Neutestamentliches Gemeindeverständnis / Hauptamtlichkeit

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Moderator: Jörg

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Stefan Pohl
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Neutestamentliches Gemeindeverständnis / Hauptamtlichkeit

Beitrag von Stefan Pohl »

Folgende Diskussion hat sich eigentlich in einem anderen Bereich des Forums entwickelt, gehörte aber dort nicht zum Thema.

( http://www.betanien.de/forum/viewtopic. ... sc&start=0 )

Wir sind deshalb übereingekommen, einen eigenen Bereich für das Thema einzurichten.

Die Beiträge, die sich dem Thema zuordnen lassen, kopiere ich nachfolgend ein, damit die Argumentationslinie nachzuvollziehen ist. Technisch ist das sicher nicht sehr elegant, aber mir fällt nichts besseres ein:
E. Sluiter hat geschrieben:Wie heißt denn die Gemeinde der Beiden?

Wer ist ihr Pastor?


Gruß

Eckhard
_________________
Phil. 1,6
STEFAN POHL hat geschrieben:Lieber Eckhard,

wie oben gesagt, kenne ich die beiden nicht persönlich und könnte die Frage schon deshalb nicht beantworten. Da mir aber exakt diese Frage schon so oft (auch in Bezug auf mich selbst) untergekommen ist, gestatte ich mir, darauf hinzuweisen, daß schon die Fragestellung absurd ist.

Neutestamentliche Gemeinde »heißt« nicht. In dem Moment, wo sich eine Gemeinschaft einen Namen gibt, wird sie zur Denomination, zur Kirche, biblisch gesprochen: zur Seitigung (Haeräsis, vulgo Sekte).

Auch die Frage nach »dem« persönlichen Pastor habe ich bisher nur von Leuten gehört, die ihr Gemeindbild nicht aus der Bibel, sondern aus der Kirchengeschichte haben. Biblisch gesehen kennen wir Hirten nur im Plural und nur in gegenseitiger Unterordnung mit Aposteln, Propheten, Lehrern und Evangelisten. Dieser Pastor-und-Gemeinde-Dualismus hat nichts, aber auch gar nichts mit der Herausgerufenen (Gemeinde) im Neuen Bund zu tun. Es gibt in einer Herausgerufenen Hirten, natürlich, aber nicht »den« Pastor.

Dies zu begründen würde aber einen neuen Themenbereich innerhalb des Forums erfordern, zur Roy/Arnold-Problematik gehört das ja nicht wirklich.

Herzliche Grüße
Stefan.
User1211 hat geschrieben:Hallo Stefan,

ich erlaube mir mal einfach auf Dein oben stehendes Posting zu antworten.

Die Frage nach dem Namen einer Gemeinde und deren Pastor stellt sich meist leider zwangsläufig. Einer Gemeinde, die sich einen Namen gibt (aus welchen Gründen auch immer) und einen Pastor oder Prediger anstellt jedoch die biblische Grundlage abzusprechen halte ich für schlichtweg falsch. Wenn man das macht, müsste man nahezu jeder evangelikalen Gemeinde in den USA die biblische Grundlage absprechen, da es dort fast keine Gemeinde ohne Namen gibt. (Lehnst Du eigentich J.F. McArthur ab, weil er angstellter Prediger ist und die Gemeinde, in der er predigt, einen Namen hat?)

Aus der Fragestellung dann noch auf Eckhards Gemeindehintergrund zu schließen und ihn zu verurteilen ist noch schlimmer. Vielleicht solltest Du dir mal in Ruhe seine Vorstellung durchlesen. Dann wirst Du wohl zu einem anderen Ergebnis kommen, welches ich vorher schon hatte, da wir uns kennen (wenn auch flüchtig).
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Lieben Gruß
Thorsten
STEFAN POHL hat geschrieben:Lieber Thorsten,

das war ja auch nicht persönlich gemeint, sondern allgemein-lehrhaft (hoffentlich nicht oberlehrerhaft). Ich habe mir auf Deinen Rat hin die Vorstellung von Eckhard angesehen, und dort den Hinweis gefunden (sinngemäß), daß er für konträre Hinweise durchaus offen ist. Da wird er meinen Beitrag wohl gnädig aufnehmen und prüfen. Eine Verurteilung seiner Person war weder bezweckt noch kann ich sie in meinem Beitrag finden.

Natürlich spreche ich niemandem das Heil ab, der (noch) Mitglied einer Denomination ist, das darf aber nicht dazu führen, daß ich vor lauter »Liebe und Freundlichkeit« das Vorhandensein von Denominationen gutheiße.

Ich muß mich jetzt zur Beantwortung Deiner Frage mal insofern outen, als ich McArthur nicht kenne. Grundsätzlich würde ich aber nicht alles ablehnen, was ein angestellter Denominationsprediger sagt, man muß die jeweiligen Lehren schon im Einzelfall prüfen. Es gibt ja selbst in den krudesten Sekten manchmal in Teilbereichen Licht. Daß er, wie Du schreibst, aus der Verkündigung des Evangeliums persönliches Einkommen generiert, ist freilich suspekt. Wenn ich aber jede Aussage ablehnen wollte, die von Leuten kommt, die Denominationen angehören oder den Leib des Christus als Markt ansehen oder Weihnachten feiern oder oder oder … dann würden bald nicht mehr viele Glaubensinhalte übrigbleiben.
Insofern kämpfe ich also nicht gegen Irrlehrer, sondern gegen Irrlehren. Unser Erkennen, auch das meine, ist ja Stückwerk, so daß ich jedem, der in Teilbereichen falsch liegt, durchaus Wachstum und Besserung zugestehe wie ich das ja auch für mich selbst in Anspruch nehme.

Ganz allgemein, also unabhängig von Eckhard, kann ich nur bekräftigen, daß die Frage »wie heißt Deine Gemeinde und wer ist Dein Pastor« ein ziemlich sicherer Indikator für ein traditionelles, außerbiblisches Gemeindeverständnis ist. Schon allein von Deiner, meiner, Eurer, unserer Gemeinde zu sprechen ist nicht kosher, denn die Gemeinde ist des Christus. Diejenigen freilich, die sich innerhalb des Königreiches ihre privaten Fürstentümer abgezirkelt haben, sprechen natürlich von »ihren« Gemeinden. Paulus ermahnt uns, ein »Muster gesundseiender Worte« zu haben, also unseren Sprachgebrauch, unsere Begrifflichkeit, an der Kompatibilität mit dem Wort zu messen. Da muß noch viel über Bord, auch die Verwendung besitzanzeigender Pronomina in Verbindung mit Gemeinde.

Aber hier habe ich bestimmt wieder in mehrere Wespennester gestochen, wenn wir das ausfechten wollten, müßte wirklich eine eigene Seite im Forum her.

Herzliche Grüße – Stefan.
User1211 hat geschrieben:... Dann starte doch mal einen eigenen Thread zum Thema, damit wir hier nicht weiter off topic diskutieren.
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Lieben Gruß
Thorsten
Rolf hat geschrieben:Hallo lieber Stefan,

ein wenig seltsam finde ich Deine Einstellung schon. Du schreibst über McArthur bzw. eigentlich sehr grundsätzlich:´Daß er, wie Du schreibst, aus der Verkündigung des Evangeliums persönliches Einkommen generiert, ist freilich suspekt.´ Dann sollte Dir Paulus ja auch recht suspekt sein, denn er hat ganz klar in 1.Kor 9, 13ff argumentiert:

(...) Wißt ihr nicht, daß die, welche die heiligen Dienste tun, aus dem Tempel essen, daß die, welche am Altar tätig sind, Anteil am Altar haben ? So hat auch der Herr denen, die das Evangelium verkündigen, verordnet, vom Evangelium zu leben. (...)

