Schaffet, daß ihr selig werdet,...(Phil. 2,12)

Lehrfragen in Theorie und Praxis - also alles von Bibelverständnis über Heilslehre und Gemeindelehre bis Zukunftslehre

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Dirk
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Schaffet, daß ihr selig werdet,...(Phil. 2,12)

Beitrag von Dirk »

Diese Textstelle wird in der Schlachter etwas sanft mit "verwirklicht eure Rettung,..." wiedergegeben, aber wenn ich einen Blick auf den griech. Text lege, dann scheint die Luther-Übersetzung "schaffet" (im Sinne von "arbeitet") und "selig" (im Sinne von "errettet werden"), den Nagel beser auf den Kopf zu treffen.
Aaalso, hier meine Frage: In der Regel habe ich kein Problem mit Stellen, die nach Werkegerechtigkeit aussehen (z.B. Mt. 25 und Jak. 2,13 etc.), da ich überzeugt bin, dass GOTT es ist, der alles in den Auserwählten wirken wird. Doch mit der Philipper-Stelle habe ich ein Problem, da hier die Kausalität im Sinne einer Werkegerechtigkeit "verdreht" zu sein scheint: Das Schaffen bewirkt hier offensichtich die Seligkeit. Hat jemand eine gute Erklärung für diese Stelle? ??!

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Enrico
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Beitrag von Enrico »

Vielleicht dass wir nun nachdem wir uns errettet wähnen...nicht ganz so selbstsicher im Sessel zurücklehnen und meinen es kann ja nun nichts mehr passieren ???
Gibt noch so eine interessante Bibelstelle wo sich dass nachdenken darüber lohnt

Ich weiß deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist. Ach, daß du kalt oder warm wärest! 16So aber, weil du lau bist und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde. 17Denn du sprichst: Ich bin reich und habe Überfluß und bedarf nichts! und weißt nicht, daß du elend und erbärmlich bist, arm, blind und bloß!(Offenbahrung 3 vers 15)

Interessant ist an diesem Wort dass Jesus diese Gemeinde offensichtlich schon in seinem Mund genommen hat...denn sonst könnte ER sie ja nicht wieder ausspeien wenn sie nicht in seinem Munde wäre....

Im selben Kontext steht dann auch die Begründung und ich denke es dürfte sich hierbei auch um die gleiche Begründung handeln wie dieser der von Dir erwähnte Bibelvers. :wink:

der Lösungsansatz deiner Fragestellung, wäre dann auch ganz einfach, wie anschliessend Jesus zur Gemeinde sagt:

vers 18:

Ich rate dir, von mir Gold zu kaufen, das im Feuer geglüht ist,
damit du reich werdest, und weiße Kleider,
damit du dich bekleidest und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde, und Augensalbe, um deine Augen zu salben, damit du sehest.
19Welche ich liebhabe, die strafe und züchtige ich. So sei nun fleißig und tue Buße! 20Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, so werde ich zu ihm hineingehen und das Nachtmahl mit ihm einnehmen und er mit mir. 21Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mit meinem Vater sitze auf seinem Thron.
22Wer ein Ohr hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!

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andy
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Beitrag von andy »

Hallo Dirk,

ich meine, daß unser "Schaffen" und unser "Streben" sehr wohl gefragt ist, allerdings zum Erhalt und zum Wachstum unserer Beziehung zu dem, der alles vermag. Er vollbriongt letzten Endes alle Werke (außer denen, die schlußendlich im Feuer vergehen werden ;o).

Es gibt weitere Stellen, die danach klingen, als sollten wir uns "anstrengen":

1. Korinther 12,31: Strebt aber eifrig nach den vorzüglicheren Gnadengaben, und ich will euch einen noch weit vortrefflicheren Weg zeigen[...]
1. Korinther 14,1: Strebt nach der Liebe, doch bemüht euch auch eifrig um die Geisteswirkungen; am meisten aber, daß ihr weissagt!
1. Korinther 14,12: Also auch ihr, da ihr eifrig nach Geisteswirkungen trachtet, strebt danach, daß ihr zur Erbauung der Gemeinde Überfluß habt!
1. Korinther 14,39: Also, ihr Brüder, strebt danach, zu weissagen, und das Reden in Sprachen verhindert nicht.

Auch wenn diese Stellen von Gaben sprechen und nicht von Errettung, so ist dennoch auch in diesen Fällen klar, daß wir uns keine Gabe verdienen können. Dennoch sollen wir danach "streben" und nicht einfach darauf warten, daß sie von alleine kommt.

Im weiteren Kontext wird klar, daß wir keinen direkten Zugang zu Gaben haben, weil ja jede gute Gabe und jedes Geschenk ("jede" Gabe schließt die Errettung mit ein, die durchaus eine "Gabe" ist, z.B. Epheser 2,8) von oben herab kommt (Jakobus 1,17).

