Lesung aus C.H.Spurgeon "Das Evangelium des Reiche"

Basiert auf "Biblische Lehre" - aber damit die Praxis nicht zu kurz kommt, ein Extra-Forum

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Jörg
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Matthäus 14.23-27

Beitrag von Jörg »

(Der König beherrschet Wind und Wellen. V. 23-36.)

23. Und da Er das Volk von sich gelassen hatte, stieg Er auf einen Berg allein, daß Er betete. Und am Abend war Er allein daselbst.


Nun, da die Menge gegangen ist, kann Er Ruhe haben, und Er findet sie im Gebet. Er stieg auf einen Berg allein. An einem Orte, wo Er laut sprechen und nicht behorcht oder gestört werden konnte, verkehrte Er mit dem Vater allein. Dies war seine Erquickung und seine Wonne. Er verblieb darin, bis die dichtesten Schatten der Nacht sich zusammengezogen und der Tag vorüber war. “Allein“, und doch nicht allein, sog Er neue Kraft ein, während Er mit dem Vater verkehrte. Er muß dieses dem berichtenden Evangelisten enthüllt haben, und sicherlich in der Absicht, daß wir von seinem Beispiel lernen sollten.

Wir dürfen nicht immer in Gesellschaft andrer sein, da sogar unser Herr fühlte, daß Er allein sein müsse.

24. Und das Schiff war schon mitten auf dem Meer, und litt Not von den Wellen; denn der Wind war ihnen zuwider.

Während Jesus allein war, waren sie in dem Schiff in demselben Zustande, aber nicht mit derselben geistlichen Übung beschäftigt. Als sie zuerst das Ufer verließen, ging die Fahrt gut in der Abendkühle, aber ein Sturm kam rasch auf, als die Nacht den Himmel bedeckte. Auf dem Galiläischen Meer braust der Wind hervor aus den Vertiefungen zwischen den Bergen und bringt kleine Boote in schwere Gefahr, indem er sie zuweilen fast aus dem Wasser heraushebt und dann wieder unter die Wellen taucht. Dieser tiefe See war besonders gefährlich für kleine Fahrzeuge. Sie waren weit vom Lande, denn sie waren “mitten auf dem Meer“, von jedem Ufer gleich weit entfernt. Der See war wütend und ihr Schiff „litt Not von den Wellen.“ Der Orkan war furchtbar. “Der Wind war ihnen zuwider“ und wollte sie nicht an irgend einen Ort, den sie suchten, kommen lassen. Es war ein Wirbelwind und sie wurden von ihm umher getrieben, konnten ihn aber nicht benutzen, um ein Ufer zu erreichen. Wie sehr glich ihre Lage der unsren, wenn wir in großer Not sind! Wir werden umher geworfen und können nichts thun; der Sturm ist zu furchtbar, als daß wir ihm Widerstand leisten oder auch nur lebendig bleiben könnten, während wir vor ihm dahin getrieben werden.

Eine erfreuliche Thatsache ist es, daß Jesus am Ufer betet, während wir auf dem Meer kämpfen. Es ist auch tröstlich, zu wissen, daß wir da sind, wohin Er uns trieb zu gehen (siehe V. 22), und Er hat uns versprochen, zu uns zu kommen, deshalb muß alles sicher sein, ob der Sturm auch schrecklich wütet.

25. Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer.

Jesus wird sicher kommen. Die Nacht dauert an und die Finsternis wird dichter. Die vierte Nachtwache ist nahe, aber wo ist Er? Der Glaube sagt. „Er muß kommen.“ Wenn Er auch bis zum Anbruch des Tages wegbleibt, so muß Er doch kommen. Der Unglaube fragt: „Wie kann Er kommen?“ O, Er wird für sich selber antworten, Er kann seinen eignen Weg bahnen. “Jesus kam zu ihnen und ging auf dem Meer.“ Er kommt trotz des Windes, und auf einer Welle. Fürchtet nie, daß Er die vom Sturm umhergeworfene Bark nicht erreichen werde; seine Liebe wird den Weg finden. Ob es ein einziger Jünger oder die Gemeinde im großen und ganzen ist, Jesus wird zu der von Ihm gewählten Stunde erscheinen, und seine Zeit ist sicherlich die geeignetste.

26. Und da Ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und sprachen: Es ist ein Gespenst! und schrieen vor Furcht.

Ja, die Jünger sahen Ihn, sahen Jesum, ihren Herrn, und schöpften keinen Trost aus dem Anblick. Das Auge der armen menschlichen Natur ist ein blindes Ding im Vergleich mit dem Auge eines geistlichen Glaubens. Sie sahen, aber sie wußten nicht, was sie sahen. Was konnte es anders sein als ein Gespenst? Wie konnte ein wirklicher Mensch auf diesen schäumenden Wogen wandeln? Wie konnte er gegen einen solchen Orkan standhalten? Sie waren mit ihrer Weisheit schon zu Ende, und die Erscheinung machte ihrem Mut ein Ende. Uns scheint, als hörten wir ihren Schreckensschrei. “Sie schrieen vor Furcht. Wir lesen nicht, daß sie vorher unruhig waren. Sie waren alte Seeleute und hatten keinen Schrecken vor den Naturmächten; aber ein Geist – ach, das war zu grausig. Es war jetzt zum schlimmsten mit ihnen gekommen, und doch, wenn sie es gewußt hätten, standen sie dicht vor ihrem Besten. Es ist bemerkenswert, daß ihre Furcht um so größer war, je näher Jesus ihnen war. Mangel an Unterscheidung macht die Seele blind für ihre reichsten Tröstungen. Herr, sei nahe und laß mich Dich kennen! Laß mich nicht mit Jakob zu sprechen haben: „Gewißlich ist der Herr an diesem Ort, und ich wußte es nicht!“

27. Aber alsbald redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin es; fürchtet euch nicht!

Er ließ sie nicht in banger Erwartung: “alsbald redete Jesus mit ihnen.“ Wie süß ertönte diese liebevolle und majestätische Stimme! Über dem Toben der Wellen und dem Heulen der Winde hörten sie die Stimme des Herrn. Es war auch sein altes Wort: “Seid getrost.“ Der beste Grund zum Mut war seine eigne Gegenwart. “Ich bin es; fürchtet euch nicht.“ Wenn Jesus nahe ist, wenn der Geist des Sturms im Grunde doch nur der Herr der Liebe ist, so ist jede Ursache zur Furcht verschwunden. Kann Jesus durch den Sturm zu uns kommen, dann wollen wir dem Sturm trotzen und zu Ihm kommen. Der, welcher den Orkan beherrscht, ist nicht der Teufel, noch der Zufall, noch ein boshafter Feind, sondern Jesus. Dies sollte aller Furcht ein Ende machen.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 14.28-31

Beitrag von Jörg »

28. Petrus aber antwortete Ihm und sprach: Herr, bist Du es, so heiß mich zu Dir kommen auf dem Wasser.

Petrus muß der erste sein, der spricht; er ist lebhaft und war außerdem eine Art Vormann in der Schar. Der erste Sprecher ist nicht immer der weiseste Mann. Die Furcht des Petrus war weg bis auf ein „wenn“; aber dieses „wenn“ wirkte nichts Gutes für ihn, denn es schien seinen Meister herauszufordern: “Herr, wenn Du es bist.“ Welche Probe, die er wollte: “So heiß mich zu Dir kommen auf dem Wasser!“ Wozu wollte Petrus auf dem Wasser gehen? Sein Namen hätte den Gedanken eingeben können, daß er wie ein Stein auf den Grund sinken würde. Es war eine unkluge Bitte, es war das Schwingen des Pendels in Petrus von Verzweiflung zu unverständiger Waghalsigkeit. Gewiß, er wußte nicht, was er redete. Doch, haben wir nicht von unsrem Herrn fast ebenso ungeziemende Proben verlangt? Haben wir nicht gesagt: „Wenn Du mich jemals gesegnet hast, so gib mir dies und das?“ Auch wir haben unser Gehen auf dem Wasser gehabt und uns hingewagt, wo nichts als besondere Gnade uns aufrecht halten konnte. Herr, was ist der Mensch?

29. Und Er sprach: Komm her! Und Petrus trat aus dem Schiff, und ging auf dem Wasser, daß er zu Jesu käme.

Wenn gute Menschen unweise und vermessen sind, so mag es zu ihrem dauernden Wohl sein, wenn sie ihre Thorheit durch Erfahrung kennen lernen. “Er sprach: Komm her.“ Der Herr des Petrus ist im Begriff, ihm eine praktische Lektion zu erteilen. Er bat, daß ihn geheißen werde, zu kommen. Er darf kommen. Er kommt. Er verläßt das Schiff, er tritt auf die Wellen. Er ist auf dem Wege zu seinem Herrn. Wir können alles thun, wenn wir göttliche Vollmacht dazu haben und Mut genug, den Herrn beim Wort zu nehmen. Nun waren zwei auf dem Meere. Zwei Wunder! Welches war das größere? Der Leser mag es nicht leicht finden, darauf zu antworten. Möge er es erwägen.

30. Er sah aber einen starken Wind; da erschrak er und hob an zu sinken, schrie und sprach: Herr, hilf mir!

“Er sah aber,“ ein trauriges „aber“ für den armen Petrus. Sein Auge war von dem Herrn abgewandt, auf das Wüten des Windes hin; “er sah aber einen starken Wind.“ Sein Herz wankte und dann wankte sein Fuß. Er begann unterzugehen – ein furchtbarer Augenblick ist dies anheben zu sinken. Doch es war nur ein Anheben, er hatte Zeit, zu seinem Herrn zu schreien, der nicht im Sinken war. Petrus schrie und war sicher. Sein Gebet war ebenso ernst wie es kurz war. Er hatte sein Auge und seinen Glauben zurück zu Jesu gebracht, denn er schrie: “Herr!“ Er war durch Gehorsam in diese Gefahr gekommen, und darum konnte er das Wort „Herr“ gebrauchen. Ob in Gefahr oder nicht, Jesus war noch sein Herr. Er ist ein verlorner Mensch, und er fühlt es, wenn sein Herr ihm nicht helfen will – ihm ganz und gar helfen, ihm jetzt helfen. Gesegnetes Gebet: “Herr, hilf mir.“ Leser, eignet es sich nicht für dich? Petrus war seinem Herrn näher, da er sank, als da er ging. In der Tiefe sind wir oft Jesu näher als in unsren herrlicheren Zeiten.

31. Jesus aber reckte bald die Hand aus und ergriff ihn, und sprach zu ihm: O du Kleingläubiger, warum zweifeltest du?

Unser Herr zögert nicht, wenn unsre Gefahr groß und unser Schreien dringend ist; “Jesus aber reckte bald die Hand aus.“ Er ergriff ihn erst und dann belehrte er ihn. Jesus errettet zuerst und nachher tadelt Er, wenn es notwendig ist. Wenn wir errettet sind, so ist es die passende Zeit für uns, uns selber wegen unsres Unglaubens zu tadeln. Laßt uns von unsrem Herrn lernen, daß wir andre nicht rügen sollten, ehe wir ihnen zuerst aus ihren Nöten geholfen haben.

