Tägliche Lesung aus der Dogmatik von Eduard Böhl

Nur für Gläubige, die die fünf Punkte des Arminianismus ablehnen

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Joschie
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§ 58.Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur(2)

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§ 58. Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur Teil.2

Die wichtigste Stelle kontra Arianos III,32 lautet: „Als daher das Fleisch litt, so war der Logos nicht außerhalb desselben, weshalb auch sein (des Logos) das Leiden genannt wird. Und währenddem er auf göttliche Weise (θεικῶς) die Werke des Vaters verrichtete, so war das Fleisch nicht außerhalb des Logos; sondern der Herr tat auch dies wieder in ebendemselben Leibe“. Der Herr nahm menschliches Fleisch ganz und gar mit seinen Affekten an, um sie sein zu nennen, jedoch ohne daß die Gottheit dadurch angetastet worden wäre. Desjenigen aber, dessen eigen die Affektion (τὰ πάνθη) sind – eben desselbigen Eigentum ist auch das κατόρθωμα und die χάρις,, d.h. die Taten zu unserer Erlösung. Beides ist von dem ungeschiedenen Gott und Menschen zumal herzuleiten. Also kam es (a.a.O. § 33) in diesem Erlöser zu einer vollkommenen Erlösung; ohne dem wäre es nie zu einer radikalen Befreiung des Menschen gekommen. – Was aber die Hauptsache ist: bei Athanasius spitzt sich alles auf die Erlösung zu. Kontra Apoll. I,7 heißt es: Das Fleisch, welches Adam empfänglich für die Sünde gemacht und in Verderben und Verdammnis gebracht – hat Christus als vom Verderben und Tode frei hingestellt – er hat die Werke des Teufels zerstört (ibid. II,6).181 Nicht um Nachahmung Christi, sondern um eine neue Schöpfung handelt es sich bei der Erlösung (ibid. I,28). Genug, die tiefsten Gedanken, welche dann Luther besonders wieder aufnahm, und die bis heute die Christenheit zu erneuern geeignet wären, hat Athanasius schon angedeutet. Cyrill zog die Linie der Orthodoxie weiter. Er strebte nach einer intensiven und allumfassenden Durchdringung des Göttlichen und Menschlichen in Christo, um mittels derselben zu einer wirklichen Teilnahme der göttlichen Natur an den Zuständen und Leiden der menschlichen zu gelangen. Er bereits redet von einer Zusammenfassung der idiomata der beiden Naturen, wonach also die disparaten Ausdrücke und Handlungen einem und demselben zugeschrieben werden müssen.182 Als Gottes Logos noch nicht Mensch geworden war, kannte er auch so die menschliche Schwachheit als Schöpfer (nach Ps 103,14): aber wenn es gestattet ist, so menschlich über ihn zu reden: er war noch nicht in selbsteigene Erfahrung unsrer Schwachheit eingegangen.
(zu.181. Man vergleiche die Zitate aus Athanasius in § 55 und 57 der Dogmatik.
zu.182. S. die Beweise bei Thomasius, Dogmengeschichte I, S. 333f.)
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§ 58.Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur(3)

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§ 58. Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur Teil.3


Erst nachdem er unser Fleisch angezogen, hat er sie auf alle Weise erfahren.183 Die Vollendung durch Leiden – bleibt dem Logos nicht fremd. Es ist nur ein Wahn, daß diese (Vollendung) sich ausschließlich auf den vom Weib geborenen Menschen, nicht auf den vom Vater stammenden Logos beziehe. Unter dem Vollendenden sei Hebr 2,10 Gott der Vater zu verstehen, der den Sohn durch Leiden vollendet, was zu unserer Erlösung notwendig war. Cyrill trachtet durchwegs, innerhalb der Einheit der Person die volle Wahrheit beider Naturen zu bewahren. Man sieht überall bei ihm die Tendenz auf die Erlösung durchscheinen, wie bei Athanasius u.a. Die Erlösung ist ihnen eine neue Schöpfung. Sie begegnen mit aller Macht dem Irrwahn einerseits des Arius, andererseits des Nestorius, daß die Erlösung ein Operat des sittlichen Wollens des zum Gott (Arius), oder des an die Seite der Gottheit (Nestorius) erhobenen Menschen Christus sei. Auf dem ökumenischen Konzil von Ephesus 431 wurde die Lehre des Nestorius verworfen und die orthodoxe Linie, welche die Lehrbegriffe des Athanasius und Cyrill schon gezeichnet hatten, energisch weitergezogen, bis dieselbe auf dem Konzil zu Chalcedon 451 in den sicheren Hafen der Anerkennung seitens der gesamten Kirche einmündete. Die abendländischen Kirchenlehrer (Ambrosius, Augustin) hatten sich an Athanasius angeschlossen. Bischof Leo der Große erfaßte mit warmem Herzen die hier in Frage kommenden Heilsinteressen und präzisierte für immer den orthodoxen Lehrausdruck, während er die Gegner zur Rechten und zur Linken – Nestorius und Eutyches – in seinem Brief an Flavian als Ketzer stigmatisierte. Nach dieser, die Ergebnisse der christologischen Lehrentwicklung zusammenfassenden Epistola ad Flavianum, stellt sich der kirchliche Lehrbegriff näher so dar. Nur eine menschliche Natur nahm der Logos an, nicht aber eine menschliche Person, wie die Antiochener und Nestorius meinten. Vielmehr brachte der Logos das Personbildende mit sich; das Ich des Logos ist das eigentliche Personbildende bei dem Erlöser; die menschliche Natur subsistiert in ihm. Um das zu verstehen, müssen wir uns vergegenwärtigen, daß die Schrift nie sagt: der Logos wurde „Mensch“, sondern „Fleisch“. Nach der Lehre der heiligen Schrift sollte man eigentlich nur von einer Fleischwerdung, Inkarnation oder griechisch σάρκωσις reden.
(zu.183. Mansi tom. V, 850.878. Ibidem 838ff.)
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§ 58.Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur(4)

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§ 58. Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur Teil.4


