Lieber Jose,
was sagt Gottes Wort aus? Was sagt es nicht aus?
Das sind die Fragen von großer Wichtigkeit!
Mitunter dauert es eben länger genau dies herauszufinden.
Jose hat geschrieben:Zu Matthäus 5,20: "Denn ich sage euch: Wenn nicht eure Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und Pharisäer weit übertrifft, so werdet ihr keinesfalls in das Reich der Himmel hineinkommen".
Es geht hier darum, dass wir mit unserer eigenen Gerechtigkeit nicht in den Himmel kommen können, sondern dazu die Gerechtigkeit aus Gott, die uns durch den Glauben an Jesus Christus zuteil wird, annehmen müssen (Phil 3,9, 1. Kor. 1,30).
Phil. 3, 9: „und in ihm erfunden werde,
indem ich nicht meine eigene Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus, die Gerechtigkeit aus Gott aufgrund des Glaubens,“
1. Kor. 1, 30: „Durch ihn aber seid ihr in
Christus Jesus, der uns von Gott gemacht worden ist zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung,“
Wie du, Jose, auch schon richtig bemerkt hast:
Matth. 5, 20 kann gar nicht aussagen, dass mich meine eigene Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt (wenn sie die der Pharisäer weit übersteigt) in den Himmel bringt.
Ich ergänze mit Matth. 5, 3: „Glückselig sind die geistlich Armen, denn ihrer ist das Reich der Himmel!“ und mit Matth. 5, 6: „Glückselig sind, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie sollen satt werden!“ und mit Matth. 5, 17: „ …. Ich bin nicht gekommen, um aufzulösen, sondern um zu erfüllen!“
Zu Matthäus 5,22: "Ich aber sage euch, dass jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird; wer aber zu seinem Bruder sagt: Raka!, dem Hohen Rat verfallen sein wird; wer aber sagt: Du Narr!, der Hölle des Feuers verfallen sein wird".
Ich verstehe diese Bibelstelle so, dass es dem Herrn Jesus sehr wichtig war darauf hinzuweisen, dass wenn wir Zorn und sonstige abfällige Gedanken und Empfindungen in unserem Herzen dulden - und zwar sogar unseren Brüdern gegenüber, wir unser Heil verlieren können. Es scheint möglich zu sein, dass selbst Gläubige einander hassen.
1. Joh. 3, 15: „Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder, und ihr wisst, dass kein Mörder ewiges Leben bleibend in sich hat.“
Ich ergänze mit Matth. 5, 3: „Glückselig sind die geistlich Armen, denn ihrer ist das Reich der Himmel!“ und mit 1. Joh. 3, 14: „Wir wissen, dass wir aus dem Tod zum Leben gelangt sind, denn wir lieben die Brüder. Wer den Bruder nicht liebt, bleibt im Tod.“
Matth. 5, 22 kann gar nicht lehren, dass ein Gläubiger sein Heil verliert, weil den „geistlich Armen“ das Himmelreich sicher zugesagt wurde.
Nun kann man überlegen wie es zusammenpassen könnte.
Wer sind die, auf die Matth. 5, 22 zutrifft und wer sind die, auf die 1. Joh. 3, 15 zutrifft?
Wir können zumindest sagen, es sind nicht die „geistlich Armen“ und es sind nicht die, die „aus dem Tod zum Leben gelangt sind“.
Wozu also diese Warnungen, wenn sie doch nicht jeden wirklich betreffen?
Eine mögliche Erklärung bietet dieses Buch (Samuel A. hatte dich auch schon darauf aufmerksam gemacht, dächte ich und ich möchte es hier auch wieder empfehlen, gerade wegen seiner besonderen Sachlichkeit im Umgang mit den gängigsten Interpretationen) :
http://www.cbuch.de/product_info.php/in ... aufen.html
„Wie bringt die Bibel Gottes Verheißungen und Drohungen auf einen gemeinsamen Nenner? Wie bringt sie zusammen, dass Gott uns das Heil zusichert und uns davor warnt, dass wir verloren gehen, wenn wir nicht ausharren? …
Wer meint, dass Gläubige das Heil verlieren könnten, sagt damit, dass uns die Bibel davor warnt, obwohl sie den Gläubigen auch die rettende Bewahrung durch Gott zusichert. …
Wir werden sie nur dann als Gegensatz oder Widerspruch auffassen, „wenn wir das Ausharren missverstehen und es isoliert davon sehen, in welcher Wechselbeziehung es zum Glauben steht“. …
Die Bibel sagt nicht, dass die Warnungen Unglauben aufdeckten, oder zeigten, was geschähe, wenn ein Gläubiger abfallen könnte. …
Gott appelliert mittels solcher Bedingungen an uns, damit wir verstehen: Er bewahrt uns gerade durch seine Warnungen, Ermahnungen und bedingten Verheißungen. Ja, wenn wir ausharren, werden wir gerettet; wenn wir nicht ausharren, gehen wir verloren.
Die Formulierung als Bedingung klingt genau wie der Ruf zur Bekehrung: Wenn du an den Herrn Jesus Christus glaubst, wirst du gerettet werden; wenn du nicht glaubst, wirst du verloren gehen. ….
Folglich dehnen die Warnungen und Ermahnungen den anfänglichen Ruf des Evangeliums auf unser ganzes Leben aus und rufen uns unablässig auf, Jesus Christus treu zu bleiben. ….
Die Warnungen und Ermahnungen des Evangeliums zeigen beständig den Weg zum Heil. Dieser Weg ist die Glaubenstreue zu Jesus Christus.
Warnungen und Ermahnungen sagen nichts darüber aus, was möglich ist (in dem Sinn, dass das tatsächliche Eintreten denkbar oder wahrscheinlich sei). …
Sie sagen nicht, dass wir vielleicht verloren gehen. Vielmehr ermahnen sie uns, damit wir nicht verloren gehen. Sie warnen uns, dass wir gewiss verloren gehen werden, wenn wir Gottes Ruf im Evangelium missachten.
Verkehrsschilder warnen vor denkbaren, nicht vor wahrscheinlichen Folgen. ….
Die Schilder sind nicht dazu da, mich über meine Fahrkünste zu verunsichern. Sie sollen mir nicht Angst machen, dass ich vielleicht einen Unfall verursache, weil ich nicht gut genug fahren kann. …“ (S. 211 ff.)
Liebe Grüße, Lutz
PS: Die Warnungen halten uns auf dem rechten Glaubensweg. Auch sie sind Gottes Mittel durch das eben der Abfall nicht eintreten kann bei wahren Gläubigen. Warnungen sagen nichts darüber aus, dass je ein wahrer Gläubiger eine solche „wenn“ – Bedingung erfüllen würde.