Unsre Zweifel sind unvernünftig: “Warum zweifeltest du?“ Wenn Grund da ist für kleinen Glauben, so ist augenscheinlich Grund da für große Zuversicht. Wenn es überhaupt recht ist, Jesu zu vertrauen, warum Ihm nicht ganz und gar vertrauen? Vertrauen war die Stärke des Petrus, Zweifel war seine Gefahr. Es sah aus wie großer Glaube, als Petrus auf dem Wasser ging, aber ein kleiner Wind bewies bald, daß es kleiner Glaube sei. Bis unser Glaube geprüft ist, können wir ihn nicht richtig abschätzen.

Nachdem sein Herr ihn bei der Hand genommen, sank Petrus nicht mehr, sondern fing den Wandel im Glauben wieder an. Wie leicht ist es, Glauben zu haben, wenn wir nahe bei Jesu sind!

Herr, wenn unser Glaube wankt, so komme zu uns, dann werden wir auf den Wellen gehen.
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Jörg
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Matthäus 14.32-36

Beitrag von Jörg »

32. Und sie traten in das Schiff, und der Wind legte sich.

Der Gang des Petrus und seine Rettung war mitten im Sturm gewesen. Er konnte gut genug auf dem Wasser gehen, wenn sein Herr ihn bei der Hand hielt, und wir können das auch. Welch ein Anblick! Jesus und Petrus, Hand in Hand auf dem Meere wandelnd! Die Zwei gehen sogleich auf das Schiff zu; Wunder werden nie zu ungehöriger Länge ausgesponnen. War Petrus nicht froh, das stürmische Element zu verlassen und zu gleicher Zeit zu sehen, daß der Wind sich legte? “Und sie traten in das Schiff, und der Wind legte sich.“ Es ist gut, in einem Sturm sicher zu sein, aber angenehmer ist es, wenn die Stille wiederkehrt und der Orkan vorüber ist. Wie fröhlich hießen die Jünger ihren Herrn willkommen und ihren Bruder Petrus, der, wenn auch bis auf die Haut durchnäßt, doch ein weiserer Mann durch sein Abenteuer geworden war!

33. Die aber im Schiff waren, kamen und fielen vor Ihm nieder, und sprachen: Du bist wahrlich Gottes Sohn.

Kein Wunder, daß Petrus Ihn anbetete und daß seine Gefährten das Gleiche thaten. Alle Jünger, die dadurch errettet waren, daß der Herr auf dem stürmischen Meere zu ihnen kam, waren völlig überzeugt von seiner Gottheit. Nun waren sie durch unzweifelhaften Beweis doppelt gewiß, und in tiefer Ehrfurcht sprachen sie ihren anbetenden Glauben aus mit den Worten: “Du bist wahrlich Gottes Sohn.“

34-36. Und sie schifften hinüber, und kamen in das Land Genezareth. Und da die Leute am selbigen Ort sein gewahr wurden, schickten sie aus in das ganze Land umher, und brachten allerlei Ungesunde zu Ihm, und baten Ihn, daß sie nur seines Kleides Saum anrühreten. Und alle, die da anrührten, wurden gesund.

Die vor kurzem noch so umher geworfene Bark ist bald im ersehnten Hafen, und nun bieten sich unsrem Auge andre wunderbare Auftritte dar. Wo der große Arzt auch landet, da ist Er sicher, Patienten zu finden. Leute an demselbigen Ort wurden seiner gewahr, und diese waren wie Funken, welche andre in Feuer setzten durch die wundervollen Berichte von dem, was Jesus gethan hatte. Viele wurden eifrige Verkündiger seiner Heilkraft, und gingen entweder selbst oder schickten andre aus „in das ganze Land umher.“ Sehr geschäftig waren diese Leute. Sie schickten aus, sie brachten zu Ihm, sie baten Ihn, sie rührten seines Kleides Saum an, sie wurden gesund. Die Sätze folgen ohne Unterbrechung aufeinander. Die Leute baten um wenig, “daß sie nur seines Kleides Saum anrührten,“ aber sie empfingen viel, denn sie “wurden gesund.“ In keinem Falle war ein Mißlingen; in jedem war das Werk vollständig. Ihre demütige Bitte gründete sich auf Vorhergegangenes, wurde von eifrigen Gemütern vorgebracht und war mit thätiger Teilnahme verbunden, darum ward sie nicht abgeschlagen. Wie froh ward die ganze Gegend gemacht! “Allerlei Ungesunde“ wurden fröhliche Zeugen der heilenden Macht des Herrn.

Unser König ist Herr, sowohl auf dem Lande wie auf dem Meer. Ob Er auf dem See Genezareth ist oder in dem “Lande Genezareth“, seine erhabene Macht und Majestät werden unfehlbar bewiesen. Er stillt Stürme und nimmt Fieber hinweg. Er berührt die Wellen mit seinem Fuß, und sie werden fest; Er berührt kranke Körper mit seiner Hand, und sie werden gesund. Er teilt seinem Knecht Petrus und dem Saum seines eignen Kleides wunderbare Macht mit.
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Jörg
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Matthäus 15.1-6

Beitrag von Jörg »

(Der König bekämpft das Formelwesen. V. 1-20.)

1.2.Da kamen zu Ihm die Schriftgelehrten und Pharisäer von Jerusalem, und sprachen: Warum übertreten Deine Jünger der Ältesten Aufsätze? Sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen.


Wenn unser Herr am geschäftigsten war, so griffen seine Feinde Ihn an. Diese Geistlichen “von Jerusalem“ waren wahrscheinlich die Vornehmsten der ganzen Klasse und hofften wegen ihres Rufes auf einen leichten Sieg über den ländlichen Prediger. Vielleicht waren sie eine vom Hauptquartier gesandte Deputation, um den neuen Lehrer in Verwirrung zu bringen. Sie hatten eine Frage vorzulegen, die ihnen wichtig geschienen haben mag. Vielleicht stellten sie sich auch nur so, als wenn das der Fall wäre, um ihren Zweck zu erreichen. Überlieferungen der Ältesten waren große Dinge für sie; diese zu übertreten mußte in der That ein Verbrechen sein. Waschen der Hände ist etwas sehr Geziemendes. Man könnte wünschen, daß es öfter gethan würde, aber es zu einer religiösen Zeremonie zu erheben, ist eine Thorheit und eine Sünde. Diese “Schriftgelehrten und Pharisäer“ wuschen ihre Hände, ob diese des Waschens bedurften oder nicht, aus vorgeblichem Eifer, frei von jedem Atom zu werden, das sie nach dem Zeremonialgesetz unrein machte. Unsres Herrn Jünger waren so weit in die christliche Freiheit hineingekommen, daß sie die rabbinische Überlieferung nicht beobachteten: “sie waschen ihre Hände nicht, wenn sie Brot essen.“ Warum sollten sie ihre Hände waschen, wenn sie rein waren? Die Überlieferung hatte keine Macht über ihr Gewissen. Kein Mensch hat das Recht, eine neue Pflicht aufzulegen, ebensowenig wie eine alte zu vernachlässigen. Die Erlassung der Gebote steht nur dem König zu. Dennoch fragen diese Frömmler, warum des Herrn Jünger ein Gesetz brechen, das kein Gesetz war. Es wird gut sein, wenn unsre Gegner wider uns keine schlimmere Klage vorbringen können als diese.

3. Er antwortete und sprach zu ihnen: Warum übertretet denn ihr Gottes Gebot um eurer Aufsätze willen.

“Er antwortete“ auf ihre Frage, indem Er eine andre that. Dies war eine sehr gewöhnliche Weise unsres Herrn, und wir mögen Ihm darin nachahmen bei Streitigkeiten mit mäkelnden Personen. Unser Herr läßt ein grelles Licht auf sie fallen durch die Frage: “Warum übertretet denn ihr Gottes Gebot um eurer Überlieferungen willen?“ Was ist eine “Überlieferung“ verglichen mit einem “Gebot?“ Was ist eine Überlieferung, wenn sie in Widerspruch mit einem Gebot ist? Was sind Älteste im Vergleich mit Gott? Unser Herr wußte, wie diese boten der bösen Mächte am besten zu behandeln waren. Seine Frage spielte den Krieg in ihr eignes Gebiet hinüber und verwandelte ihren prahlerischen Angriff in eine gänzliche Niederlage.

4-6. Gott hat geboten: Du sollst Vater und Mutter ehren; wer aber Vater und Mutter flucht, der soll des Todes sterben. Aber ihr lehrt: Wer zum Vater oder zur Mutter spricht: Es ist Gott gegeben, das dir sollte von mir zu Nutz kommen, der thut wohl. Damit geschieht es, daß niemand hinfort seinen Vater und seine Mutter ehret, und habt also Gottes Gebot aufgehoben um eurer Aufsätze willen.

Unser Herr erklärt seine Frage und beweist seine Beschuldigung. Gott hatte Sohn und Tochter verpflichtet, die Eltern zu ehren, und dies schloß unzweifelhaft die Gewährung der Hilfe ein, deren sie bedurften. Dieser Pflicht konnten sie sich nicht entziehen, ohne das klare Gebot Gottes zu brechen. Es war immer recht nach dem Gesetz der Natur, den Eltern dankbar zu sein, und nach dem Gesetz Mosis war es immer eine Todsünde, sie zu schmähen. 2 Mose 21,17 lesen wir: „Wer Vater oder Mutter fluchet, der soll des Todes sterben“ Vor Vater und Mutter sollen wir Ehrfurcht haben und Liebe zu ihnen hegen, und die Vorschrift, die dies verordnet, wird „das erste Gebot“ genannt, „das Verheißung hat.“ Es konnte kein Irrtum über die Bedeutung des göttlichen Gesetzes sein, dennoch hatten die schlechten Lehrer jener Zeit eine Methode erfunden, durch die sie die Menschen der Erfüllung einer so klaren Pflicht überhoben.

Diese elenden Liebhaber der Überlieferung lehrten, wenn ein Mann riefe „Korban“ Eine Gabe!“ und so dem Namen nach das für Gott bestimmte, was seine Eltern von ihm wünschten, so brauche er es ihnen nachher nicht zu geben. Wenn er im Zorn oder auch nur dem Vorwand nach das, was Vater oder Mutter forderten, unter einen Bann that, so wurde er frei von der Verpflichtung, seinen Eltern zu helfen. Es ist wahr, die Rabbiner forderten nicht, daß er sein Gelübde vollziehe und wirklich das Geld oder die Güter Gottes gebe, aber da er den heiligen Namen hineingezogen, so durfte er unter keiner Bedingung die Gabe den Eltern einhändigen. So konnte ein hastiges Wort einen Sohn von der Pflicht freimachen, Vater oder Mutter beizustehen, und nachher konnte er vorgeben, daß es ihm sehr leid thäte, es gesagt zu haben, daß aber sein Gewissen ihm nicht erlaube, den Bann zu brechen. Schändliche Heuchler! Anwälte des Teufels! War je eine Erfindung seichter und einfältiger? Doch so “hoben sie Gottes Gebot auf.“
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Jörg
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Matthäus 15.7-12

Beitrag von Jörg »

7. 8. Ihr Heuchler, es hat wohl Jesaias von euch geweissagt und gesprochen: Dies Volk naht sich zu mir mit seinem Munde, und ehrt mich mit seinen Lippen; aber ihr Herz ist ferne von mir.

