Tägliche Lesung aus der Dogmatik von Eduard Böhl

Nur für Gläubige, die die fünf Punkte des Arminianismus ablehnen

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Joschie
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§ 55. Von der Fleischwerdung des Logos Teil 4

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§ 55. Von der Fleischwerdung des Logos Teil 4




Auf der anderen Seite ist, was sein ist, unser eigen geworden; er hat durch seinen Gehorsam viele gerecht gemacht. 2.Kor 5,21; Hebr 2,15; Röm 4,25; 5,14.16.18. Er hat durch sein gerechtes Tun Adams Ungehorsam aufgewogen; er hat .durch sein „benefactum“ aufgehoben unser „malefactum“; er ist unser Stellvertreter, der zweite Adam.
Es erhebt sich nun die Frage, ob der Logos, indem er anhob Fleisch zu werden, aufgegeben hat Logos zu sein. Das widerspricht dem Wortsinn in Joh 1,14. Wenn der Logos Gott ist, gibt er sein Gott-sein nicht auf. Die Analogien fehlen uns, weil es ein Factum ohnegleichen ist. Aber so wenig als ein Königsohn, wenn er von unten auf den Kriegsdienst beginnt, damit seine königliche Geburt und Hoheit aufgibt, ebensowenig gibt der Logos auf, was er von Ewigkeit ist, wenn er Fleisch wird. Er zeigt gerade in diesem Wege und durch solches Tun seine Gnade und Wahrheit, daß nämlich der Schöpfer selbst kommt und die Gefallenen erlöst. Joh 1,14. Aber so fragt der Verstand weiter: wenn der Logos Fleisch wurde, so kam er in Berührung mit der Sünde, er nahm die Sünde auf in sein Wesen, und als nach der Erniedrigung die Erhöhung eintrat, da wurde der Logos, was er noch nicht war, er wurde erhöht – wie stimmt das mit der Unveränderlichkeit der göttlichen Natur? Trat der Logos mit der Sünde in Verbindung, als er Fleisch ward? Diese schon bei den Apollinaristen und Mennoniten ganz gewöhnliche Folgerung ist irrig.169 Der Sünde wäre unser Herr nur dann verfallen, wenn er Adams Kind geworden nach dem Naturlaufe (Joh 3,6), nicht kraft eigener allergnädigster Willensentschließung; mit anderen Worten, wenn er an der menschlichen Natur ganz von selbst hätte Anteil gehabt, wie wir übrigen. Dann allein hätte der Umstand, daß der Logos Fleisch geworden, es mit sich gebracht, daß er rückhaltlos der Sünde verfallen wäre, und es hätte der Heiland eines Heilandes bedurft. So aber war der Logos Gott, durch den und in bezug auf den alle Dinge gemacht sind. Als er sich dazu herabließ Fleisch zu werden, so war das eine freiwillige Tat seiner Liebe und keine Notwendigkeit. Er begab sich freiwillig in den Bann, um ihn zu brechen, er trat freiwillig die Erbschaft an, um das ganze Inventar zu übernehmen. Er nahm den ganz fleischlichen Zustand Adams170 nicht an, um sich davon beherrschen zu lassen, sondern um über ihn zu herrschen. Er kam nicht, um der Sünde nachzugeben, sondern um ein neues Gesetz an die Stelle des alten zu setzen, ein Gesetz des Geistes des Lebens an die Stelle des Gesetzes der Sünde und des Todes (Röm 8,2). Durch ihn kam es dahin, daß die Sünde dort vernichtet und fortgeschafft wurde, wo sie bis dahin mit der Kraft eines Gesetzes regierte (Röm 8,3). Solches geschah dadurch, daß der Erlöser in jedem Moment seines Lebens Gott gehorsam war und nicht dem Fleische folgte oder nach Fleisch wandelte. Gestorben ist er der Sünde, nicht daß er ihr gelebt hätte, sondern er lebte Gott und ward gehorsam. Röm 6,10; Phil 2,8. Hineingestellt in diesen Kampf zwischen Geist und Fleisch, wie alle seine Brüder, verhielt er sich nicht wehrlos und ließ sich nicht wie jene in die Gefangenschaft der Sünde führen, sondern er stellte sich Gott gehorsam dar. In jedem Moment seines Lebens von der Empfängnis bis zum letzten Atemzug war er Gott gehorsam. Psalm 40,7. Vgl. Hebr 10,5-10; Phil 2,8-9; Mt 3,15; Joh 5,19.30; Joh 17,4.

(zu.169 : Athanasius I, S. 945 f. (Vergl. S. 944 und 948) klagt den Apollinarismus an, dass derselbe dem Marcion und Manichäus folge, welcher letztere das Fleisch des Menschen und seine Geburt dem Fürsten der Bosheit (dualistisch) unterstelle. Dieser Leute Meinung erneuern Apollinaris und seine Anhänger, indem sie den geistigen Teil, die Psyche, noch dazugäben (in die Herrschaft des Fürsten der Bosheit) und damit die Seele für der Sünde unentrinnbar anheimgegeben erklärten. Als dann weist er aus Mt. 10,28 und 1. Petr. 3,19 nach, dass es doch Schriftstellen gäbe, welche die Seele (oder die Geister) anders ansehen lehrten. Ebenso zeigt Athanasius, dass sie irrig annähmen, der menschlichen Natur Christi geschehe Gewalt, sofern sie als in der göttlichen Natur gehalten keine Sünde tat, die sie sonst tun würde. Da müsste also das Sündigen zur menschlichen Natur gehören, und würde somit der Schöpfer die Sünde bewirken. Nun aber sei das Sündigen vielmehr ein Akzidens und offenbar das Nichtsündigen naturgemäß S. 934. 944. Der Nerv der Leugnung der wahren menschlichen Natur Christi liegt bei den Apollinaristen darin, dass sie das Heil von den Gläubigen erreicht wissen wollen τῆ ὁμοίωσει καὶ τῇ μίμησει – durch aufstrebende Nachahmung nicht aber τῆ ἀνακαινίσει und τῆ ἀπαρχῇ durch Erneuerung (des Sinnes) und sofern Christus der Erstling war (S. 948).)
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§ 55. Von der Fleischwerdung des Logos Teil 5

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§ 55. Von der Fleischwerdung des Logos Teil 5


