Was sagt die Schrift über die Juden?

Lehrfragen in Theorie und Praxis - also alles von Bibelverständnis über Heilslehre und Gemeindelehre bis Zukunftslehre

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Gast

Beitrag von Gast »

Mephiboscheth hat geschrieben: Diese Ideologie wurzelt im Islam, den ich- geistlich gesehen- als Meisterinstrument Satans betrachte, um Menschen in seinem Reich zu verblenden frei nach dem eingravierten Spruch auf dem Ring in "Herr der Ringe": eine Religion sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden!
Deine Gedanken ueber den Islam halte ich fuer zweifelhaft aber das ist ein anderes Thema.

Zurueck zur juedischen Religion: Ist ein juedischer Glaubiger dem Glauben an Jesus Christus - dem einzigen Weg zu Gott dem Vater - naeher als ein Muslim? Oder als ein Hindu, Buddhist?

Gast

Beitrag von Gast »

tschilli hat geschrieben:
Deine Gedanken ueber den Islam halte ich fuer zweifelhaft aber das ist ein anderes Thema.

Zurueck zur juedischen Religion: Ist ein juedischer Glaubiger dem Glauben an Jesus Christus - dem einzigen Weg zu Gott dem Vater - naeher als ein Muslim? Oder als ein Hindu, Buddhist?
Zum ersten Satz: Danke für die Blumen, das würde auch jeder Muslim oder Spiegelautor behaupten.
Zur Frage: Ja- wenn er Dir begegnet :lol:
M.

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Beitrag von Gast »

Mephiboscheth hat geschrieben: Zur Frage: Ja- wenn er Dir begegnet :lol:
Ha, ha, sehr lustig.

Aber das war leider die falsche Antwort. Kandidat M 0 Punkte.

Du weisst auch, dass es nach neutestamentlichem Zeugnis nur einen Weg zu Gott gibt: der Glaube an Jesus Christus. Ein neuzeitlicher juedischer Glaubiger, dessen Glaube NICHT identisch ist mit dem alttestamentlichen Glauben, ist genauso wie ein Muslim, Hindu und so weiter ein Unglaubiger. Geht, so er sich nicht bekehrt, verloren und gehoert nicht zu Gottes Volk. Das HErz Gottes, der Augapfel Gottes, als das du den Staat Israel bezeichnet hast, ist die Gemeinde.

Alle nichtchristlichen Religionen sind diabolisch und dienen dazu die Menschen zu binden. Islam genauso wie die heutige juedische Religion.

Gast

Beitrag von Gast »

Mephiboscheth hat geschrieben:Hi,
bleiben wir doch beim Thema, dem aktuellen Konflikt.
M., Du weisst genau, dass es theologische Denkvoraussetzungen sind, die unsere Wahrnehmung diese Konfliktes ausmachen. D.h. es macht eigentlich mehr Sinn ueber Theologie zu diskutieren als darueber, was genau wir jetzt vom Gazakrieg zu halten haben.

Es geht hier uebrigens nicht um Bundestheologie vs. Dispensationalismus. Das Thema ist viel aelter. Gerade fuer die fruehe Kirche des zweiten und dritten Jarhunderts war die Frage der Beziehung zu den Juden und die Frage, wer denn nun Gottes Volk ist, ein wichtiges Thema. Der katholische Konsensus damals war, dass die Gemeinde das Volk Gottes ist und nicht Israel nach dem Fleisch. Warum muessen wir dahinter zurueckgehen?

Viele Gruesse,
Till

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Sanftwut
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Beitrag von Sanftwut »

tschilli hat geschrieben:
Zurueck zur juedischen Religion: Ist ein juedischer Glaubiger dem Glauben an Jesus Christus - dem einzigen Weg zu Gott dem Vater - naeher als ein Muslim? Oder als ein Hindu, Buddhist?
ein jüdischer Gläubiger ist auf jedenfall bevorzugt, wie es auch Paulus in Römer 2,17 ff beschreibt. Er hat das Wort Gottes (AT), er gehört zum irdschen Volk Gottes, aber er ist genauso verloren und sündig wie ein Heide. Jeder Mensch braucht Christus als Erlöser.
Nach der Entrückung der Gemeinde, wenn das Evangelium des Reiches wieder verkündigt wird, wird allerdings die Errettung der Menschen einen anderen Charakter erhalten, wobei das Kreuz immer die Grundlage des Evangeliums bleibt, egal zu welcher Heilsepoche es verkündigt wird.

Gruß
Sanftwut

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Sanftwut
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Beitrag von Gast »

Sanftwut hat geschrieben:
ein jüdischer Gläubiger ist auf jedenfall bevorzugt, wie es auch Paulus in Römer 2,17 ff beschreibt. Er hat das Wort Gottes (AT), er gehört zum irdschen Volk Gottes, aber er ist genauso verloren und sündig wie ein Heide.
Gibt es heute noch das juedische Volk wie zur Zeit Paulus? Und gibt es heute noch juedische Glaubige wie damals als der Tempel noch stand?

Kannst Du mir eine neutestamentliche Stelle nennen, die eine Unterscheidung zwischen einem irdischen und einem nicht-irdischem Volk Gottes beschreibt?