Dagegen soll man Phrasen, wie „der Sohn Gottes ist Mensch geworden“ – filius Dei assumpsit hominem – meiden, oder dann den Ausdruck hominem sofort durch naturam humanam erläutern (s. Gerhard, loc. IV, Kap 6, § 96). Wir müssen demnach die menschliche Natur mit allen ihren Vermögen und Anlagen von dem menschlichen Ich trennen, durch welch letzteres eben nur die natura in eins zusammengefaßt wird (s. Gerhard, loc. IV, cap. 6, § 93). Mit der aus der Maria nach Leib und Seele gewordenen menschlichen Natur geht der Logos mit seiner Natur zur Einheit eines Subjektes zusammen. Das ist es nun freilich – wie Bischof Leo in seinem berühmten Brief184 sagt – ein unbegreifliches Ding, allein für des Glaubens Auge anschaulich: „daß in Christus Jesus die menschliche Natur nicht ohne die wahre göttliche, und die göttliche Natur nicht ohne die wahre menschliche wirksam ist“, daß somit weder das Menschliche in Jesu dem Göttlichen, noch auch das Göttliche dem Menschlichen präjudiziert oder es beeinträchtigt. „Quid cuius naturae sit, ex operum qualitate sentimus: nec divina enim humanis praeiudicant, nec humana divinis, cum ita in idipsum utraque concurrant, ut in eis nec proprietas absumatur, nec persona geminetur“ sagt Leo, De passione Domini, Sermo XV. „Nec sine homine divina, nec sine Deo aguntur humana“ sagt derselbe Leo in der Epistola 83 ad Palaestinos episcopos (vgl. dazu Sermo XII. de passione Domini). Beide Naturen konkurrieren also nach Leo derartig bei den einzelnen Handlungen des Erlösers, daß einerseits weder die Eigentümlichkeit der zwei Naturen aufgehoben, noch auch andererseits die Person verdoppelt wird. Diese Anschauung Leos bezeichnet die rechte Mitte; Leo zieht die Grenzen dieses Dogmas, und sein Brief ward seit alter Zeit als Kennzeichen der Orthodoxie betrachtet,185 Im Concilium Chalcedonense 451 ward seine Anschauung im allgemeinen sanktioniert, und über dieselbe ist die alte Kirche nicht hinausgekommen. Die zwei protestantischen Kirchen nahmen in ihren Symbolen die altkirchlichen Bestimmungen des Ephesinischen und Chalcedonischen Konzils auf. Die Theologen prägten aber dieselben um in die Lehre von der sogenannten communio naturarum s. idiomatum. Man ging aber dabei allzu scholastisch zu Werke, die Formel an Stelle des Lebens setzend, in beständiger Angst, entweder nach links oder nach rechts auszugleiten. Und daher kam es nicht zu einer rechten Freude an dem also mühsam konstruierten Erlöserbilde.
(zu.184. Ep. X ad Flavianum.)
(zu.185. Dieser Brief bringt wiederum nur die Lehrweise des Ambrosius und Augustin, noch mehr aber des Athanasius zum Ausdruck, und er war – wie auch Reuter, Augustinische Studien in Briegers Zeitschrift für Kirchenrecht VI,2, S. 188.191 nebst Thomasius und A. anerkennt, – die reifste Frucht der christologischen Entwicklung des Abendlands.)
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§ 58.Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur(5)

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§ 58. Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur Teil.5
Gehen wir einmal einfach von der Schrift aus und gewinnen wir also eine Vorstellung von der Vereinigung der zwei Naturen in Christus. Wir gehen davon aus, daß jede Trennung der zwei Naturen in Christus auf Kosten der Einheit der Person zu vermeiden sei, obgleich wir uns ebensosehr vor einer Vermischung derselben zu hüten haben. Und zwar stellen wir für das Zusammensein oder die communio der zwei Naturen und die Bewahrung der Eigenartigkeit oder idiomata den Maßstab der heiligen Schrift als entscheidend hin. Wir nehmen dabei mit unseren reformierten Bekenntnisschriften (Conf. Gall. 15; Belg. 19; Heid. Kat. 48) unsren Standort in dem Concilium Chalcedonense und dessen Symbol v.J. 451. Die zweite Helvetische Confession adoptiert ausdrücklich (am Schluß von Art. XI) alles dasjenige, was über die Inkarnation auf den vier ökumenischen Synoden von Nicäa, Konstantinopel, Ephesus und Chalcedon (samt dem Symb.Athanasianum) aufgestellt worden, und bekennt, solches mit aufrichtigem Herzen zu glauben und alles Gegenteilige verdammen zu müssen. Wir wünschen nunmehr erst aus der heiligen Schrift zu entnehmen, von welcher Art die Vereinigung der zwei Naturen, der göttlichen und menschlichen, in Christus sei, nicht aber uns eine bestimmte Formel der unio beider Naturen aufdrängen zu lassen, – um sodann erst zur Einheit der Person Christi zu gelangen. Die Einheit der Person steht uns obenan fest, und in welcher Weise nun dabei die zwei Naturen zusammen bestehen, das muß uns die heilige Schrift lehren. Die Formel tötet; der Geist macht lebendig. Führen wir uns demnach einige Schriftstellen vor Augen, aus denen das Zusammensein der zwei Naturen in gewissen Lebensmomenten der einen Person Christi uns entgegentritt. Auf besonders deutliche Weise tritt dies hervor in Joh 3,13. „Niemand ist gen Himmel gefahren, denn der vom Himmel hernieder gekommen ist, des Menschen Sohn, der Seiende in dem Himmel.“ Dem staunenden Nikodemus enthüllt sich hier der unscheinbare Sohn eines Menschen als den gleichzeitig im Himmel Anwesenden. Er, der hier vor Nikodemus steht, lebt doch zugleich im Himmel. In ihm haben wir die einzige Verbindung mit dem Vater anzuerkennen. Niemand als er vermittelt den Verkehr der Glaubenden mit dem Vater, weil keiner außer ihm zu gleicher Zeit auf Erden und im Himmel ist. Also der hier Redende war zu gleicher Zeit der Seiende im Himmel und wahrhaftiger Mensch, dessen Nikodemus sich schämte, und der sich zur Sünde und zum Fluch machen ließ an unsrer Statt. 2.Kor 5,21; Gal 3,13; Hebr 5,8.
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§58.Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur(6)

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§ 58. Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur Teil.6

