Beitragvon lutz » 13.03.2011 18:47
Zuerst möchte ich als Ergänzung eine Auslegung Calvins zu Epheser reinstellen:
Johannes Calvin, Auslegung der Heiligen Schrift, Die kleinen Paulinischen Briefe
In Gemeinschaft übersetzt und bearbeitet von Otto Weber, Neukirchener Verlag, Neue Reihe, 1963
Zu Epheser 2, 20:
Auszug:
…. Aber auf Christus gründet sich die Gemeinde, und zwar durch die Verkündigung der Lehre; daher heißen die Propheten und Apostel Baumeister (1. Kor. 3, 10). Es ist also das Gleiche, wie wenn Paulus sagen würde, die Propheten und Apostel hätten keine andere Absicht gehabt, als die Gemeinde auf Christus zu gründen. Dass das wahr ist, werden wir erfahren, wenn wir mit Mose beginnen. Denn Christus selber ist das Ziel und Ende des Gesetzes; er selbst bildet den Hauptinhalt des Evangeliums.
Wir wollen also daran denken, dass wir, wenn wir in der Heiligen Schrift gehörige Fortschritte machen wollen, alles auf ihn beziehen müssen. In ähnlicher Weise werden wir daran gemahnt, wo das Wort Gottes zu suchen sei: selbstverständlich bei den Propheten und Aposteln. Und damit wir es lernen, sie unter sich zu verbinden, wird die Übereinstimmung zwischen beiden gezeigt: dass sie einen gemeinsamen Grund haben und am Bau von Gottes Tempel gemeinsam arbeiten.
Denn die Lehre der Propheten ist nicht deswegen überflüssig, weil wir die Apostel zu Lehrern haben, sondern an einer und derselben Aufgabe arbeiten sie beide. Das sage ich deswegen, weil, wie einst die Anhänger des Marcion die Propheten aus der Zeit des Neuen Bundes ausgestrichen hatten, so heute fanatische, den Anhängern des Marcion ähnliche Geister es mit Geschrei verkünden, Gesetz und Propheten gingen uns nichts an, weil das Evangelium diesen allen ein Ende gemacht habe.
Und doch bezeugt die Heilige Schrift überall, er habe durch den Mund der Propheten so gesprochen, dass er in ihren Schriften gehört werden wolle. Das trägt denn auch zur Behauptung der bindenden Gültigkeit unseres Glaubens nicht wenig bei, dass wir sehen, wie alle Knechte Gottes vom Anfang bis zum Ende so gut miteinander übereinstimmen, dass schon ihr Zusammenklang deutlich beweist, dass es ein einziger Gott ist, der in allen spricht. …
Zu Epheser 4, 11:
Und er hat gesetzt. Zuerst gibt Paulus zu verstehen, das sei nicht eine menschliche Erfindung, sondern eine hochheilige Anordnung Christi, dass die Kirche durch die Verkündigung des Wortes regiert wird. Denn die Apostel haben sich nicht selber gewählt, sondern sie sind von Christus erwählt worden; auch heute drängen sich die, welche wahre Hirten sind, nicht ein durch eigenen Entscheid, sondern sie werden vom Herrn gerufen. Überhaupt lehrt der Apostel, die Regierung der Kirche, die im Dienste am Wort besteht, sei nicht von Menschen ersonnen, sondern vom Sohne Gottes gegründet worden; deswegen müsse man sich damit als mit seinem unumstößlichen Entscheide abfinden, und alle die, welche diesen Dienst am Wort entweder verwerfen oder verschmähen, handelten widerrechtlich und aufrührerisch gegen Christus, seinen Stifter. Er selbst also ist es, der Wortverkündiger gegeben hat; denn wenn er sie nicht erweckt, werden keine vorhanden sein. Daraus schließen wir auch, keiner werde geeignet oder einem so herrlichen Amte gewachsen sein außer dem, der von Christus gestaltet und geschaffen worden ist. Dass wir also Diener des Evangeliums haben, ist seine Gabe; dass sie durch die notwendigen Gaben andere überragen, ist seine Gabe; dass sie das ihnen anvertraute Amt ausüben, ist gleicher weise seine Gabe.
Etliche zu Aposteln. Wenn Paulus den einen einen einzigen Titel und ein einziges Amt zuweist, den andern aber einen anderen Titel und ein anderes Amt, so bezieht sich das immer auf jene Verschiedenheit der Glieder, aus der trotzdem die ungeteilte Vollständigkeit des ganzen Leibes besteht. Paulus tut das, um sowohl Eifersucht und Missgunst als die Ämtergunst zu beseitigen. Denn das ist es, was den richtigen Gebrauch der Gaben verdirbt, wenn jeder an sich selber verknechtet ist, wenn jeder sich bemerkbar machen will, wenn jeder an sich selber Gefallen findet, wenn die Kleineren auf die Größeren missgünstig sind. Der Apostel erinnert also daran, dass den einzelnen etwas gegeben worden sei, nicht damit jeder getrennt für sich habe, was er empfangen hat, sondern damit es alle zum gemeinsamen Nutzen zusammenlegen. Über die Pflichten, die er hier durchmustert, ist manches im 12. Kapitel des ersten Korintherbriefes gesagt worden. Hier will ich nur soviel im Vorübergehen berühren, als die Auslegung der Stelle dringend zu fordern scheint. Paulus zählt fünf Arten der Tätigkeit auf. Wie ich weiß, äußert man sich dazu bei der Erörterung der Stelle verschieden; denn manche machen aus den beiden letzten Gruppen nur eine einzige. Ich selber will unter Weglassung der von anderen vorgebrachten Meinungen sagen, was ich für richtig halte.