Schreibt doch Paulus sogar ueber das alttestamentarische Israel:
Rom 9:6 Denn nicht alle, die von Israel abstammen, sind Israel;

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Sanftwut
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Beitrag von Sanftwut »

tschilli hat geschrieben:[Gibt es heute noch das juedische Volk wie zur Zeit Paulus? Und gibt es heute noch juedische Glaubige wie damals als der Tempel noch stand.
Zumindest macht Paulus in 1. Kor.10.32 folgende Unterscheidung:
"Seid unanstößig sowohl für Juden, als auch für Griechen, als auch für die Gemeinde Gottes"
Warum sollte diese Dreiteilung bis heute nicht Bestand haben?
Im übrigen beschreibt Paulus in Römer 11 den Status des Volkes Israel. Dazu noch einige Ausführungen zu den Schlüsselversen in diesem Kapitel:(Quelle:soundwords)
Nun beginnt Paulus das 11. Kapitel mit der Frage: „Hat Gott etwa sein Volk verstoßen?“ Will Gott grundsätzlich nichts mehr mit Israel zu tun haben? Ist Israel für ihn erledigt? Das ist durchaus nicht der Fall. Wie würde Gott sonst Menschen wie z. B. Paulus gerettet haben? Gott hat sich in Israel immer einen Überrest erhalten, wie anhand der Geschichte des Elias deutlich wird. Und das war auch der Fall, als Paulus diesen Brief schrieb: „So besteht nun auch in der jetzigen Zeit ein Überrest nach Auswahl der Gnade“ (11,5). Diese „Auserwählten“ haben nicht etwa deshalb Gnade empfangen, weil sie zum Volk Israel gehörten oder sich durch eigene Werke Gerechtigkeit erworben hätten, sondern weil sie die Gnade, die Gott ihnen anbot, im Glauben annahmen. Dem übrigen Teil des Volkes gab Gott einen Geist der Betäubung, Augen, mit denen sie nicht sehen können, und Ohren, mit denen sie nicht hören können, und das bis auf den heutigen Tag (11,1-10).

Noch einmal stellt er die Frage: „Sind sie etwa gestrauchelt, damit sie fallen sollten?“ Bedeutet ihr Irrweg ihren endgültigen Fall, die unwiederbringliche Auflösung des Volkes und Staates Israel? Nein, Gott wird seine Verheißungen an Abraham erfüllen. Israel hat als Volk eine Zukunft. Das ist die klare Botschaft dieses Kapitels. Das damalige Abweichen Israels von Gott hat dazu geführt, dass die frohe Botschaft der Errettung allen Völkern verkündigt wurde. Israels Verirrung war die Ursache für den Reichtum der Welt, d. h. dass die Reichtümer des Segens den gläubigen Heiden zuteil wurden. Was wird es dann für ein Segen für die gesamte Welt sein, wenn Israel in Zukunft wieder als Volk von Gott angenommen wird! (11,11-15).

Die nun folgenden Verse wollen wir uns etwas genauer ansehen:

Wenn aber der Erstling heilig ist, so auch die Masse [o. der Teig]; und wenn die Wurzel heilig ist, so auch die Zweige (11,16).

Paulus gebraucht in diesem Vers zwei Bilder, um die bisherigen Darlegungen zu untermauern. Das Bild vom Erstling und der Masse ist der Ernte entnommen. Bevor Israel von der Gersten- oder Weizenernte essen durfte, mussten die ersten Früchte Gott als Opfer dargebracht werden. Wenn die Erstlinge auf diese Weise geheiligt waren, war die gesamte Ernte gleichsam Gott, der sie gegeben hatte, geweiht. Danach durfte das Volk davon essen. So ist es auch bei einem Baum: Wenn die Wurzel heilig ist, trifft das auch auf seine Zweige zu, die aus der Wurzel hervorgekommen sind und ihren Lebenssaft daraus ziehen. Es liegt nahe, sowohl beim Erstling als auch bei der Wurzel an den Stammvater des Volkes Israel zu denken, an Abraham, den Gott für sich abgesondert hat und auf diese Weise auch das gesamte Volk.

Wenn aber einige der Zweige ausgebrochen worden sind, du aber, der du ein wilder Ölbaum warst, unter sie eingepfropft und der Wurzel und der Fettigkeit des Ölbaums mit teilhaftig geworden bist ... (11,17).

Hier ist von einem edlen und einem wilden Ölbaum die Rede. Der edle Baum bezeichnet die Linie des Segens, und der wilde Baum steht für die Nationen oder Menschen, die keinen Anteil an dem Segen hatten. Als Israel den Messias verwarf, wurden Zweige aus dem edlen Baum ausgebrochen; nur einige wenige Zweige wie z. B. Paulus und alle, die gerettet werden sollten, blieben an dem Baum und damit in der Linie des Segens. Außerdem kamen Menschen aus den Heiden dazu. Sie wurden als wilde Zweige in den edlen Baum eingepfropft.[3] Es ist also keine Rede davon, dass die Gläubigen aus den Nationen nun die Stelle des Volkes Israel einnahmen. Das irdische Volk Israel wurde zwar beiseite gesetzt, doch das himmlische Volk der Gemeinde trat nicht exakt an seine Stelle. Wohl nehmen seitdem die Gläubigen aus den Nationen an der Fettigkeit des Ölbaums, Segensfluss teil, der mit Abraham seinen Anfang genommen hat (11,17).