Als der Ärmste der Armen einerseits, tritt uns doch andererseits Jesus wiederholt entgegen als der über alles zu verfügen hat: Mt 11,27; Joh 3,35; 5,19-23 ; vgl. Joh 11,43. Er ruft: Lazarus, komm heraus, während die ihn Umgebenden an seiner Macht zweifeln. Lk 23,43 ist besonders merkwürdig. Hier sagt er als ein für uns am Kreuze Hängender in der äußersten Verlassenheit zum Schächer: „Wahrlich, heute wirst du mit mir im Paradiese sein.“ Wenn also mitten in der Niedrigkeit die Gottheit vorhanden ist und wirkt, und sie dennoch den ganzen Lebensprozeß Jesu nicht zu einem Schein herabdrücken soll, so müssen wir ein Zusammengehen der zwei Naturen statuieren, bei dem die eine der anderen sich akkommodiert, ohne daß die göttliche dabei an ihrem Adel, ihrem Glanz und ihrer Hoheit etwas einbüßt. Leo, Ep. 10 sagt treffend: inclinatio fuit miserationis, non defectus potestatis. Wegen solcher inclinatio konnte Paulus 1.Kor 1,25 reden von dem „Törichten“ und, „Schwachen“ Gottes, was dennoch stärker sei, als der Menschen Kraft und Weisheit. Und in der Tat, Jesus Christus hat uns während seines Wandels auf Erden nicht imponieren, sondern erlösen wollen; er hat nicht herrschen, sondern dienen wollen. Seine spezifisch göttlichen Eigenschaften: Liebe, Gerechtigkeit, Heiligkeit – hat er uns gerade so, während seines Leben im Fleische, aufs reichlichste anzuschauen gegeben. Im übrigen aber war er nicht darauf bedacht, sich als Gott hier hervorzutun und etwa die Eigenschaften der Macht geltend zu machen und damit das Ärgernis des Kreuzes aufhören zu lassen. Die für die Vereinigung der zwei Naturen in Christus grundlegende Stelle des Philipperbriefes Kap 2 ist vom 3. und 4. Vers aus zu verstehen. Paulus verlangt daselbst, daß die Philipper demütig einer den andern höher achten, als sich selber. Auch solle ein jeder nicht auf das Eigene sehen, sondern auf des Nächsten Wohl Rücksicht nehmen. Und nun ermahnt er sie, die Gesinnung zu haben, die auch in Christus Jesu war, der in Gestalt Gottes dastehend – das ὑπάρχων bezeichnet den bleibenden Besitz; es ist partizip. präs. im Griechischen186 – es nicht für einen Raub hielt das „mit Gott gleich sein“, oder mit Gott sich gleichzustellen, um seiner Würde nichts zu vergeben. Er handelte demnach anders, als die christlichenLeser welche nur allzu eifrig darauf hielten, andere von ihrer Stellung und Würde auf das Eindringlichste und zugleich Liebloseste zu überzeugen. Jesus Christus dagegen, wie es V.7 lautet, entleerte sich, angenommen habend die Gestalt eines Dienstknechtes und indem er geworden gerade wie andere Menschen auch sind. Und als solcher erniedrigte er sich, von einer Tat187 demütigen Gehorsams fortschreitend zur anderen, ja er erniedrigte sich sogar bis zum Kreuzestod laut V.8. In dieser Erniedrigung für die Brüder hat er selbst die Schmach des Kreuzes nicht gescheut. Die Sache liegt demnach so: Jesus Christus in seinem Wandel auf Erden, obgleich dastehend in der Herrlichkeitsgestalt eines eingeborenen Sohnes vom Vater, Joh 1,14, ging mit solchem Besitz nicht wie mit einem unverdient erlangtem Gut um.
(zu.186. Vergl. Demosthenes, Rede über den Chersonnes § 3: ἐχθρὸς ὑπάρχων – „ein notorischer Feind“, der tatsächlich vorhanden und sich nicht wegräsonieren läßt (Westermann, in der Ausgabe dieser Rede).
zu.187. Wir denken hier besonders an die Beschneidung und Taufe Jesu, an die Versuchung in der Wüste u.a.m.)
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§58.Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur(7)

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§ 58. Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur Teil.7

Er bediente sich dieses Besitzes nicht, wo solches nicht am Platze war, sondern er entäußerte sich desselbigen und ward unser Bruder, schwach mit den Schwachen, weinend mit den Weinenden. Er sah in keinem Stück auf das Seinige, sondern auf das, was dem Nächsten nützlich war – und ob solches auch unsägliche Erniedrigung mit sich führte, so blieb er doch treu seinem Berufe bis zum Kreuzestode – und das ist es nun gerade, was laut V.4 den Philippern durch das Vorbild Jesu Christi eingeschärft werden soll.188 Selbstverleugnung zierte den Erlöser. Diese Selbstverleugnung, diese Kenosis und tapei,nwsij, die Christus laut der Philipperstelle V.7 und 8 geübt, ist nun nach dem Text nicht eine einmalige, die der Zeit nach etwa bloß mit seiner Fleischwerdung zusammenfiele. Vielmehr ist diese Selbstentäußerung und Erniedrigung eine im Willen Christi stetig begründete und fortwährende; es ist eine Entsagung, derzufolge Christus seine Gottesförmigkeit nach ihrer Macht und Allerhabenheit nicht geltend machte, sondern, obschon im Besitz jener Eigenschaften seiend und bleibend, sie doch nicht anderen aufdringen wollte.189 Zwar kann der Sohn Gottes seine Gottesförmigkeit – die μορφὴ θεοῦ – nicht in der Weise von sich abtun, daß er sie im Himmel zurückließe, um ohne sie auf Erden zu erscheinen – wie solches unnötigerweise die modernen Vertreter der Kenosis (Thomasius, Gess) annehmen – ; aber wohl kann er sich ihrer fort und fort entäußern, soweit er sie zu seinem Beruf nicht nötig hat. Die Liebe zu den Verlorenen läßt ihn dieses höchste Wunder der Selbstverleugnung verrichten. Christus kann diese Eigenschaften, sofern sein hoher Beruf dies mit sich bringt, bis dahin verleugnen, daß er nicht weiß, daß er sie hat; daß er sie hat, um uns eines Wortes Pauli zu bedienen, als habe er sie nicht. 1.Kor 7,30. Wir sagen also: Jesus Christus lebte nicht sich, sondern anderen zu Gefallen hier auf Erden, Röm 15,3. Als unser Bürge und Stellvertreter bequemte er sich der menschlichen Art völlig an; er nennt sich des Menschen Sohn: und eben also ward sein Tun und Leiden satisfaktorisch. So wollte denn Jesus der Allwissenheit sich nicht bedienen, wie wir uns ihrer bedient haben würden, um seine Leiden illusorisch zu machen, und durch die Gewißheit der Errettung und Auferstehung die Versenkung in das Leiden und in den Tod zu hindern. Er rang vielmehr mit dem Tode, Lk 22,44, und erhob sich nicht über ihn durch seine Allwissenheit.
(zu.188. Auch die Christen sollen die hohen Vorzüge zwar nicht ablegen, die ihnen ja zugeeignet sind durch die Einverleibung in Christus, aber sie sollen an dem Vorbild Christi lernen, wie man sich ihrer zu bedienen habe.
zu.189. Leo, De passione Domini, Serm. XVIl, sagt über das Verlassensein des Erlösers am Kreuz, dasselbe sei dahin zu verstehen: ut eum non solum pater relinqueret, sed etiam ipse se quadam ratione desereret, non trepida discessione, sed voluntaria cessione etc.)
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§58.Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur(8)

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§ 58. Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur Teil.8