Wenn sodann Gott Christum wiederholt als seinen lieben Sohn anerkennt, so tut er das nicht um des Sohnes willen an sich, auch nicht um etwas Selbstverständliches zu sagen, denn der Sohn bedurfte solches nicht, sondern er tut es, weil der Sohn unser Stellvertreter ist, also um unseretwillen: Mt 3,17; Joh 12,28; Hebr 1,4-5; Phil 2,9. Solche Erhöhung wird dem Sohn zugesprochen um unsretwillen, es gilt das ihm als dem Haupte vieler Erlösten. Der Sohn hat sich mit uns eingelassen, hat sich hineingeworfen in unsere Existenzweise, und nunmehr wird er durch Gottes Urteil Schritt für Schritt, von Moment zu Moment anerkannt und wiederholt ausdrücklich als der Sohn proklamiert (Mt 3,17); er wird der Herrlichkeit teilhaftig: Röm 1,4.7; Hebr 2,9; Eph 2,5-6. Aber also wird er ihrer teilhaftig, daß wir dabei in ihm sind und in ihm hineinversetzt wurden in das Himmlische, wie denn Paulus sagt Eph 2,5: „Er hat uns samt Christus lebendig gemacht“ (vgl. dazu Athanasius, De incarnatione, I,2, S. 874 u. kontra Arianos I,41ff.). Man vgl. für dieses Geheimnis des Glaubens, was Luther zu 1.Mose 49,11 sagt, wo er das Bild vom Bräutigam und der Braut zur Erläuterung der Gemeinschaft zwischen Christus und dem Christen herbeizieht. Für den ganzen § aber ist wichtig Athanasius, zwei Bücher gegen den Apollinarismus (tom. I,2, S. 921ff.). In den großartigsten Zügen werden hier die Hauptpunkte der Inkarnation des Logos festgestellt und entworfen und wider die Anwürfe des Apollinarismus verteidigt. Der Sohn Gottes sei gekommen, daß er die Werke des Teufels zerstöre. Sein Hauptwerk ist aber, daß er durch seine Verführung die Sünde gewirkt. Der Teufel habe die lex peccati in die menschliche Natur eingeführt und den durch das Mittel der Sünde herrschenden Tod. Nun meinten die Gegner des Athanasius, es sei genug an dem, daß der Erlöser diese Werke des Teufels zu zerstören kam, indem er einfach nicht sündigte. So einfach ging das aber nicht her, gibt Athanasius zu bedenken. Sondern die vernünftige Natur des Menschen war unfähig, sich selbst der Freiheit zurückzugeben (nach Röm 8,3). Daher sei der Sohn Gottes selbst gekommen, diese menschliche Natur in seiner eignen herzustellen zufolge neuen Anfangs und wunderbarer Geburt. Denn Er wollte nicht den anfänglichen Zustand etwa in seine Teile auflösen (zerstören), sondern die darauf gesäte (accidentielle) Abrogation abrogieren (Jes 7,16), m.a.W. das Ungehörige fortschaffen. Wo nicht in der Natur, die gesündigt hatte, die Sündlosigkeit erschienen wäre, wie wäre da die Sünde in dem Fleisch (Christi) verdammt worden, da dieses Fleisch praktisch zu der Sünde in keinem Bezug stand, und die Gottheit (die göttliche Natur) Sünde nicht kannte? Wie konnte der Apostel sagen: Wo die Sünde reichlich geworden, da ist die Gnade darüber hinaus reichlich erschienen (Röm 5,20), – womit er eben keinen bloßen Ort, sondern eine Natur (die menschliche) bezeichnen wollte? Damit eintreffe, was der Apostel sagt: „Gleichwie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen, und durch die Sünde der Tod, also hat durch einen Menschen, Jesus Christus, die Gnade geherrscht durch Gerechtigkeit ins ewige Leben.“ Damit durch dieselbe Natur, durch welche die Sünde ihren Fortgang nahm, auch die Offenbarung (evpi,deixij) der Gerechtigkeit geschehe – und auf solchem Wege die Werke des Teufels zerstört würden, nachdem die menschliche Natur von der Sünde befreit worden und Gott dadurch verherrlicht wäre. Weiter unten § 8 (S. 945) wendet sich Athanasius nochmals gegen die Meinung, als ob in der Fleischwerdung des Logos Teilnahme an der Sünde des Menschen eingeschlossen wäre, was er manichäisch nennt. In meinem Werk, „Von der Inkarnation des göttlichen Wortes“, besonders in Abschnitt 3, habe ich mich über den Gegenstand eingehender ausgesprochen und weiß mich im Einklang mit Luther und Athanasius. Des Letzteren Schriften über die Inkarnation im 2. Band des ersten Tomus der Benedictiner Ausgabe (1698) S. 871ff. S. 921ff. gehören in erster Linie hierher. Hier steht er auf der Höhe des Problems.

zu.163: S. Usteri, Die Stellung der Straßburger Reformatoren Bucer und Capito zur Tauffrage, in den Studien und Kritiken 1884, 3. Heft. S. 509.
zu.164: Man vgl. Diestel, Geschichte des Alten Testaments, bes.S. 290ff.300, 306 und meine Christologie des A.T., sowie; Zum Gesetz und zum Zeugnis Abschnitt I und 2.
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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers Teil1

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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers (De natura humana)171 Teil1

Der Logos ward Fleisch – dies Wort des Johannes 1,14 dient uns als Ausgangspunkt für die neutestamentliche Christologie. An dieses Wort fügen wir nun andere Aussagen der Schrift an, die uns eingehender noch auseinanderlegen, was unter Fleischwerdung des Logos zu verstehen ist. Eine genaue Parallele zu jenem Worte des Johannes findet sich nirgend wieder. Wir haben nun die nähere Erklärung dieses rätselhaften Wortes zu suchen. In der Fleischwerdung liegt die volle menschliche Natur Christi einbegriffen; σάρξ bezeichnet aber noch näher die menschliche Natur, wie sie infolge der Sünde ist. Fragen wir nun nach dem Mittelglied, oder wie es gekommen, daß der Logos Fleisch ward und nach 1.Joh 4,2 im Fleisch einhergegangen, so nennt uns Paulus den Samen Davids, ἐκ σπέρματος Δαvίδ (Röm. 1,3) vergl. ἐξ ὧν ὁ Χριστός (Röm 9,5). Hebr 2,14 umschreibt desgleichen, wie sich die Sache zugetragen. Er partizipierte am Fleisch und Blut, wie alle Kinder, und zwar substantiell ; seine menschliche Natur war keine andere, als die aller Kinder. Paulus nennt Christus ohne weiteres einen Menschen 1.Tim 2,5 und stellt ihn als unsresgleichen dar in Hebr 2,14. Und mit ausgesprochener Vorliebe, ja fast ausschließlich nennt sich Jesus selber „des Menschen Sohn“, ohne doch zu leugnen, daß er Gottes Sohn sei: Mt 11,27; 26,24; Mk 13,32. Der Ausdruck „des Menschen Sohn“ gilt Jesus so viel als das Pronomen „Ich“. Jesus will mittelst dieses Namens seine innige Beziehung, in der er durch seine Geburt aus der Maria zu den Menschen steht, zu erkennen geben. Was des Menschen ist, nimmt er durch diese Benennung auf sich; er schämt sich des Menschen nicht, Hebr 2,11, sondern erklärt sich beständig als Adamskind, als Erbe der ganzen Schuld Adams; als ein solcher, der sich in unseren menschlichen Zustand versetzt und eingelebt hat; kurz als der Fleisch Gewordene.
(zu.171. Vgl. zu diesem § mein obengenanntes Werk von der Incarnation, S. 35-45.)
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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers Teil2

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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers(De natura humana)Teil2