... so rühme dich nicht gegen die Zweige. Wenn du dich aber gegen sie rühmst – du trägst nicht die Wurzel, sondern die Wurzel dich. Du wirst nun sagen: Die Zweige sind ausgebrochen worden, damit ich eingepfropft würde. Recht; sie sind ausgebrochen worden durch den Unglauben; du aber stehst durch den Glauben. Sei nicht hochmütig, sondern fürchte dich; denn wenn Gott die natürlichen Zweige nicht verschont hat – dass er auch dich etwa nicht verschonen werde (11,18-21).

Nun folgt eine ernste Warnung an die Christenheit in ihrer Gesamtheit. Sie soll sich bewusst sein, dass ihr nur deshalb das Heil angeboten geworden ist, weil Israel für eine Zeit verstockt wurde. Wie angebracht war diese Warnung für die Christen in all den Jahrhunderten. Für den Fall des Hochmuts wurde der Christenheit angedroht, dass sie nicht verschont werden würde.[4]

Sieh nun die Güte und die Strenge Gottes: gegen die, die gefallen sind, Strenge; gegen dich aber Güte Gottes, wenn du an der Güte bleibst; sonst wirst auch du ausgeschnitten werden. Auch jene aber, wenn sie nicht im Unglauben bleiben, werden eingepfropft werden; denn Gott vermag sie wiederum einzupfropfen. Denn wenn du aus dem von Natur wilden Ölbaum ausgeschnitten und gegen die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft worden bist, wie viel mehr werden diese, die natürlichen Zweige, in ihren eigenen Ölbaum eingepfropft werden! (11,22-24).

Die Briefempfänger und wir heutzutage mit ihnen sollen das Handeln Gottes betrachten, seine Güte und seine Strenge. Mit Israel ist Gott streng verfahren, er hat das Volk nicht länger als ein Zeugnis seiner Rechte und Heiligkeit und seines Segens gebrauchen können. Und welche Güte hat er den Gläubigen aus den Nationen zugewandt! Doch bleiben sie sich bewusst, dass es allein Güte ist, die sie aufrecht erhält, und dass sie nichts aufzuweisen haben, worauf sie stolz sein können? Und doch: Obwohl das Volk Israel jetzt noch in seiner Gesamtheit im Unglauben verharrt, werden sie doch wieder eingepfropft werden, wenn sie zur Buße und zum Glauben kommen. Gott vermag das zu bewirken, und er wird es tun. Hier haben wir also eine glasklare Verheißung, dass Israel einmal wieder am Segen teilhaben wird.

Denn ich will nicht, Brüder, dass euch dieses Geheimnis unbekannt sei, damit ihr nicht euch selbst für klug haltet: dass Verhärtung Israel zum Teil widerfahren ist, bis die Vollzahl [o. Fülle] der Nationen eingegangen ist; und so wird ganz Israel errettet werden, wie geschrieben steht: „Aus Zion wird der Erretter kommen, er wird die Gottlosigkeiten von Jakob abwenden; und dies ist für sie der Bund von mir, wenn ich ihre Sünden wegnehmen werde“ (11,25-27).
Damals war es ein Geheimnis, dass Israel eines Tages errettet werden würde. Heute ist es eigentlich kein Geheimnis mehr, denn es gibt bereits seit mehr als 50 Jahren wieder einen Staat Israel. Doch die endgültige Wiederherstellung Israels kann erst erfolgen, wenn „die Vollzahl der Nationen eingegangen“ ist. Die „Vollzahl der Nationen“ ist eine Bezeichnung für eine bestimmte Anzahl von Menschen, die Gott vor aller Ewigkeit auserwählt hat, damit sie errettet und seiner Gemeinde hinzugefügt werden sollten. Wenn der letzte errettet ist, ist die Zahl derer vollständig, die Gott für den Empfang der Segnungen vorgesehen hat. Konkret fällt das Erreichen der „Vollzahl“ mit der Entrückung der Gemeinde, wie sie in 1. Thessalonicher 4,14ff. beschrieben wird, zusammen – doch das ist jetzt nicht unser Thema. Danach wird ganz Israel errettet, das bedeutet, dass Gott aus einem Überrest ein neues Volk Israel bilden wird, das er dann zur Gesamtheit dieses Volkes macht. Es bedeutet zugleich, dass alle Juden, die sich nicht willig bekehren, in den Gerichten umkommen werden; alle Juden, die lebend ins Reich eingehen, werden Gerechte sein (Jes 60,21) und alle Sünder in Israel werden ausgerottet (Am 9,10).

Wir erleben heute, wie gesagt, vor unseren Augen die Erfüllung der Verheißungen Gottes. Aus der Vision der Totengebeine in Hesekiel 37 ist deutlich, dass die Wiederherstellung des Volkes Israel in zwei Phasen verlauft: Zuerst die nationale Wiederherstellung Israels (V. 7.8) und zu einem späteren Zeitpunkt seine geistliche Wiederherstellung (V. 9.10). Dasselbe finden wir im Gleichnis vom Feigenbaum, das der Herr Jesus in seiner letzten großen Endzeitrede über Israel gesagt hat: Zuerst würden im Frühjahr die Zweige des Baums weich werden und später würde er im Sommer Frucht bringen (Mt 24,32-34).

Ganz Israel wird errettet! Das geschieht in dem Augenblick, wo der Erretter aus Zion kommt, wo Christus als König seines Volkes erscheinen wird und Israel die Versöhnung anbietet. Gibt es noch einen Zweifel an der Wiederherstellung des Volkes Israel?