Der Allmacht wollte er sich nicht bedienen, wie es uns nur allzu nahe gelegen hätte, um die Feinde und den Satan von vornherein gänzlich niederzuschmettern. Der Allweisheit wollte er sich nicht bedienen, um sein Wachstum und seine geistige Entwicklung untunlich zu machen. Der Allgegenwart bediente er sich nicht, um das Sein im Fleische zu negieren und doketisch zu machen. Er bediente sich in keinem Falle dieser Gottförmigkeit, – der μορφὴ θεοῦ – um die Knechtsgestalt illusorisch zu machen.190 Denn was er war, das wollte er auch ganz sein; er konzentrierte sich und verlegte den Schwerpunkt seines Wollens und Denkens in den Rahmen dieses armen Menschenlebens. In welcher Weise diese Selbstentäußerung und Selbsterniedrigung begreiflich zu machen ist – das anzugeben sind wir außerstande. Das Bekenntnis, nichts zu wissen, ist hier die höchste Weisheit.191 Soviel jedoch sehen wir, daß diese Selbstverleugnung geschah und zwar nach dem Kanon des für sein Amt und seinen Beruf Angemessenen. Sehen wir uns in dieser Beziehung das Bild Jesu, das die Evangelien bieten, einmal näher an. Da heißt es von Jesus Christus Lk 2,52: „Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Wohlgefälligkeit, die er bei Gott und den Menschen fand.“ Das gilt hier von der ganzen Persönlichkeit des Mittlers. Der ganze Jesus Christus ist also dem Wachstum an Körper und Geist unterworfen, er ist nicht, wie Adam, als vollkommener Mann auf die Welt gekommen. Dieses Wachsen ist ganz ebenso von Jesus ausgesagt, wie von Simson (Ri 13,24), von Samuel (1.Sam 2,26) und von Johannes dem Täufer (Lk 1,80). Auch Jesus also hat nicht gleich alles gewußt und nicht alles von vornherein besser wissen wollen, als z.B. seine Eltern. Was sollte es auch heißen, eine Eigenschaft geltend zu machen, die über das Ziel hinausgeschossen und die wahre Menschheit Jesu zerstört hätte. Also Jesus Christus, die ewige Weisheit, wendete diese Weisheit nicht an. Rationell erklären läßt sich das nicht; wir können nicht angeben, wie er die Allweisheit verleugnen und sozusagen vergessen konnte. Aber daß er sie nicht anwandte, steht historisch fest und war angemessen wie auch geziemend für seinen Beruf. Auch ein Kind will er sein und an unsrer Statt sich Huld bei Gott und Menschen verdienen, auf daß er heilige das zarte Kindesalter und dessen Entwicklung. In allerlei menschlicher Schwachheit und Bedürftigkeit ward er groß. Wenn er schon im zwölften Jahre weiß, daß er sein müsse in dem, was seines Vaters ist, so rühmt er damit nicht selbstgefällig seinen höheren Ursprung. Er bleibt auch hier (Lk 2,49) ganz des Menschen Sohn. Es ist das bloß eine Mahnung an seine Eltern mitten in der tiefsten Niedrigkeit, daß er den Eltern nicht so sehr gehöre, wie seinem Vater in den Himmeln. Denn die Eltern vergessen immerdar, was es Großes mit diesem Kind auf sich habe.
(zu.190. Vgl. dazu mein Werk: „Von der Incarnation des göttlichen Wortes, S 93f.“
zu.191. Etliche Kirchenväter vergegenwärtigen sich solches durch die Vorstellung eines velare, (griechisch κρύψις) oder der evacuatio. Ersteres findet sich bei Ambrosius und Augustin; die evacuatio bei Hilarius von Poitiers (s. Reuter, Augustinische Studien IV, a.a.O. S. 179f.). Sie betonen damit nur, daß Jesus sich zwar des Besitzes der absoluten göttlichen Eigenschaften nicht begeben, daß aber die äußere, dem Wesen adäquate Erscheinung derselben aufgehört habe; sie wurde eine latente, aber darum doch nicht weniger wirkliche. Die alten Väter sind ganz auf der rechten Spur, aber wissen dabei sehr wohl, daß sie nur Unsagbares auszusagen versuchen und über die Anfänge des Lallens nicht hinauskommen. Ebenso lallt Bernhard, In ascensione Domini, Sermo II: „Sola est humilitas, quae exaltat, sola est, quae ducit ad vitam. Christus enim cum per naturam divinitatis non haberet quo cresceret, vel ascenderet, quia ultra Deum nihil est, per descensum quomodo cresceret invenit, veniens incarnari, pati, mori, ne moreremur in aeternum: propter quod Deus exaltavit eum“ etc.)
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§58.Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur(9)

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§ 58. Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur Teil.9

Bis zum vollkommenen Mannesalter ward darauf Jesus seinen Eltern untertan, und das geschah völlig aufrichtig, nicht aber zum Scheine, was ja die Eltern hätte niederdrücken und beleidigen müssen, und der Wahrheit ermangelt haben würde, Lk 2,51. Sodann tritt er hervor, um sich alsbald der tiefsten Erniedrigung preiszugeben, indem er sich der Taufe des Johannes unterzieht. Von seiner ewigen Herrlichkeit, vor der die Engel ihr Antlitz verbergen, will er hier nichts wissen, er entäußert sich derselben; er wirft sich in das Wasserbad, um darin unterzugehen mit seinem Fleisch und Gottes Zorn wider dasselbe zu sühnen. Gerade hier aber tat sich der Himmel auf über ihm, und seine Gottesherrlichkeit wird im Moment der tiefsten Erniedrigung und Gleichstellung mit den Sündern vom Vater anerkannt (Mt 3,17). Johannes verkündet ihn von der Zeit an auch ganz unumwunden als den die Sünde der Welt sühnend davontragenden Messias, Joh 1,32. In der Niedrigkeit offenbart sich hier seine Hoheit; sie leuchtet innerhalb des Lebens im Fleisch hervor. Wir werden ihrer in der Praxis inne und brauchen die göttliche Natur nicht als ein dogmatisch Gewußtes zu Jesu wahrer menschlicher Natur hinzuzuaddieren. Es bleibt dessen ungeachtet dabei: Wir sahen seine Herrlichkeit, wie es Joh 1,14 (vgl. 1.Joh 1,2) von den Jüngern heißt. Laut Mt 8,23ff. schläft Christus im Schiff während des Sturmes; aufgeweckt von den Jüngern stillt er den Sturm durch sein Schelten. Er ist also auf der einen Seite so schwach, daß ihn nicht einmal der Sturm weckt, und dann stillt er den Sturm durch sein Machtgebot. Beides geschieht so, daß die göttliche Natur und die menschliche innigst vereint wirken, nicht einander vorgreifend, sondern in angemessener Unterordnung der einen unter die andere und beider unter den Vater, wie es für den Fleischgewordenen sich ziemte. So kommt es, daß er (Joh 14,9) sagen kann, als Philippus bittet, zeige uns den Vater: „Philippus, wer mich sieht, der sieht den Vater“; und doch ist er andererseits der Mensch nach Jes 53, der von Menschen Verachtete. Das Gleiche läßt uns die Verhandlung Jesu mit Nikodemus erkennen, s. Joh 3,13. Hier stellt sich Jesus zunächst in aller Niedrigkeit dar als des Menschen Sohn; aber zugleich behauptet er sich als den, der katV evxoch,n Verkehr mit Gott habe. Er nennt sich nämlich den Seienden im Himmel, und zwar während dieser seiner Niedrigkeit. Damit will Jesus nicht selbstgefällig seine Gottheit rühmen. Der Sinn ist: Alle Tage fahre er gen Himmel, nicht dem Leibe nach, sondern pneu,mati mit seinem Geist, und hier lerne er Erkenntnis von den Dingen Gottes (V.12). – Was er also von dem Vater sah und hörte, das tat, das redete er, wenn er unter den Menschen war; vgl. Joh 5,19.30.43; 8,38; 9,4. Nicht also aus eigener Machtvollkommenheit redete er – nach Aussage der letzteren Stellen – sondern nur, was ihm der Vater in den Mund gab; so viel, wie er ihm in diesem oder jenem Moment offenbarte, so viel teilte er den Seinigen mit. Es tritt also Jesus Christus nach dieser Betrachtungsweise ganz in unsere Stelle ein; er erscheint als unser Mittler; er lernte vom Vater; er empfängt Befehle vom Vater (Joh 10,18); er ist dessen gehorsames Organ; er ist der Knecht Jahwes nach Mt 12,16-21. Auch war ihm die Salbung mit dem heiligen Geist verliehen, Jes 61,1f.; Lk 4,21, der bei der Taufe auch wirklich sichtbar auf ihn sich herabsenkte. Mt 3,16; Lk 3,22. Er hat also in den Tagen seines Fleisches stets in Unterordnung unter den Vater, im Gehorsam des Glaubens und nach der Norm des Wortes Gottes gehandelt. Er ward geführt, vom heiligen Geist, Mt 4,1; Lk 4,1. Er wollte nicht alles auf einmal wissen, sondern sukzessive, je nachdem der Geist es ihm gab, vgl. auch Joh 19,28. Es hatte alles auch für ihn seine Zeit und Stunde, s. Joh 2,4; 7,6. Er ist gehorsam geworden Phil 2,8; er betete Lk 3,21 ; s. Joh 11,41; er hat in seinem Leidensweg Gehorsam gelernt, Hebr 5,8, und dieser Unterwürfigkeit unter den Willen des Vaters, diesem Leben des Glaubens und des Gehorsams gegen das Wort Gottes tat die göttliche Natur keinen Abbruch. Sie setzte sich in Einklang mit den Fähigkeiten der menschlichen Natur, ohne ihr vorzugreifen.192
(zu.192. Leo, Sermo XV de passione Domini, drückt dies so aus, daß er sagt: Cohibita est potentia deitatis, ut perveniret ad gloriam passionis. Der ganze Sermo ist wichtig. Vgl. Calvin im Genfer Katechismus S. 133: delitescebat eius divinitas. Ebenso Zanchius, De incarnatione (tom. VlII, p. 34.60): Adde et hoc, quod eadem Deitas efflciebat, ut caro sibi unita pati posset. Quomodo? quiescendo scilicet (ut loquitur Irenaeus) et eam pro sua natura pati sinendo. En, quomodo Deitas cooperabatur in passionibus carni.)
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§58.Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur(10)