Mit vollem Recht verdienten sie den Namen, den der unwillige Heiland ihnen gab: “Ihr Heuchler.“ Sie regten sich auf wegen ungewaschener Hände, und legten doch ihre schmutzigen Hände an das heilige Gesetz Gottes. In den prophetischen Worten des Jesaias wurden sie in der That beschrieben, und zwar genau nach dem Leben. Sie hatten eine Mundreligion, eine Lippenhuldigung, und das allein. Ihr Herz nahte sich niemals dem Herrn.

So gab unser Herr seinen Gegnern die Schrift statt der Überlieferung. Er zerbrach ihre hölzernen Waffen mit dem Schwert des Geistes. Die Heilige Schrift muß unsre Waffe sein gegen die Überlieferungen. Nichts wird die Kirche der Überlieferungen stürzen, als nur das Wort des Herrn.

Als Er die Weissagung des Jesaias anführte, gab unser Herr den Sinn frei wieder und rügte so die bloße Wortklauberei der Rabbiner. Sie konnten die Buchstaben eines heiligen Buches zählen und doch die Bedeutung desselben ganz mißverstehen; Er gab Seele und Geist des inspirierten Spruches. Jesus bestand auf Herzens-Anbetung und sagte nichts von dem Waschen oder Nichtwaschen der Hände vor dem Brotessen. Das war Ihm ein zu kleinlicher Punkt, um dabei zu verweilen.

9. Aber vergeblich dienen sie mir, dieweil sie lehren solche Lehren, die nichts denn Menschengebote sind.

Religion, die auf menschliche Autorität gegründet ist, ist wertlos. Wir müssen den wahren Gott anbeten in der Weise, die Er selbst bestimmt hat, sonst beten wir Ihn gar nicht an. Lehren und Gebräuche sind nur anzunehmen, wenn das göttliche Wort ihnen einen Anhaltspunkt gibt. Die allergenaueste Form der Andacht ist vergeblicher Gottesdienst, wenn sie durch menschliche Anordnungen geregelt ist, ohne einen Befehl des Herrn für sich zu haben.

10. Und Er rief das Volk zu sich, und sprach zu ihm: Hört zu und vernehmt’s!

Er wendet sich an das gemeine Volk, unter dem Er seine Wunder der Liebe gethan hat. Er rief das Volk und hieß sie hören und verstehen. Es sieht aus, als wollte Er durch seine Thaten sagen, daß Er lieber diese unwissenden Landleute lehren wolle, als die falschherzigen Schriftgelehrten und Pharisäer. Er hatte mehr Hoffnung, von der unwissenden Menge verstanden zu werden, als von den Gebildeten, die ihr Urteil dadurch, daß sie wertlose Überlieferungen folgten, in so elende Knechtschaft gebracht hatten. Das Evangelium wendet sich von den Gelehrten zu dem Volk. Diese letzten haben mehr gesunden Verstand und Ehrlichkeit als die ersteren; doch auch sie bedürfen der Ermahnung: Hört und versteht.

11. Was zum Munde eingeht, das verunreinigt den Menschen nicht; sondern was zum Munde ausgeht, das verunreinigt den Menschen.

Hier ist etwas zum Nachdenken für die Menge und zum Wiederkäuen für die Pharisäer. Es war ein Rätsel für viele und eine Überraschung für alle. Besonders war es etwas, was die stutzig machte, die an Formen hielten. Die Frömmler jener Tage versetzten den Hauptpunkt der Moral in das Essen und Trinken, aber der Herr Jesus erklärte, daß er in Gedanken und Handlungen liege. Die Pharisäer hatten nun ein Wort, worauf sie anspielen konnten und das ihnen einen Text zu boshafter Auslegung für manchen Tag gab. Sie hatten gesucht, einen Ausspruch zu erhaschen, den sie als Anklage gebrauchen konnten, und Er gab ihnen hier einen, den sie zu diesem Zwecke anführen konnten, wenn sie es wagten. Er war ihrer Lehre gerade entgegengesetzt, und doch war es nicht leicht, der scharfen Schneide desselben entgegen zu treten oder seiner eigentümlichen Kraft zu widerstehen.

12. Da traten seine Jünger zu Ihm, und sprachen: Weißt Du auch, daß sich die Pharisäer ärgerten, da sie das Wort hörten?

Die Jünger hielten das Ärgern der Pharisäer augenscheinlich für wichtiger, als ihr Herr es that. Er wußte, daß sie sich ärgern würden, und hielt es für kein Unglück, daß sie es thäten. Er stellte ihnen seinen merkwürdigen Lehrspruch in den Weg, daß sie sich dadurch gehemmt und gehindert finden möchten. Sie waren in kriechender Weise zu Ihm gekommen mit dem Wunsch, Ihn in seiner Rede zu fangen. Ihn widerte ihre Heuchelei an, und durch seinen sie verblüffenden Ausspruch entlarvte Er sie, so daß sie ihr wahre Farbe zeigen mußten. Sie konnten ihren Haß nicht länger verbergen; fortan konnten sie die Jünger durch den Schein der Freundlichkeit nicht mehr fangen.
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Jörg
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Matthäus 15.13-16

Beitrag von Jörg »

13. Aber Er antwortete und sprach: Alle Pflanzen, die mein himmlischer Vater nicht pflanzte, die werden ausgereutet.

Wenn Menschen ein Ärgernis sind, so verdienen sie, geärgert zu werden. Wenn diese vorgeblichen Lehrer der Gebote Gottes an dem Sohne Gottes mäkeln, so verdienen sie keine Schonung; sondern es ist recht und weise, ihnen Wahrheit zu geben, die ihnen unangenehm ist. Ein guter Gärtner trägt ebensowohl Sorge, Unkraut auszujäten, als die Pflanzen zu begießen. Unsres Herrn gedankenreicher Ausspruch wirkte wie eine Hacke, um diese Menschen aus ihrem religiösen Bekenntnis herauszureißen, und Jesus beabsichtigte dieses. Aber welch feierlich ernstes Wort ist es! Wenn unsre Religion nicht ganz von Gott ist, so wird sie ein Ende nehmen, und dies Ende wird Verderben sein. Einerlei, wie schön die Blume aussieht, wenn der Vater sie nicht gepflanzt hat, so ist ihr Urteil besiegelt, sie soll nicht beschnitten, sondern “ausgereutet“ werden. Die, welche die Wahrheit ausreutet, sind in der That ausgereutet.

14. Laßt sie fahren, sie sind blinde Blindenleiter. Wenn aber ein Blinder den andren leitet, so fallen sie beide in die Grube.

Er wandte sich von ihnen, als der ferneren Beachtung unwürdig, und sprach: “Laßt sie fahren.“ Die Jünger hatten nicht nötig, die Pharisäer zu bekämpfen, sie würden im natürlichen Verlauf der Dinge ausgereutet werden als unvermeidliche Folge des von ihnen eingeschlagenen Weges. Beide, sie und die von ihnen Betrogenen, würden “in die Grube“ des Irrtums und der Abgeschmacktheit fallen, und schließlich ins völlige Verderben sinken. In allen Fällen ist es so, wenn der scheinheilige Lehrer den unwissenden Jünger leitet, so müssen beide verkehrt gehen. Dasselbe ist der Fall mit jeder Form geistlicher Blindheit bei denen, welche das Denken ihrer Zeit leiten, und bei denen, die ihrer irrigen Leitung folgen. Der philosophische Unglaube unsrer Zeit ist blind vor Dünkel, und furchtbar ist die Grube, auf welche er zueilt! Ach! die Lehrer desselben führen unsterbliche Seelen mit sich in die Grube des Atheismus und der Anarchie.

O Herr, laß uns nicht verzweifeln wegen der jetzigen Überhandnahme falscher Lehre. Mögen wir unsre Seelen in Geduld fassen! Wir können nicht bewirken, daß die blinden Leiter oder ihre blinden Nachfolger die Grube sehen, die vor ihnen ist, aber sie ist darum doch da, und ihr Fall ist gewiß. Du allein kannst die Augen der Blinden aufthun, und wir hoffen, daß dies Gnadenwunder von Dir gewirkt werde.

15. Da antwortete Petrus und sprach zu Ihm: Deute uns dies Gleichnis.

Der Ausspruch, den Petrus ein Gleichnis nennt, war vor dem Volk gethan, den Hörern war befohlen, ihn zu verstehen, aber sicher begriffen sie ihn nicht, denn selbst das Kollegium der Apostel konnte ihn nicht fassen. Petrus, als der Sprecher, that wohl, sogleich zu der Quelle zu gehen und demütig zu sagen: “Deute uns dies Gleichnis.“ Der, welcher den dunklen Ausspruch that, konnte ihn am besten auslegen.

16. Und Jesus sprach zu ihnen: Seid ihr denn auch noch unverständig?

Natürlich, die Pharisäer haßten das Licht und weigerten sich, die geistliche Wahrheit zu sehen, die unser Herr in so kräftiger Weise ihnen vorgehalten. Es war auch nicht zu verwundern, daß die Menge unwissend war, um den göttlichen Sinn des kurzen und bündigen Ausspruchs zu sehen. Aber hätten nicht die erwählten Zwölfe eine klarere Einsicht haben sollen? Nach all den Lehren ihres Herrn, waren sie “denn auch noch unverständig?“ Hätten sie nicht den wirklichen Sinn der Worte ihres Herrn erfassen sollen? Ach, wie oft sind wir in demselben Zustande gewesen? Wie treffend kann uns die Frage vorgelegt werden: “Seid ihr denn auch noch unverständig?“
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Matthäus 15.17-20

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17. Merkt ihr noch nicht, daß alles, was zum Munde eingeht, das geht in den Bauch, und wird durch den natürlichen Gang ausgeworfen?

Nachdem wir jahrelang von dem Meister gelehrt sind, können wir da noch nicht eine Grundwahrheit fassen? Können wir nicht zwischen leiblicher und geistlicher Verunreinigung unterscheiden? Speise berührt nicht die Seele; sie geht durch den Körper, aber sie geht nicht in die Neigungen oder den Verstand ein, und verunreinigt deshalb einen Menschen nicht. Was gegessen wird, ist eine körperliche Substand und kommt nicht in Berührung mit dem sittlichen Gefühl. Dies ist jedem vorurteilsfreien Geiste klar genug. Speise geht durch jeden Gang des leiblichen Organismus, von dem Eingang durch den Mund, den Gang durch die Eingeweide bis zur schließlichen Ausstoßung; aber sie hat keine Beziehung zu dem geistigen und geistlichen Teil unsres Wesens, und da allein kann wirkliche Verunreinigung verursacht werden.