Wie er des Menschen Sohn geworden sei, sagen folgende Stellen aus: Gal 4,4; Hebr 2,14; Apg 2,30. Er ist aus einem Weibe oder was seine Genealogie anlangt, aus Samen Davids geworden. Röm 1,3; 2.Tim 2,8172. Bei dem Werden, bei der Genesis Jesu war ein Weib der alleinige menschliche Faktor. Ein Weib teilte ihm, wie schon 1.Mose 3,15 verheißen war, ausschließlich das menschliche Sein und Leben mit; aus der Maria ist er nach Leib und Seele geworden. Gal 4,4. Befähigt ward sie zu so Großem durch die Kraft des heiligen Geistes. Das Evangelium nach Matthäus sagt dies am deutlichsten. „Aus heiligem Geist ist das in ihr Ausgeborne“, – sagt der Engel zu Joseph Mt 1,20. Die Jungfrau Maria ward schwanger erfunden aus Wirkung des heiligen Geistes, Mt 1,18; und Lk 1,35 wird uns in anschaulicher Weise der ganzeVorgang beschrieben, wobei die dort gebrauchten Ausdrücke nach der Analogie des Glaubens zu erklären sind und nicht etwa Aufklärung über den physischen Hergang zu geben dienen sollen. Es galt hier Maria durch göttliche Allmacht zu unterstützen. Diese Empfängnis Jesu durch Vermittlung des heiligen Geistes hat der Erfüllung der Verheißung dienen müssen, und zwar dann, als alle Aussicht nach menschlichem Ermessen geschwunden war, und also nur eine neue Schöpfung und eine wunderbare Geburt übrig blieb. Maria war aus Davids Stamm, aber eine Jungfrau, die letzte Erbtochter der älteren königlichen Linie; und gerade dies war geschehen, um die Verheißung Jes 7,14, daß die Jungfrau schwanger ist, zu erfüllen; vgl. 11,1, wo das Wort Baumstumpf zu beachten ist. Die Einwirkung des heiligen Geistes bei der Empfängnis Jesu ist eine durch den Glauben der Maria sich vermittelnde. Maria glaubt, obwohl alles unmöglich schien, dem Worte des Engels „du wirst schwanger werden“, Lk 1,38.45, und indem sie glaubt an das vom Engel geredete Wort Gottes, wird sie dadurch befähigt, das ewige Wort in sich aufzunehmen und selbständig den Lebensanfang des Erlösers zu setzen. So urteilen unter den Reformierten Maresius, unter den Lutheranern Joh. Gerhard. An irgend welche Reinigung der Blutmasse der Maria seitens des heiligen Geistes ist dabei absolut nicht zu denken; – wir dürfen uns nicht anmaßen, das zu ergänzen, was die heilige Schrift verschwiegen hat. Die Geburt aus einer Jungfrau ohne Zutun eines Mannes hat nun Gründe, die in Jes 7,14 und 1.Mose 3,15 zu suchen sind. Durch die Verheißung nämlich ist die Bahn schon abgesteckt, welche die Erfüllung in den Evangelien verfolgen soll.

(zu.172. Daß nach diesen Stellen Maria eine Tochter aus Davids Stamm gewesen sein muß, ist selbstverständlich und, weil Lk 3 die Genealogie Josephs enthält, so liegt es bei der Verschiedenheit der Stammväter seit Salomo, nahe, daß Matthäus 1 diejenige Marias enthalte, die dann als letzte Erbtochter nach einem bekannten Rechtssatz des mosaischen Gesetzes ihrem Verlobten Joseph die Fortsetzung des Geschlechts seines Schwiegervaters (Jakob) auferlegte (vgl. 1.Chr 2,21-23.34.35; Esr 2,61). Die uralte kirchliche Tradition nennt die Mutter Jesu eine Tochter Davids; dem Justin steht in Matthäus 1 die Geschlechtslinie der Maria vor Augen (s. Dial. c. Tryph. 43,1; 45,12; 100). Um Josephs Abstammung kümmert sich Justin gar nicht näher; im Dial. 78 sagt er bloß, daß Joseph vom Stamme Juda gewesen. Vgl. auchThomasius ll, S. 129.)
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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers Teil3

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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers(De natura humana)Teil.3


Oder wie es Mt 1,22 lautet: Das alles (was von der Geburt Jesu zu berichten ist) geschah, auf daß erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten geredet. Nicht aus eines Mannes Kraft und Willen, nicht aus Davids Haus, nach dem natürlichen Verlauf der Dinge, nicht aus Adam, dem Manne, – sondern aus dem schwachen, zuerst gefallenen Weibe erbaut sich die natura humana nach Leib und Seele, mit welcher der Logos zu einer Person sich vereinigte, – aus der Jungfrau soll Immanuel geboren werden (Jes 7,14). Solches aber geschah:
1. darum, weil Gott schon im Paradiese dem zuerst verführten und demzufolge der Verachtung preisgegebenen Weibe den Weibessamen zugesagt hatte, 1.Mose 3,15, denn er liebt es ja, an dem schwachen Gefäße sich zu verherrlichen, auf daß die Kraft sei Gottes und nicht aus uns;
2. geschah solche Geburt aus der Jungfrau, weil eben der Mensch nicht im natürlichen Verlaufe des Zeugens und Gebärens den an die Welt setzen sollte, der ihn erlösen würde; die neue Schöpfung der Gnade sollte zwar die Kontinuität mit Adam wahren, aber doch neu anfangen, ganz wie die erste. Der erste Mensch – aus der Erde – ist von Gott gebildet aus Erde; der zweite Mensch – aus dem Himmel – ist abermals von Gott gebildet aus dem Fleisch und Blut der Maria (s. 1.Kor 15,47). Der erste Adam ist gleich hier Typus des zweiten Adams: Röm 5,14.
Das auf diese Weise durch des heiligen Geistes Wirkung aus der Jungfrau Geborene war heilig und ein ganz Neues auf Erden laut Jer 31,22. Und eben dies heilige Kind nun soll Sohn Gottes heißen nach des Engels Wort Lk 1,35, das will sagen: er wird es sein. Der Erlöser ist also einerseits aus der Maria geworden und nicht bloß von ihr geboren und durch sie als einen Kanal hindurchgegangen, weil eben Gal 4,4173 ausdrücklich sagt geno,menoj; wahrhaftiger Mensch ist er, aus dem Fleisch und Blut der Jungfrau Maria, und damit ein Sohn Davids und ein Sohn Abrahams, Mt 1,1. Röm 1,3. Er hat kraft dieser Geburt gerade so eine völlig menschliche Natur, wie wir, und ist als solcher der Zurechnung der Sünde Adams, wie wir alle, teilhaftig; er ist in allen Stücken seinen Brüdern gleich geworden (Hebr 2,17). Er fühlt Gottes Zorn, er schmeckt den Tod. Dennoch aber war er nicht Fleisch aus dem Fleisch geboren, bloß so wie wir, sondern er, der Logos, ist Fleisch geworden aus freiwilliger Liebe und Barmherzigkeit. Er hat sich in das große Schuldbuch der Menschheit eintragen lassen zur Ehre Gottes und zum Heile seines Volkes. Und so ist und bleibt der Erlöser andrerseits auch nach seiner Geburt aus einem sündigen Weib laut der Angabe in Lk 1 35 Gott heilig; obschon er die Last des Zornes Gottes trägt, bleibt er Gott wohlgefällig. Er ist Gott heilig, wie einst Adam; es ist ein Neues mit ihm geschaffen auf Erden, das in einer ganz eigenartigen Beziehung zu Gott steht. Was ihn heilig macht, das ist nun nicht die Abwesenheit des menschlichen Vaters bei seiner Erzeugung, sondern der Umstand, daß in diesem Kinde das ewige Wort Fleisch wurde durch den Willen und die Kraft des Allerhöchsten. vgl. Vgl. für den Ausdruck ἅγιον in Lk. 1,35 den ähnlichen in Richt. 13,7, wo es von Simson heißt: θεοῦ ἁγιον ἔσται τὸ παιδάριον (nach LXX). Das Wort ἅγιον ist so viel als Gotte heilig, Gott abgesondert und geweiht sein. Im Urtext steht Ri 13,7: er wird ein Nasir Elohims sein; der Ausdruck hat also nichts zu tun mit einer Reinigung vom Schmutz der Sünde.
(zu.173. Luther bemerkt zu Gal 4,4 (Erl. Ausg. Bd. 7. S. 263f ): Es ist dem Apostel an dieser Geburt Christi (aus einem Weibe) mehr gelegen, denn an der Jungfrauschaft Mariä; darum schweiget er der Jungfrauschaft, die nur eine persönliche eigene Zierde ist, nicht denn ihr selbst nutz. – Harnack D. G. I, S. 68 bemerkt dazu, es habe lange gedauert, bis die Theologen in der jungfräulichen Geburt Jesu mehr als die Erfüllung von Jes 7,14, nämlich eine „Heilstatsache“, erkannt haben.)
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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers Teil4