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§ 58. Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur Teil.10

So weit ging die Herablassung des Sohnes zu dem Maße der menschlichen Natur, daß der Sohn Gottes etliches nicht wußte, Mk: 13,32; ja daß auch etliches nicht in seiner Macht stand, Mt 20,23. Er hat das Sitzen zu seiner Rechten und Linken nicht zu verleihen. Solches überläßt er Gott dem Vater, den Paulus deshalb auch Christi Haupt nennt, in Anbetracht der stellvertretenden Handlungen des Erlösers, 1.Kor 11,3, vgl. 3,23. Er wollte nicht glänzen mit eigenem Wissen und eigner Macht,193 wodurch die Erlösung nicht gefördert, sondern nur dem Fleische gedient worden wäre. Was soll der Erlöser in den Tagen seines Fleisches auch von solchen Dingen Notiz nehmen, die gar nicht im Verband stehen mit der ihm aufgetragenen Errettung, sondern nur ihr vorgreifen würden? Er will sich ganz menschenförmig erweisen, und gerade darin soll sich sein Erlöserberuf bewähren. Wir stehen auf dem Boden unserer Kirche, greifen dabei aber nach rückwärts, und zwar benutzen wir zur Erläuterung dieses Geheimnisses besonders Bischof Leos granitene Auseinandersetzungen. Das Mysterium ist groß; nur der Gläubige vermag ahnungsvolle Blicke in dasselbe zu tun, denn sein Leben verläuft in ähnlichen Gegensätzen, wie das Phil 2,5ff. angedeutet wird. Wir schließen hier ab, indem wir auf ein treffendes Wort Melanchthons im Kommentar zum Römerbrief verweisen, wo er sagt: daß er sich freue auf die himmlische Schule, in der er dieses Geheimnis von der Verbindung der zwei Naturen in Christus durchschauen werde.194 Das ist auch unser Standpunkt. Und mit Calvin sagen wir (Instit. II,13,4): Er kam vom Himmel herab, ohne jedoch den Himmel zu verlassen; auf eine wunderbare Weise wollte er aus der Jungfrau geboren werden, auf Erden wandeln und am Kreuze hängen, um immerdar die Welt, wie von Anfang her, zu erfüllen. – Vgl. noch Inst. II,14,3; bes. II,16,5; dort redet Calvin von dieser völligen Verleugnung seiner selbst, die Christus gezeigt habe, da er sich Gott unterwarf und in seinen Willen völlig ergab. Als Anhang folge hier noch ein Blick auf die communicatio idiomatum, wie sie in der reformierten Kirche nach Abschluß unserer großen kirchlichen Bekenntnisse üblich wurde. Aus der persönlichen Einheit, zu welcher die zwei Naturen zusammengingen, resultierte für die spätere reformierte Kirchenlehre ein doppeltes genus der communicatio idiomatum, bei dem auch wir verharren. Wir folgen hierbei, nachdem Calvin die Sache nur kurz berührt (Inst. II,14,1), Zanchius und Maresius. – Die erste Art der communicatio idiomatum, welche aus der unio naturarum folgte, ist jene, wonach quicquid est singularum naturarum, illud totum de Christo ipso sive per propriae personae nomina, sive per nomina naturarum in concreto expressarum significato ac denominato verissime et realissime praedicatur (Zanchius l. c. tom. VIII, S. 39)
(zu.193. Die Forderung des Volkes, er möge Wunder tun, weist er zurück (Joh 6,15.30ff.); er will nicht vom Fleisch als Messias anerkannt sein.)
(zu.194. Melanchthon, Opp. omnia, Wittenberg 1577, vol. IV, S. 88.)
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§58.Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur(11)

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§ 58. Die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur Teil.11