18. Was aber zum Munde herausgeht, das kommt aus dem Herzen, und das verunreinigt den Menschen.

Das, was aus dem Munde kommt, ist der Seele des Menschen entsprungen und trägt einen sittlichen Charakter: “Was aber zum Munde herausgeht, das kommt aus dem Herzen.“ Worte und die Gedanken, deren Kleid die Worte sind, und die Handlungen, welche die Verkörperung der Worte sind, diese sind von dem Menschen selber, und diese verunreinigen ihn. Wenn der Verstand oder das Herz nichts mit einer Handlung zu thun hätte, so würde sie einen Menschen nicht mehr verunreinigen als die Speise, die er hinunter schluckt und auswirft. Weil Thaten und Worte nicht nur aus dem Munde kommen, sondern aus der Seele, sind sie von weit größerer Wichtigkeit als Essen und Trinken. Natürlich wird ein Mensch verunreinigt, wenn er sich der Schwelgerei und des Trunkes schuldig macht; doch ist das nicht wegen der bloßen Speisen und Getränke, sondern weil das Übermaß, in dem er sie nimmt, von ungezügelter Begierde herrührt und diese durch das, was sie befriedigt, noch stärker wird.

19. Denn aus dem Herzen kommen arge Gedanken: Mord, Ehebruch, Hurerei, Dieberei, falsch Zeugnis, Lästerung.

Welche Liste! Wie muß das Herz sein, aus dem so viele Übel herausströmen! Dies sind die Bienen, wie muß der Bienenstock sein! “Arge Gedanken“ oder Schlußfolgerungen, wie die, deren diese Pharisäer sich schuldig gemacht. „Das neuere Denken“ ist eine Probe von diesen Übeln; es kommt mehr aus dem Herzen als aus dem Kopf. “Mord“ beginnt nicht mit dem Dolch, sondern mit der Bosheit der Seele. Auch Ehebruch und Hurerei hat zuerst das Herz mit Wohlgefallen betrachtet, ehe der Körper sie vollzieht. Das Herz ist der Käfig, aus dem diese unreinen Vögel hervorfliegen. “Dieberei“ wird auch im Herzen geboren. Ein Mensch würde nicht unrechterweise mit der Hand nehmen, wenn er nicht unrechterweise mit dem Herzen begehrt hätte. “Falsche Zeugnisse“ oder Lügen und Verleumdungen. Auch dies gährt erst im Herzen, und dann wird das Gift in der Unterhaltung ausgespieen. Wer “Lästerungen“ ausspricht gegen seinen Schöpfer, zeigt ein sehr schwarzes Herz. Wie hätte er in ein so verderbliches Laster fallen können, wenn nicht seine innerste Seele voll Empörung gegen seinen Herrn gewesen wäre? Diese schrecklichen Übel fließen alle aus einer Quelle, aus der Natur und dem Leben der gefallenen Menschen.

20. Das sind die Stücke, die den Menschen verunreinigen. Aber mit ungewaschenen Händen essen, verunreinigt den Menschen nicht.

Sie kommen nicht nur aus einer verunreinigten Natur, sondern verunreinigen den Menschen auch noch immer mehr. So hat der Heiland seinen Lehrsatz bewiesen. Die Dinge, die von innen kommen, sind augenscheinlich sehr verunreinigender Art und machen einen Menschen unfähig zur Gemeinschaft mi Gott und zur Vollbringung heiliger Pflichten; aber daß er versäumt, Wasser auf die Hände zu gießen, kann nicht im geringsten damit verglichen werden. Doch waren diejenigen, welche für verunreinigende Sünden keine Buße thaten, voll Entsetzen, wenn jemand ein Stück Brot mit ungewaschenen Händen aß.

Teurer Meister, wasche mich innerlich und errette mich von den Verunreinigungen einer verderbten Natur! Laß mich nicht mein Vertrauen auf äußere Formen setzen, sondern reinige mich in den verborgenen Teilen!
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 15.21-24

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(Unser König und das kananäische Weib. V. 21-28.)

21. Und Jesus ging aus von dannen, und entwich in die Gegend Tyrus’ und Sidons.


Er verließ die widerliche Gesellschaft der Pharisäer und ging von dannen, und ging, so weit Er konnte, ohne sein eignes Land zu verlassen. Der große Bischof ging ganz bis an die Grenze seiner Diözöse. Eine innere Anziehungskraft zog Ihn dahin, wo Er wußte, daß ein gläubiges Herz nach Ihm schmachtete. Er war zum Hause Israel als Prediger gesandt, aber Er legte seinen Auftrag im weitesten Sinne aus und ging “in die Gegen Tyrus’ und Sydons“. Wenn die im Mittelpunkt sich als unverbesserlich zeigen, so geht der Herr zu denen, die nur vom Umkreis aus erreicht werden können. Laßt uns stets ganz bis ans Ende des Feldes pflügen und unsrer Zeit und unsrem Geschlecht bis an die äußersten Grenzen unsres Wirkungskreises dienen.

22. Und siehe, ein kananäisches Weib ging aus derselbigen Grenze, und schrie nach Ihm und sprach: Ach Herr, Du Sohn Davids, erbarme Dich mein! Meine Tochter wird vom Teufel übel geplagt.

“Siehe“: hier ist etwas des Sehens Wertes, gut für Augen und Herz. Gerade als Jesus an die Grenze von Tyrus und Sidon ging, kam ein Weib aus derselbigen Grenze Ihm entgegen. Dieses “kananäische Weib“ hatte kein Anrecht durch ihre Nationalität. Sie war eine Heidin der schlimmsten Art, von einem Volk, das schon vor langer Zeit zum Sterben verurteilt war. Sie kam von dem schmalen Strich Landes, wo die Tyrer wohnten, und wie Hiram von Tyrus kannte sie den Stamm Davids. Aber sie ging noch weiter, denn sie hatte Glauben an Davids Sohn. Liebe zu ihrer Tochter führte sie dahin, zu wandern, zu schreien, zu bitten, zu flehen um Barmherzigkeit. Was wird die Liebe einer Mutter nicht thun? Ihre Not hatte die Schranke zwischen Heiden und Juden niedergebrochen; sie rief Jesum an, als wäre sie aus demselben Lande wie seine Jünger. Sie bat um die Heilung ihres Kindes als um eine Barmherzigkeit für sich selber: “Erbarme Dich meiner!“ Sie erbat es von Jesu als dem Herrn. Sie erbat es von einem Größeren als Salomo, dem Sohn Davids, dem weisesten und mächtigsten der Wunderthäter. Sie legte den Fall kurz und rührend dar und bat für ihre Tochter mit all der liebevollen Angst einer Mutter. Ihre Not lehrte sie, wie sie beten müsse. Bis wir ebenfalls wissen, was wir verlangen und voll hoffnungsreicher Sehnsucht sind, werden wir nie erhörlich beten. Beten wir für unsre Kinder, wie dies Weib für ihre Tochter? Haben wir nicht gute Ursache, sie uns zum Beispiel zu nehmen?

23. Und Er antwortete ihr kein Wort. Da traten zu Ihm seine Jünger, baten Ihn und sprachen: Laß sie doch von Dir, denn sie schreit uns nach.

Schweigen war eine harte Antwort, denn die Furcht kann es in etwas übersetzen, das schlimmer ist als die härteste Rede. “Kein Wort,“ kein Wort von Ihm, von dem jedwedes Wort eine Macht ist! Dies war eine schwere Entmutigung. Doch wurde sie nicht zum Schweigen gebracht durch des Herrn Schweigen. Sie vermehrte ihre Bitten. Die Jünger irrten sich, als sie sprachen: “Sie schreiet uns nach.“ Nein, nein, sie schrie Ihm nach. Hätte dies sie belästigen sollen? O, daß alle Menschen Ihm nachschrieen! Nach einer so gesegneten Belästigung sollten die mitleidigen Herzen unter den Dienern des Herrn sich sehnen. Die Jünger wurden indes getrieben, sich an ihren Meister zu wenden, und obgleich dies etwas war, so war es doch nicht viel. Möglicherweise meinten sie durch ihre Klage dem Weibe zu helfen, indem sie eine Antwort für sie erhielten, aber ihre Worte sehen kalt aus. “Laß sie doch von Dir.“ Mögen wir nie so selbstsüchtig sein, uns durch suchende Seelen belästigt zu fühlen! Mögen wir sie nie hinweg senden durch kalte Blicke und harte Worte!

Doch waren die Jünger nicht im stande, sie zu vernachlässigen, sie waren gezwungen, Jesum ihrethalben zu bitten. Sie traten zu Ihm und baten Ihn. Wenn christliche Leute scheinbar teilnahmlos sind, so laßt uns sie durch beharrlichen Eifer erwärmen.

24. Er antwortete aber und sprach: Ich bin nicht gesandt denn nur zu den verlornen Schafen von dem Hause Israel.

Als Jesus sprach, war es nicht zu ihr, sondern zu den Jüngern. Sie hörte das Wort und fühlte es als einen Seitenschlag, der ihre Hoffnungen schwer traf. Sie war nicht vom „Hause Israel“. Sie räumte ein, daß sie sich nicht unter die Schafe rechnen konnte, zu denen Er gesandt war, und wie konnte Er über seine Sendung hinausgehen? Es wäre wenig zu verwundern gewesen, wenn sie sich in Verzweiflung zurückgezogen hätte. Im Gegenteil jedoch verdoppelte sie ihr Flehen.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 15.25-28

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25. Sie kam aber und fiel vor Ihm nieder, und sprach: Herr, hilf mir!

Statt sich zurückzuziehen, kam sie näher und fiel vor Ihm nieder. Das war gut gethan. Sie konnte die Rätsel des Geschicks ihres Volkes und der Sendung des Herrn nicht lösen; aber sie konnte beten. Sie wußte wenig von den Grenzen des messianischen Amts, aber sie wußte, daß der Herr grenzenlose Macht hatte. Wenn Er als Hirte sie nicht sammeln durfte, konnte Er doch als Herr ihr helfen. Die göttliche Natur Christi ist ein Born des Trostes für geängstete Herzen.

Ihre Bitte war kurz, aber umfassend; sie kam heiß von dem Herzen und ging gerade auf die Sache zu. Ihrer Tochter Not war ihre eigne, daher rief sie: „Herr, hilf mir!“ Herr, hilf uns beten, wie sie es that!

26. Aber Er antwortete und sprach: Es ist nicht fein, daß man den Kindern ihr Brot nehme, und werfe es vor die Hunde.

Endlich wendet Er sich um und gibt eine Antwort auf ihre Bitte, aber ist keine ermunternde. Wie hart die Sprache! Wie ungleich unsres Herrn gewöhnliche Art! Und doch, wie wahr! Wie unwiderleglich! Wahr, “es ist nicht fein, daß man den Kindern ihr Brot nehme, und werfe es vor die Hunde.“ Natürlich müssen Vorrechte nicht denjenigen gegeben werde, die kein Recht daran haben, und vorbehaltene Güter müssen nicht an die Unwürdigen verschwendet werden. Der Segen, den sie suchte, war wie Brot für Kinder, und die Kananiter waren ebenso wenig Glieder der erwählten Familie wie die Hunde. Ihr heidnischer Charakter machte sie in betreff der Unreinheit gleich Hunden. Seit Generationen hatten sie von dem wahren Gott nicht mehr gewußt, als Hunde, die auf den Straßen herumstreifen. Oft hatten sie und die andren Stämme der Philister wie Hunde nach den Fersen des Volkes Gottes geschnappt. Das Weib hatte wahrscheinlich dergleichen Worte von stolzen, scheinheiligen Juden gehört, aber sie hatte sie nicht von dem Herrn erwartet.

