser letzte Versuch fehlschlagen, “hört er die Gemeinde nicht,“ so muß er für unverbesserlich gehalten werden. Keine Strafen und Bußen werden damit verbunden. Der Bruder wird sich selber überlassen und als einer, welcher der ungläubigen Welt gleicht, betrachtet. Dies ist der äußerste Grad, den unsre Strenge erreicht. Er ist einer, welcher der Bekehrung bedarf, wie die Heiden draußen. Aber selbst für einen Heiden und Zöllner haben wir freundliche Gefühle, denn wir suchen seine Errettung, und wir suchen die des ausgeschlossenen Bruders auf gleiche Weise. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird der hartnäckige Freund die Handlung der Gemeinde verspotten, und doch ist die Möglichkeit da, daß sie Eindruck auf ihn macht und ihn zu besseren Gedanken bringt. Jedenfalls ist von dem ersten Besuch des beleidigten Bruders bis zu der letzten That des Ausschlusses nichts in rachsüchtiger Weise gethan, sondern alles liebevoll mit der Absicht, den Bruder zurechtzubringen. Der Beleidiger, der sich nicht versöhnen will, ladet dadurch viel Schuld auf sich, daß er den Versuchen der Liebe widersteht, die im Gehorsam gegen das große Haupt der Gemeinde gemacht werden.

18. Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein.

Unser Herr hatte die Gemeinde gestiftet, indem Er ihre Schlüssel dem Petrus als Vertreter der ganzen Brüderschaft eingehändigt, und jetzt erkennt Er bestimmt an, daß diese Schlüssel sich in den Händen der ganzen Gemeinde befinden. “Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet.“ Die, welche binden, sind alle Jünger oder die ganze Gemeinde, die herbeigerufen ist, Friede zwischen zwei Brüdern zu machen. Jede Gemeinde hat die Schlüssel zu ihrer eignen Thür. Wenn diese Schlüssel von der Versammlung hienieden richtig gedreht werden, so wird die That droben bestätigt, denn das, was sie auf Erden binden, soll auch im Himmel gebunden sein. Wenn durch Gottes Gnade irrende Brüder Buße thun und von dem Tadel der Versammlung befreit werden, so bekräftigt der Herr droben die That nach seinem Worte: “Was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein.“ Dies ist mit der Beschränkung zu verstehen, daß es wirklich eine Gemeinde Christi ist, welche handelt, daß sie in seinem Namen handelt und daß sie seine Gesetze richtig anwendet. Eine tiefe Feierlichkeit umgibt das Binden und Lösen wahrhaft christlicher Versammlungen. Es ist nichts Leichtes, als eine Gemeinde zu handeln, und nichts Kleines, aus ihr ausgeschlossen oder wieder in ihre Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Unser Herr machte dies klar, indem Er mit seiner (Autorität ankündigenden) Worten begann: “Wahrlich, ich sage euch.“
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 18.19-22

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19. Weiter sage ich euch: Wo zwei unter euch eins werden auf Erden, warum es ist, daß sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel.

So setzt der Heiland sein Siegel auf die Versammlungen der Gläubigen, sogar die der kleinsten Zahl, nicht nur in ihren Handlungen der Gemeindezucht, sondern in ihren Fürbitten. Beachtet, wie freundlich Jesus von seinen Nachfolgern spricht: “Wo zwei unter euch.“ Arm, wie ihr seid, wenn zwei unter euch eins werden im Gebet auf Erden, so wird mein Vater im Himmel auf eure Bitten hören. Das Gebet sollte vorher erwogen werden, und Personen, die sich zum Gebet vereinen, sollten eins werden, warum es ist, das sie bitten wollen. Dann konnten sie zu einem verständigen Zweck zusammen, suchen einen bestimmten Segen und verbinden ihre Wünsche und ihren Glauben in Hinsicht auf den einen erwählten Gegenstand. Zwei Gläubige, die in heiligem Verlangen und ernsten Gebet vereint sind, haben große Macht bei Gott. Statt das Urteil einer so kleinen Versammlung zu verachten, sollten wir es achten, weil der Vater dies thut.

Bemerkt die Macht des vereinigten Gebets. Es ist keine Entschuldigung für das Aufgeben der Betstunden, so lange zwei betende Menschen anwesend sind, denn zwei können obsiegen bei Gott. Natürlich ist mehr nötig, als eine kalte Vereinbarung, daß gewisse Dinge wünschenswert sind; es muß dringendes Bitten und Glaube da sein.

20. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.