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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers(De natura humana)Teil.4

Gott hatte eben noch einen Sohn, einen neuen Anfänger, übrig, und dieser macht alles neu, wenn auch in der alten Form und also, daß er sich die Sünde und Schuld Adams zurechnen läßt, als hätte er sie getan. Er hat sich als Sünde und Fluch von Gott behandeln und also ans Kreuz schlagen lassen als der Welt Sündopfer (Gal 3,13; 2.Kor 5,21; 1.Joh 2,2; Lk 22,19.20 etc.), – dazu mußte er wahre menschliche Natur angenommen haben. Gehen wir auf weitere Zeugnisse für die wahre Menschheit Jesu ein. Indem Paulus Gal 4,4 von der Geburt Jesu das gleiche wie die Evangelien aussagt: daß nämlich der Sohn Gottes geworden sei aus einem Weibe, so setzt er weiter hinzu: geworden unter Gesetz. Auch dies ist ein weiterer Beweis für die wahre menschliche Natur des Sohnes Gottes. Unter ein Gesetz geraten, um dessen Verpflichtung auf sich zu nehmen, – das kann nur Sache eines wahren Menschen sein. Als Sohn Gottes war der Erlöser Herr über Mose und der Gesetzgeber; erst als wahrhaftiger Mensch war er Diener Gottes, Jes 42,1, Diener der Beschneidung, Röm 15,8, und unterworfen dem Gesetz, um dasselbe in allen Stücken zu erfüllen und des Gesetzes Anforderungen (Beschneidung, Reinigungsopfer, Lk 2,21.22), die von Gottes Mißfallen wider alles Fleisch lautes Zeugnis ablegten, zu befriedigen, sie gleichsam für seine Rechnung zu übernehmen. Sofern er Mensch war, gilt von ihm, daß er etwas lernte und beten und flehen mußte. Der Hebräerbrief sagt (5,8): obgleich er Sohn ist, – lernte er daran, daß er litt, den Gehorsam, und V.7: er wurde erhört von wegen seiner Scheu (Ehrfurcht). Diese Gebete stiegen hervor aus einer Seele, wo Angst und Not empfunden ward; das kann aber von Jesu nur insofern, als er Mensch war, gesagt werden; daß er zunahm an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen, Lk 2,52, zeugt für die wahre Menschheit. Es hat nirgend die Gottheit die Entwicklung der vollen Menschheit beeinträchtigt und unterdrückt, vielmehr alles nahm den gewöhnlichen Gang für das Auge der Eltern, antizipiert ward nichts.
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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlöser Teil5

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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers(De natura humana)Teil.5

Die wahre Menschheit resultiert weiter daraus, daß der Sohn Gottes versuchbar und leidensfähig war, ja endlich, daß er sterben konnte. Als Gott kann der Erlöser weder versucht werden, noch auch leiden und sterben. Gehen wir auf das Gesagte etwas näher ein. Gleich nach der Taufe ward der Heiland vom Geist Gottes in die Wüste geführt, um daselbst vom Teufel versucht zu werden und um den Teufel zu schlagen; Mt 4,1; Lk 4,1. Es erging dem zweiten Adam, wie dem ersten. Beidemal hatte es der Teufel darauf abgesehen, den jeweiligen Anfänger unseres Geschlechtes irre zu machen an seinem Gott. Erwägen wir zunächst, wie klug die Berechnung des Verführers bei diesen Versuchungen war, und wie fein Satan auf Jesu wahre Menschheit spekulierte. Wenn Jesus Sohn Gottes war, warum hungerte ihn dann, und warum sollte er es nicht beweisen können dadurch, daß er aus Steinen Brot machte, gleichwie er nachmals bei den Speisungswundern dem Volke Brot verschaffte? Wenn Jesus Gottes Sohn war, so konnte er es leicht wagen, sich durch ein wunderbares Herabfahren von des Tempels Zinne bei seinem Volke einzuführen. Auch Elia trat gleich mit einer wunderbaren Handlung vor seinem Volk auf 1.Kön 17,1. Aber bei der Speisung der 5000 stand die Sache anders; da trieb die Barmherzigkeit Jesus zum Wundertun; hier in der Wüste aber war Abwarten Jesu Aufgabe, die Engel kamen ja endlich doch. Und was Elia anlangt, so handelte dieser im Auftrag Gottes, – hier aber lag kein solcher Auftrag vor. Schließlich stellte der Teufel Jesus vor das Dilemma, daß er ihn, den Teufel, anerkenne als Herrn der Welt, wo er ihm dann alle Herrlichkeiten dieser Welt mitteilen wolle – oder aber, daß er allen Widerstand bis zum Tode erfahre, den der Teufel und seine Helfershelfer nur immer leisten können. Aber diese letzte Versuchung entlarvte den Teufel völlig. Zwar war es eine Tatsache, daß der Teufel Herr dieser Welt ist (Joh 12,31), aber daß Jesus die Welt von ihm zu Lehen nehmen und einen Kompromiß mit ihm machen sollte, – diese Zumutung brachte dem Satan die offene Kriegserklärung Jesu zu Wege: weiche von hinnen, Satan, Mt 4,10. Die Berechnung des Verführers war eine sehr kluge, und der Augenblick fein gewählt. Auf Jesu schwache versuchbare Menschheit spekulierte Satan.
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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlöser Teil.6

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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers(De natura humana)Teil.6