27. Sie sprach: Ja, Herr; aber doch essen die Hündlein von den Brosamlein, die von ihrer Herren Tische fallen.

Es war demütig zu sprechen: “Ja, Herr.“ Es war mutig gesprochen, denn sie fand Nahrung für den Glauben in der harten Rinde der Worte unsres Herrn. Unser Herr hatte das Wort Hund gebraucht. Sie aber nimmt dies Wort Hündlein. Diese sind die Spielkameraden der Kinder; sie liegen unter dem Tisch und essen die Brocken, die von dem Tische ihrer kleinen Herren auf den Boden fallen. Der Hausvater nimmt das Hündlein soweit unter seine Obhut, daß er ihm erlaubt, unter dem Tische zu sein. Wenn sie als heidnischer Hund, der sie ist, nicht geweidet werden darf wie eins von der Herde, so will sie zufrieden sein, in der Eigenschaft eines Hündleins im Hause geduldet zu werden, denn dann werden ihr die Brocken verstattet werden, die von dem Brot der Kinder fallen, von dem Tisch der kleinen Herren des Hündleins. Groß wie der Segen war, den sie suchte, war er nur wie ein Brocken im Vergleich zu des Herrn Freigebigkeit und dem Anteil Israels, und deshalb bat sie darum, obwohl sie sich als Hund anerkannte.

Laßt uns die schlimmste Bezeichnung annehmen, welche die Schrift uns gibt, und immer noch einen Grund zur Hoffnung darin finden.

28. Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: O Weib, dein Glaube ist groß! dir geschehe, wie du willst. Und ihre Tochter ward gesund zu derselbigen Stunde.

Unser Heiland liebt großen Glauben und gewährt ihm, was er wünscht. Ihr Glaube war groß, da sie ein heidnisches Weib war, die so wenig von dem Heiland wußte. Aber ihr Glaube war, auch von diesem abgesehen, groß, denn sie glaubte an einen schweigenden Christum, an einen, der ihr einen Verweis erteilt, der sie einen Hund nennt. Wenige von uns haben den zehnten Teil des Glaubens an unsren Herrn, wie dieses Weib. Zu glauben, daß Er ihre Tochter sogleich heilen kann, und sich an Ihn zu hängen mit der Bitte um diese Wohlthat, ist ein Glaube, der sogar den Herrn in Verwunderung setzt, so daß Er ausruft: “O Weib, dein Glaube ist groß!“ wie glänzend die Belohnung: “Dir geschehe, wie du willst!“ Nach ihrem Willen war die Heilung ihrer Tochter augenblicklich, vollkommen und dauernd. O, daß wir den gleichen, köstlichen Glauben hätten, besonders in bezug auf unsre Söhne und Töchter! Warum sollten wir ihn nicht haben? Jesus ist noch derselbe, und wir haben noch mehr Gründe, Ihm zu vertrauen, als die Kananiterin haben konnte. Herr, wir glauben, hilf Du unsrem Unglauben und mache unsre Kinder gesund!
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 15.29-32

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(Der König gibt ein andres Festmahl. V. 29-39.)

29. Und Jesus ging von dannen weiter, und kam an das Galiläische Meer und ging auf einen Berg und setzte sich allda.


Er war immer in Bewegung; Er „zog umher und that wohl.“ Er war an die Grenze des Landes gegangen, aber Er ging bald zurück ins Hauptquartier. Er vergeudete keinen Augenblick. Er verweilt nicht, um sich wegen seines Erfolges beglückwünschen zu lassen, sondern eilt zu andrem Werk, und darum lesen wir oft: “Und Jesus ging von dannen.“

Wie liebte Er die Berge und das Meer! Beim Galiläischen Meer wählt Er wiederum eine Erhöhung, einen Ort zum Stehen mit Raum rund herum für eine Versammlung, und eröffnet eine andre Sitzung seines Amts der Barmherzigkeit. “Er setzte sich allda,“ denn Er wollte dem Volk Segen bringen an diesem geeigneten Orte. Im Geiste sehen wir Ihn seinen Sitz nehmen und dann belehrend sprechen von der Höhe am “Galiläischen Meer.“ Der Bergesabhang war zugänglich für alle, und niemand konnte sich über Betretung eines verbotenen Stück Landes beschweren, und er war weit genug von geschäftigen Städten entfernt, um frei von dem Geräusch der notwendigen Arbeit zu sein. Seht, wie die Leute sich drängen! Unsres Herrn Gegenwart wird nicht lange unbeachtet bleiben, obwohl keine Kirchenglocken zum Gottesdienste läuten. Als Prediger fehlte es Ihm nie an Zuhörerschaft. Wenn Er sich niedersetzte, kamen die Leute; wenn Er „auf einen Berg ging,“ so kletterten sie Ihm nach. Wenn wir Jesum in dem abgelegensten Dorfe predigen, in einer fast unzugänglichen Gegend, so werden wir nicht ohne Hörer bleiben.

30. 31. Und es kam zu Ihm viel Volks, die hatten mit sich Lahme, Blinde, Stumme, Krüppel und viele andre, und warfen sie Jesu vor die Füße, und Er heilte sie, daß sich das Volk verwunderte, da sie sahen, daß die Stummen redeten, die Krüppel gesund waren, die Lahmen gingen, die Blinden sahen; und priesen den Gott Israels.

Immer dieselbe Geschichte. Der Magnet zieht immer an. Die Menge wächst an Zahl. “Es kam zu Ihm viel Volks.“ Sie scheinen aus der Erde aufzusprießen und vom Meer heranzuziehen. Sie sind so schnell um unsren Herrn her, daß keine Pause da ist, in der Er ruhen kann. Die Krankheiten, die sie vor Ihn bringen, sind noch verschiedenartiger als bei früheren Gelegenheiten. Welche Liste von Patienten! Welche Ansammlung von Elend auf einem Fleck! die Erwartung der Leute ist immer noch hoch; sie bringen die Kranken mit und werfen sie Jesu vor die Füße, mit voller Zuversicht sie Ihm überlassend. Die heilende Kraft fährt fort in voller Stärke zu fließen. Der eine Ausspruch ist eine großartige Zusammenfassung seiner wunderbaren Heilungen: “Er heilte sie.“ Dieses Mal ist das Resultat ein größerer Grad von Verwunderung bei dem Volk, begleitet vom frommen Lobe des Gottes Israels: “Sie priesen den Gott Israels.“ Es war ihnen klar, daß Jehovah seines Volkes gedacht und es heimgesucht hatte und ihre Krankheiten heilte, und darum gaben sie Ihm für den Augenblick die Ehre. Wie erhebend muß es gewesen sein, Augenzeuge solcher Heilungen und solcher Gottesverehrung zu sein! Welche Heranbildung für die Apostel! Welche Stütze für ihren Glauben in den Tagen der Prüfung, nachdem ihr Meister von ihnen genommen war!

Herr, wenn wir eine Wiederbelebung der wahren Religion sehen, so schauen wir die Größe Deiner heilenden Macht in der geistlichen Welt und preisen deshalb den Gott Israels – den Gott des Bundes, den Gott des ringenden Gebets, den Gott aller Gnade.

32. Und Jesus rief seine Jünger zu sich, und sprach: Es jammert mich des Volks; denn sie nun wohl drei Tage bei mir beharren, und haben nichts zu essen; und ich will sie nicht ungegessen von mir lassen, auf daß sie nicht verschmachten auf dem Wege.

Die Weltgeschichte wiederholt sich und wir werden weise handeln, die Verschiedenheit dabei zu beachten. Was Jesus einmal gethan hat, kann Er wieder und wieder thun, wenn Not eintritt. In der That, eine Barmherzigkeit ist die Verheißung einer andren. Unser Herr ist hier der Erste, der davon spricht, was mit der fast verhungernden Menge zu thun ist. Die Jünger kommen nicht mit der Sache zu Ihm, sondern Er beginnt das Gespräch. Bei jedem Fall ist sein Herz das erste, und bei diesem auch seine Rede. “Und Jesus rief seine Jünger zu sich.“ Sie sollen seine Mitarbeiter sein, darum berät Er mit ihnen und macht sie zu Mitgliedern seines Kabinettrats. Sein Herz ist voll Milde und Er kann mit Wahrheit sagen: “Mich jammert des Volks.“ Ob Er etwas thut in einer Notsache oder nicht, sein Herz ist stets mitleidig und Er denkt an das jetzige Fasten der Leute und ihr mögliches Verschmachten. Sein Mitleid ist die Feder, welche seine Macht in Bewegung setzt. Das Volk war Ihm nachgefolgt, und Er konnte nicht anders als die Not bemitleiden, die aus ihrer Beharrlichkeit im Zuhören entstanden war. Diese Leute hatten drei Tage gefastet oder wenigstens nur kärgliche Nahrung gehabt, um Ihn predigen zu hören. Welch ein Predigen muß es gewesen sein! Aber der große Lehrer sorgt für ihren Körper sowohl wie für ihre Seele, und ist nicht zufrieden, nur ihren Geist zu speisen. Von gewöhnlichen Gesichtspunkt aus war ihr Mangel an Vorräten ihre eigne Sache; sie hatten sich aus freien Stücken versammelt und konnten vernünftigerweise nicht erwarten, daß Er ihnen beides, Unterhalt und Unterricht, umsonst gebe, aber sein großes Herz konnte sie nicht verschmachten lassen. Er wollte nicht einmal unschuldigerweise die Ursache davon sein, daß einer von ihnen Schaden litte. Er erklärt bestimmt: “Ich will sie nicht ungegessen von mir lassen.“ Er will nicht, daß seine Diener gleichgültig gegen die Leiden der Armen sind, nicht einmal in betreff der vergänglichen Speise. Wir mögen doppelt gewiß sein, daß Er keinen ernsten Hörer vor geistlichem Hunger verschmachten lassen wird. Er läßt uns warten, um den Hunger zu erwecken, aber Er wird uns nicht zuletzt ungespeist entlassen. Er liebt es nicht, die Hungrigen hungern zu lassen, denn Er fürchtet, daß sie “verschmachten auf dem Wege.“ Wenn einige von uns diesem Zustande nahe kommen, so bemerkt Er es und wird dazwischen treten. Laßt uns den Hunger nach himmlischer Nahrung stärken, so wird Jesus ihn stillen.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 15.33-39

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33. Da sprachen zu Ihm seine Jünger: Woher mögen wir so viel Brots nehmen in der Wüste, daß wir so viel Volks sättigen?