Einen ähnlichen Gedankengang bezogen auf die Vorsteher einer Gemeinde findest Du in 1.Tim.5,18.

Das Paulus dieses Recht nicht in Anspruch nahm ist dabei eine andere Sache. Wenn aber jemand ´von dem Evangelium lebt´ gibt es im ersten Schritt mal gar keinen Grund ihn oder seine Äußerungen ´suspekt´ zu finden.

Auch über die anderen Dinge ließe sich trefflich diskutieren, aber das lasse ich lieber

Gruß
Rolf
Durch das EDIT wurden lediglich die Zitate deutlicher als solche gekennzeichnet.

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Stefan Pohl
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Beitrag von Stefan Pohl »

Ihre Häupter richtigen als Gegenwert für Bestechendes, und ihre Priester geben Ziel als Gegenwert für einen Kaufpreis, und ihre Propheten wahrdeuten als Gegenwert für Silber, und auf JHWH lehnen sie sich, sprechend: »Ist nicht JHWH in unserem Innern? Nicht wird Böses über uns kommen.« Daher: Eurethalben wird Zion als Gefild durchpflügt, und Jerusalem wird zum Schutthaufen und der Berg des Hauses zu Kuppen des Waldes. (Michah 3, 11f)

Denn nicht sind wir wie die vielen, die das Wort Gottes verschachern. (2. Kor. 2, 17)



Lieber Rolf,

bevor ich auf die von Dir angeführten Bibelstellen eingehe (halte durch, das kommt wirklich noch) muß ich nun doch etwas weiter ausholen.

Paulus hatte gute Gründe, neben seinem apostolischen Dienst einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Indem er niemanden finanziell belastete, war er unangreifbar. Ihm unlautere Motive für seinen Dienst zu unterstellen, wäre so selbst für einen böswilligen Zeitgenossen schwierig gewesen. »Denn Ihr selber gewahret, wie es bindend ist, uns nachzuahmen, da wir uns nicht unordentlich inmitten von Euch verhielten, aber auch nicht geschenkweise seitens jemandes Brot aßen, sondern in Ermüdung und Anstrengung nachts und tags Wirkende waren, um nicht jemand von Euch zu beschweren; nicht, daß wir nicht Autorität haben, sondern, auf daß wir uns selber Euch als Typus (Vorbild) geben zum Uns-Nachahmen.« (2. Thess. 3, 7ff) Daß der Arbeiter grundsätzlich seines Lohnes wert ist, daß man dem dreschenden Ochsen nicht das Maul verbinden soll, bleibt unbestritten. Hier ist aber sorgfältig zu unterscheiden zwischen Erwerbsarbeit im bürgerlichen Sinne und Arbeit im Bereich der Regentschaft Gottes. Wer sich von Gott gebrauchen läßt, um Gottes Werke zu tun, sät geistlich; seine Ernte kann also auch nur geistlich sein. Das heißt, er erhält Lohn von Gott, sei es in diesem oder dem nächsten Zeitalter. Wer aber einen direkten Lohnanspruch aus seiner Tätigkeit ableitet, bringt damit zum Ausdruck, daß diese Tätigkeit zum Bereich dieser Welt gehört. Deswegen schreibt Paulus, daß es bindend ist, ihn hierin nachzuahmen, auch daß sein Mühen um eigenen Broterwerb kein Zeichen mangelnder geistlicher Autorität ist, sondern im Gegenteil Vorbildcharakter hat.

Wer eine geistliche Botschaft von Gott empfangen hat, sollte im Regelfall die wirtschaftlichen Mittel, die zur Verbreitung dieser Botschaft notwendig sind, nicht den Adressaten dieser Botschaft aufladen, sondern selbst von Gott empfangen und dann zur Verfügung stellen. Dies stellt natürlich nicht nur das Pastorenkirchentum in Frage, sondern auch den ganzen »christlichen« Buch- und Musikmarkt. Dieser könnte freilich erheblich an Übersichtlichkeit und Tiefe gewinnen, wenn dieses Prinzip berücksichtigt würde. Christliche Verkündigung darf nie Marktgesetzen unterworfen werden.
Schauen wir uns in diesem Zusammenhang Kol. 3, 23f an: »Das, was Ihr tut, aus der Seele wirket es, als dem Herrn und nicht den Menschen, als Gewahrende, daß Ihr vom Herrn davonnehmen werdet das Vergelten (den Lohn) des gesetzgemäßen Losteiles (Erbes); dem Herrn Christos sklavet (dienet).« Wir sehen folgendes: Auftraggeber und Empfänger unseres Dienstes ist Christus, daher kommt auch von ihm unser Lohn. Dies betrifft sowohl unseren Lohn in diesem Zeitalter als auch im künftigen: Mk. 10, 29f belehrt uns darüber, daß Gott sich für beides zuständig erklärt hat. Wir können aber die Hand nicht zweimal aufhalten und Lohn sowohl von Gott als auch von denen erwarten, die wir geistlich versorgen. Hier können wir analog das anwenden, was in Matthäus 6 über Ehre gesagt wird: Wenn wir für unser Wohltun Ehre von Menschen erwarten, werden wir diese vielleicht erhalten, unser Lohn ist aber damit abgegolten; von Gott haben wir darüberhinaus nichts zu erwarten. Was hier über Ehre und Anerkennung gesagt ist, können wir entsprechend auch auf materielle Güter beziehen, zumindest, soweit es unseren geistlichen Dienst betrifft.

Nun gibt es sicherlich Situationen, wo Brüder zur Ausübung ihres Dienstes auf finanzielle Unterstützung anderer angewiesen sind, diese werden aber in aller Regel zeitlich begrenzt sein. Wenn zum Beispiel jemand einen evangelistischen bzw. apostolischen Dienst in einem fremden Land tut, wo er, vielleicht aufgrund fehlender Arbeitserlaubnis, gar keine Möglichkeit hat, seinen Unterhalt selbst zu bestreiten, so ist es sicher besser, wenn er von der Unterstützung anderer Geschwister lebt, als daß sein Dienst ungetan bliebe. In diesem Falle kann man nicht davon sprechen, daß er das Wort Gottes gegen Lohn austeilen würde, nimmt er doch seinen Unterhalt nicht von den Adressaten seiner Verkündigung, sondern von denen, die ihn senden, und die er gleichsam vertritt. Er ist als Teil der sendenden Gemeinschaft anzusehen, die damit insgesamt als Verkündiger auftritt und deshalb auch insgesamt die Last des Dienstes trägt. Diejenigen, an die sich seine Verkündigung richtet, bleiben unbelastet.

Grundsätzlich gilt: Was wir umsonst empfangen haben, sollen wir auch umsonst weitergeben (Mt. 10, 7f). Erinnern wir uns: Diejenigen, die ihren Glauben zur Basis ihres Lebensunterhalts gemacht haben, hat Jesus aus dem Tempel gepeitscht (Joh. 2, 15).