Und eine Entscheidung zu treffen am Anfang seines Berufswegs – lag dem Erlöser gerade damals nahe. Solche Entscheidung – aber ohne Gott zu Rate zu ziehen – wollte Satan provozieren. Um so höher steigt der Wert der Zurückweisung, welche er von Jesu erfuhr. Das Wichtigste bei diesen drei Versuchungen ist nun, daß Jesus alle drei mittels eines Wortes Gottes zurückwies. Durch den dem Wort Gottes aus 1.Mose 2,17 gegenüber bewiesenen Ungehorsam war die erste Welt und die erste Schöpfung dem Verfall überliefert; der dem Wort Gottes gegenüber bewiesene Gehorsam Jesu legt hier den Grundstein zu einer neuen Schöpfung. Durch das Festhalten an Gottes Wort siegte der zweite Adam und ward so Urheber einer ewigen Erlösung, einer Erlösung aus allen Versuchungen auch für uns, Hebr 5,7.9; vgl. Hebr 2,18. – Das Versucherische dieser drei Anläufe des Satans lag darin, daß Jesus, als der Fleisch gewordene Logos, dem nunmehr die ganze Reparation der Seinen in die Hand gegeben war, sich der Wucht und Gewalt dieser Anläufe, die ihm zu erfahren gegeben ward, nicht entziehen wollte. Er sah und empfand also die hier sich nahende Gefahr; aber nicht, um ihr auszuweichen, sondern um ihr an unserer Statt die Spitze zu bieten und sie zu beseitigen. Das Mittel war ein einfaches. Er übte Gehorsam gegenüber Gottes Wort, dessen Realität er als Mensch, wie wir, zunächst nicht sah, sondern zu glauben hatte, und deckte zu (versöhnte) damit die Nachgiebigkeit, die alles Fleisch in seiner Schwäche sonst dem Teufel beweist; er ersetzte unseren Defekt. Er fühlte die Schwachheit des Fleisches an sich, des Fleisches Ungeschicklichkeit, den Weg der Niedrigkeit und des Untergangs einzuschlagen; aber er fühlte dies, ohne dem Fleisch nachzugeben, sondern er überwand die Schwachheit durch das Festhalten am Wort Gottes, – und so hat er in seiner Person den Menschen dorthin gestellt, wohin er gehörte, d.h. vor Gott in Gerechtigkeit. So wollte er denn den Nachteil, das ganze detrimentum, das uns aus dem Falle Adams erwachsen ist, an sich erfahren, er wollte es sein eigen nennen, er hatte mit uns einen gemeinsamen Ausgangspunkt sich erwählt, um aber beständig darüber hinauszukommen und sich Gott darzustellen in Gehorsam und Unterwürfigkeit. So verdiente er durch seinen Glauben und sein Festhalten an Gott und Gottes Wort dessen ganzes Wohlgefallen, Jes 42,1 ; Hebr 5,7. Er tat das Umgekehrte wie Adam und zwar mit dem Erfolg, daß er uns Gottes Gnade, Gerechtigkeit und ewiges Leben erwarb (Heidelberger Kat. 37). Wenn nach solchen siegreich bestandenen Anläufen des Satans, wie wir sie in der Versuchungsgeschichte erblicken, die Engel kamen und ihm dienten, wenn Gott ihn stärkte durch eine Stimme vom Himmel, Mt 4,11.; Joh 12,28, so geschah das um der zu Erlösenden willen: Joh 12,30. Gott rehabilitierte Jesus und bezeigte sich ihm gnädig als des Menschen Sohn, als dem Anfänger und Vollender unseres Glaubens, Hebr 12,2; als dem anderen Adam und als dem Vorläufer vieler Erlösten, ja als dem Urheber einer ewigen Erlösung, Hebr 5,7-9; 2,17.18; 12,2; Kol 1,17.18. Wie es nun hier bei der ersten Versuchung auf seinem Berufsweg dem Herrn erging, also erging es ihm noch oft, Lk 4,13. So lesen wir, daß Jesus von den Menschen sich entfernte und manche Nacht auf den Bergen zubrachte, um Gebet und Flehen dem darzubringen, der ihm vom Tode konnte aushelfen, nämlich Gott. Mt 14,23; Mk 6,46; Lk 3,21; 6,12; 9,28; Joh 6,15 Auch hieraus erkennen wir abermals seine wahre Menschheit während des weiteren Verlaufes seines Lebens.
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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlöser Teil.7

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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers(De natura humana)Teil.7

Besonders ist aber das Leiden, wie solches der Heiland in Gethsemane erduldete, nur erklärlich unter der Voraussetzung seiner wahre Menschheit. Hier in Gethsemane ist kein Gott, wie Luther sagt, sondern lauter Mensch, dazu betrübter und verzagter Mensch Mt 26,37ff.; Lk 22,40,174 welcher seinen Trost und seine Stütze sogar bei den vom Schlafe überwältigten Jüngern sucht. Wir hören ihn den Vater bitten, er möge, wo es möglich sei, diesen Kelch, d.h. diese schwerste Stunde, von ihm nehmen. „Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber“, so spricht er und hält sich eben damit genau in den Schranken des Willens Gottes; er stellt es Gott anheim, ob es möglich sei, Mt 26,39. Und gerade damit hält er sich aufrecht mitten in der Versuchung, die das Fleisch zur Selbsthilfe antreiben will, durch deren Sieg jedoch die Erlösung in Nichts zerflossen sein würde. Es hat sich der Herr auch in Gethsemane im Glauben durchgekämpft, durch alles Widerstreben des Fleisches und durch die Macht der Sichtbarkeit;175 er hat sich Gott an unserer Statt übergeben und mit sich machen lassen, was Gott über ihn, unseren Stellvertreter, verhängt hat. Groß also ist der Trost, den wir aus der wahren Menschheit des Erlösers schöpfen dürfen. In allen Stücken hat er den Brüdern, an deren Leben im Fleische er Anteil hatte, gleich werden wollen, um dieselben verstehen zu können, und ihnen, gestützt auf die eigene Erfahrung, zur Hilfe zu kommen. Hebr 2,14.17.18. Das ist höchst tröstlich. Soll er uns nämlich in unserem Leiden verstehen können, soll ferner sein Leiden satisfaktionsfähig sein und keine Spiegelfechterei, kein Schein, so muß er gewesen sein, was wir sind. Es ist durchaus billig, daß er versucht gewesen ist in allen Stükken, versucht insbesondere durch allerlei Schwachheiten, die ihn befielen und von Gottes Willen abziehen wollten, wie es bei uns geschieht, nur daß er freilich in keine Sünde willigte, d.h. also: ohne den Schwachheiten nachzugeben, wie wir zu tun pflegen. Hebr 4,15. Und so wird es Hebr 2,10 geradezu als Gott geziemend hingestellt, daß Gott mit Christus den Weg des Leidens eingeschlagen habe; es ziemte Gott: weil dies allein dem hohen Zweck der Erlösung entsprechend war. Indem er dergestalt schwach gewesen, kann er Mitleid haben mit unseren Schwachheiten und denen, die versucht werden, helfen, daß sie nicht in den Versuchungen unterliegen. Hebr 2,18.
(zu.174. Etliche alte Schriftsteller haben die Stelle Lk 22,43.44 als des Heilandes unwürdig in ihren Exemplaren getilgt; s. darüber M. Chemnitius, De duabus naturis in Christo, Cap, III, S. 16. Den Kommentar zu Gethsemane gibt Hebr 5,7.)
(zu.175. Das Fleisch ist schwach, sagte der Erlöser nach Mt 26,41 seinen Jüngern, und zwar aus eigner Erfahrung; vgl. Athanasius, De incarnatione, Opp. II,2, S. 887f., wo es u.a. heißt: den Menschen gleich bittet er sich los vom Leiden; s. auch Thomasius, Christi Person und Werk II, S. 132.)
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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlöser Teil.8

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§ 56. Von der wahren Menschheit des Erlösers(De natura humana)Teil.8