Bei dieser zweiten Gelegenheit hätten wir Besseres von den Jüngern erwarten können, aber sie sind im alten Geleise, so zweifelhaft wie immer und vergessen wiederum der Macht ihres Herrn. Er sagt: „Ich will sie nicht ungegessen von mir lassen,“ und sie beantworten seine gnadenvolle Erklärung mit einer harten kühlen Frage. Beachtet, wie sie vergessen, was Er thun wollte, und faseln von dem, was sie nicht thun können. “Woher mögen wir so viel Brots nehmen?“ Wer sagte etwas von „Wir“? Der einzige gute Punkt in ihrer Rede ist, daß sie sich überhaupt mit ihrem Herrn verbinden; aber selbst da legen sie sich einen zu hervorragenden Platz bei. Sie denken an ihre eigne Armut, an die Wüste, an des “so viel Brots“ und an das “so viel Volks“, aber sie vergessen ihren “so großen“ Herrn. Gleichen wir ihnen nicht zu sehr? Sind wir gewiß, daß wir auch nur so weise sind, wie sie es waren? Wir fürchten, nein.

34. Und Jesus sprach zu ihnen: Wie viel Brote habt ihr? Sie sprachen: Sieben und ein wenig Fischlein.

Der Herr nimmt ihre Gemeinschaft an und fragt: “Wie viele Brote habt ihr?“ Klein wie ihr Vorrat war und ganz unbedeutend für das vorgeschlagene Werk, gestattet Er ihnen, denselben zu seinem großen Zwecke beizutragen. Sie machen einen raschen Überschlag und sprechen in traurigem Tone: “Sieben und ein wenig Fischlein.“ Sehr gleich unsrem eignen armen Vorrat für heiligen Dienst. Die Brote waren keineswegs solche masse von Nahrung, wie wir mit dem deutschen Wort bezeichnen, denn es waren bloß dünne Kuchen. Die Fische waren wenig und klein; mehr Gräten als Fleisch. So sind unsre Fähigkeiten gering und verunstaltet durch viele Unfähigkeiten, aber geben wir alles, was wir haben, zu dem gemeinsamen Vorrat, so wird es genug sein in der Hand Dessen, der alle Dinge thut.

35. Und Er hieß das Volk sich lagern auf die Erde.

Das Volk ist bereit für das Fest durch seinen willigen Gehorsam. Was sie von unsres Herrn Wundermahl gesehen hatten, erweckte Erwartung und erzeugte Bereitwilligkeit, seiner Führung zu folgen. Es ist gewöhnlich eine Bereitschaft der Seelen da, wenn Jesus im Begriff ist, seine Gnadenwunder zu wirken. Herr, laß unsre Hörer bereit sein, “sich auf die Erde zu lagern“ bei Deinem Fest der Gnade!

36. Und nahm die sieben Brote und die Fische, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern; und die Jünger gaben sie dem Volk.

Er that, wie vormals. Seine Weise ist vollkommen, und es war darum nicht nötig, sie zu ändern. “Er nahm die sieben Bote und die Fische.“ Sie machten nur eine Handvoll für Ihn aus. Dies zeigt uns, daß unsre geringen Fähigkeiten zu seiner Verfügung gestellt und in seine wunderwirkenden Hände gelegt werden müssen. Er verschmäht nicht, das Brot und die Fische zu tragen, obwohl Er den Himmel und die Erde trägt. Daß er “dankt“ bei einem Mahl unter freiem Himmel, sollte uns lehren, nie ohne Danksagung zu essen. Das Brechen lehrt uns, daß Talent gebraucht und die Wahrheit in Stücke zerlegt werden muß, um für den menschlichen Mund zu passen. Daß Er die Vorräte in viele Hände gibt, zeigt uns, daß nichts zurückbehalten, sondern alles unter die vielen verteilt werden soll. Unser Herr Jesus ehrte wiederum seine Jünger, indem Er sie zu den Dienern machte, durch welche Er die Menge erreichte. Herr, gebrauche uns, denn wenn wir weder Brot noch Fische haben, so haben wir doch willige Hände.

37. Und sie aßen alle und wurden satt, und hoben auf, was überblieb von Brocken, sieben Körbe voll.

Das Mahl war mit solcher Ordnung und mit so reichlichen Vorräten gehalten, daß alle satt wurden; selbst kleine Kinder erhielten ihr Brot und ihre Fische. Die Überbleibsel, die gebrochene Speise, war zu gut, um vergeudet zu werden, und ward daher in Körben zum künftigen Gebrauch aufgehoben. Der Gott des Überflusses ist auch der Gott der Sparsamkeit. Wir leiden keinen Mangel, aber wir verschwenden auch nicht. Körbe sind immer zu haben, die Schwierigkeit ist nur, sie zu füllen. Hier entsprach die Zahl der Körbe der der Brote; bei dem früheren Mahl entsprach sie der Zahl der Apostel. Der Segen, der den Dienst belohnt, mag eine Beziehung haben auf die Arbeiter oder auf den Vorrat, den sie zuerst beisteuerten, je nach der Art der Vergleichung. Bei beiden Speisungen der Menge war das, was nach dem Gebrauch noch da war, größer als das anfängliche Besitztum. Je mehr wir geben, desto mehr haben wir. Mögen nicht einige von uns arm sein, weil sie so wenig weggegeben haben? Würden nicht die Begabtesten jetzt vielleicht mehr Gaben besitzen, wenn sie selbstlos die, welche sie hatten, zum Wohl andrer gebraucht hätten?

38. Und die da gegessen hatten, derer waren vier tausend Mann, ausgenommen Weiber und Kinder.

Hier ist kein Wunsch, die Zahl zu erhöhen und das Wunder größer zu machen. In einigen kirchlichen Statistiken würde die Rechnung schnell gemacht werden, wenn Weiber und Kinder ausgelassen würden, denn sie bilden die große Masse der Zuhörer. In der Bibel finden wir die Zahlen nur nach den Männern gerechnet, und Matthäus war, wenn er die Steuern einnahm, gewohnt, sie so zu erheben, und diese Regel wird auch hier befolgt. Es ist kein Grund vorhanden, weshalb Weiber und Kinder in unsren heutigen Aufzählungen ausgelassen werden sollten, da die ganze Art der Volkszählung verändert ist und beide Geschlechter nun eingeschlossen werden. Da die Männer die größten Esser waren und die am meisten hervortretenden Personen, wurden sie gerechnet. Obgleich alle übrigen Gäste nicht gezählt wurden, so wurden sie doch gespeist, was die Hauptsache ist.

39. Und da Er das Volk hatte von sich gelassen, trat Er in ein Schiff und kam in die Grenze Magdalas.

Unser Herr versäumte nie, das Volk heim zu senden. Er wünschte nicht, sie von ihrer täglichen Arbeit abzuhalten. Er will nicht, daß sie Ihn als Ehrenwache begleiten oder begeisterte Prozessionen halten, darum eilt Er hinweg von ihrem Lobe. Er trat in ein Schiff. Wie das Schiffchen in dem Webstuhl, so geht Er hinüber und herüber auf dem See. Er kommt “in die Grenze Magdalas.“ Suchte Er Maria von Magdala heraus? Er hatte irgend ein Werk der Barmherzigkeit dort, das bald ausgerichtet werden konnte, denn Er war wiederum auf dem Meer. Unser Herr war in großem Maße ein seefahrender Mann. Mögen die Seeleute Christi Fahnen aufziehen und unter seinem Kommando segeln. O Herr Jesus, ich möchte über das Meer des Lebens mit Dir als meinem Steuermann, Schiffseigentümer und Kapitän fahren!
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Jörg
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Matthäus 16.1-4

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(Der König und sein erwähltes Zeichen. V. 1-4.)

1.Da traten die Pharisäer und Sadduzäer zu Ihm; die versuchten Ihn, und forderten, daß Er sie ein Zeichen vom Himmel sehen ließe.


Dem König treten wieder seine Feinde gegenüber. Zwei Sekten, die sich einander heftig bekämpften, vereinen ihre Kräfte gegen Ihn. Es ist die Weise der Gottlosen, Freunde zu werden, wenn sie das Himmelreich zu vernichten suchen.

Bei dieser Gelegenheit kommen sie nicht mit einer Frage, sondern mit der alten Forderung eines Zeichens. Diesmal muß es “ein Zeichen vom Himmel“ sein, möglicherweise ein Wunder am Himmel. Welches Recht hatten sie, Ihn auf die Probe zu stellen, wie ihre Laune sie ihnen eingab? Welche Zeichen waren noch nötig, da seiner Wunder so viele waren? Waren nicht alle seine Wunder Zeichen vom Himmel? Warf nicht diese Forderung einen Makel auf alles, was Er schon gethan hatte? War es nicht ein thatsächliches Nichtbeachten aller seiner früheren Werke der Macht? Zu oft sind auch wir in die Schwachheit gefallen, ein neues Zeichen der göttlichen Liebe zu verlangen, und so die früheren Gnaden zu unterschätzen. Wenn der Beweis, den wir schon von unsres Herrn Gnade und Macht empfangen haben, nicht genug ist, wann werden unsre Zweifel ein Ende nehmen?

In dieser Forderung eines Zeichens versuchten die Feinde unsres Herrn Ihn. Lag die Versuchung darin, daß sie Ihn drängten, seine eigne Ehre zu suchen durch eine prunkvolle Entfaltung seiner Macht, für die keine wirkliche Notwendigkeit vorhanden war? Was immer es war, unser Herr bestand ohne Schaden diese Feuerprobe, denn es war kein Stolz in Ihm. Pharisäer und Sadduzäer werden uns auch versuchen. Von ihrer List und ihrem Lächeln möge der Herr uns erlösen! Mögen wir von dem Wunsch, mit Menschen gut zu stehen, befreit werden durch unsre Liebe zu Jesu!

2.3. Aber Er antwortete und sprach: Des Abends sprecht ihr: Es wird ein schöner Tag werden, denn der Himmel ist rot; und des Morgens sprecht ihr: Es wird heute Ungewitter sein, denn der Himmel ist rot und trübe. Ihr Heuchler, des Himmels Gestalt könnt ihr urteilen; könnt ihr denn nicht auch die Zeichen dieser Zeit urteilen?