Hinsichtlich des Evangeliums sind sie zwar Feinde, um euretwillen, hinsichtlich der Auswahl aber Geliebte, um der Väter willen. Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar (11,28.29).

Über eine lange Zeit haben sich die Juden als Feinde des Evangeliums erwiesen, und zwar bis auf den heutigen Tag. Das ist den Gläubigen aus den Nationen zugute gekommen. Doch ihre zeitweise Verwerfung ändert nichts daran, dass Gott sein Volk wieder in den Segen einführen wird. Gott wird die Verheißungen, die er Abraham vor etwa 3000 Jahren gegeben hat, erfüllen. Die Gnadengaben, die Abraham allein aus Gnaden und nicht aufgrund eines Verdienstes gegeben wurden, sind unbereubar. Die Berufung Abrahams und damit auch des Volkes Israel kann durch nichts annulliert werden.

Denn wie ihr einst Gott nicht geglaubt [o. gehorcht] habt, jetzt aber unter die Begnadigung [o. Barmherzigkeit] gekommen seid durch deren Unglauben [o. Ungehorsam], so haben auch jetzt diese an eure Begnadigung nicht geglaubt, damit auch sie unter die Begnadigung kommen. Denn Gott hat alle zusammen in den Unglauben [o. Ungehorsam] eingeschlossen, um alle zu begnadigen [eig. um sich aller zu erbarmen] (11,30-32).

Früher, vor ihrer Bekehrung, haben die Menschen, die Gott aus den Heiden errettet hat, ihm nicht geglaubt. An solchen Menschen hat Gott seine Gnade und Barmherzigkeit groß gemacht. Voraussetzung dazu war der Unglaube Israels. Und weil die Juden nun ungläubig sind, nicht zuletzt deshalb, weil sie nicht an die Begnadigung der Heiden geglaubt haben, werden sie eines Tages selbst unter die Begnadigung kommen. Somit werden einmal alle in den Unglauben eingeschlossen sein, und deshalb wird Gott sie begnadigen. Gott wird sich durch seine unbegreifliche Gnade verherrlichen.

Damit ist der Beweis erbracht, dass Gott zu verschiedenen Zeiten auf verschiedene Weise mit verschiedenen Menschengruppen handelt. Wie ist es möglich, dass viele Theologen Römer 11 anders gelesen haben?

Gruß
Sanftwut
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Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Sanftwut,

Danke fuer deinen Beitrag. Bevor wir uns ein paar Verse in Roemer 11 nochmal anschauen und eine alternative Interpretation betrachten, moechte ich auf ein paar Punkte hinweisen:
Sanftwut hat geschrieben: Damals war es ein Geheimnis, dass Israel eines Tages errettet werden würde. Heute ist es eigentlich kein Geheimnis mehr, denn es gibt bereits seit mehr als 50 Jahren wieder einen Staat Israel.
Als Paulus den Roemerbrief schrieb, gab es den alttestamentarischen juedischen Staat - so weit man in Bezug auf das erste Jahrhundert von "Staaten" sprechen kann - inklusive seiner religioesen Institutionen, vor allem dem Tempel, noch. D.h. von einem Geheimnis, das mit der zukuenftigen Wiederherstellung dieses Staates, zusammenhaengt zu sprechen, waere fuer Paulus unsinning gewesen. Dass Paulus hier prophetisch von einer Bekehrung vieler Juden zu Christus am Ende der Zeiten spricht, koennte veragumentiert werden. Ich bezweifle auch das, aber diese Interpretation ist moeglich. Das Paulus von dem Wiederherstellen eines juedischen Staatsgebildes spricht ist wilde Spekulation.

Sanftwut hat geschrieben: Ganz Israel wird errettet! Das geschieht in dem Augenblick, wo der Erretter aus Zion kommt, wo Christus als König seines Volkes erscheinen wird und Israel die Versöhnung anbietet. Gibt es noch einen Zweifel an der Wiederherstellung des Volkes Israel?
Wie haben wir uns dieses "Volk Israel" vorzustellen? Religioes definiert, d.h. als alle Anhaenger der juedischen Religion? Oder uebers Blut definiert, d.h. alle Nachkommen von Isaak? Inklusive der verlorenen Staemme. Paulus schrieb im ersten Jahrhundert. Die Realitaet von der er ausging, gibt es nicht mehr. Zwar gibt es unter den sich als juedisch definierenden Menschen eine - durch das Verbot der Heirat Aussenstehender bedingte - erstaunliche geringe DNA Diversifizierung, aber von der ethnisch-religioesen Einheit des juedischen Volkes wie sie uns das AT aus einer Zeit der Stammesgesellschaften berichtet, kann bei den heutigen Juden keine Rede sein. Der Begriff des Volkes ist nicht wissenschaftlich. Es gibt keine Voelker. Auch die Religion bringt uns nicht weiter, denn viele sich als ethnisch juedisch sehende Menschen folgen nicht der juedischen Religion. Eine Wiederherstellung des juedischen Staates als ethnisch-religioese Einheit entsprechend dem AT zu erwarten, macht einfach keinen Sinn. Es ist unmoeglich.