Die potentiellen Gefahren der Hauptamtlichkeit, von denen ich einige nachfolgend beschreibe, überwiegen jedenfalls meist den möglichen Nutzen. Natürlich muß nicht jede dieser Gefahren in jedem einzelnen Fall wirksam werden. Natürlich entfalten sich einige dieser Gefahren genauso auch bei nicht fest angestellten Leitern. Allerdings ist ihre Wirksamkeit so regelmäßig zu beobachten, daß wir uns eine nähere Betrachtung dieses Gefährdungspotentials nicht ersparen dürfen:

Die erste Gefahr besteht in der Klerikalisierung. Je professioneller das System der Hauptamtlichkeit betrieben wird, desto mehr wird die Herausgerufene in »Kleriker« und »Schafe« gespalten. Am Ende haben wir einen weltlichen, bestenfalls alttestamentlichen Dienstleistungsbetrieb, in dem die Wenigen gegen Entgelt für die Erbauung der Vielen ackern. Umgekehrt bedeutet dies aber, daß die »Schafe« wenig Veranlassung haben, geistlich aktiv zu werden und der Gemeinschaft mitzuteilen, was ihnen von Gott gegeben wurde. Das Wachstum dieser quasi arbeitslos gewordenen Brüder und damit das der Gesamtheit stagniert. Viele Gaben verkümmern, weil sie einfach nicht abgerufen werden – die »geistliche Grundversorgung« der Versammlung ist ja durch den Profi gewährleistet. Der Begriff »geistliche Grundversorgung« riecht natürlich förmlich nach Sozialamt und Armenspeisung; genau das bedeutet er aber auch: Ein armseliger Ersatz für die von Gott vorgesehene Fülle, die eine bruderschaftliche Leitung erst ermöglichen würde. Die von Gott gesetzte Ordnung, derzufolge das Leben der Herausgerufenen von der Gesamtheit der Mündigen getragen wird, ist unwirksam gemacht.
Das pastorenkirchliche Gemeindeverständnis, demzufolge eine Gemeinde von einem Pastor geleitet wird, hat die Funktion des Hirtendienstes in ihr Gegenteil verkehrt: Während es die Aufgabe eines Hirten wäre, die Begabungen der einzelnen Glieder zu stärken und ihnen zu helfen, ihren von Gott verordneten Platz zu finden und auszufüllen, zieht der Pastor einen unverhältnismäßig hohen Teil des Dienstes an sich selbst. Dabei wird er meist gern zugeben, daß ihm diese Last zu groß ist und daß er sich mehr Entlastung durch die anderen Glieder wünschen würde, aber die pastorenkirchliche Struktur steht dem entgegen und natürlich auch der gesunde Menschenverstand: Wer möchte schon eine Arbeit selbst tun müssen, für deren Erledigung er bereits jemanden bezahlt hat?
Für den Hauptamtlichen bedeutet dies, daß er über sein Vermögen gefordert wird. Er hat – in aller Regel – von Gott nicht mehr an geistlicher Begabung erhalten als seine Mitbrüder. Trotzdem soll er ständig predigen, lehren, versorgen. Das aus dieser Konstellation folgende Defizit versucht er durch das größere Wissen und die bessere Methodik seiner theologischen, heutzutage oft sogar psychologischen Ausbildung auszugleichen. Das hält die Karre äußerlich am laufen, bringt aber die zweite Gefahr der Hauptamtlichkeit mit sich: die einseitige Prägung der Gemeinschaft. Denn er weiß mehr und kann mehr als der durchschnittliche Mitbruder, aber er hat nicht mehr von Gott empfangen und deshalb auch nicht mehr Substanz mitzuteilen.

Wie gesagt, die zweite Gefahr besteht in der einseitigen Prägung einer Herausgerufenen, die Christus dann nicht mehr vollständig darstellen kann. Erinnern wir uns: Die Glaubenshelden des Alten Bundes – Mose, Elia, David z. B. – stellen einzelne Züge des Christus dar. Sie sind gekommen, um vorab einen Schatten zu werfen vom Kommen des Christus. Sie alle haben Verfehlungen begangen, die uns oft auch ausführlich beschrieben werden. Keiner war vollkommen, aber in ihrer Gesamtheit haben sie schon vieles dargestellt, was im Christus in Vollkommenheit zu sehen ist. Sie sollten dem Volk des Alten Bundes dadurch eine Hilfe sein, den Christus bei seinem Kommen zu erkennen. Nachdem der Vater nun in dem Christus selbst alle Weisheit und Erkenntnis vollständig vereinigt hatte (Kol. 2, 3), ist es jetzt der Heilige Geist, der diese Gesamtheit des Ratschlusses Gottes auf der Erde darstellt – durch die Herausgerufene. Da aber der einzelne Christ – ebenso wie die alttestamentlichen Glaubensväter – nicht fähig ist, diese gesamte Fülle darzustellen, hat Gott beschlossen, diese auf die Bruderschaft aufzuteilen. Wie im Alten Bund gibt es jetzt wieder keinen auf der Erde lebenden Menschen, in dem die ganze Fülle vollständig zu sehen wäre. Der Unterschied ist aber folgender: Während im Alten Bund das Gesamtbild des Christus nur auf viele Generationen verteilt zu erahnen war, ist es jetzt zeitgleich zu sehen: Nicht in einer Einzelperson, aber in der Herausgerufenen, in der Gesamtheit der jetzt lebenden Bruderschaft. Wir können dies im ersten Korintherbrief nachlesen, und in der Theorie wissen die meisten, was es mit dem Funktionieren der vielen Glieder an dem einen Leib des Christus auf sich hat.
Die Praxis aber sieht finster aus, weil wir uns kaum bewußt sind, daß der Zweck unseres Hierseins ist, gemeinschaftlich den Christus darzustellen. Denn was passiert nun mit unserem armen Hauptamtlichen, der – unabhängig von der Art seiner Gabe – zumeist als Pastor bezeichnet wird und, wie alle anderen, einen Teil der göttlichen Dienstgaben erhalten hat? Vielleicht hat er wirklich eine pastorale, also eine Hirtenbegabung. Vielleicht aber auch eine Lehr- oder prophetische Begabung oder eine evangelistische. Manchmal wird er mehrere Gaben in sich vereinigen können, niemals jedoch die ganze Fülle, die notwendig ist, »daß wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und zur Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Manne, zu dem Maße des Vollwuchses der Vervollständigung des Christus; auf daß wir nicht mehr Unmündige seien, hin und her geworfen von jedem Winde der Lehre…« (Eph. 4, 13f). Lesen wir die Verse 11 bis 16 im Zusammenhang, so sehen wir, daß alles, was die Herausgerufene heute vermissen läßt – Einheit, Mündigkeit, Beständigkeit gegen von außen kommende Lehren, Wachstum und unmittelbare Verbindung zum Haupt – notwendig verbunden ist mit dem Vorhandensein der Vielfalt der Dienstgaben. Was geschieht, wenn stattdessen ein einzelner Bruder die Gruppe leitet? Er prägt – ob er will oder nicht – die ganze Versammlung in Richtung seiner Einzelbegabung. So haben wir missionarisch gesinnte Versammlungen mit einem unterdurchschnittlichen Niveau der Unterweisung, andererseits Versammlungen, die zwar mit den feinsten Verästelungen theologischer Finessen vertraut sind, aber keinerlei Wirksamkeit nach außen hin entfalten. Vermeidbar ist dies nur, wenn die unterschiedlichen Begabungen gleichwertig nebeneinander zur Wirksamkeit kommen, wenn die Träger dieser Begabungen, einander brüderlich »nebengeordnet«, sich ergänzen.