D.h. die eine Person eignet sich das von beiden Naturen Gewirkte zu, und umgekehrt, jede der beiden Naturen, d.h. aber ihr Konkretum (Menschensohn, Gottes Sohn), kann sich das der Person Zugehörige als von ihr verrichtet zuschreiben. Nach diesem genus der communicatio idiomatum (dem genus idiomaticum) können die Idiome der Naturen von der Person prädiziert werden. Ganz einfach liegt die Sache, wo Göttliches von dem nach seiner göttlichen Natur benannten Erlöser ausgesagt wird, und Menschliches von dem nach seiner menschlichen Natur benannten Heiland. Z.B. Das Wort war Gott, Joh 1,1, und „des Menschen Sohn wird den Heiden überliefert werden“ (Lk 18,32). Verwickelter wird die Sache aber, wo wir Sätze finden wie z.B. Joh 3,13 – „des Menschen Sohn, der im Himmel ist,“ oder, „den Fürsten des Lebens habt ihr getötet“ (Apg 3,15, vgl. 20,28). Hier ist nun zu unterscheiden und zuzusehen, nach welcher Natur in jedem einzelnen Fall die betreffende Aussage gemacht wird. Obige Aussagen sind solche, die zwar von derselben Person promiscue gültig sind, aber aber κατ᾽ ἄλλο καὶ ἄλλο d.h. nach verschiedenen Beziehungen hin, welche dieser Person eigen sind. Zanchius sagt: Non talia dicuntur secundum idem, licet de eodem (a.a.O., S. 43). Diese communicatio idiomatum ist nur insofern realis, als das Einheitsband der Person zwischen beiden Naturen besteht. Sie ist dagegen nur figürlich zu nehmen oder verbalis, sofern wir die Naturen abstrakt fassen: denn da ist es ein unmögliches Ding, daß die göttliche Natur gelitten, oder die menschliche im Himmel wäre, was auch nie von einem der maßgebenden Väter behauptet, von Leo in seiner Epistola ad Flavianum deutlich in Abrede gestellt ward. Die zweite Art der communicatio idiomatum ist das genus apotelesmaticum, wonach, zufolge der Vereinigung der zwei Naturen zu einer Person des Logos, opera Christi mediatoria, ad quae utraque natura confert quod suum est, pro suae constitutionis et virium suarum conditione competit Christo secundum utramque naturam (Maresius, Systema, loc. IX, 33). Der Erlöser hat die Versöhnung vollbracht, dies ist sein vornehmstes Apotelesma (Werk). Er hat sie aber so vollbracht, daß er seiner menschlichen Natur nach gelitten hat, und durch seine göttliche Natur die menschliche getragen in ihrem Tun und Leiden, und beidem unendlichen Wert verliehen hat. Und daher hat man bei allen Leistungen des Erlösers Bedacht zu nehmen auf die Person, die beiden Naturen gemeinsam, und das Ziel (das Apotelesma), wozu sie zusammenwirken. Die alten Kirchenväter erläuterten dies durch das Gleichnis vom glühenden Stahl, bei welchem die Tätigkeit des Hauens zwar eine ist, jedoch mit dem doppelten Effekt, daß eine Schnitt- und Brandwunde erfolgt. Nec ustio est simpliciter nec sectio, sed ustio secta et usta sectio, sagt Maresius. Der Grund dieser communio idiomatum ist besonders von Leo in der epistola ad Flavianum trefflich auseinandergesetzt und vom Concilium Chalcedonense akzeptiert worden. Die außer diesen beiden von der lutherischen Kirche noch adoptierte dritte Art der communicatio idiomatum verwerfen wir. Es ist dies das genus majestaticum oder auchematicum. Dasselbe handelt von der realen Mitteilung der Eigenschaften der göttlichen Natur an die menschliche und wurde im Gegensatz zu Zwingli ausgebildet, welcher die Anwesenheit des Leibes Christi auf Erden, besonders im heiligen Abendmahl, bestritt. Sowie wir nämlich als Objekt solcher Mitteilung göttlicher Eigenschaften an die menschliche Natur jene Natur einsetzen, die der unsrigen nach dem Falle Adams vorhandenen gleich ist – so zerrinnt die ganze Annahme eines dritten genus alsbald. Man könnte sich unmöglich etwas denken bei einer menschlichen Natur des Erlösers, welcher Allmacht, Allgegenwart, Allwissenheit, sowie auch die lebendigmachende Kraft von der Empfängnis an realiter mitgeteilt worden wäre, und die zugleich unter göttlicher Schuldhaft von der Empfängnis an stünde. Wir würden hier auf den barsten Schein hinauskommen. Es würde alles Leiden des Erlösers, es würden alle seine Schwachheits- und Subordinationszustände nur noch der äußeren Erscheinung angehören und der kongruente Faktor der Genugtuung gegenüber einem erzürnten Gott würde uns ganzlich abhanden kommen. Vor einer mit der göttlichen Natur von der Inkarnation an in eins zusammenfließenden menschlichen Natur des Erlösers, die nur mit Mühe innerhalb des Rahmens des status exinanitionis gehalten werden kann (s. § 59), erschrickt das Gesetz und flieht der Tod, vor ihr treten die Kinder Gottes scheu beiseite, denn das ist nicht mehr ihr Erlöser nach Hebr 2,14-18.
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

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Joschie
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§ 59. Vom doppelten Stand Jesu Christi Teil.1

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§ 59. Vom doppelten Stand Jesu Christi Teil.1

In dem Willen Christi liegt nach Phil 2,5ff. der Grund für sein menschliches Sichhervortun bei aller ihm eigenen Gottförmigkeit. Er wollte nicht mehr sein als wir; er hat es sich nicht leicht machen wollen; er hat im Glauben, im Gebet und Flehen seinen Weg auf Erden vollenden wollen. Er wandelte an des Geistes Hand, nicht aber im Schauen. Er hat unsere Errettung im Elend beschafft, im Gehorsam unter des Vaters Willen hat er ein großes Heil erworben. Sonst wären wir mächtiger und mehr vermögend als er, die wir im Elend, und gehalten allein durch den Glauben, hiernieden wallen. In diesem Willen liegt es nun auch begründet, daß von einer Zwei teilung der Stände oder Zustände Jesu Christi in der Dogmatik die Rede sein kann. Der eine ist der der Erniedrigung, der zweite der der Erhöhung; beide nennt Paulus in Phil 2,7-9. Auf diese zwei Stände läßt sich die ganze Reihe von Tatsachen verteilen, auf denen unsere Errettung beruht und welche der 2. Artikel des Apostolicums in der Kürze angibt. Die Ständelehre tritt nun aber in der Reformationszeit noch zu sehr zurück. In der lutherischen Kirche wird sie zwar gelehrt, aber als das Subjekt der Erniedrigung wird der schon im Schoß der Jungfrau empfangene, gottmenschliche Erlöser statuiert. Um der heiligen Schrift tunlichst gerecht zu werden, half man sich lutherischerseits mit einer Erniedrigung der eigentlich im Akt der Konzeption aufs höchste erhöhten menschlichen Natur des Erlösers, damit nur die göttlichen Prädikate die menschlichen zur Ruhe kommen ließen. Die letzteren sollten Zeit gewinnen sich menschlich zu äußern, nicht aber in die göttlichen untergehen.195 Man hatte seine liebe Not, um die menschlichen Qualitäten aus der Umarmung der göttlichen zu befreien, was auch noch wunderlich genug bei dem neusten Vertreter, Philippi (Glaubenslehre IV,1.439 Note) zu Tage tritt. S. 444 heißt es: „Er war wahrer und wirklicher Mensch, aber als der Gottmensch und der durchgottete Mensch hätte er auch als Mensch gottähnlich erscheinen können, zog es indes vor – menschenähnlich aufzutreten. Da er dabei aber in göttlicher Gestalt blieb, so bestand die Annahme der Knechtsgestalt in dem Zurückziehen der Strahlen der Gottesherrlichkeit, welche seinem Fleische fortdauernd einwohnte, und die er nun mit dem Vorhang des Fleisches verhing und dämpfte.“ Als Subjekt der Erhöhung wird dann immer der Mensch Jesus vorgeschoben, der doch aber abgesehen vom Logos gar nicht subsistierte. Das Problem ist bei Philippi nur in seiner ganzen Schroffheit reproduziert. In der reformierten Kirche ließ man die Erniedrigung durch die Annahme der Knechtsgestalt sich vollziehen, gründete sie also auf Phil 2,7 statt auf Röm 8,3
zu.195. S. Schneckenburger, Zur kirchlichen Christologie, Seiten 24.29.
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Joschie
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§ 59. Vom doppelten Stand Jesu Christi Teil.2