Gast

Beitrag von Gast »

@Sanftwut,

Hallo Sanftwut,

Ich moechte gerne auf den von dir kopierten Artikel naeher eingehen und spaeter gerne auch auf alternative Interpretationen von Romer 11,25 -26. Aber zu erst moechte ich noch mal zum Anfang des ganzen Abschnitts – Roemer 9 – 11 – zurueckgehen. Dort sagt Paulus naemlich etwas sehr erstaunliches und wichtiges:

Rom 9:1 Ich sage die Wahrheit in Christus, ich lüge nicht, wie mir mein Gewissen bezeugt im heiligen Geist,
Rom 9:2 daß ich große Traurigkeit und unablässigen Schmerz in meinem Herzen habe.
Rom 9:3 Ich wünschte nämlich, selber von Christus verbannt zu sein für meine Brüder, meine Verwandten nach dem Fleisch,
Rom 9:4 welche Israeliten sind, denen die Kindschaft und die Herrlichkeit und die Bündnisse und die Gesetzgebung und der Gottesdienst und die Verheißungen gehören;
Rom 9:5 ihnen gehören auch die Väter an, und von ihnen stammt dem Fleische nach Christus, der da ist über alle, hochgelobter Gott, in Ewigkeit. Amen!
Rom 9:6 Nicht aber, als ob das Wort Gottes nun hinfällig wäre! Denn nicht alle, die von Israel abstammen, sind Israel;
Rom 9:7 auch sind nicht alle, weil sie Abrahams Same sind, seine Kinder, sondern «in Isaak soll dir ein Same berufen werden»;
Rom 9:8 das heißt: Nicht die Kinder des Fleisches sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung werden als Same gerechnet.

Die wichtige Aussage, von der ich sprach, ist in Vers 6: “ Denn es sind nicht alle Israeliter, die von Israel sind”. Paulus neudefiniert den Begriff Israel. Er stellt mit Bedauern fest, dass viele Israeliten nicht Christus angehoeren, aber er stellt auch fest, dass dies nicht bedeutet, dass Gottes Versprechungen hinfaellig seien, dass Gott gelogen haette. Denn, sagt Paulus, Israel umfasst ja gar nicht alle Juden. Nicht alle Juden sind Juden. Nicht ganz Israel ist Israel. D.h. Er schraenkt den Israelbegriff ein. Das hatte er auch vorher schon gesagt:

Rom 2:28 Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist; auch ist nicht das die Beschneidung, die äußerlich am Fleisch geschieht;
Rom 2:29 sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und das ist eine Beschneidung, die am Herzen, im Geiste, nicht dem Buchstaben nach vollzogen wird.

Hier hat Paulus das voelkische Verstaendnis von Israel aufgegeben. Vielleicht kann man sagen, er hat den Israelbegriff vergeistlicht. Israel ist fuer Paulus nicht mehr die ethnisch definierte Gemeinschaft der Nachkommen Jakobs, sondern – in dieser Stufe – erst mal nur ein Teil dieser Nachkommen Jakobs, naemlich der Glaubigen:

Rom 9:30 Was wollen wir nun sagen? Daß Heiden, welche nicht nach Gerechtigkeit strebten, Gerechtigkeit erlangt haben, nämlich Gerechtigkeit, die aus dem Glauben kommt,
Rom 9:31 daß aber Israel, welches dem Gesetz der Gerechtigkeit nachjagte, dem Gesetz nicht nachgekommen ist.
Rom 9:32 Warum? Weil es nicht aus Glauben geschah, sondern aus Werken.

Hier im Vers 30 kommen wir zur zweiten Stufe. Der Israelbegriff wird jetzt – nachdem er zuerst eingeschraenkt wurde – erweitert. Nicht nur umfasst er die Glaubigen aus den Juden – nicht die Gott-glaubigen Juden sondern spezifisch die an Christus, an die messianische Verheissung glaubenden Juden der Zeit vor Christus wie der Zeit nach Christus – sondern auch die Glaeubigen aus den Heiden. Dies zeigt sich auch klar am Bild vom Ölbaum:

Rom 11:17 Wenn aber etliche der Zweige ausgebrochen wurden und du als ein wilder Ölzweig unter sie eingepfropft und der Wurzel und der Fettigkeit des Ölbaums teilhaftig geworden bist,
Rom 11:18 so rühme dich nicht wider die Zweige! Rühmst du dich aber, so wisse, daß nicht du die Wurzel trägst, sondern die Wurzel trägt dich!

Der Ölbaum ist Israel. Eigentlich gehoeren alle von Jakob abstammenden Menschen dazu. Ja, es ist ihr Vorrecht. Aber der Unglaube hat bewirkt, dass sie ausgebrochen wurden, d.h. sie gehoeren nicht mehr zu Israel. Nicht an Christus glaubige Juden gehoeren nicht zu diesem Ölbaum, d.h. nicht zum Israel, das Paulus hier meint. An Christus glaubige aus den Heiden werden eingepflanzt. D.h. Sie gehoeren jetzt zu Israel.

Das beschreibt Paulus auch unmisverstaendlich im Epheserbrief:
Eph 2:11 Darum gedenket daran, daß ihr, die ihr einst Heiden im Fleische waret und Unbeschnittene genannt wurdet von der sogenannten Beschneidung, die am Fleisch mit der Hand geschieht,
Eph 2:12 daß ihr zu jener Zeit außerhalb Christus waret, entfremdet von der Bürgerschaft Israels und fremd den Bündnissen der Verheißung und keine Hoffnung hattet und ohne Gott waret in der Welt.
Eph 2:13 Nun aber, in Christus Jesus, seid ihr, die ihr einst ferne waret, nahe gebracht worden durch das Blut Christi.