Sie konnten das Wetter an gewissen Zeichen vorher erkennen, und unser Herr Jesus nennt die Wetterzeichen Palästinas; doch konnten sie nicht die deutlicheren und häufigeren Warnungen der nahen Zukunft lesen. Wetterzeichen sind zweifelhaft, aber es waren moralische und geistliche Zeichen um sie herum, die kaum mißverstanden werden konnten, wenn sie dieselben nur beachten wollten. Jedes Land hat seine eignen Warnungen am Himmel, und die Palästinas sind von denen unsres Landes verschieden, aber die Zeichen der Zeit sind dieselben in allen Ländern. Unser Herr hob ein Beispiel hervor aus ihrer vermeintlichen Wetterweisheit. Dasselbe Zeichen, welches am Abend schönes Wetter bedeutete, war am Morgen ein Merkmal von Ungewitter. Sie konnten feine Unterschiede bemerken in der veränderlichen Gestalt des Himmels. Warum konnten sie “nicht die Zeichen der Zeit beurteilen?“ Sie hätten sehen können, wenn sie es gewollt, daß alle Weissagungen eins waren in der Erklärung, daß die Zeit der Erscheinung des Messias jetzt gekommen sei; und sie hätten auch wahrnehmen können, daß jedes Ereignis diese Weissagungen erfüllte. Aber sie waren falschen Herzens und wollten nicht sehen, und schrieen dennoch nach einem Zeichen. Zeichen waren rund um sie her, und trotzdem wiederholten sie ihren Papageienschrei: „Laß uns ein Zeichen sehen.“ Gerechterweise war der Herr unwillig über sie und tadelte sie, indem Er die strengen, aber gerechten Worte brauchte: “Ihr Heuchler!“ Heutzutage verdienen die Menschen, welche noch mehr Beweise des Übernatürlichen wollen, einen ähnlichen Tadel.

Herr, laß keinen von uns für die himmlischen Zeichen blind sein – Dein Kreuz, Deine Auferstehung, Dein Wort, Deinen Geist und Dein Gnadenwerk. Lehre uns diese Dinge sorgfältig beurteilen, als die in Wahrheit stets bleibenden “Zeichen der Zeit.“ Selbst in der wachsenden Kälte Deiner Gemeinde und der zunehmenden Schlechtigkeit der Welt laß uns die Zeichen Deiner Zukunft sehen, und warten und wachen bis zu Deiner so lange verheißenen Erscheinung.

4. Diese böse und ehebrecherische Art such ein Zeichen; und soll ihr kein Zeichen gegeben werden denn das Zeichen des Propheten Jonas. Und Er ließ sie und ging davon.

Es war nicht ein Mangel an Beweisen, sondern die traurige Verderbtheit ihrer Seelen, welche sie veranlaßte, nach einem Zeichen zu suchen, und deshalb wollte der Herr ihre krankhafte Sehnsucht nicht befriedigen. Sie wären böse in sittlicher Hinsicht und ehebrecherisch im Herzen, weil sie den einen wahren Gott verließen. Dann wandten sie sich um und rechtfertigten ihren Unglauben an den Sohn Gottes, indem sie Mangel an Beweisen vorschützen und mehr Wunder verlangten, um zu einer richtigen Schlußfolgerung kommen zu können. So ist der Betrug des menschlichen Herzens.

Unser Herr wiederholt seine frühere Antwort, Er will ihnen keine andre geben. In dem ganzen Umfang des Alten Testaments ist kein vollständigeres Zeichen unsres Herrn als Jonas. Unser Herr wußte, daß Er das Vorbild des Jonas selbst bis in die Einzelheiten erfüllen würde, und weist sie deshalb auf das Leben dieses Propheten hin. Dies ist ein Gegenstand, der unsre sorgfältige Betrachtung verdient, aber wir können hier nicht ausführlich dabei verweilen. Unser Herr blickt auf seinen Tod und seine Auferstehung und gibt den Propheten Jonas als sein Zeichen. Jesus wird begraben werden und wird am dritten Tage auferstehen und in der Kraft seiner Auferstehung wird Er die Heiden zur Buße bringen. Hierin wird Er das Gegenbild des Jonas sein, und dies soll das Zeichen sein, daß Er in der That der Christ Gottes ist. Dies hatte unser Herr schon früher gesagt, und hier wiederholt Er es, weil es eine genügende Erwiderung war. Wir brauchen uns nicht die Mühe der Abwechslung zu machen mit Leuten, die beständig dieselbe Leier spielen.

Unser Herr verließ diese Menschen, denn es war nichts mit ihnen zu machen. „Er ließ sie und ging davon,“ und dieser Ort sah Ihn nicht mehr. Herr, verlaß keinen von uns, denn das würde ein sicheres Todesurteil für uns sein!
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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Matthäus 16.5-12

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(Der König wird von den Seinen mißverstanden. V. 5-12.)

5. Und da seine Jünger waren hinüber gefahren, hatten sie vergessen, Brot mit sich zu nehmen.


Sie hatten vergessen, ihr Boot mit Lebensmitteln zu versehen. Dies scheinen sie selbst herausgefunden zu haben, sobald sie “hinüber gefahren“ waren. Sie vergaßen selten solche zeitliche Dinge. Möglicherweise vertraute einer auf den andren, und was jedermanns Geschäft war, war niemandes Geschäft. Sie bemerkten da Versäumnis nicht während des Segelns, aber als die Stunde der Mahlzeit nahte, dachten sie an die Brote. Streitigkeiten hatten eine Zeitlang ihre Gemüter mit religiösen Dingen beschäftigt erhalten, aber der Mangel an Brot und der Hunger, der die Folge davon war, rief sie bald zu den irdischen Dingen zurück.

6. Jesus aber sprach zu ihnen: Sehet zu, und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer.

Er brauchte eine bildliche Ausdrucksweise, die sie leicht verstanden haben würden, wären nicht ihre Gemüter ganz mit dem Brotmangel beschäftigt gewesen. Er sah, daß auch sie bald den Wunsch nach einem Zeichen haben würden, nun sie Brot nötig hatten. Er fürchtete den Einfluß sowohl des Formenwesens der Pharisäer, als des Unglaubens der Sadduzäer auf seine kleine Gemeinde. Darum sein doppeltes Wort: “Sehet zu, und hütet euch.“ Die Warnung ist heute ebenso nötig wie zu unsres Herrn Zeit; möglicherweise ist sie sogar noch notwendiger und wird noch weniger beachtet werden. “Pharisäer und Sadduzäer“ durchsäuern beide die Gemeinden, und der Geist der einen ist so schlecht wie der der andren. Überall sehen wir die eine böse Kraft, die in zwei entgegengesetzten Weisen wirkt, aber rasch das Mehl der sogenannten Christenheit durchsäuert. Herr, errette Dein Volk von diesem sauermachenden und verderblichen Einfluß!

7. Da dachten sie bei sich selbst, und sprachen: Das wird es sein, daß wir nicht haben Brot mit uns genommen.

Ihre Gedanken liefen die niedrige, materielle Bahn entlang vom Sauerteig zu Brot. Bildeten sie sich ein, daß Er ihnen verböte, Sauerteig von den Pharisäern zu borgen, wenn sie begannen, ein Gebäck zu machen? Wie konnten sie irgend einen Sinn in der buchstäblichen Bedeutung des Sauerteigs finden, wenn sie ihn auf die Sadduzäer anwandten? Sie waren an die Erde gebunden durch ihre Sorge, sonst hätten sie nicht ein so thörichtes Versehen machen können. Wenn eine Anzahl hungriger Menschen beisammen ist, ist es da nicht sehr natürlich, daß sie alles mit hungrigen Augen anblicken? Ja, es ist natürlich, aber es ist den Menschen nicht natürlich, geistlich zu sein. Wir müssen beten, daß wir nicht “bei uns selbst denken“ mögen in derselben irdischen Weise, wenn wir in eine kleine Not geraten.

8-10. Da das Jesus vernahm, sprach Er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, was bekümmert ihr euch doch, daß ihr nicht habt Brot mit euch genommen? Vernehmt ihr noch nichts? Gedenkt ihr nicht an die fünf Brote unter die fünf tausend, und wie viel Körbe ihr da aufhobt? Auch nicht an die sieben Brote unter die vier tausend, und wie viel Körbe ihr da aufhobt?

Mangel an Glauben machte sie so unverständig und fleischlich. Mangel an Brot würde sie nicht beunruhigt haben, wenn sie mehr Gnade gehabt hätten. Unser Herr sagt ihnen in Wahrheit: „Warum Fragen aufwerfen, was in dieser kleinen Schwierigkeit gethan werden kann? Habe ich nicht aus viel größeren Verlegenheiten geholfen? Sind nicht eure persönlichen Bedürfnisse reichlich befriedigt worden? Ist euer Vorrat erschöpft worden, selbst wenn eure Gedanken nur mit der Volksmenge beschäftigt waren, und all euer Vorrat von Brot und Fischen ihr hingegeben war? Welcher Anlaß kann da zu Sorge sein in meiner Gegenwart, wenn ich stets eurem Mangel abgeholfen habe?“

Wie thöricht waren sie, aber wie sehr gleichen wir ihnen! Wir scheinen nichts zu lernen. Nach Jahren der Erfahrung hat unser Herr zu sprechen: “Vernehmt ihr nichts? Gedenkt ihr nicht?“ Zwei erstaunliche Wunder hatten diese Jünger nicht zu der Gedankenhöhe hinauf gehoben, die Gläubigen geziemt. Nach all unsren Erfahrungen und Errettungen sind wir leider ziemlich ebenso wie sie. Wie verweilt unsre Seele bei dem Brot, das uns fehlt, und wie schnell vergißt sie frühere Zeiten, wo für all solchen Mangel reichlich gesorgt wurde! Die vielen Körbe, die so reichlich bei früheren Gelegenheiten gefüllt wurden, waren der Jünger eigner Anteil und Vorrat, und deshalb hätten sie die wunderbaren Mahlzeiten nicht vergessen sollen. Selbst die leeren Körbe sollten ihr Gedächtnis aufgefrischt und sie daran erinnert haben, wie sie zweimal gefüllt wurden. Wäre nicht unser elender Kleinglaube und unser Denken bei uns selber, so würde das Andenken an frühere Errettungen uns über jeden Hang zum Mißtrauen gegen unsren Gott erheben.

O Heiliger Geist, lehre uns, sonst werden wir niemals lernen! Mache uns weise, sonst werden wir immer noch beharren in der Thorheit fleischlicher Vernünftelei!

11. Wie versteht ihr denn nicht, daß ich euch nicht sage von Brot, wenn ich sage: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer?

Im Grunde war es Unglaube, der ihren Verstand verdunkelte. Jesus mag wohl zu Zweiflern sagen: “Ihr versteht nicht.“ Wahrlich, nichts stumpft das geistliche Wahrnehmungsvermögen mehr ab, als überwältigende Sorge um die Speise, die vergänglich ist. Wenn eine Lehre nicht verstanden wird, so mag es nicht immer der Fehler des Lehrers sein. Eine deutliche Rede wird zuweilen mißverstanden, wenn die Seele ganz mit drückendem Mangel beschäftigt ist. Es war traurig, daß die Apostel unsren Herrn buchstäblich verstanden und das augenscheinlich Bildliche seiner Worte nicht sahen. Wie konnte “der Sauerteig der Pharisäer“ ein Ausdruck sein, der in bezug auf Brot gebraucht wurde?

12. Da verstanden sie, daß Er nicht gesagt hatte, daß sie sich hüten sollten vor dem Sauerteig des Brots, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.