Die dritte Gefahr ist die Vermehrung der Spaltung der Herausgerufenen. Gegenüber einem (hauptamtlichen) Freund habe ich einmal geäußert, daß das Maß der denominationellen Aufspaltung des Leibes Christi an einem Ort proportional wäre zur Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter. Natürlich ist das keine mathematische Formel, aber der Zusammenhang ist tatsächlich. Soweit ich die Hausgemeindebewegung der vergangenen Jahrzehnte in Deutschland selbst kenne, ist einer der Hauptgründe für ihre Lähmung die Entwicklung hin zu Pastoralgemeinden. Christen scharen sich um eine charismatische Leiterpersönlichkeit und nennen das dann neutestamentliche Gemeinde. In einem Fall war ich Zeuge, wie einer dieser Leiter seine Schäfchen ein persönliches Treuegelöbnis auf seine Person hat sprechen lassen! Es gibt – und das ganz besonders in Gruppen, die von einem solchen absoluten Leiter geführt werden – eine Tendenz zum Besitzdenken: Der Pastor spricht von seinen Gemeindemitgliedern, diese sprechen von ihrer Gemeinde und ihrem Pastor, und das nicht nur in einer Art die meint: Das sind die Geschwister, mit denen ich gewöhnlich zusammenkomme, sondern in wirklich abgrenzender Art. Ich habe einen Pastor gehört, der von seinen Gemeindegliedern verlangt hat, sie sollten in der Art von ihrer Gemeinde und ihrem Pastor sprechen, wie er auch von seiner Frau spricht. Dies ist aber überhaupt nicht vergleichbar. Mit seiner Ehefrau verbindet ihn ein Bund, ebenso wie uns mit Christus ein Bund verbindet. Das Verhältnis unter Brüdern in Christus ist anderer Art. Die einzelnen Glieder am Leib des Christus sind nur über das Haupt miteinander verbunden, durchaus nicht durch persönliche Sympathie (2. Kor. 5, 16f). Dieser Pastor war nun dabei, seine Schafe persönlich an sich zu binden. Dazu hat er kein Recht. Ein vorbildlicher Hirte sollte stets bereit sein, vom Haupt durch einen anderen guten Hirten ersetzt zu werden. Er hirtet die Herde ja nicht für sich selbst, sondern nur stellvertretend für den guten Hirten aller Schafe. Bindet er die Herde an sich persönlich, so stiehlt er seinem Auftraggeber die Schafe.

Wenn heute im geistlichen Bereich von Schafdiebstahl gesprochen wird, so ist meist gemeint, daß die einzelnen Denominationen einander Mitglieder abspenstig machen. Das ist Unsinn. Der eigentliche Schafdiebstahl besteht darin, daß sogenannte Hirten die Herde an sich selbst binden statt an den Christus – und dadurch Gott bestehlen. Diese Hirten werden dadurch zu Priestern im katholischen Sinne: Mittler zwischen Haupt und Gliedern. Die Schrift (1.Tim. 2, 5) belehrt uns aber, daß es, wie es nur einen Gott gibt, auch nur einen Mittler zwischen Gott und Menschen gibt: Christus. Nachdem Christus die Schafe gestohlen werden, wird ihm durch solche falsche Priesterschaft auch noch seine einzigartige Position streitig gemacht. Wer aber innerhalb des Königreiches Gottes seine eigenen Fürstentümer abgrenzt, begeht Hochverrat und wird auch dafür zur Verantwortung gezogen werden. Kein König, der den Fortbestand seines Reiches sichern will, kann so etwas dulden. Jede Denomination aber ist ein Privatfürstentum innerhalb des Reiches Gottes. In Apg. 20, 29f kennzeichnet Paulus diejenigen, die die Herde, die ja dem guten Hirten nachfolgen sollte, um sich selbst scharen und an sich selbst binden, als die Wölfe, welche die Herausgerufene verderben: »… schwere Wölfe … nicht verschonende das Herdlein … daß sie die Lernenden wegzerren hinter sich selber her.«