Die Heiden gehoerten frueher nicht zu Israel, jetzt gehoeren sie dazu. Israel, das wahre, geistliche Israel, ist fuer Paulus die aus ethnischen Juden und ethnischen Heiden zusammengesetzte Gruppe der an Christus glaubigen Menschen. Plus der wahren Glaubigen aus der Zeit vor Christus. Einen Unterschied zwischen den beiden Gruppen gibt es nicht:

Eph 2:14 Denn er ist unser Friede, der aus beiden eins gemacht und des Zaunes Scheidewand abgebrochen hat,
Eph 2:15 indem er in seinem Fleische die Feindschaft (das Gesetz der Gebote in Satzungen) abtat, um so die zwei in ihm selbst zu einem neuen Menschen zu schaffen und Frieden zu stiften,
Eph 2:16 und um die beiden in einem Leibe durch das Kreuz mit Gott zu versöhnen, nachdem er durch dasselbe die Feindschaft getötet hatte.
Eph 2:17 Und er kam und verkündigte Frieden euch, den Fernen, und Frieden den Nahen;
Eph 2:18 denn durch ihn haben wir beide den Zutritt zum Vater in einem Geist.
Eph 2:19 So seid ihr nun nicht mehr Fremdlinge und Gäste, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen,

Einem Satz,Sanftwut, aus dem Artikel kann ich von Herzen zustimmen:

Es ist also keine Rede davon, dass die Gläubigen aus den Nationen nun die Stelle des Volkes Israel einnahmen.

Das ist absolut richtig. Die Gläubigen aus den Nationen haben nicht die Stelle des Volkes Israel eingenommen. Sie sind zu Israel, dem geistlichen Israel, dazugekommen. Sie sind Israeliten geworden. Wahre Israeliten. Niemals, sagt Paulus, haben alle Mitglieder des Volkes Israel zu Israel gehoert. Immer nur ein Teil. Und zu diesem Teil der glaubigen Israeliten – und das ist die Wurzel! Nicht das ganze Volk – gehoren jetzt die Glaubigen aus den Heiden auch dazu. Paulus hat also den Israelbegriff erweitert. Keine replacement theology. Die meisten Isrealiten nach dem Fleisch hatten diese Stelle gar nicht. Die Glaubigen aus den Nationen konnten sie nicht von ihrem Platz verdraengen, weil sie dort gar nicht waren. Gott hat das Volk Israel nicht verworfen. Die Unglaubigen unter den Israeliten gehoerten nie zu ihm. Sie waren nie Israel. Sie waren nie Teil des geistlichen Israels.

Zusammenfassend kann man sagen, dass man zwei Israels unterscheiden muss:
- das Israel nach dem Fleisch, d.h. die Nachkommen Jaboks und
- das geistliche Israel, die Gemeinschaft der wahren Glaeubigen aus der Zeit vor Christus sowie nach Christus. Die meisten dieser Glaubigen aus der Zeit vor Christus waren Juden. Aber nicht alle! Liesst das AT genau. In der Zeit seit dem Kommen Jesu waren manche dieser Glaubigen Juden, andere aus den Heiden

Das Israel nach dem Fleisch war fuer eine bestimmte Periode in der Heilsgeschichte der Fokus Gottes. Aber auch in dieser Periode nicht der exklusive Fokus. Diese Periode endete in den Jahren 30 - 70. Dem geistlichen Israel gilt Gottes Fokus von Anbeginn der Welt und wird er gelten, bis Christus wiederkommt. Es, das geistliche Israel, sind die Auserwaehlten. Die wahren Glaubigen aus allen Epochen der Heilsgeschichte.


Bleibt natuerlich noch Romer 11, 25-27. Das wird noch eine Weile dauern aber ich werde auch auf diese Verse eingehen.




Danke,
Till

Jörg
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Beitrag von Jörg »

Hallo Till, wie verstehst Du denn die Frage in Apostelgeschichte 1, 6 " Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel"? Jesus wirft den Fragestellern doch nicht vor, dass sie die Hoffnung auf ein irdisches Reich für Israel hatten, sondern dass sie den Zeitpunkt wissen wollten. Gruß Jörg
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Raphael
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Beitrag von Raphael »

Hallo tschilli,
sehr interessant dein Text. Er hat mir sehr geholfen das Verhältnis Gottes zu Israel, dass sich ja an der Frage "Wer ist Israel" klärt, zu verstehen. Ich freue mich auf weitere Gedanken von dir zum Thema! $:D

War Luther dieser Meinung? Wo sind Unterschiede/Gemeinsamkeiten zwischen lutherischer und reformierter Theologie? Kennst du dich da aus?
Herzliche Grüße

Raphael
Fürwahr, Gott ist mein Heil: ich bin voller Zuversicht und fürchte mich nicht! Denn Gott, der HERR, ist meine Stärke und mein Lobgesang, und er ist mir ein Retter geworden! - Jes 12, 2 (Menge)

Gast

Beitrag von Gast »

@Joschie

Hallo Joschie, ich schlage vor die Beitraege Sanftwuts, Joergs und meine Beitraege zum Thema Roemer 11 in einen anderen Thread auszulagern. M. hat schon recht. Es passt nicht zu dem Thema dieses Threads.
Jörg hat geschrieben:Hallo Till, wie verstehst Du denn die Frage in Apostelgeschichte 1, 6 " Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel"? Jesus wirft den Fragestellern doch nicht vor, dass sie die Hoffnung auf ein irdisches Reich für Israel hatten, sondern dass sie den Zeitpunkt wissen wollten. Gruß Jörg
Hallo Jörg,