Somit bleibt uns nur eine einzige Schlußfolgerung, die in Jakobus 4,7-8.10 deutlich zum Ausdruck kommt:
So unterwerft euch nun Gott! Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch; naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch! Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid! [...] Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhen.
Gott gibt uns die Kraft und das Wollen, dem Teufel zu widerstehen, und ihm zu nahen, und zu heiligen und uns zu demütigen. Er schenkt auch das Vollbringen dieser Dinge, aber: Wir müssen dabei mitwirken (auch wenn jetzt wieder einige aufschreien werden). In 2. Korinther 8,10-12 lesen wir:
Und ich gebe hierin einen Rat: Es ist gut für euch, weil ihr nicht nur das Tun, sondern auch das Wollen seit vorigem Jahr angefangen habt, daß ihr jetzt auch das Tun vollbringt, damit der Bereitschaft des Willens auch das Vollbringen entspricht, aus dem, was ihr habt. Denn wo die Bereitwilligkeit vorhanden ist, da ist einer wohlgefällig entsprechend dem, was er hat, nicht entsprechend dem, was er nicht hat.
Solche Worte der Ermahnung würden wir nicht lesen, wenn unsererseits keine Reaktion gefragt wäre. Wie sollen wir nun also nach Gottes Gabe der Errettung und nach anderen Gaben streben? Indem wir und demütigen, uns ihm nahen und in dieser engen Beziehung zu ihm alles aus dem Weg räumen, was unsere Bereitwilligkeit oder unser Tun beeinträchtigt (d.h. wir sollen uns heiligen und dem Teufel widerstehen, so daß die Sünde keinen Raum gewinnt).

Für unseren Verstand nicht zu fassen

Letzten Endes ist dies eines der Spannungsfelder in der Schrift, die wir mit unserem Verstand nicht lösen können. Gott wirkt unsere Errettung, aber wir sollen sie mit Furcht und Zittern "schaffen" (Philipper 2,12). Jesus ist 100% Gott und gleichzeitig 100% Mensch. Wissenschaftlich ist das unhaltbar, denn die mathematische Folge hiervon wäre "Gott = Mensch", was natürlich Quatsch ist. Die Bibel wurde ebenfalls zu 100% von Menschen niedergeschrieben (deren stilistische Eigenheiten klar erkennbar sind) und gleichzeitig zu 100% von Gott verfaßt. Gott ist ein Gott und zugleich ist er drei Personen. Und so weiter. Die in der Bibel vorliegenden Informationen sind durch unser noch so genaues Studium und alle angewandte Logik nicht miteinander in Einklang zu bringen. In Gott sind Dinge vereint, die wir für gegensätzlich halten. Hier eine letztendliche Klärung durch menschliche Überlegung zu erhoffen, grenzt an Größenwahn ;o)

Gottes Segen für die neue Arbeitswoche,

Andy
Zuletzt geändert von andy am 24.11.2008 14:01, insgesamt 1-mal geändert.

Gast

Beitrag von Gast »

andy hat geschrieben:
Für unseren Verstand nicht zu fassen

Letzten Endes ist dies eines der Spannungsfelder in der Schrift, die wir mit unserem Verstand nicht lösen können. Gott wirkt unsere Errettung, aber wir sollen sie mit Furcht und Zittern "schaffen" (Philipper 2,12).
..............
Die in der Bibel vorloegenden Informationen sind durch unser noch so genaues Studium und alle angewandte Logik nicht miteinander in Einklang zu bringen. In Gott sind Dinge vereint, die wir für gegensätzlich halten.
Hallo Andy,

IMHO hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen. Das Wort Gottes ist dynamisch und zielt auf eine Wirkung ab. Es ist Geist. Es ist ein Mittel durch das Gott unser Heil erwirkt, nicht unseren Informations- und Spekulationshunger befriedigt.

Schon bei oberflaechlicher Lektuere der Schrift wird diese Spannung zwischen Versprechen der Gnade auf der einen und Aufordern zum Handeln bzw. Drohen der Strafe deutlich. Beides ist Gottes Wort und beides ist wahr. Es handelt sich um Gesetz und Evangelium. Beides ist wahr aber es muss unterschieden werden.

Ich zitiere http://de.wikipedia.org/wiki/Wort_Gotte ... Evangelium :
Besonders nach lutherischer Lehre wird das Wort Gottes unterschieden nach Gesetz und Evangelium. Dabei bedeutet Gesetz die Ansprache Gottes an den Menschen, die diesen mit seinem Sollen konfrontiert und ihn sich als Sünder erkennen lässt, der das von ihm Geforderte schlechterdings nicht zu erfüllen vermag. Auf diesem Hintergrund erscheint als Evangelium die zweite Ansprache an den Sünder, die ihn darauf verweist, dass in Jesus Christus alle Forderungen des Gesetzes schon erfüllt sind und er nur ganz darauf vertrauen muss, um vor Gott als gerecht dazustehen

Siehe auch http://www.reformiert-info.de/side.php? ... =56&navi=3

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