Beitragvon Ron » 01.10.2007 17:54
Hi zusammen,
grundsätzlich muss man sagen, dass es die Regel ist, seinen theologischen Gegnern "griechisches Denken" (oder Überhaupt ein philosophisches Gebäude) vor zu werfen. Bei einigen stimmt es, bei anderen nicht.
Übrigens ist das dieselbe Diskussion, wie in der KBA mit Hempelmann. Hempelmann weigerte sich die Chicago-Erklärung zu unterschreiben, weil er dieser vorgeworfen hatte, sie sei von aristotelisch-griechischem Denken (und nicht hebräischem) Denken geprägt gewesen. Dies ist völliger Unsinn, wie viele Gegenartikel dazu gezeigt haben (siehe dazu die Diskussion in den Büchern von Stadelmann, von Siebenthal, Baum uva.). Ähnlich ist der Vorwurf von Fee in Bezug auf die Erwählungslehre oder Wort und Geist zu werten: es ist schlichtweg falsch und ein rein rhetorisches Argument.
Sowohl die Erwählungslehre als auch das Zueinander von Wort und Geist ist eben nicht auf griechischem Denken begründet. Dies habe ich (und andere vor mir) damit belegt, dass beide Lehren bereits im AT (d.h. vor jeglichem griechischen "Philosophieren") stark bezeugt werden - und das NT greift diese Lehre des AT auf und ist sicher nicht durch griech. Philosophie geprägt. Es ist mal wieder die kritisch-liberale Theologie, die hier hinter solchen Argumenten steht. Daher datiert sie zB Aussagen des AT zur Erwählung oder zu Wort und Geist in die Exilszeit, weil man ja glaubt, dass diese Lehren erst mit der griechischen Kultur aufkamen. Dies ist natürlich schlichtweg falsch. Und wenn man diesen bibelkritischen Gedanken weiterdenkt, dann werden diese Leute auch mit der Gottheit Jesu etc. Probleme haben. Und das dies so ist, beweisen uns die Aussagen der Bibelkritiker zuhauf. Wer sich also (wie Hempelmann oder Fee u.a.) hinreißen lässt, diese Argumente zu bringen, der vermittelt nicht nur Falschdarstellungen, sondern auch handfeste Bibelkritik (denn dies ist Grundlage für ein solches Denken).
Außerdem: es ist genau umgekehrt. Die Lehre der Erwählung wird zumeist von der griechischen Philosophie und dem Humanismus abgelehnt, weil sie den Menschen als freie Kreatur sehen will. Für einen Hebräer im AT war es kein Problem zu wissen, dass allein Israel das auserwählte Volk Gottes war und die anderen Völker von den Segnungen der Gottesgegenwart und dem Heil ausgeschlossen waren. Dasselbe gilt für die Trennung von Wort und Geist, die eben ihre Wurzeln in der griechischen Philosophie hat, weil man nicht glaubte, dass der göttliche Geist (oder überhaupt etwas Göttliches) sich mit irdischen Dingen (wie zB menschliche Worte und Buchstaben) verbinden können.
Es gibt aber - um dies fairnishalber zu betonen - auch einige Wissenschaftler, die dies ehrlicherweise richtig darstellen (v.a. bei der Wort und Geist Frage, wo die meisten deutlich sehen, dass die Trennung von Wort und Geist griechische Wurzeln hat und nicht umgekehrt [wie Fee u.a. behaupten]).
Zu all den Themen siehe ausführlich zur Erwählugnslehre Senk.Ronald.2006. Das Israel Gottes.Hamburg: RVG, S.118ff; und zur Wort und Geist Frage Senk, Ronald. 2007. Das Schwert des Geistes. Oerlinghausen: Betanien).
Viele Grüße
Ron
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Ron am 01.11.2007 09:25, insgesamt 1-mal geändert.