Die Gegenwart Christi ist der feste Mittelpunkt der Versammlung, die Gewähr für ihre Zusammenkunft und die macht, mit der sie handelt. Die Gemeinde, wie klein auch, ist in seinem Namen versammelt. Jesus ist zuerst da: “Ich bin mitten unter ihnen.“ Wir sind zusammen gekommen durch den heiligen Antrieb christlicher Brüderschaft, und unsre Versammlung ist im Namen Jesu, und darum ist Er da. Er ist nicht nur dem Leitenden oder dem Prediger nahe, sondern mitten unter ihnen, und deshalb jedem Beter nahe. Wir kommen zusammen, Ihm Ehre zu geben, sein Wort zu hören, einander anzuregen, seinem Willen zu gehorchen, und Er ist da, uns zu helfen. Wie klein auch unsre Zahl ist, wir bilden eine Gemeinde; und was den Gesetzen Christi gemäß gethan wird, das wir mit seiner Autorität gethan. Daher kommt es, daß große Macht im vereinten Gebet ist, weil es Jesus ist, der in seinen Heiligen bittet. Dies sollte Christen daran hindern, ein Ärgernis zu geben oder zu nehmen, denn wenn Jesus mitten unter uns ist, so muß unser Friede nicht durch Streit unterbrochen werden.

21. Da trat Petrus zu Ihm, und sprach: Herr, wie oft muß ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist’s genug siebenmal?

Die Frage des Petrus kam gelegen und gab unsrem Herrn ferneren Anlaß, über die Hinwegnahme der Ärgernisse zu reden. Petrus setzt voraus, daß er vergeben will, und er wünschte nur zu wissen, wie lange er dies Vergeben fortzusetzen hätte. Ohne Zweifel dachte er sehr weit gegangen zu sein, wenn er siebenmal nannte. Wahrscheinlich fühlte er, daß er sehr viel Gnade brauchen würde, um es in der geduldigen Ertragung, wenn sein Bruder gegen ihn sündigte, so weit zu bringen. Es ist wahr, daß Petrus nicht weit genug ging, aber gehen wir so weit? Haben nicht einige, die sich Christen nennen, ein sehr gutes Gedächtnis für kleine Kränkungen? Haben viele von uns Gnade genug auch nur für eine siebenfache Vergebung?

22. Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir, nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.

Unser Herr will uns lehren, daß wir immer und ohne Ende vergeben sollen. Er setzt keine Grenze. “Ich sage dir, nicht siebenmal.“ Abgemessene Barmherzigkeit ist nicht dem Gebot gemäß. Wir können die Worte unsres Herrn in diesem Verse lesen: sieben und siebzigmal oder siebzigmal siebenmal. Es ist kein Anlaß da, sehr bestimmt in der Angabe von Zahlen zu sein, wo eine unbestimmte Anzahl gemeint ist. Wir sollten zu wenig Gewicht auf Beleidigungen legen, um Zeit mit dem zählen derselben hinzubringen oder mit der Berechnung, wie viele Male wir sie übersehen haben.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 18.23-27

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23. Darum ist das Himmelreich gleich einem Könige, der mit seinen Knechten rechnen wollte.

Das Himmelreich wird wieder dargestellt. Wir müssen nicht vergessen, daß dies der Schlüssel zu dem Evangelium des Matthäus ist. In allen Königreichen muß ein König sein, ein Gericht und eine Zeit zum Richten derer, die unter seiner Herrschaft sind. Die persönlichen Diener eines Königs müssen erwarten, daß eine besondere Rechenschaft von ihnen darüber gefordert werden wird, wie sie ihres Herrn Güter gebraucht haben. Unser Herr ist der “König, der mit seinen Knechten rechnen wollte.“ Selbst wenn Er niemand anders zur Rechenschaft zöge, würde Er doch von seinen eignen Knechten eine solche verlangen.

24. Und als er anfing zu rechnen, kam ihm einer vor, der war ihm zehn tausend Pfund schuldig.

Zehn tausend Pfund war eine unermeßliche Schuld für einen Knecht des Königs. Einige halten dafür, daß es gleich vierzig Millionen Mark gewesen. Es war eine Schuld, die nicht bezahlt werden konnte, überwältigend und fast unberechenbar. Diese Schuld kam zum Vorschein, sobald der König anfing zu rechnen; es war eine offenkundige Sache, zu groß, um verhehlt zu werden. Der Schuldner ward gebunden vor seinen Herrn gebracht, aber seine ungeheure Schuld war das stärkste Band. Zehntausend Pfund! Doch, was ist dieser Betrag gegen die Bürde unsrer Verpflichtungen gegen Gott?