Endlich zeugt noch der Tod für seine wahre Menschheit. Aus Schwachheit, weil er nicht mehr widerstehen konnte, erlitt er den Kreuzestod, 2.Kor 13,4, und rief nach Gott, der ihn verlassen, an dem er aber trotz alledem noch festhielt auch im Tode. Auch das legt, wie gesagt, Zeugnis ab für seine wahre Menschheit. Alles zusammenfassend sagt Paulus in Phil 2,5ff.: wir sollten wie Christus gesinnt sein. Und alsdann entfaltet er, wie Christus, dem die Kraft, Macht und Herrlichkeit Gottes eigen ist, sich solcher Vorzüge nicht bediente, als ob er sie geraubt oder sich angemaßt hätte. Sondern (V.7) er habe sich alles dessen entäußert; er hat im Eifer seiner Liebe das alles haben wollen, als ob er es nicht hätte, – und hat angenommen die volle Seinsweise eines Knechtes; er hat sein wollen, was jeder andere Mensch ist, und hat völlig in der Haltung eines Menschen sich erfinden lassen wollen. Er hat sich erniedrigt, immer nur unser Bestes, nicht sein eigenes im Auge haltend, und so ist er in seinem Berufe gehorsam geworden bis zum Tode, der ein Tod am schimpflichen Kreuzholz war. Das Gleiche sagt Paulus in 2.Kor 8,9: reich seiend, war er um unseretwillen arm, auf daß wir im Wege solcher Armut (Christi) reich geworden seien. So bringt also Christus Jesus, der andere Adam, das Verlorene wieder, nicht aber im Triumph und als Sieger von vornherein. Nein, im Stande des von Gott entfremdeten Menschen, im Fleische hat es ihm gefallen zu erscheinen; er hat kein Privileg haben und geltend machen wollen, sondern ist schrittweise durch den bittersten Kampf und Leiden des Todes hindurch vollendet worden, d.h. zum Ziel gelangt: durch einen Kampf wider die Schwachheit des Fleisches, wider Tod und Teufel, und das alles, obgleich er „Sohn Gottes“ ist. Hebr 5,8.9. Er tritt an Adams Stelle, er wird ein Adamskind: und während der erste Adam eines Reichen Kind war, und sodann uns alle arm machte, wird der Erlöser eines Armen Kind, um uns reich zu machen. Adam stand im Bilde Gottes, das ewige Wort ward Fleisch. Adam fiel trotz seines Standes im Bilde Gottes, der Sohn Gottes beharrte, trotzdem daß er in Ähnlichkeit des Fleisches der Sünde hier auf Erden war. Adam lebt im Überfluß und ihn gelüstet. Christus lebt in Armut und ihn gelüstet nicht. Treffend redet von diesem Parallelismus zwischen Adam und Christus Bischof Leo, indem er einerseits den weitgreifenden Einfluß, den diese zwei auf die Menschen äußern, betont, andererseits die Unähnlichkeit der Mittel, durch die sie diesen Einfluß gewonnen haben, nach Gebühr hervorhebt (s. Sermo V. De nativit. Domini a.E.).176 Groß aber ist der Trost, der aus dem also dargelegten Verständnis der wahren Menschheit Jesu Christi folgt. Nicht mit einem schönen Gemälde, sondern mit Lebensbrot haben wir es zu tun. Daß und wie Christus Jesus jene Wiederherstellung unternommen, bleibt ein Geheimnis; es ist aber ein Geheimnis, zu dem seine Liebe den Schlüssel hat.
(zu.176. Adam praecepta Dei negligens peccati induxit damnationem; Jesus factus sub lege reddidit justitiae libertatem. Ille diabolo obtemperans usque ad praevaricationem meruit, ut in ipso omnes morerentur. Hic patri obediens usque ad crucem fecit, ut in ipso omnes vivificarentur. Ille cupidus honoris angelici naturae suae perdidit dignitatem. Hic infirmitatis nostrae suscipiens conditionem propter quos ad inferna descendit – eosdem in coelestibus collocavit. Postremo: illi per elationem lapso dictum est: Terra es et in terram ibis; Huic per subiectionem exaltato dictum est: Sede a dextris meis (Ps. 110,1).)
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§ 57. Von der wahren Gottheit Christi Teil.1

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§ 57. Von der wahren Gottheit Christi (De natura divina)Teil.1

Wir lernten im vorigen §, daß dort, wo der erste Adam den Faden fallen gelassen, der zweite Adam ihn wieder aufgenommen, aber im Besitz aller Nachteile Adams und als Erbe eines solchen, dessen Element der Tod ist. Trotz alledem hat der zweite Adam das Werk der Erlösung vollbracht. Warum? Weil er Sohn Gottes, Gott von Person war. Eben darum vermochte er die Last des Zornes Gottes an seiner Menschheit zu ertragen und uns die Gerechtigkeit und das Leben zu erwerben. Er hatte den Beruf dazu. Diese wahre Gottheit Christi müssen wir nochmals an dieser Stelle hervorheben, obgleich der Beweis für dieselbe schon § 20 bei Gelegenheit der Lehre von der Trinität gegeben ist. Wir reden hier nur von der Gottheit Christi, sofern dieselbe zum Werke der Erlösung durchaus nötig war. Wir dringen damit bis auf die Wurzel des Gegensatzes gegen die Gottheit Christi, nämlich den Widerspruch gegen die echtchristliche Lehre von der Erlösung überhaupt. Deutlich und in summarischer Weise sagt die Schrift: „Gott ist geoffenbart im Fleisch“ (1.Tim 3,16). Warum aber Gott? so fragt man. Weil Fleisch sich nicht selber retten konnte. Diese große Grund- und Hauptwahrheit von der wahren Gottheit des Erlösers wird nun aber sehr verkannt in der gesamten häretischen Theologie, von Arius an bis herab auf Schleiermacher. Diese Theologie ist darauf aus, die wahre Gottheit Jesu Christi zu verdunkeln, ja sie zu leugnen. Das leitende Interesse ist dabei ein doppeltes:
1. geschieht diese Verdunkelung im intellektuellen Interesse: damit das uralte Mysterium von der Gottheit des Erlösers der gemeinen Begreiflichkeit näher gebracht werde und nicht dem Gespötte der philosophierenden Feinde des Christentums ausgesetzt sei. Das Evangelium soll den Griechen keine Torheit sein (1.Kor 1,23).
2. geschieht diese Verdunkelung aus einem praktischen Interesse: damit die gesamte Erlösung auf Kosten der Menschheit geschehen sei. Das Evangelium soll den selbstgerechten Juden kein Ärgernis geben (1.Kor 1,23). So sucht man denn den Menschen Jesum Christum zu isolieren, ihn von der Einwirkung der natura divina möglichst fernzuhalten177, und seine Gottheit in ein bloßes potenziertes Gottesbewußtsein umzusetzen. Der Logos war in Christus als Prinzip wirksam, nicht als Person, heißt es bei Schweizer a.a.O. II, S. 62. Daß der Erlöser wahrer Gott gewesen – im Sinn des zweiten Artikels unseres christlichen Glaubens – ist der große Stein des Anstoßes für alle Neueren bis auf Rothe, Ritschl und Dorner herab.178 Schleiermacher gab auch hier den Ton an. Schleiermacher redet nur von einem Sein Gottes in Christo; dasselbe soll sich dann in einem besonders starken Gottesbewußtsein Christi äußern.
(zu.177. Der oben ausgesprochene Tadel gilt auch den neueren Kenotikern (Gess, Thomasius) welche im Interesse eines wahren geschichtlichen Lebensbildes Christi sich eine Theorie von der Selbstentleerung („Kenosis“) des Logos erdacht haben, die der Zersprengung des Dogmas gleichkommt (wie Schneckenburger, Zur kirchlichen Christologie S. 215. bemerkt).
zu.178. Vgl. meine Schrift: Von der Incarnation des göttlichen Wortes, S. 5ff.)
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§ 57. Von der wahren Gottheit Christi Teil.2