Die Lehre dieser Sektierer hatte einen geheimen, leisen, durchsäuernden Einfluß, und die Jünger mußten sorgfältig wachen, damit auch nicht einmal ein weniges von ihrem Geist und ihrer Lehre in ihre Seelen käme und sich dann in ihrem ganzen Wesen verbreitete. Diese Sauerteige mögen beide zu gleicher Zeit in derselben Gemeinschaft wirken; in der That, sie sind nur ein Sauerteig. Die zwei Klassen der Gegner griffen den Herrn Jesum zu gleicher Zeit an, denn sie hatten einen gemeinsamen Boden der Abneigung gegen Ihn. Bis auf diesen Tag wirken diese zwei Formen des Bösen immer noch, entweder verborgen oder offenbar, und es thut not, uns zu allen Zeiten vor denselben zu hüten. Es ist gut, dieses zu verstehen und den alten Sauerteig des Pharisäismus auszufegen, sowohl als den neuen Sauerteig des Sadduzäismus fernzuhalten. Selbstgerechtigkeit und fleischliches Vernünfteln muß gleichermaßen hinausgeworfen werden. Der Glaube wird finden, daß beide seine tödlichen Feinde sind. Manche belustigen sich mit dem bösen Sauerteig, und ehe sie sich versehen, wird das unheilige Ding sie verunreinigen. Evangelisch zu sein und zu gleicher Zeit abergläubisch oder rationalistisch, ist fast unmöglich. Einige unsrer Zeitgenossen versuchen mit diesem Sauerteige zu backen, aber ihr Brot wird sauer sein. Hütet euch!
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 16.13-17

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(Der König allein mit seinen Freunden. V. 13-28.)

13. Da kam Jesus in die Gegen der Stadt Cäsarea Philippi, und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, daß des Menschen Sohn sei?


Unser Herr wußte gut genug, was die Leute von Ihm dachten, aber Er fragte seine Jünger, um sie nach der sokratischen Methode zu unterrichten, indem Er ihre eigne Meinung aus ihnen herausbrachte. Unser Herr war im Begriff, sie über seinen Tod zu belehren, und es war gut, daß sie eine sehr klare Vorstellung davon hatten, wer Er sei. Er beginnt mit der Frage: “Wer sagen sie Leute, daß des Menschen Sohn sei?“ Menschliche Meinungen über himmlische Dinge gelten wenig, doch ist es ebenso gut, sie zu kennen, damit wir bereit sind, ihnen zu widerstehen.

14. Sie sprachen: Etliche sagen, Du seiest Johannes der Täufer, die andren, Du seiest Elias; etliche, du seiest Jeremias oder der Propheten einer.

Dies waren alles Vermutungen und sehr weit von dem Richtigen entfernt; dennoch war etwas Ähnlichkeit mit der Wahrheit in allen. Herodis Meinung, daß Jesus Johannes der Täufer sei, eben von den Toten auferstanden, schien vielen eine wahrscheinliche, da unser Herr ebenso viel Mut und Treue wie Johannes hatte. Elias schien auch wiederum lebendig in unsres Herrn Feuerworten. Jeremias war wieder lebendig in seinem beständigen Schmerz; und die Propheten lebten wieder auf in seinen merkwürdigen Lehren und seinem wunderbaren Leben. Da ihrer viele Vorbilder von Ihm waren, so ist es wenig zu verwundern, daß Er derselben einer zu sein schien. Doch entdecken die Menschen durch ihre eignen Vermutungen nicht die wahre Natur des Herrn. Nur die, denen Er sich offenbart, werden Ihn kennen.

Der Irrtum hat viele Stimmen, die Wahrheit allein ist eine und eine bleibende. Die Menschen sagen verschiedene Dinge über unsren Herrn, aber sein Geist allein zeugt wirksam von dem einen wahren Christ Gottes.

15. Er sprach zu ihnen. Wer sagt denn ihr, daß ich sei?

Dies ist eine viel prüfendere Frage. Unsre persönlichen Gedanken von Jesu sind ein Hauptpunkt. Unser Herr Jesus nimmt von vornherein an, daß die Jünger nicht dieselben Gedanken haben würden wie die Menschen. Sie folgten nicht dem Geist der Zeit und bildeten ihre Ansichten nicht nach denen der „Gebildeten“ ihrer Periode. Sie hatten, jeder für sich selbst, ein Urteil, durch das, was sie gehört und gesehen, während sie bei Ihm waren. Darum fragte Er: “Wer sagt denn ihr, daß ich sei?“ Möge jeder Leser die Frage beantworten, ehe er weiter geht.

16. Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn.

Petrus war wie gewöhnlich der Sprecher für die übrigen, und er sprach sehr gut. Er hatte des Messias Amt und die göttliche Sohnschaft seines Herrn erkannt und sprach in deutlichen Worten seinen Glauben aus. Es war ein einfaches, aber befriedigendes Glaubensbekenntnis. Wir sollten stets bereit sein, denen eine Antwort zu geben, die wissen wollen, was wir in betreff eines solchen Hauptpunktes, wie die Person und die Natur unsres Herrn, glauben. Ein Irrtum in diesem Punkte würde unsre ganze Religion zu einer verfehlten machen. Wenn Er uns nicht der Christ, des Herrn Gesalbter und “des lebendigen Gottes Sohn“ ist, so kennen wir Jesum nicht recht.

17. Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und blut hat dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.

Sein alter Name wird genannt, um den Unterschied zwischen dem darzustellen, was er vorn Natur war und dem, wozu die Gnade ihn gemacht hatte. Simon, Jonas Sohn, der flatternde Sohn einer Taube, ist nun Petrus, ein Fels, geworden. Er war ein glücklicher Mann, da er von Gott über die Hauptwahrheit der Offenbarung belehrt war. Er war nicht durch bloße Vernunft zu seinem Glauben gelangt. Fleisch und Blut hatten nicht das Rätsel gelöst; es war ihm eine Offenbarung von dem Vater im Himmel geworden. Um den Herrn historisch zu kennen, dazu ist keine solche göttliche Unterweisung erforderlich, aber die völlige Gewißheit des Petrus über seines Herrn Natur und Sendung war keine Theorie in seinem Kopfe; diese Wahrheit war durch den himmlischen Geist in sein Herz geschrieben. Dies ist die einzige Kenntnis von der Person unsres Herrn, die des Habens wert ist, denn sie bringt einen Segen mit sich – einen Segen von dem Munde des Herrn Jesu: “Selig bist du.“
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 16.18-19

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18. Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.

“Du bist Petrus,“ ein Stück Felsen, und auf diesen Felsen, von dem du ein Stück bist, “will ich bauen meine Gemeinde.“ Er war durch die Offenbarung des Vaters dahin gekommen, den Sohn zu erkennen und mit Ihm eins zu werden; so war er ein Stein von dem einen Felsen. Christus ist der Felsen und Petrus ist eins mit Ihm geworden, und “auf diesen Felsen“ ist die Gemeinde gegründet. Wenn es keine Romanisten gegeben hätte, die diese Stelle falsch verstanden hätten, so würde sie keine Schwierigkeit dargeboten haben. Jesus ist der Baumeister, und Er und seine Apostel sind die erste Lage Steine in dem großen Tempel der Gemeinde, und diese erste Lage ist eins mit dem ewigen Felsen, worauf sie ruht. In den ersten zwölf Lagen oder Gründen sind die Namen der zwölf Apostel des Lammes (Off. 21,14). Wir sind „erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist.“ Apostel sind nicht der Grund unsres Vertrauens wegen ihres Verdienstes, aber der Zeit nach bilden sie die Grundlage, und wir gründen uns auf ihr Zeugnis von Jesu und seiner Auferstehung. Jesus fügt die, welche Er um sich sammelt, zusammen; denn Er spricht: “Ich will bauen meine Gemeinde.“ Er baut auf einem festen Grunde. “Auf diesen Felsen will ich bauen.“ Was Jesus baut, ist sein eigen: „meine Gemeinde.“ Er macht sein auf einen Felsen gegründetes Gebäude zu einer Festung, welche die Mächte des Bösen beständig belagern, aber vergeblich, “denn die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.“

19. Und ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein.

Das neue Königreich sollte nicht geschlossen sein wie Noahs Arche, sondern seine Thüren und Schlüssel haben. Zu praktischen Zwecken thut dem Volke Gottes die Zucht not und die Macht, Mitglieder aufzunehmen, abzuweisen, zu behalten oder auszuschließen. Von diesen Schlüsseln sagt unser Herr zu Petrus: “Ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben.“ Als der erste unter den Aposteln gebrauchte Petrus diese Schlüssel am Pfingstfeste, wo er dreitausend in die Gemeinde einließ; in Jerusalem, als er Ananias und Sapphira ausschloß; und im Hause Kornelius, als er die Heiden zuließ. Unser Herr gab seiner Gemeinde die Macht, innerhalb ihrer Grenzen für Ihn zu regieren. Nicht Thüren zu machen, sondern sie zu öffnen oder zu schließen; nicht Gesetze zu machen, sondern ihnen zu gehorchen und darauf zu sehen, daß sie befolgt werden. Petrus und die, für welche er sprach, wurden die Verwalter des Herrn Jesu in der Gemeinde, und die Handlungen wurden von ihrem Herrn genehmigt. Noch heute fährt der Herr fort, die Lehren und Handlungen seiner gesendeten Diener, jener Petrusse, welche Stücke des einen Felsens sind, zu genehmigen. Die Urteile seiner Gemeinde, wenn sie richtig gefällt werden, haben seine Bestätigung, so daß sie gültig sind. Die Worte seiner gesendeten Diener, die in seinem Namen gesprochen werden, sollen vom Herrn bestätigt werden und weder in betreff der Verheißungen noch der Drohungen, ein bloßes Stück Rednerkunst sein. Als unser Herr hier auf Erden war, nahm Er persönlich Menschen in den auserwählten Kreis seiner Jünger auf, aber am Vorabend seines Scheidens gab Er ihrem Führer, und damit auch ihnen, die Macht, andre in ihre Zahl aufzunehmen, oder sie zu entlassen, wenn sie als unwürdig befunden wurden. So war die Gemeinde oder Gesellschaft gestiftet und ihr verwaltende Gewalt für ihre inneren Angelegenheiten verliehen. Wir können nicht Gesetze geben, aber wir dürfen und müssen die Anordnungen und Gesetze des Herrn verwalten, und das, was wir in der Ausführung des göttlichen Gesetzes in der Gemeinde auf Erden mit Recht thun, wird von unsrem Herrn im Himmel bekräftigt. Eine Gemeinde würde eine bloße Täuschung sein und ihre Handlungen eine feierliche Posse, wenn das große Haupt der Gemeinde nicht alles genehmigte, was seinem Gesetzbuch gemäß gethan wird.

Wir brauchen nicht ausführlich bei den Ansprüchen des römischen Papstes zu verweilen. Selbst wenn Petrus zum Haupt der Gemeinde gemacht wäre, wie würde das den Bischof von Rom berühren? Kein vorurteilsfreier Leser der Bibel sieht eine Spur von Papsttum in dieser Stelle. Der Wein des Romanismus ist nicht aus dieser Traube zu pressen.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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