Dies ist vergleichbar der Situation, die Jesus im Gleichnis vom Weinberg beschreibt, dessen Verwalter diesen unrechtmäßig an sich zu bringen suchen, während der Herr des Weinberges außer Landes weilt (Matthäus 21, 33ff; auch Markus 12; Lukas 9). In diesem Gleichnis spricht Jesus über solche, die das, was Gott gehört, für sich selbst beanspruchen. Dieses Gleichnis ist eine prophetische Unterweisung. Unterweisung deshalb, weil es uns über richtiges und falsches Verhalten belehrt; Prophetie deshalb, weil es künftiges Gericht warnend ankündigt. Warum hören wir über dieses wichtige Gleichnis keine Predigt, die uns zeigt, daß wir gemeint sind? In einer Zeitebene ist diese Prophetie bereits erfüllt. Ganz offensichtlich ist mit dem Gleichnis das damalige Israel angesprochen, das erst die Propheten verfolgt und schließlich den Christus umbringen läßt, was schließlich zum Gericht der Vernichtung des Tempels und der Zerstreuung unter die Nationen im ersten Jahrhundert nach Christus geführt hat. Der Weinberg wurde neuen Pächtern verpachtet (Vers 41). Der geistliche Schwerpunkt der Menschheitsgeschichte ist versetzt worden: Weg vom Alten Bund, hin zum Neuen; weg vom irdischen Jerusalem, hin zum himmlischen. Wenn man aber die dem Gleichnis innewohnende Prophetie mit dieser offensichtlichen Erfüllung damit als abgeschlossen betrachtet, übersieht man, daß sich die Gegebenheiten des Gleichnisses in der Zeitebene des Neuen Bundes wiederholen: Auch die neuen Pächter gebärden sich als Eigentümer des Weinberges. Statt dem Eigner die schuldige Frucht abzuliefern, haben sie den Weinberg nach ihren Vorstellungen umgebaut und aufgeteilt. Wenn wir uns die Herausgerufene ansehen, wie sie im Neuen Testament beschrieben wird, und sie mit der heutigen durchschnittlichen Gemeindewirklichkeit vergleichen, werden wir feststellen, daß der Weinberg nicht mehr wiederzuerkennen ist. Darüber werden wir Rechenschaft geben müssen. Auch wir sind nur Pächter, nicht Eigner.
Auch Jesus hat die Gefahr der Spaltung der Herausgerufenen durch das Prinzip hauptamtlicher Leiterschaft beschrieben (Joh. 10, 11 – 13): »…Der ideale Hirte gibt sein Leben für die Schafe, aber der Lohnarbeiter und nicht Hirte-Seiende, dem die Schafe nicht zu eigen sind, schaut den kommenden Wolf und läßt die Schafe und flieht – und der Wolf raubt und verstreut sie – da er Lohnarbeiter ist und er, ja er sich nicht kümmert betreffs der Schafe.« Jesus vergleicht hier zwei unvereinbare Prinzipien: Der ideale Hirte ist Eigner der Herde, weil er sein Leben für sie dahingibt. Wer also im neuen Bund Hirte sein will, der kann dies nicht durch theologische Ausbildung und Anstellung erlangen, sondern nur, indem er Anteil nimmt an dem Holz, das den Christus zu Tode gebracht hat und auch ihn selbst zu Tode bringen muß. Soweit, wie er dem Christus in Tod und Auferstehung gleichgestaltet ist, wird er auch in Christus (aber gerade nicht als Eigenperson) Miteigner der Herde. Wer zu Tode gekommen ist, fragt freilich nicht mehr nach Lohn. Die Lohnfrage ist Bestandteil eines gegenläufigen Prinzips, das nicht zum Reich Gottes, sondern zum Bereich der Welt gehört. Jesus stellt nun eine ausdrückliche Kausalität her zwischen dem Lohnprinzip und der Zerstreuung der Schafe. Die Kirchengeschichte und die heutige Gemeindewirklichkeit liefern uns den nachträglichen Beweis: Der Glaube an weltliche Leiterschaftsprinzipien hat zu einer völligen Zersplitterung der Herausgerufenen geführt; der Wolf hat geraubt und zerstreut.
Das Bild des Hüters, der kein idealer Hirte, sondern ein Lohnarbeiter ist, finden wir schon mehrfach im Alten Bund. So finden wir Klage über die Ältesten und Priester, von denen gesagt wird, daß sie JHWH betrogen haben, indem sie Speise für sich selbst suchten (Klgl. 1, 19). Wären sie treu gewesen, hätten sie wohl zuerst die ihnen anvertraute Herde versorgt. Auch im Buch Nehemiah finden wir sehr deutliche Hinweise auf Statthalter, Vornehme und Präfekten, die zuerst sich selbst versorgten, gar Teile des Volkes durch ihren Wucher in den Ruin trieben. Dabei war durchaus auch im Alten Bund das Hassen des Sich-Bevorteilens Voraussetzung für ein Amt (2. M. 18, 21). Es ist Teil des geistlichen Aufbruchs beim Aufbau Jerusalems, daß diese Ältesten von Nehemiah zum Umdenken geführt werden und dem verarmten Volk die Schuld erlassen. Sie hatten sicher gemeint, daß sie ihren Besitz redlich erworben hätten, aber im Licht des Wortes sind sie doch als Räuber überführt worden. Nehemiah wird durch die Furcht des Herrn, die ja Anfang aller Weisheit ist, so geführt, daß er nicht das Brot des Volkes ißt, obwohl er als Statthalter das Recht dazu gehabt hätte (Neh. 5). So wird er zu einem Vorbild für Paulus.
Auch Paulus verzichtet auf das Recht der Versorgung, das ihm nach dem Prinzip des Gesetzes – das da sagt, daß dem dreschenden Rind kein Maulkorb anzulegen sei – zustehen würde, damit er dem Evangelium des Christus kein Hindernis sei, ja er würde lieber sterben als dies anders zu handhaben. Die Beweggründe dieser Entscheidung legt er in 1. Kor. 9, 8 – 18 dar. Vers 14 wird dabei häufig falsch verstanden, wenn nicht gar schon falsch übersetzt: »Also auch ordnet der Herr durchdringlich den die Wohlkunde herabkündenden an, aus der Wohlkunde zu leben.« Das Wort »aus der Wohlkunde (dem Evangelium)« heißt also gerade nicht »von der Wohlkunde« sondern »in Übereinstimmung mit und gemäß den Grundsätzen der Wohlkunde«, also nicht nach dem alttestamentlichen Prinzip des Tauschs von Leistung gegen Lohn, sondern nach dem Prinzip der Gnade und des Geistes. Wir haben schon im 2. Thessalonicherbrief gelesen, daß Paulus hierin ausdrücklich nachgeahmt werden will.
Außer Nehemiah hat Paulus in den Schriften des Alten Bundes weitere Vorbilder gefunden, die ihn in seiner strikten Ansicht bestärkt haben mögen: So lesen wir, daß Elischa, nachdem durch seinen Dienst der aramäische Fürst Naeman vom Aussatz gereinigt wurde, von diesem keinen Lohn annehmen wollte, obwohl dieser ihn außerordentlich dazu drängte: »Bei JHWH, dem Lebenden, angesichts dessen ich stehe: Wehe, wenn ich etwas nehme!« Naeman war wohl von seiner Krankheit genesen und hatte auch akzeptiert, daß es außer JHWH keinen Gott gibt, aber natürlich hatte er noch keine Gelegenheit, das Wesen Gottes kennenzulernen, wie wir an seinem weiteren Verhalten sehen können. Er war ein geistlich Neugeborener, und es war Elischa bewußt, daß er diesem jungen geistlichen Leben schaden würde, wenn der Eindruck entstünde, daß Naeman für den Segen Gottes, der ihn durch Elischa erreicht hatte, eine Gegenleistung erbringen könnte. So schafft Elischa eine Abgrenzung zu den Priestern der falschen Götter, die für jede kultische Handlung die Hand aufhalten. Naeman, der sicherlich in seiner Heimat all die verfügbaren Götzen um Heilung angerufen haben wird, bevor er sich nach Israel aufmachte, wird diesen Unterschied ohne Zweifel bemerkt haben.

Auch die andere Stelle des Neuen Testaments, die von dem dreschenden Ochsen spricht (1. Tim. 5, 9 – 21), müssen wir in ihrem unmittelbaren Textzusammenhang sehen. Hier spricht Paulus von der Verteilung der Unterhaltszahlungen für nicht (mehr) arbeitsfähige Glieder wie z. B. Witwen. Da die Herausgerufene für diese zu sorgen hatte, mußten auch Festlegungen getroffen werden, wer zu berücksichtigen sei und in welchem Maß. In diesem Zusammenhang sagt Paulus, daß die Vorsteher doppelter Ehre gewürdigt werden sollen. Es geht hier also keineswegs um Lohnzahlungen für die Vorsteher, sondern bei der Verteilung der »Pensionsgelder« um eine bevorrechtigte Behandlung für diejenigen Brüder, die sich in der Lebensspanne ihrer Arbeitsfähigkeit neben einer Erwerbstätigkeit obendrein um Wort und Lehre gemüht haben.

Die vierte Gefahr der Hauptamtlichkeit besteht in der Verführung der Versammlung überhaupt. Besonders diese Gefahr besteht ebenso dort, wo eine Versammlung auf einen Einzelleiter fixiert ist, auch wenn dieser nicht vollzeitlich beschäftigt ist. Sehen wir hierzu ins alte Testament: Die von Gott gesetzten Strukturen erschienen den Israeliten unzureichend: Sie wollten einen König, der vor ihnen herziehe. Dabei haben sie völlig übersehen, daß sie diesen König bereits hatten: Gott selbst wollte ihnen vorangehen, sofern sie in seinen Wegen blieben. Aber sie wollten doch eine greifbare Lösung – (1.Sam. 8, 19f): »Und das Volk weigerte sich, auf die Stimme Samuels zu hören; und sie sprachen: ›Nein, sondern ein König soll über uns sein, damit auch wir seien wie alle Nationen, und daß unser König uns richte und vor uns her ausziehe und unsere Kriege führe.‹« Gott nimmt dieses Ansinnen persönlich: 1. Sam. 8, 7: »Und JHWH sprach zu Samuel: Höre auf die Stimme des Volkes in allem, was sie dir sagen; denn nicht Dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen, daß ich nicht König über sie sein soll.« Was folgt, ist eine lange Geschichte des Wechsels zwischen Abfall und notdürftiger Wiederherstellung, die wir in den Büchern der Könige und der Chronik in fast ermüdendem Wechsel immer und immer wieder nachlesen können: Gefiel es dem König, in Gottes Wegen zu wandeln, betrug sich auch das Volk leidlich; neigte er dem Götzendienst zu, verfiel auch die Mehrheit des Volkes den Götzen. Diese traurigen Prinzipien wirken auch in der neutestamentlichen Gemeinde. Der Wunsch nach einem Frontmann, der vor dem Volk steht »wie bei den Nationen« ist ungebrochen, ob dieser nun König oder Pastor heißt.
Und auch die Auswirkungen sind die gleichen: Wenn der Präceptor z.B. einer Irrlehre erliegt, wird er den größten Teil der Versammlung damit anstecken, weil die Möglichkeit der Korrektur durch seine Mitbrüder weitestgehend ausgehebelt ist. Auch die pastoralen Netzwerke, die die Hauptamtlichen untereinander verbinden und den Korrekturmangel korrigieren sollen, schaffen hier keine Abhilfe: Häufig sind sie überregional (was nebenher die Verkirchlichung fördert), aber auch das regional begrenzte Pastorenfrühstück kann diese Aufgabe nicht wahrnehmen. Nur eine Brüderschaft, die gemeinsam und gleichberechtigt einer Versammlung vorsteht, kann sich gegenseitig zurechtweisen.