Ganz kurz:

die Frage verstehe ich so, dass die Juenger das Wesen des Reiches Gottes noch nicht verstanden hatten. Beachten bitte: sie fragen nicht, wann das Reich wiederhergestellt wird, sondern ob es jetzt, genauer gesagt in naher Zukunft, wenn eben die Verheissung, von der Jesus gerade gesprochen hatte, wiederhergestellt werden wird. Und Jesus sagt nicht: "Nein, nicht jetzt sondern spaeter. Aber es steht euch nicht zu zu wissen wann." sondern er erklaert nochmal, was genau demnaechst geschehen wird - "ihr werdet Kraft empfangen, wenn der heilige Geist über euch kommt" - UND er erlaeutert welche Auswirkungen das haben wird: "und werdet Zeugen für mich sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis ans Ende der Erde". Jesus kontrastiert die begrenzte Vorstellung der Juenger - Reich Gottes in Israel - mit dem wahren Ausmass des Reiches Gottes: in der ganzen Welt. Und genau das geschieht dann auch und genau davon berichtet die Apostelgeschichte.


Viele Gruesse,
T.

Gast

Beitrag von Gast »

Raphael hat geschrieben:Hallo tschilli,
sehr interessant dein Text. Er hat mir sehr geholfen das Verhältnis Gottes zu Israel, dass sich ja an der Frage "Wer ist Israel" klärt, zu verstehen. Ich freue mich auf weitere Gedanken von dir zum Thema! $:D

War Luther dieser Meinung? Wo sind Unterschiede/Gemeinsamkeiten zwischen lutherischer und reformierter Theologie? Kennst du dich da aus?
Herzliche Grüße

Raphael
Hi R.

Superkurz:

Ich werde - hoffentlich heute noch! - zu Roemer 11, 25 schreiben. Luther UND Calvin legten "Ganz Israel" auf die Gemeinde aus. Manche spaeteren Reformierten aber auch Lutheraner legten und legen es als Israel nach dem Fleisch aus. Es gibt da also unterschiedliche Gedanken, aber die Trennlinien verlaufen nicht zwischen Lutheranern und Reformierten.

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo zuammen und besonders Sanftwut,

wie angekuendigt moechte ich noch eine bzw. zwei – zu der von Sanftwut kopierten alternative – Interpretationen von Roemer 11,25 und 26 darstellen.

25 Nicht nämlich will ich, dass ihr unwissend seid, Brüder, in Bezug auf dies Geheimnis, damit ihr nicht in euch selbst klug seid: Verhärtung ist Israel teilweise geschehen, bis die Fülle der Heiden eingegangen ist,
26 und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben ist (Jes 59,20; 27,9): »Es wird kommen vom Zion der Erretter, er wird abwenden die (Handlungen der) Unfrömmigkeit von Jakob.

Sie wie ich es sehe, gibt es eigentlich grob drei Linien der Interpretation:


1.Paulus spricht hier propehtisch und spricht von einer Errettung eines wiederhergestellten und auch wieder Staatsform angenommenen Volkes NACH bzw. BEI dem Wiederkommen Jesu. “Ganz Israel” in Vers 26 ist das - als nationale Einheit wiederhergestellte - Volk Israel zur Zeit der Wiederkunft Jesu.

2.Paulus spricht hier prophetisch und berichtet von einer grossen Erweckung unter den Juden und der Bekehrung und Errettung vieler Juden zum Ende der jetzigen Zeit. D.h. vor der Wiederkunft Jesu. “Ganz Israel” in Vers 26 ist eine grosse Menge bzw. die Mehrheit der Juden kurz vor der Wiederkunft Jesu. Wobei es sogar Meinungen gibt, dass alle Juden aller Zeiten wiederauferstehen werden und sich mit bekehren. Diese Interpretationslinie sieht in den Versen 12 und 15 auch prophetisches Reden des Paulus.

3.Paulus spricht hier nicht prophetisch und nicht (nur) auf die Zukunft gerichtet sondern beschreibt – im Zusammenhang mit dem Rest des Kapitels - den Prozess wie Gott in dieser Zeit die Gemeinde der Erwaehlten aus Juden und Heiden sammelt. Eine allgemeine Judenbekehrung prophezeit Paulus nicht, obwohl er in den Versen 12 und 15 seiner Hoffnung auf eine solche Ausdruck verliehen hat. “Ganz Israel” in Vers 26 ist entweder die Zahl aller Erwaehlten aller Zeiten aus den Juden oder die Zahl aller Erwaehlten aller Zeiten aus Juden und Heiden, sprich die Gemeinde. Wobei hier beim Ausdruck “Gemeinde” nicht nur an die NT Gemeinde sondern auch an die wahren Glaubigen der Zeit vor Jesus gedacht ist.