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§ 59. Vom doppelten Stand Jesu Christi Teil.2

In beiden Kirchen aber drohte immer wieder der feste Boden für einen Status exinanitionis verloren zu gehen. Man suchte vergeblich nach einem, Christus mit uns verbindenden Gliede; die Anknüpfung an unsere Natur wurde vergebens versucht, wo die Fleischwerdung des Logos nicht gründlich festgehalten und in ihren Folgen durchdacht wurde. Das, was die Inkarnation zur Exinanition macht, fällt weg, sowie wir den Eintritt des Logos in das Lebensgebiet der gefallenen Menschheit leugnen. Erst die Fleischwerdung des Logos fällt unter den Gesichtspunkt des Erduldens von etwas, das seiner unwürdig war, und worin das tiefste Geheimnis seiner Liebe sich kündlich groß offenbart. Nun erst haben wir jenen erwünschten Anknüpfungspunkt seiner Natur mit der unsrigen. Er nimmt den Fluch auf sich, um ihn aber zu brechen. Hier in der Fleischwerdung des Logos haben wir tiefste Erniedrigung und dabei zugleich weisheitsvolle Liebe, die den Kelch nicht von sich weist, den der Vater ihr gibt; hier haben wir den Durchgang durch das Todestal zum Leben – aber nicht so, daß alles ein Schein und nicht Wesen wäre, was der Erlöser getan und gelitten. Auf ihm ruhte wirklich von wegen der Annahme unsrer gegenwärtigen menschlichen Natur Gottes Bann und Fluch (vgl. Thomasius, Christi Person und Werk III,1,92f.). Und das hat er tragen wollen – er hat den Zorn, der wider diese Natur gerichtet war – ertragen wollen und dieses Band, das ihn mit uns verknüpfte, nie wieder zerrissen, auch da nicht, als es ihn zum Tode, ja zum Tode am Kreuz führte. Wirklich behauptet nun aber Heppe (Dogmatik S. 351): die Erniedrigung bestehe nicht in der Menschwerdung als solcher – Christus erniedrigte sich dadurch, daß er die Knechtsgestalt annahm etc. Er irrt und kann sich dafür nicht auf die älteren reformierten Dogmatiker berufen, welche vielmehr die Erniedrigung für zusammenfallend mit der Inkarnation hielten (s. mein Buch: Von der Incarnation des göttlichen Wortes S.19). Immerhin verlor man aber doch allmählich auf reformierter Seite das Interesse an der Ständelehre, und etliche, wie W.v.Brakel, Heydanus und andere, leugneten allen Ernstes, daß die Menschwerdung an sich schon eine Erniedrigung in sich schließe und zogen damit eigentlich nur die Konsequenz aus dem Lehrbegriff der älteren Theologen. Wenn man die Bedeutung der Fleischwerdung des Logos verkennt, so kommt man nie zu einem wahren Stande der Erniedrigung. Wir wiederholen es: Nicht dies, daß etwa Gott zum Menschen gemacht worden, begründet die Erniedrigung – sondern allein dies: daß nach Joh 1,14 der Logos Fleisch wurde (§ 55). Mensch zu werden, ist an sich nichts Erniedrigendes – dagegen Fleisch zu werden, ist für den Logos eine Sache der äußersten Erniedrigung196. Denn hier ging seine Natur mit einer anderen in eins zusammen, die unter göttlicher Schuldhaft, d.h. unter dem von Adam herrührenden; kata,krima (im Zustand der Verdammung) sich befand.
zu.196. Vgl. mein Werk: Von der Incarnation des göttlichen Wortes, Seiten 19.110.
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

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§ 59. Vom doppelten Stand Jesu Christi Teil.3

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§ 59. Vom doppelten Stand Jesu Christi Teil.3

Von dem Augenblick an, da der Logos Fleisch geworden und der Sohn Gottes eben damit Knechtsgestalt annahm, begann der Zustand der Er-niedrigung und mit ihm zugleich das Werk der Erlösung. Wie sehr schon gleich dieser Akt der Fleischwerdung im Willen des Sohnes Gottes beruhe, zeigt uns Hebr 10,5-10. Hier ist vom Zweck der Ankunft Christi in die Welt die Rede: Gott habe Opfer und Darbringung nicht gewollt, sondern einen Leib Christo zubereitet. Und V.6-7 heißt es dann weiter, daß Christus gesagt durch Davids Mund, was in Ps 40,7ff. weiter geschrieben steht. In diesen Worten, durch die Christus sich bereit erklärt, in die Welt zu kommen, offenbart sich Christi Wille, durch seine Selbstaufopferung Gottes ganzen Ratschluß zu erfüllen, die Feindschaft zwischen uns und Gott aufzuheben und die Gerechtigkeit wiederzubringen: weshalb es auch V.10 heißt: „Ich will predigen die Gerechtigkeit in der großen Gemeinde.“ Auch bei der Taufe spricht Jesus seinen Willen aus, der dahin geht, daß es sich zieme, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Mt 3,15. Johannes des Täufers Wille ist, daß Christus lieber ihn taufe; das wäre jedoch eine Erlösung ohne Genugtuung gewesen. Christus aber will erst Genugtuung leisten, will sich selber erst hineinwerfen in den Tod des Wasserbades, will Gottes gerechter Anforderung, die in dieser Taufe an alles Fleisch erging, genügen, auf daß er Gottes Wohlgefallen sich im Namen der an ihn Glaubenden erwerbe und Gott also zur Rehabilitation herausfordere, die dann auch erfolgte nach Mt 3,17. Die darauffolgende, durch das Festhalten an Gottes Wort siegreich bestandene Versuchung durch Satan (Mt 4; Lk 4) war eine Bewährung an unsrer Statt; in der selbsterwählten, und konsequent von ihm durchgeführten Erniedrigung hat Christus unsere Erlösung beschafft. Auch der Wille seiner Jünger. besonders Petrus, demzufolge Jesus dem Leiden zu Jerusalem aus dem Wege gehen sollte, wird von Jesus abgewiesen. Mt 16,22.23 (σκάνδαλόν μου εἶ). Jesus behauptet seinen auf unsere Errettung abzielenden Willen. Ganz so handelt er in Gethsemane Mt 26,39 und bei der Gefangennahme 26,53.54; Joh 18,8. Auch am Kreuz stirbt Jesus freiwillig; er neigt zuvor das Haupt und stirbt sodann, Joh 19,30. Da erfüllte sich sein Wort: „Niemand nimmt das Leben von mir; – er selber ist es, der seinen Geist in die Hände des Vaters übergibt, Joh 10,17.18. Den gesamten Zustand der Erniedrigung faßt der Hebräerbrief auf Grund von Ps 8,5-7 in das Wort zusammen, daß Jesus geringer gemacht sei, als die Engel, auf daß er den Tod schmecke für alles (ihm Gegebene) Hebr 2,9. In dieser Weise hat er von seinem Lebensanfang bis zum Ende desselben am Kreuze seinen Willen gehorsam dem Willen des Vaters untergeordnet, Phil 2,8. Worauf nun dieser Wille des Vaters im letzten Grunde abzielte – daran wollen wir hier mit den Worten Jesajas nur erinnern Kap 53,10: „Wenn seine Seele ein Schuldopfer wird gebracht haben, so wird er Samen sehen und der Rat des Herrn wird Fortgang haben durch ihn.“ Vgl. Bernhard, In ascensione Domini Sermo III,2: Singularis illa maiestas voluit mori, ut viveremus, servire ut regnaremus, exsulare ut repatriemur et usque ad servilissima opera inclinari, ut constitueret nos super omnia opera sua.
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