So richtig finster wird es jedoch dann, wenn die Obersten neben ihrem Gehalt auch noch eine besondere Mittlerposition zwischen Gott und ihren Schafen, einen Priesterstatus also, beanspruchen: Dann ist der neutestamentliche Boden endgültig verlassen und wir müssen von Sektiererei sprechen. Wer sich in diesem Sinne als Priester versteht, wird zum Kata-Christos, zu einem Anstatt-Christus, denn er beansprucht eine Position, die Christus bereits ausfüllt. Daß diese Kata-Christoi in großer Menge auftreten, davor warnt uns schon der Apostel Johannes (1. Joh. 2, 18)

Umgekehrt kann auch die Versammlung für den hauptamtlichen Leiter zum Fallstrick werden: Denken wir uns einen angestellten Pastor in einer Volkskirche, der z. B. eine biblische Tauflehre vertreten wollte; vielleicht ist er verantwortlich für eine Familie, hat eine Dienstwohnung, aber keinen bürgerlichen Beruf, und ist mit seiner ganzen wirtschaftlichen Existenz an seine Kirche gebunden. Wenn er jetzt eine Wahrheit lehren will, die in seiner Kirche nicht akzeptiert wird, verliert er vielleicht alles: Einkommen, Dienstwohnung, soziale Anerkennung. Wieviele Brüder sind in einer solchen Situation bereit, alles hinter sich zurückzulassen? Wieviele Wahrheiten haben die Kirchen schon erwürgt, indem sie ihre Diener durch Anstellung erpreßbar halten? Dieses Beispiel ist ja leicht nachvollziehbar und gehört leider zum kirchlichen Alltag, aber das Grundprinzip »Wes’ Brot ich eß, des’ Lied ich sing.« wirkt auch in sog. freien Gemeinden. 2.Tim. 4, 3 belehrt uns: »Denn es wird eine Frist sein, alsdann werden sie die gesundseiende Belehrung nicht ertragen, sondern gemäß den eigenen Begierden werden sie sich selbst Lehrer aufladen, als durch sie das Gehör kitzelnde…«.
Auch stellt sich, wenn ein bezahlter Prediger das Wort ergreift, immer die Frage: Redet er, weil der Heilige Geist ihn treibt, oder weil er jetzt seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachkommt?

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Ich sage nicht, daß es in der Herausgerufenen keine Unterstützung für den Lebensunterhalt dienender Brüder geben könne. Ich sage nur, daß dies eher die Ausnahme ist. Die schriftwidrige Art des christlichen Funktionärstums, die sich in der Vergangenheit herausgebildet hat, ist die Basis ist für »pastorenkirchliche« Strukturen. Und es ist ein durchaus unanständiger Gedanke, daß Evangelist, Hirte, Lehrer, Apostel oder Prophet Berufswünsche beziehungsweise Karriereziele wären wie Immobilienmakler oder Gebrauchtwagenverkäufer.
Zuletzt geändert von Stefan Pohl am 11.10.2005 17:44, insgesamt 1-mal geändert.

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andy
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Beitrag von andy »

Lieber Stefan,

Du hast mit Deinem Beitrag nicht nur den Längenrekord für Forenbeiträge gebrochen (der bisher aufgrund meiner langwierigen Argumentationsweise durchaus bei mir gelegen haben könnte) - Du hast mir mit Deinem Beitrag auch wirklich aus dem Herzen gesprochen. Ich selbst war in zwei bekannten Werken der deutschen christlichen Szene hauptamtlich tätig und habe nach anschließender freiberuflicher Tätigkeit (christliche Musik- und Verlagsszene) schließlich auf die schmerzhafte Weise das lernen müssen, was Du hier geschildert hast. Ich lehne den hauptamtlichen Dienst aufgrund der Unvereinbarkeit dieser Praxis mit biblischen Maßstäben heute ebenfalls ab.

Ich stimme prinzipiell mit den von Dir genannten Punkten überein, will also nur noch einiges hinzufügen - und werde das Thema anhand weiterer Beispiele auf die allgemeine Problematik des christlichen Kommerzes ausdehnen.

Christliche Mehrwertdienste, oder: Was kostet ein Gebet?

Zu allererst habe ich ein riesiges Problem damit, daß einer vermarktungsfähigen christlichen Dienstleistung überhaupt ein Geldwert zugewiesen wird. Normalerweise ist es (noch) eine allgemeine Zuweisung, d.h. der Pastor erhält für die Gesamtheit seiner Leistungen eine bestimmte Summe. Viele bekannte Prediger legen sich jedoch bereits ihre besten Predigten zur Seite, um sie dann auf kostenpflichtigen Konferenzen darzubieten - oder sie gleich ausschließlich als Buch, CD oder DVD anzubieten. Eine Menge Predigten von herumreisenden "Gastpredigern" sind doch absichtlich lediglich Kostproben dessen, was man anschließend im am Büchertisch erhältlichen Buch nachlesen kann. Ebenso gibt es immer weniger von Gott begabte Musiker, die verstehen, daß uns Gott unsere Gaben für die Gemeinde gegeben hat und nicht zu unserem persönlichen Vorteil.

Zweispaltung einer anderen Art

Ein riesiges hieraus entstehendes Problem ist die Zweispaltung der Gemeinde in diejenigen, deren Gaben christliche Mehrwertdienste mit sichtbaren Ergebnissen ermöglichen - und diejenigen, deren Gaben im unsichtbaren Bereich wirken (Fürbitte etc.). Da die zur ersten Gruppe gehörenden Gemeindeglieder Geld und Ehre erlangen, entwickeln sie sich allzu oft zu Vorbildern und ziehen andere nach sich. Christen aus der zweiten Gruppe beobachten frustriert, wie sich hier ein Trend abzeichnet, der die erste Gruppe scheinbar in einen funktionierenden und mehr oder weniger frommen Kompromiß hineinführt. Sollte es denn möglich sein, daß es Dienste gibt, für die man sowohl im Diesseits als auch im Himmel gleichzeitig Lohn anhäuft? Ist dies womöglich Gottes Wille für uns alle? So werden immer mehr Gaben/Dienste am kommerziellen Anspruch orientiert verändert. Seelsorge kann man in vielen Gemeinden bereits als kostenpflichtige Leistung buchen wie eine Sitzung beim Psychologen. Werke, die angebliche Heilungen zu verzeichnen haben, bringen diesen Segen immer unverblümter in einen Bezug zum Geld und formulieren es dann politisch korrekt: "In dem Maß, wie sie andere segnen, wird Gott auch sie segnen." Der untere Teil des Aufrufs, man solle seine Gebetsanliegen für kranke oder unerrettete Familienangehörige einsenden, ist abzutrennen und als Überweisungsträger zu verwenden.