Linie 1 (Dispensationalismus) hat zwei Hauptprobleme:
1.von einer nationalen Wiederherstellung und dem Land Palaestina ist in Romer 11 offensichtlich nicht die Rede.
2. Das ganze neue Testament kennt nur eine Form der Errettung: Tut Busse, glaubt an das Evangelium und lasst auch taufen zur Vergebung der Suenden. Eine anderen Weg zum Heil anzunehmen ist unzulaessige Spekulation. Vers 26 auf die Wiederkunft Jesus zu deuten und zu behaupten, dass er dann Suenden wegnehmen wird, wiederspricht Hebraer 9,26-28:
Heb 9:26 Nun aber, am Ende der Welt, ist er einmal erschienen, durch sein eigen Opfer die Sünde aufzuheben.
Heb 9:27 Und wie den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, darnach aber das Gericht:
Heb 9:28 also ist auch Christus einmal geopfert, wegzunehmen vieler Sünden; zum andernmal wird er ohne Sünde erscheinen denen, die auf ihn warten, zur Seligkeit.
3. Diese Interpretationslinie hat noch weitere Probleme. Es sind die gleichen wie bei Linie 2, siehe unten.



Linie 2 (zum Beispiel Martin Lyod Jones) wird dem Text gerechter und kann sicherlich als eine schriftgemaesse Interpretation angesehen werden. Aber sie hat auch Probleme:

1. Verse 12 und 15 koennen eigentlich nicht zweifelsfrei als Prophetien identifiziert werden.
2. In den Versen 25 und 26 wird NICHT dargestellt, dass die Verhaertung vor der Wiederkunft Jesu aufgehoben wird. Es gibt keine zeitliche Abfolge nach dem Motto: “Jetzt Verhaertung bis sich alle Heiden bekehrt haben. Dann Aufheben der Verstockung und Bekehrung der Heiden.” Die Woertchen “und so” werden von manchen als “dann” interpretiert oder gar uebersetzt. Dazu heisst es zum Beispiel in der Wuppertaler Studienbibel:
Das griech. houtôs ist ein modales, nicht temporales Adverb. Trotzdem wird es an dieser Stelle häufig temporal wiedergegeben: »dann schließlich« (Lietzmann), »alsdann« (Zahn), »dann« (Michel), »so/dann schließlich« (H.W. Schmidt), »sodann« (Käsemann). »Aber diese temporale Bedeutung ist nicht belegt und fehlt mit Recht in den Lexika von W. Bauer und Liddell-Scott« (J. Jeremias, Sprachliche Beobachtungen, S. 198). Die gleichen Übersetzer haben mit houtôs fünf Verse später (V. 31) keine Schwierigkeit. Hier aber setzen sie stillschweigend kai tote voraus. Die Folgen dieser Textänderung sind erheblich. Man stelle sich z.B. für das houtôs in Joh 3,16 die Wiedergabe vor: »Dann erst hat Gott die Welt geliebt«. So käme heraus, Gott habe die Welt vor Christus noch nicht geliebt und sich erst später dazu entschlossen.



Was ist das Fazit:

1. Roemer 11 verheisst nicht eine Wiederherstellung eines nationalen Israels. Zu behaupten, dass die Gruendung des Staates Israel 1948 mit dem Geheimnis, von dem Paulus in Roem 11,25 spricht zusammenhaengt, ja, gar das Paulus das gemeint hat, legt etwas in den Text hinein. Zu behaupten, dass irgendein Mensch - ob Jude oder Heide - nach der Wiederkunft Jesu noch die Moeglichkeit zur Umkehr haben wird, ist eine gefaehrliche Falschlehre.

2. Romer 11 so zu lesen, dass Paulus eine zukuenftige, umfangreiche Judenbekehrung prophezeit, ist sicher moeglich. Obowhl eher zweifelhaft. Mit einer Wiederherstellung der Juden als Nation haette aber auch diese Prophetie nichts zu tun.

3. Wichtig sollten uns allen folgende Verse sein:
Rom 11:13 Denn ich sage euch, den Nationen: Insofern ich nun der Nationen Apostel bin, ehre ich meinen Dienst,
Rom 11:14 ob ich auf irgend eine Weise sie, die mein Fleisch sind, zur Eifersucht reizen und etliche aus ihnen erretten möge.
Hier hat die Gemeinde Jesu erbaermlich versagt. Sie ist genau in die Falle gelaufen, die Paulus schon sah als er Roemer 11 schrieb: sich ueber die Juden zu erheben. Dieses Problem hat der christliche Zionismus erkannt und ein Gegengewicht geschaffen. Leider ist er ins andere Extrem gegangen und hat christliche Hoffnung mit juedischer, frueherer, ueberholter Hoffnung vertauscht: Der Hoffnungs aufs Land.



Viele Gruesse,
Till

Raphael
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Beitrag von Raphael »

Hallo Till,
wer/was ist nun genau der Ölbaum? Die Frage hast bisher nicht ganz klar beantwortet, denn wenn die Juden nach dem Fleisch niemals das wahre Israel waren, können sie aus dem Baum doch auch nicht ausgebrochen werden??

Könntest du den 3. Punkt etwas genauer ausführen. Ist jetzt dem geistlichen Israel Verhärtung widerfahren? Ist der Israelbegriff in Vers 25 mit dem in Vers 26 identisch?

Vielen Dank für deine Mühen.
Wünsche dir erleuchtete Augen des Verständnisses beim nachdenken

Raphael
Fürwahr, Gott ist mein Heil: ich bin voller Zuversicht und fürchte mich nicht! Denn Gott, der HERR, ist meine Stärke und mein Lobgesang, und er ist mir ein Retter geworden! - Jes 12, 2 (Menge)

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