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§ 57. Von der wahren Gottheit Christi (De natura divina)Teil.2

Wäre er Gott – so sagen die besonders von Schleiermacher inspirierten Theologen – unter ihnen Rothe, Dogmatik II, 151 – wie könnte er da leiden, wie versucht werden, da würde ja alles zum baren Spiel für ihn. Die Gottheit verzehrt die menschliche Natur, und alle ihre Aufgaben sind leicht für sie; kurz man verfalle dem Doketismus. So wird denn ein bloßer Mensch, wenn auch ein ganz aparter, in dem die Idee der Menschheit sich realisierte, an die Stelle des Sohnes Gottes gesetzt, und nur allerlei Göttliches wird diesem Erlöser beigemessen; endlich aber werden nur Impulse, Antriebe zu einem neuen Leben, nicht das neue Leben selber von diesem Heiland abgeleitet und erwartet. Gott war in Christo, ähnlich wie sodann in den anderen Heiligen; Christus ist nur ein Gottesmensch, wie wir alle werden sollen und der Anlage nach bereits sind. So lautet das Diktat der Schleiermacherschen Theologie. Aber was geschieht nun? Der Mensch setzt sich in diesem Christus, wenn auch mit Hilfe Gottes, selber auf Gottes Thron! So räumt man den Griechen das Törichte des Evangeliums aus dem Wege. Aber zugleich wird mit dieser Lehre von Christus noch ein Weiteres angestrebt. Hinter der rationalistischen Forderung des Verstandes steckt der Pelagianismus des Willens. Diese Christologie dient ferner, um den Juden aller Zeiten das Ärgernis aus dem Weg zu räumen, daß Christus alles tue, und dem Menschen nichts übrig bleibe. Christi Leistung ist nicht jene stellvertretende, die unsere Tätigkeit in Schranken weisen will, sondern eine vorbildliche, der jeder Mensch nachzueifern hat. Im letzten Grunde ist also diese ganze Christologie auch im pelagianischen Interesse ersonnen; sie soll dem freien Willen Vorschub leisten und macht Christus zum Vorbild. Die Arianer waren Pelagianer vor Pelagius. Der Christus der alten Kirche und unserer Dogmatik schlägt dem menschlichen Wollen und Laufen den Boden ein.
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§ 57. Von der wahren Gottheit Christi Teil.3

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§ 57. Von der wahren Gottheit Christi (De natura divina)Teil.3

Dieser Christus der Arianer, Rationalisten und Schleiermachers ist dagegen die reife Frucht des menschlichen Wollens und Laufens, ein Christus, in dem sich der Genius der Menschheit auf den Thron Gottes setzt. Diese ganze Christologie ist dazu erfunden, um im Sinne der Hellenen aller Zeiten den Menschen zu erhöhen, und um den selbstgerechten Juden aller Jahrhunderte zu schmeicheln: 1.Kor 1,23. Aber sie steht im Widerspruch zur heiligen Schrift und Erfahrung.179 Diese Christologie ruht auf einer völlig verkehrten Anthropologie, speziell Sündenlehre. Voraussetzung ist des Menschen relative Güte; daher braucht Christus auch nicht mehr zu sein, als der die angeborene Güte des Menschen zum Durchbruch bringende und sie vollendende Heros, das Vorbild und Ideal des Menschengeschlechtes. Alle solche Irrwege schneidet die heilige Schrift kurzweg ab. Der Tote steht nicht auf – es sei denn, daß man ihn erwecke; die Sünde weicht nicht – es sei denn, daß sie getötet werde; das Leben aus Gott wird uns nicht zuteil, wo es nicht zuvor erworben wird; der Fluch wird nicht von uns genommen,
ohne daß ein Stellvertreter ihn trägt! Einen bloßen Menschen für so Großes als genügend zu statuieren – ist eine reine petitio principii. War der Erlöser bloßer Mensch, so wäre die Kreatur geblieben, was sie war. So aber ist Gott selber geoffenbart im Fleisch; das ist der schriftgemäße Hauptpunkt, der nicht verschleiert werden darf. Gehen wir ein auf die bereits von Athanasius und Anselm (Cur Deus Homo) angewiesenen Gründe.
zu179. In welcher Weise schon Athanasius dieser häretischen Christologie begegnete, lernen wir aus seinen vier Orationes kontra Arianos; z.B. I,39: „Niemand konnte uns zu Kindern Gottes machen, als der, welcher der wahre und wesentliche Sohn des Vaters ist.“ Ebenso Orat. II,67.68.69; III,13: ob der Untrennbarkeit zwischen dem Vater und dem Sohn war der Segen (Röm 1,7) fest und sicher. I,49: Es bedurfte eines Gottes, um die Kreaturen unter dem Fluche zu befreien.
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§ 57. Von der wahren Gottheit Christi Teil.4

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§ 57. Von der wahren Gottheit Christi (De natura divina)Teil.4