Missionar - ein Vertreterjob?

Die Verschiebung im sogenannten "Missionsfeld" zugunsten extrovertierter, dynamischer Leute ist ebenfalls ein Effekt der Finanzen. Viele glauben es läge daran, daß Missionare grundsätzlich eher dazu neigten, gute Redner zu sein und eine Anziehungskraft gegenüber dem Publikum zu besitzen. Doch in Wirklichkeit ist es keine Frage dessen, wie ein Missionar in seinem Einsatzgebiet seine Gaben einsetzt. Erfolg oder Scheitern eines Missionars ist heute weitgehend davon abhängig, wie seine Selbstdarstellung in seinem heimatlichen Umfeld ankommt, wohin er alle Jahre wieder zurückkehrt, um um finanzielle Unterstützung zu werben. Wer die Kunst der Selbstvermarktung nicht beherrscht, dessen missionarischer Dienst ist kurzlebig. Nicht umsonst reisen so viele Missionare mittlerweile mehrere Monate im Jahr in reichen Ländern herum mit durchgestylten Powerpoint-Präsentationen, in denen nicht selten solche überheblichen Sprüche vorkommen wie "Rumänien für Jesus erreichen" oder "das Wort Gottes einer neuen Generation bringen"... als wäre das je tatsächlich eine angemessene Beschreibung der Tätigkeit einzelner Menschen. Ich kann mich kaum mehr daran erinnern, je einen Missionar gehört zu haben, der ein realistisches Bild davon vermittelte, wofür das Geld am Ende ausgegeben wird. Eigentlich wäre das auch nicht wichtig, denn wir können es uns alle denken: Essen, Kleidung, Benzin, Krankenversicherung, Autoreparaturen und so weiter - was ein Mensch eben braucht. Stattdessen wird für solche alltäglichen Dinge immer das Geld der anderen herhalten müssen - denn das Geld, um das man im Anschluß an die Veranstaltung, in der man gerade sitzt, gebeten werden wird, das wird natürlich in etwas imposantes und sichtbares investiert. Ein Standardobjekt ist ein neuer Allradwagen für die schlecht zugängliche Missionsstation. Oder Fahrräder für Kinder eines Kinderheims, die ohne diese die weite Strecke zur Schule nicht bewältigen könnten. Oder ein neuer Anbau für die Missionsstation, in dem Anlagen zur Selbstversorgung untergebracht werden sollen. Die Powerpoint-Präsentation (oder Diashow) strotzt natürlich geradezu von Bildern à la UNICEF - wer kann solchen strahlenden Kinderaugen widerstehen... Natürlich ist dieses Bild des Missionars des 21. Jahrhunderts ein Klischee, von dem es durchaus Ausnahmen gibt. Aber der Trend schreitet dennoch fort und sollte uns zu denken geben. Wir sollten unsere Gaben nicht von schönen Präsentationen, herzerweichenden Bildern und ausgeblasenen Stories abhängig machen. Und wir sollten uns besonders vor jenen Missionaren hüten, die jegliche eigene Erwerbstätigkeit ausschließen.

Der christliche Marktplatz

Überhaupt ist das Christentum längst ein Marktplatz. In der christlichen Musikszene ist Ausstrahlung und Aussehen wichtiger als Botschaft und Integrität. Das ist eigentlich schon lange so... damals, als ich Christ wurde, war Amy Grant der Star - die ihren Mann zugunsten der Hochzeit mit einem bis kurz zuvor ebenfalls verheirateten Country-Popstar aufgab und heute eine Mainstream-Reality-Show bei NBC hostet. Was in Amerika gutzugehen scheint, ist hier natürlich verwerflich. Wir haben zwar ebenfalls unsere "christlichen" Künstler, aber wir sind zumindest konsequent genug, uns schnellstens von ihnen zu distanzieren, wenn sie Ihres Idol-Status nicht mehr würdig sind. Das hat aber mit unserer Frömmigkeit nichts zu tun. Ein Personenkult wird hierzulande lediglich schneller durch einen anderen ersetzt, wenn der bisherige weniger gute Prognosen produziert - während Stars in den USA durchaus erfolgreich sein können, wenn sie eine Zielgruppe als Sprungbrett benutzt haben und sich dann an eine ganz andere Zielgruppe wenden.

Die christliche Medienmafia ;o)

Eine wichtige Frage ist, was für ein Bild gelangt nach draußen? In herkömmlichen Buchhandlungen ist in der Abteilung "Religion" alles zu finden - nur kein biblisches Christentum. Das liegt nicht an der ablehnenden Haltung aller Ladenbesitzer, sondern daran, daß die Christen ihr eigenes Vertriebsnetz aufgebaut haben. Dazu gehören z.B. die spezialisierten christlichen Buchhandlungen, die einem oft das Einkaufserleben von 1965 nahebringen. Wären sie nicht Quasi-Monopolisten, hätten diese Läden kaum eine Chance. Extrem freundlich aber schlecht organisiert, wird hier gern das gewünschte Buch zur Abholung nächste Woche bestellt (was nur funktioniert, weil die meisten Christen noch nicht kapiert haben, daß es bei Amazon zwei Tage dauern und einem die Hin- und Herfahrerei ersparen würde). Aufgrund mangelnder Sichtbarkeit dieser Läden weiß kaum ein Uneingeweihter, daß es so etwas wie biblisch fundierte Literatur überhaupt in seiner Stadt zu kaufen gibt.

Die Eingeweihten schließlich genießen die gemütliche Atmosphäre in den meist gähnend leeren Läden. Da unterhält man sich gern mit den netten Verkäufern und macht noch eine Runde durch die Kitschabteilung. Farbige Holzkreuze, Armbänder und Fischaufkleber braucht ja jeder - ebenso wie das 154. Sonnenaufgangs-Lesezeichen mit dem "Flügel der Morgenröte"-Vers drauf, oder die Keramiktasse mit der Jahreslosung. Den Jesus-Kugelschreiber und das Lederetui mit Fisch könnte man auch noch mitnehmen...

Was mich aber noch mehr nervt, das ist die Tatsache, daß unter dem Titel "Büchertisch" diese ganze Flut an Zeugs sonntags in unseren Gemeinden feilgeboten wird, ohne daß irgendwer auch nur im geringsten den Vergleich zieht zwischen dieser Praxis und dem Verkauf von Tieren zu Opferzwecken, den Jesus im Jerusalemer Tempel eindeutig verurteilt aufgrund der Profitgier hat. Wo bitte ist denn der Unterschied?