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§ 59. Vom doppelten Stand Jesu Christi Teil.4

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§ 59. Vom doppelten Stand Jesu Christi Teil.4

Bernhard hat die Weise, wie die göttliche Natur an der Erniedrigung teilgenommen, treffend angedeutet, nach dem Vorgang von Cyrill (§ 58) und Hilarius in der alten Kirche. Der Erlöser hat alle göttlichen Eigenschaften an sich, aber wie Bernhard treffend bemerkt, er übt sie im Werke der Erlösung mit Anstrengung, was von dem Werke der Schöpfung nicht zu sagen ist.197 In der Tat: was kann hier auch die maiestas ausrichten, wo nur die humilitas das Feld behauptet? Die Beweise für das Wirken der göttlichen Natur, sie liegen in der Krippe; sie begegnen uns dort, wo der Erlöser leidet und bezahlen muß, was er nicht geraubt hat (Ps 69,5); wo er sich durch Geißeln den Rücken aufreißen, beleidigen und ans Kreuz nageln läßt; wo er ruft: „Mich dürstet!“; wo er stirbt und drei Tage im Schoß der Erde liegt! Wir sagen, in diesen Werken hat der Erlöser stärker seine Gottheit bewiesen, als es durch lange Beweisreden über dieselbe je hätte geschehen können. Er tut hier in der Tat nur dasjenige, was er als Schöpfer und Erhalter der Welt je und je getan, wie solches Bernhard in sehr zutreffender Weise hervorhebt in s. Canticum canticorum, sermo VI,3: „Dum in carne et per carnem facit opera non carnis sed Dei, naturae utique imperans superansque fortunam, stultam faciens sapientiam hominum daemonumque debellans tyrannidem, manifeste ipsum se esse indicat, per quem eadem et ante fiebant, quando fiebant. In carne, inquam, et per carnem potenter et patenter operatus mira, locutus salubria, passus indigna, evidenter ostendit, quia ipse sit, qui potenter sed invisibiliter secula condidisset, sapienter regeret, benigne protegeret. Denique dum evangelizat ingratis, signa praebet infidelibus, pro suis crucifixoribus orat, nonne liquido ipsum se esse declarat, qui cum patre suo quotidie oriri facit solem super bonos et malos, pluit super iustos et iniustos?“
zu.197. Bernhard, Sermo XX,2: Multum quippe laboravit in eo salvator, nec in omni mundi fabrica tantum fatigationis auctor assumsit. Illa denique dixit, et facta sunt, mandavit et creata sunt (Ps 33,9). At vero hic et in dictis suis sustinuit contradictores et in factis observatores et in tormentis illusores et iu morte exprobratores. Ecce quomodo dilexit. Ferner vgl. sermo in ferin IV. Hebdomadae sanctae § 13. Vide ergo quam magnificaverit facere tecum illa maiestas. De omnibus, quae in coelo et sub coelo sunt, dixit, et facta sunt (Ps 148,5). Et quid facilius dictu? Sed nunquid solo verbo factum est, cum te quem fecerat refecit? Triginta et tribus annis supra terram visus, et cum hominibus conversatus, etiam habuit in factis calumniatores, in dictis iinsultatores etc. Quare hoc? Quia verbum a sua subtilitate descenderat et grossius acceperat indumentum. Nam verbum caro factum erat, et ideo grossiori et morosiori opere utebatur.
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§ 59. Vom doppelten Stand Jesu Christi Teil.5

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§ 59. Vom doppelten Stand Jesu Christi Teil.5

Bernhard hat die Weise, wie die göttliche Natur an der Erniedrigung teilgenommen, treffend angedeutet, nach dem Vorgang von Cyrill (§ 58) und Hilarius in der alten Kirche. Der Erlöser hat alle göttlichen Eigenschaften an sich, aber wie Bernhard treffend bemerkt, er übt sie im Werke der Erlösung mit Anstrengung, was von dem Werke der Schöpfung nicht zu sagen ist.197 In der Tat: was kann hier auch die maiestas ausrichten, wo nur die humilitas das Feld behauptet? Die Beweise für das Wirken der göttlichen Natur, sie liegen in der Krippe; sie begegnen uns dort, wo der Erlöser leidet und bezahlen muß, was er nicht geraubt hat (Ps 69,5); wo er sich durch Geißeln den Rücken aufreißen, beleidigen und ans Kreuz nageln läßt; wo er ruft: „Mich dürstet!“; wo er stirbt und drei Tage im Schoß der Erde liegt! Wir sagen, in diesen Werken hat der Erlöser stärker seine Gottheit bewiesen, als es durch lange Beweisreden über dieselbe je hätte geschehen können. Er tut hier in der Tat nur dasjenige, was er als Schöpfer und Erhalter der Welt je und je getan, wie solches Bernhard in sehr zutreffender Weise hervorhebt in s. Canticum canticorum, sermo VI,3: „Dum in carne et per carnem facit opera non carnis sed Dei, naturae utique imperans superansque fortunam, stultam faciens sapientiam hominum daemonumque debellans tyrannidem, manifeste ipsum se esse indicat, per quem eadem et ante fiebant, quando fiebant. In carne, inquam, et per carnem potenter et patenter operatus mira, locutus salubria, passus indigna, evidenter ostendit, quia ipse sit, qui potenter sed invisibiliter secula condidisset, sapienter regeret, benigne protegeret. Denique dum evangelizat ingratis, signa praebet infidelibus, pro suis crucifixoribus orat, nonne liquido ipsum se esse declarat, qui cum patre suo quotidie oriri facit solem super bonos et malos, pluit super iustos et iniustos?“
zu.197. Bernhard, Sermo XX,2: Multum quippe laboravit in eo salvator, nec in omni mundi fabrica tantum fatigationis auctor assumsit. Illa denique dixit, et facta sunt, mandavit et creata sunt (Ps 33,9). At vero hic et in dictis suis sustinuit contradictores et in factis observatores et in tormentis illusores et iu morte exprobratores. Ecce quomodo dilexit. Ferner vgl. sermo in ferin IV. Hebdomadae sanctae § 13. Vide ergo quam magnificaverit facere tecum illa maiestas. De omnibus, quae in coelo et sub coelo sunt, dixit, et facta sunt (Ps 148,5). Et quid facilius dictu? Sed nunquid solo verbo factum est, cum te quem fecerat refecit? Triginta et tribus annis supra terram visus, et cum hominibus conversatus, etiam habuit in factis calumniatores, in dictis iinsultatores etc. Quare hoc? Quia verbum a sua subtilitate descenderat et grossius acceperat indumentum. Nam verbum caro factum erat, et ideo grossiori et morosiori opere utebatur.
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