War Christus nicht Gott – im höchsten Sinne des Wortes – dann war all sein Tun höchstens für ihn von Wert, so daß er allein bei Gott zu Gnaden angenommen würde. Eine solche Ausnahmestellung hätte ihn aber noch nicht zu unsrem Erlöser gemacht, außer wenn Gott ihn als bloßes Vorbild, als Menschheitsideal hätte betrachtet wissen wollen. Alsdann aber hätte Gott einen Teil der ihm gebührenden Ehre einem Geschöpfe abtreten müssen, und wir kämen an beim Heidentum. Denn Christus als bloß gottähnlicher Erlöser, als bloßer Gottesmensch hätte nunmehr alle Blicke und alle Huldigungen der Menschen auf sich ziehen müssen. Es wäre ein Kultus des Geschöpfs entstanden, und der Dienst des wahren Gottes verdrängt worden. Gott hätte seine Ehre teilen müssen mit einem Geschöpf, das sich zum Erlöser und Vorbild emporgeschwungen. Endlich ist gar nicht abzusehen, wie von einem Erlöser, der bloß als sittliches Vorbild wirkt, die Kräfte ausgehen sollen, welche zur Erlösung der Menschen nötig sind. Ein Vorbild läßt uns das eigne Elend nur noch tiefer erkennen und drückt uns nieder, anstatt aufzurichten: denn vom Vorbilde geht ja keine lebendig machende Kraft, sondern nur eine an den Verstand sich wendende Aufforderung aus, ihm nachzufolgen. Die heilige Schrift sieht davon völlig ab und weist auf einen vom Himmel zu erwartenden, durch das Wort der Weissagung bereits angekündigten Erretter hin (vgl. u.a. Hiob 33,23). Ausdrücklich stellt Ps 49,8 in Abrede, daß ein Mensch den anderen erlösen könne; nur Elohim kann dies nach V.16 desselben Psalms. Jes 43,22-24 heißt es, daß nicht Israel, sondern Gott selbst die Kosten der Erlösung getragen habe. Also die Person des Menschen reicht zu solcher Mittlerschaft und Erlöserstellung nicht aus. Das Gleiche wird aber noch schärfer hervortreten, wenn wir das Werk, das dem Erlöser oblag, berücksichtigen. Schon die Betrachtung der erhabenen Aufgabe, die diesem Erlöser gestellt war, ist genügend, um seine §20 nachgewiesene Gottheit zu postulieren. Die Annahme, daß der Sohn eine Kreatur sei, hieße geradezu das ganze Christentum vernichten, wie solches Athanasius gegen die Arianer in 4 großen Reden siegreich bewies. In dem Gebiete des Todes das Leben schaffen, 1.Joh 1,2; nicht etwa bloß das Alte zu reformieren, sondern ein Neues zu schaffen, Gal 6,15; Offb 21,5; das vermag nur ein Gottgleicher, der wirklich schaffen kann. Die Sünde in ihrem Elemente aufzusuchen, ihr hier den Kampf anzubieten, und sie hier hinzurichten Röm 8,3 – wer sonst, als der Heilige Gottes vermöchte dies wohl? Den ewigen Zorn Gottes wider die Sünder auszuhalten, Jes 33,14, dem Gerichte Gottes sich zu stellen, ohne darunter zu vergehen, den Teufel als den Stärkeren zu binden, Mt 12,29, ja sein verdientes Gericht an ihm zu vollziehen, 1.Mose 3,15; Joh 16,11 – wer sonst vermöchte dies, als ein solcher, der unvergängliches Wesen in sich hat und stärker ist als der Teufel? Die Sünde der Welt zu tragen, Joh 1,29, ohne davon vernichtet zu werden, den Tod in seiner ganzen Ausdehnung zu erdulden, um ihn zu beseitigen, Jes 25, 8; Hos 13,14; Hebr 2,14, das Gesetz mit seiner vollen Schuldforderung zufriedenzustellen und die Schuldforderung am Kreuze zu vernichten, Gal 4,45; Kol 2,14.15 – das kann nur ein solcher Erlöser, der zugleich Gott ist. Den Fluch, der auf uns lag, zu tragen, indem er ein Fluch wird an unserer Statt als der Gekreuzigte, Gal 3,13, wie vermöchte der Erlöser dies, wenn nicht ein aus seiner Gottheit fließendes Leben in ihm gewesen wäre, das nicht zu vernichten war?180Auch die Güter, welche uns der Erlöser wiedererworben, postulieren seine Gottheit. Das Bild Gottes, dem wir entfallen sind, uns wiederzubringen, gebührt allein dem, der das Ebenbild Gottes in persona ist, Kol 1,15. Wer könnte uns füglicher die Kindschaft Gottes verschaffen, als der Sohn Gottes, der dies von Ewigkeit her ist? Gal 4,4.5. Wer könnte wohl besser mit dem ewigen Leben uns beschenken, als der das Leben in Person ist, Joh1,4; 1.Joh 1,2; wer uns den Geist Gottes erwerben, wo nicht der, von dem der Geist ausgeht und dessen Geist kein anderer ist, als der Geist des Vaters? Gal 4,6; Röm 8, 14.15. Daß nun Christus in der Tat „Gott“ in der Schrift genannt wird, ergab sich uns mit größter Entschiedenheit in § 20. Gehen wir jetzt dazu über, die Art der Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur aus der Schrift kennenzulernen unter Berücksichtigung der kirchlichen Darstellung.
zu.180 Athanasius l. c. II. 67: Ἀκολούθιος δἰ αὐτοῦ τοῦ Λόγου καὶ ἐν αὐτῷ ἡ ἐλευθερία καὶ ἡ λύσις τῆς κατακρίσεως γεγένηται – d. h. ganz folgerichtig wurde durch denselben Logos und in ihm die Befreiung und die Lösung von der Verdammnis hergestellt.
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§ 58.Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur(1)

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§ 58. Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur Teil.1

Die Möglichkeit der Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur liegt darin begründet, daß der Logos selber an der Schöpfung des Menschen anfänglich teilgenommen hat: Joh 1,3. Im Bilde Gottes, nach der Gleichheit Gottes war der Mensch gemacht, 1.Mose 1,26, somit hat sich der Schöpfer von vornherein den Weg gebahnt, um sich mit seinem Geschöpf zu vereinigen (s. Hebr 2,16). Die natura humana ist nicht eine dem Logos inadäquate Sphäre, sondern durch die Fleischwerdung eignet sich der Logos eine Natur an, die gleich im Hinblick auf ihn und durch ihn geschaffen ward. Der Ratschluß der Erlösung korrespondiert mit dem Ratschluß der Schöpfung; beide sind von einem Gott gefaßt und der eine ist auf den anderen angelegt. Noch andere Zeugnisse führen auf das Gleiche hin. Der Erlöser ist der Sohn von Ewigkeit, wir die Söhne; er ist im vorweltlichen Rate der Erbe, wir die Miterben; er der Christus, wir die Christen; er das Haupt, wir der Leib oder die Glieder; er heißt der Mann, die Gemeinde das Weib; er ist der Erstgeborne unter vielen Brüdern: Röm 8,17.29; Kol 1,15-20; Eph 5,25.31.32. Betrachten wir nun in summarischer Weise, wie die orthodoxe Kirche seit alter Zeit sich des Logos Vereinigung mit der menschlichen Natur dachte. Das große Problem findet sich bereits scharf und reinlich nach seinen großen Umrissen umschrieben in den Werken des Athanasius gegen die Arianer und Apollinaristen. Hier sind gleichsam schon die Gefäße hingestellt, in die das aus den heiligen Schriften gezogene Öl der Lehre von allen späteren rechtgläubigen Lehrern gegossen ward. Athanasius hat bereits entschieden die vollständige Menschheit Christi und andererseits die vollständige Gottheit behauptet, jenes in seinen 2 Büchern gegen die Apollinaristen; dieses besonders in den 4 Reden gegen die Arianer. Er will weder eine Vermischung noch eine Verwandlung beider zulassen (s. besonders Ep. ad Epictetum 4-7; 8-12). Das Wort hat durch die Menschheit keinen Zuwachs oder Änderung gewonnen; Erniedrigung und Erhöhung, Wachstum und Leiden treffen nur das Menschliche (τὸ ἀνθρώπινον) im Erlöser oder das Fleisch (kontra Arianos I,45; III,34.45.51-53; IV,6). Und solches sollte zur um so höheren Bewunderung dieses Erlösers anregen (III, 45; IV,6. u.a.). Und dabei leugnet Athanasius die bloße Einwohnung des Logos in dem Menschen Jesus, wie er etwa in den Propheten und alten Heiligen gewohnt, um sie zu heiligen; nein: „das Wort war Fleisch“ und „er nahm Knechtsgestalt an“ (C. Arianos III,30.31; C. Apoll. II,1). Der Herr ist aus Samen Davids geworden, aus dem Fleisch der Maria (ad Epictetum 2); mittels eingehender Exegese wird (ibid. 4) die wahre Menschheit des Herrn erhärtet. Die Vereinigung der beiden Naturen war die denkbar innigste, ohne daß freilich eine feste Formel dafür aus den Werken des Athanasius hergestellt werden kann. Aber wenn auch die Formel fehlt, so hat er doch die Früchte solcher Vereinigung sehr wohl zu würdigen gewußt.
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