Wie die Welt, nur noch schlimmer

Ein Hauptgrund für dieses Nischendasein des christlichen Marktes ist nicht die Tatsache, daß weltliche Buchhändler am christlichen Angebot nicht gern verdienen würden. Vielmehr ist es dem christlichen Kommerz nützlich, einen eigenen Markt mit eigenen Regeln und Preisabsprachen zu erhalten. Eine CD ist im christlichen Markt i.d.R. teurer als im weltlichen, obwohl die Produktion billiger ist. Es wird immer wieder behauptet, der hohe Preis läge an den niedrigen Stückzahlen - aber das ist völliger Unsinn. Weltliche Produktionen in ähnlicher Auflage sind trotzdem billig, trotz oft aufwendiger Produktion. Im christlichen Bereich hingegen wird zu einem großen Teil mit unbezahlten Leuten gearbeitet. Ein großer Teil der Arbeit wird von musikbegeisterten Freiwilligen (die einfach dabeisein wollen), Praktikanten und billigen Studenten getan - bei vielen gemeinnützigen Medienwerken kommen Zivildienstleistende hinzu. Was im weltlichen Bereich eine Catering-Firma braucht, das wird hier oft durch befreundete Gemeinden herangeschafft. Teure Ton- und Videostudios werden auch nicht angemietet, sondern zwischen christlichen Werken gegen Gefälligkeiten untereinander ausgeliehen. Die Wartung der Technik ist unter weltlichem Niveau, ebenso wie die Logistik - und damit ebenfalls billiger. Allein die Profitgier scheint höher zu sein - und mangels echter Konkurrenz (der christliche Medienmarkt ist in Deutschland komplett unter einigen wenigen aufgeteilt) ist keine Besserung in Sicht.

Was zu erwarten ist...

Nichts von alledem sollte uns überraschen. Mit "christlichen" Botschaften läßt sich Geld verdienen. Der eigenartige Musikgeschmack von Christen will bedient werden, und viele der seichten christlichen Bücher und Videos ermöglichen den Frommen eine Flucht aus der bösen Welt. Sowohl im Musik- und Videobereich ist vieles sowieso ein Abklatsch dessen, was in der Welt läuft - nur eben reduziert um die verwerflichen Ausdrücke, die Halbnacktszene, allzuviel Gewalt und bereichert durch die Tatsache, daß die Familie im Film sonntags in die Kirche geht und vor jedem Essen Tischgebete spricht. Originelle Ideen gibt es kaum - nicht einmal bei den wirklichen Hits wie "Left Behind", deren biblische Grundlage dem Action-Anspruch entgegenläuft und die daher der Willkür à la Hollywood ausgesetzt wird, bis eine sehr eigenartige Mischung dabei herauskommt. Bei so viel erdichteter Magie, amerikanischem "wir retten die Welt"-Geist und geisterhaft erscheinenden, geheimen Zeichen auf der Stirn könnte man ja gleich Harry Potter anschauen. Da ist wenigstens klar, daß es Phantasie ist und daß nichts biblisches darin zu finden ist.

Der Abfall schreitet fort, und die dem Mammon dienen, die schreiten mit. Solange der Markt Geld ausspuckt, wir der Markt bedient. War es anfangs z.B. nur das Büchlein "das Gebet des Jabez", so folgten kurz darauf die zielgruppenspezifischen Ausarbeitungen "das Gebet des Jabez für Frauen", "das Gebet des Jabez für Jugendliche", "das Gebet des Jabez für Kinder". Dann gab es für jedes dieser Bücher die ergänzenden Merchandising-Produkte: Videos, Tonbandcassetten fürs Auto, und so weiter. Und dann kamen die Arbeitshefte zu jeder Serie. Und die dazugehörigen Hefte für eigene Notizen (Gebet-des-Jabez-Cover und innen nichts als weißes liniertes Papier!). Natürlich alles recht teuer im Vergleich zu in ähnlichen Verfahren hergestellten Produkten im weltlichen Bereich.

Der Fisch und die Welle: Starke Marken für eine schwache Christenheit

Am Ende zeigt dieses Markendenken eines: Die Menschen haben keine Identität in Jesus. Gekauft wird, was einen guten Ruf hat. Der Markt reagiert, und so findet man sich anhand der Marken schnell zurecht. Die blaue Welle von Willow Creek wird zum Qualitätskennzeichen, und wenn etwas das Alpha-Logo trägt, dann ist der Durchschnittschrist schnell am Geldzücken. Man glaubt den scheinbar erfolgreichen und prüft nicht mehr viel. Man will zum Mainstream gehören und zeigen, daß man im christlichen Bereich weiß, was gerade läuft. Man identifiziert sich mit dem "Glauben" und hat einen Fisch auf dem Auto. Bekennen heißt das. Am Ende weiß man nicht mehr so genau, was man eigentlich glaubt - aber wenigstens kann man selbstgerecht von sich behaupten, man hätte die Welt erfolgreich aus dem Wohnzimmerregal verdrängt.

Die "großen" haben das Vertrauen der Masse. Wer Geld verdient, der hat's scheinbar geschafft. Wo Reichtum ist, dot wird Segen vermutet. Ein Willow Creek Kongreß zieht die Massen an. Vineyard ist ein Name, den man kennt. Hillsong kommt ab 2006 mit multimedialen Lobpreis-Shows, wie man sie hierzulande noch nicht gesehen hat. Für uns heißt es: Festhalten an dem, was das Wort Gottes sagt. Trends kommen und gehen. Manche Irrlehren kommen und bleiben. Wir können die Finsternis nicht ausknipsen. Aber wir müssen unser Licht scheinen lassen und sichtbar unseren Glauben leben.

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Stefan Pohl
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Registriert: 07.04.2005 10:48

Beitrag von Stefan Pohl »

Lieber Andy,

nach den Erfahrungen im Sabbat-Zweig des Forums hatte ich ja eher damit gerechnet, daß ich hier mörderlich Dresche beziehe, als damit, daß jemand noch mal kräftig nachlegt.
Das Problem mit dem Devotionalienhandel, das Du darstellst, ist tatsächlich ätzend. Besonders Handel und Gebrauch von gegenständlichen Kreuzdarstellungen in Bild und Skulptur würden eine gesonderte Betrachtung verdienen. Daß Paulus hier ohne Zögern Götzendienst diagnostizieren würde, ist genauso offensichtlich wie es heute unter den »bibeltreuen« nicht mehrheitsfähig scheint. Da gibt es großen Lehrbedarf. Man stelle sich nur vor, daß heute jemand (vielleicht in einer Brüdergemeinde) mit dem Kreuz an der Wand oder auf dem Büchertisch ebenso verführe wie Hiskijah mit Nechustan, der erzenen Schlange (2. Kön. 18). Ehe sich dieser Themenbereich in zahllose Einzelaspekte aufdröselt, werde ich ihn wohl auch besser separieren:

http://www.betanien.de/forum/viewtopic.php?p=2807#2807

Zum Thema des Benennens von Gemeinden hier noch eine Präzisierung:
Lokale Bezüge sind durchaus legal, ja sogar notwendig zur Verständigung, z. B.: »Die Herausgerufene in Korinth«, »die Herausgerufene im Hause Aquilas und Priscillas«. Warum wohl schreibt Paulus von der Versammlung im Hause Aquilas und Priscillas (1. Kor. 16, 19) und nicht einfach von der Versammlung Aquilas und Priscillas? Weil »im Hause« nur eine Ortsbeschreibung ist, keine Zugehörigkeitsbeschreibung. Selbstverständlich war es keine Versammlung des Aquila und der Priscilla, sondern eine Versammlung des Christus. Viele Christen hätten heute keine Skrupel, von der Versammlung Aquilas und Priscillas zu sprechen, wie sie auch sonst von »ihren« Gemeinden reden. Hier geht es nicht um feintheologische Wortklauberei, sondern dieser scheinbar kleine Unterschied hat große Auswirkungen auf unser ganzes Gemeindeverständnis. Zugehörigkeitsbeschreibungen (selbst so oberschlaue wie »Jesus-Gemeinde« oder »Gemeinde des Vollen Evangeliums«) sind abzulehnen (1. Kor. 1, 10 – 13).

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