O, meine Seele, demütige dich, wenn du die Frage beantwortest: „Wieviel bist du schuldig?“*

25. Da er’s nun nicht hatte, zu bezahlen, hieß der Herr verkaufen ihn und sein Weib und seine Kinder und alles, was er hatte, und bezahlen.

Der Schuldner war pfenniglos; er hatte es nicht zu bezahlen. Der Gläubiger nimmt den Mann in Besitz: sein Herr hieß ihn verkaufen. Sein Weib, seine Kinder und alles, was er hatte, sollte auch verkauft werden, aber alles zusammen belief sich, wenn Zahlung sein sollte, auf nichts im Vergleich mit der ungeheuren Schuld. Der Verkauf des Mannes und seiner Familie war der morgenländischen Gerechtigkeit gemäß. Der großmütige, hier beschriebene Herr, zauderte nicht, es zu verlangen, und der Schuldner selbst erhob keinen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Unser Herr rechtfertigt nicht die Handlung des Herrn in der Geschichte; Er gebraucht einfach die Sitte als einen Teil der Darstellung in seinem Gleichnis. Wir mögen dankbar sein, daß der Geist des Christentums ein Gesetz gänzlich abgeschafft hat, das schuldlose Kinder durch den Verlust ihrer Freiheit für ihres Vaters Fehler leiden ließ. Der Knecht war in der That in einer traurigen Lage, wenn nichts sein eigen blieb und selbst seine eigne Persönlichkeit ihm genommen und verkauft wurde. Er hatte nicht zu bezahlen, doch auf königlichen Befehl sollte Zahlung geleistet werden, und er war wirklich elend daran.

26. Da fiel der Knecht nieder, und betete ihn an und sprach: Herr, habe Geduld mit mir, ich will dir’s alles bezahlen.

Er konnte nicht bezahlen, aber er konnte sich vor seinem Herrn demütigen. Er fiel nieder, und betete ihn an. Er erkannte die Schuld an und bat um Frist. “Habe Geduld mit mir.“ Überdies gab er das Versprechen, seine Verpflichtungen zu erfüllen: “Ich will dir alles bezahlen.“ Das Versprechen war nicht den Atem wert, mit dem es ausgesprochen ward. Es ist etwas sehr Gewöhnliches bei Menschen, die ungeheure Schulden machen können, es mit der Bezahlung leicht zu nehmen und sich einzubilden, daß ein Wechsel auf drei Monate ebenso gut sei wie Gold. Sie träumen, daß Zeit Gold sei und ein Versprechen Bezahlung. Mancher arme Sünder ist sehr reich an Entschlüssen. Der Knecht meinte, er brauche nur Geduld, aber in Wahrheit braucht er Vergebung! Es scheint seltsam, daß er dies nicht sah, da die Schuld so groß war und er nichts hatte, um zu bezahlen, sondern ganz bankrott war; doch ist es eine wohlbekannte Thatsache, daß Menschen ihren wahren Zustand vor Gott, dem Herrn, nicht einsehen, selbst wenn sie wahrnehmen, daß sie in vielen Dingen zu kurz kommen.

27. Da jammerte den Herrn desselbigen Knechts, und ließ ihn los, und die Schuld erließ er ihm auch.

Demut und Gebet siegten, denn der Herr dieses Knechtes war ein König, mit dem das ganze Weltall an Mitleid und Gnade nicht wetteifern kann. Der Schuldner empfing viel mehr, als er zu bitten gewagt, denn die gnädige That ward nicht nach seinem eignen Gefühl der Bedürftigkeit, nicht einmal nach seinen Gebeten bemessen, sondern nach dem Erbarmen seines Herrn. Das Herz des großen Gläubigers ward gerührt und sein ganzes Wesen von Mitleid bewegt. Der pfenniglose Schuldner ward losgebunden und seine Schuld ward ihm erlassen; sein Herr ließ ihn los, und erließ ihm die Schuld. Wir wissen, was dies bedeutet. Dies war in der That Freundlichkeit! Es konnte nichts Größeres für den Schuldner gethan werden. Alles war so freigebig, so edel, so vollkommen, daß es eine große Wirkung auf ihn hätte hervorbringen sollen und ihn dahin führen, in seinem Maße das königliche Beispiel nachzuahmen. Hart war das Herz, welches ein solches Feuer der Liebe nicht erweichen konnte.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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