Mein Glaube oder der Glaube des Christus?

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Benny84
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Registriert: 20.11.2008 14:22

Mein Glaube oder der Glaube des Christus?

Beitrag von Benny84 »

Da es in einem anderen Thread auch gerade um das Thema "Rechtfertigung" geht, viel mir eine Stelle ein, die zwei Varianten der Übersetzung bereithält und dabei m.E. völlig gegenseätzliche Dinge darstellen.

Philipper 3,9:

Elberfelder Übersetzung
...indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist, sondern die durch den Glauben AN Jesus Christus, die Gerechtigkeit aufgrund des Glaubens...

Elberfelder Übersetzung (Fußnote)
...indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist, sondern die durch den Glauben Christi, die Gerechtigkeit aufgrund des Glaubens...

Im Grundtext fehlt das griechische Wort für "an".
Die eine Übersetzung legt nahe, dass ich nicht durch Gesetz sondern durch MEINEN Glauben AN Jesus Christus "gerechtfertigt" werde.
Die andere Übersetzung legt dagegen nahe, dass ich nicht nur nicht durch Gesetz gerechtfertigt werde, auch nicht durch MEINEN Glauben, sondern nur durch den Glauben Christi.

Um was geht es hier und was will der Apostel Paulus damit sagen? Ist dies ein Widerspruch?

mfg

Benny

Gast

Beitrag von Gast »

Auch MEIN GLaube entspringt ja nicht aus mir selber. Die Quelle des Glaubens ist nicht in mir sondern in Gott, der den Glauben wirkt und staerkt durch sein Wort und die Sakramente.

Von daher geht es hier schon um den Glauben im Herzen des MEnschen, nicht um den Glauben, den die Person Christus selber ausuebte und ausuebt. Der Glaube, der Christus zum Inhalt hat. Und eben von Christus selber kommt.

Das unterstreichen auch die Verse 8 und 10 in denen von der Erkenntnis des Christus die Rede ist. Diese Erkenntnis ist ja im Herzen des Paulus, nicht - im Sinne einer Selbsterkenntnis - in Christus selber.

Benny84
Beiträge: 20
Registriert: 20.11.2008 14:22

Beitrag von Benny84 »

Ich habe noch weiterlesen. In Galater 2,26 steht das Gleiche.

Wenn mein Glaube nicht mir selbst entspringt sondern Christus, warum dann die Forderung an ihn zu glauben?
Kann ich das demnach überhaupt?

Gast

Beitrag von Gast »

Benny84 hat geschrieben: Wenn mein Glaube nicht mir selbst entspringt sondern Christus, warum dann die Forderung an ihn zu glauben?
Kann ich das demnach überhaupt?
Jein!

Glaube hat seinen Ursprung in Gott selber:
Eph 2:8 Denn durch die Gnade seid ihr gerettet, vermittels des Glaubens, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es;
Gott wirkt ihn durch sein Wort:
1Pe 1:23 als die da wiedergeboren sind nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, durch das lebendige und bleibende Gotteswort!

Aber deswegen ist es trotzdem unser Glauben und wir muessen ihn "anwenden" oder muessen glauben und vertrauen.

Hier haben wir einen weiteren Bereich der biblischen Lehre, wo wir zwei Aussagen gleichzeitig haben, die sich in unserer Logik widersprechen:

A: Glaube und mehr allgemein unser Heil ist allein das Werk Gottes und kommt nicht aus uns. Ja die Schrift spricht uns gar den Willen und das Vermoegen ab uns Gott zuzuwenden.
B: die Schrift ruft uns auf, uns Gott zuzuwenden, ihn anzunehmen und an das Heil in Christus zu glauben. Sie tut das wie als ob es ihn unserer Macht staende uns Gott auszusuchen. Obwohl sie diese Behauptung NIE direkt aufstellt, sondern - siehe A - das Gegenteil behauptet.
Benny84 hat geschrieben:Ich habe noch weiterlesen. In Galater 2,26 steht das Gleiche.
In meiner Bibel gibt es nicht Galater 2,26.

Benny84
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Beitrag von Benny84 »

Ich meinte natürlich Galater 2,16.

Deine Argumentationen kann ich nachvollziehen. Diese Spannung in der Bibel ist vorhanden.

Phil 3,9 und Gal 2,16 beschreiben dem Grundtext nach den Glauben DES Christus. In den Versen geht es um Rechtfertigung. Dies hatte mich in meinen Überlegungen zu Römer Kapitel 5. Kann ich diese Verse mit diesem Kapitel zusammenbringen?
Röm 5,18 schreibt, dass durch Adams Übertretung für alle Menschen die Verdammnis kam, so auch durch eine Gerechtigkeit für alle zur "Rechtfertigung" des Lebens. Auch hier geht es um Rechtfertigung, die scheinbar (wie Gal und Phil) außerhalb des Menschen liegt.

Glaube und Rechtfertigung sind zwei verschiedene Dinge. Wie sieht es mit der Rechtfertigung aus?

Gast

Beitrag von Gast »

Benny84 hat geschrieben:Ich meinte natürlich Galater 2,16.

Deine Argumentationen kann ich nachvollziehen. Diese Spannung in der Bibel ist vorhanden.

Phil 3,9 und Gal 2,16 beschreiben dem Grundtext nach den Glauben DES Christus. In den Versen geht es um Rechtfertigung. Dies hatte mich in meinen Überlegungen zu Römer Kapitel 5. Kann ich diese Verse mit diesem Kapitel zusammenbringen?
Röm 5,18 schreibt, dass durch Adams Übertretung für alle Menschen die Verdammnis kam, so auch durch eine Gerechtigkeit für alle zur "Rechtfertigung" des Lebens. Auch hier geht es um Rechtfertigung, die scheinbar (wie Gal und Phil) außerhalb des Menschen liegt.

Glaube und Rechtfertigung sind zwei verschiedene Dinge. Wie sieht es mit der Rechtfertigung aus?
Hallo Benny,

Aus der Wuppertaler Studienbibel zu Gal. 2,16:

Dieselbe - die WSB - uebersetzt "durch den Glauben an Jesus Christus" aber fuehrt auf:

Wörtlich: "durch Glauben Jesu Christi", was sprachlich auch heißen könnte: durch den Glauben (d.h. durch die Treue, wie 5,22), den Jesus Christus übte. Aber sicher ist Christus in diesem Vers jedesmal Glaubensobjekt, wie die Fortsetzung sofort klarmacht: "auch wir sind zum Glauben an Christus Jesus gekommen". Außerdem steht die Wendung deutlich den "Werken des Gesetzes" gegenüber, ebenfalls als Genitivus objectivus zu verstehen: nicht Werke, die das Gesetz tut, sondern die der Mensch im Hinblick auf das Gesetz und dem Gesetz gemäß tut.

Was ist dein Thema mit Romer 5? Ich verstehe nicht ganz was Du sagen willst oder wo du eine Unvereinbarkeit siehst.

Oliver
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Registriert: 12.04.2005 22:20
Wohnort: Tübingen

Beitrag von Oliver »

Vom griechischen Text her sind beide Übersetzungen möglich. Der griechische Genitiv kann sowohl 'des Christus' als auch 'an Christus' bedeuten. (Für alle, die Latein gelernt haben, 'G. subiectivus' und G. obiectivus'.) Es muss deshalb aus dem Textzusammenhang entschieden werden, welche richtig ist. Dabei ist es auch möglich, dass beide gemeint sind; dies ist aber selten.

Gruss

Oliver

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