Das Wort „Apostel“ fasse ich nicht in der allgemeinen Bedeutung, die ihm nach der sprachlichen Ableitung zukommt (Gesandter), sondern in einer eingeschränkten Bedeutung: es bezieht sich auf jene im höheren Grade Auserwählten, die Christus zu einer besonderen Ehre erhoben hat – von der Art, wie es die Zwölfe waren, in deren Rang später auch Paulus aufgenommen worden ist. Ihre Aufgabe war es, überall auf dem ganzen Erdkreis die Lehre des Evangeliums bekanntzumachen, Gemeinden zu pflanzen und Christi Königreich aufzurichten. Deswegen hatten die einzelnen Apostel nicht eigene ihnen zugeteilte Gemeinden, sondern alle hatten den gemeinsamen Auftrag, das Evangelium zu verkündigen, wo sie nur hinkommen würden.
Ihnen am nächsten standen die Evangelisten, und sie hatten ein Amt, das an das ihrige grenzte; bloß in der Stufe der Würde waren sie ungleich. Zu dieser Gruppe gehörten Timotheus und ähnliche Männer; denn jedes Mal, wenn ihn Paulus in seinen Grüßen neben sich nennt, macht er ihn doch nicht zum gleichberechtigten Mitarbeiter im Apostelamt, sondern beansprucht diesen Titel für sich allein. Der Herr hat sich also in zweiter Linie neben den Aposteln der Beihilfe der eben genannten Evangelisten zusätzlich bedient.
Zwischen diesen beiden Gruppen hat Paulus die Propheten eingereiht. Bei diesem Titel denken viele an die Männer, die sich durch die Gabe auszeichneten, über zukünftige Dinge zu weissagen, wie Agabus einer war (Apg. 11, 27 – 28; 21, 10 – 11). Ich meinerseits fasse ihn, da ja hier von der Lehre die Rede ist, lieber so auf, wie er im 14. Kapitel des ersten Korintherbriefes angewendet wird, nämlich im Blick auf hervorragende Ausleger von Weissagungen, welche die Aufgabe haben, diese Geheimnisse mit Hilfe einer Art von besonderer Gabe zu enthüllen, auf einen vorliegenden Fall anzuwenden – immerhin so, dass ich die Gabe der Weissagung, soweit sie mit der Lehre verbunden war, bei den „Propheten“ nicht ausschließen möchte.
Manche sind der Meinung, durch die Titel „Lehrer“ und „Hirten“ werde ein einziges Amt bezeichnet, weil kein trennender Ausdruck dasteht wie bei den früheren Titeln, der das eine Amt vom andern unterscheiden würde. Ich stimme ihnen zum Teil bei, wenn sie sagen, dass Paulus von den Hirten und Lehrern ohne Unterschied rede, wie wenn es sich um einen und denselben Stand handeln würde; auch leugne ich nicht, dass der Name eines Lehrers in gewisser Beziehung für alle „Hirten“ zutrifft. Aber diese Überlegung bringt mich nicht dazu, diese beiden Dinge zu vermischen, von denen ich sehe, dass sie unter sich verschieden sind. Denn wenn es auch die Sache aller Hirten ist, zu lehren, so gibt es doch, damit die Gesundheit der Lehre aufrechterhalten werde, eine besondere Gabe der Schriftauslegung, und wirklich wird einer ein Lehrer sein können, ohne doch für das Predigen tauglich zu sein. Hirten sind also nach meinem Urteil die, denen die Sorge für eine bestimmte Herde anvertraut ist. Dass man ihnen den Namen von Lehrern beilegt, missfällt mir nicht, wenn wir uns nur daneben bewusst sind, dass die Lehrer, welche sowohl die Ausbildung der „Hirten“ als die Erziehung der gesamten Gemeinde leiten, eine andere Gruppe darstellen, nicht in dem Sinne, dass der, welcher Lehrer ist, bisweilen nicht zugleich „Hirte“ sein könnte, sondern weil die Fähigkeiten verschieden sind.
Überdies ist zu bemerken, dass von den Ämtern, die Paulus hier aufzählt, bloß die beiden letzten dauernd vorhanden sind. Denn Gott hat seine Kirche nur für eine bestimmte Zeit mit Aposteln, Evangelisten und Propheten ausgerüstet, abgesehen von den Fällen, wo er, wenn der Glaube in Zerfall geraten ist, Evangelisten außerhalb der gewöhnlichen Ordnung erweckt mit der Aufgabe, die reine Lehre ans Licht zurückzurufen.
Ohne Hirten und Lehrer aber kann es keine Leitung der Kirche geben. Nun haben aber die Anhänger des Papstes Grund, sich zu beklagen, dass ihre prahlerische Lehre von einer obersten Kirchenregierung (der päpstlichen Oberherrschaft) hier einen schweren Stoß erlitten habe. Es wird hier die Einheit der Kirche erörtert. Paulus stellt nicht nur die Gründe zusammen, welche diese unter uns befestigen, sondern auch die äußeren Zeichen, durch die sie gefördert wird; schließlich kommt er auf die Leitung der Kirche zu sprechen. Wenn er irgendeine Oberherrschaft eines einzigen Amtssitzes (des Papstes also) anerkennen würde, hätte er dann nicht das eine mit diesem Amte betraute, allen Gliedern vorgesetzte Haupt, unter dessen Leitung wir zur Einheit gesammelt werden sollen, nennen müssen? Sicherlich muss entweder die Vergesslichkeit des Paulus als unentschuldbar erscheinen – er hätte aus Mangel an Überlegung das ausgelassen, was am meisten nahe lag und das Wichtigste war, oder man muss zugestehen, dass die Sache mit dem, was Christus angeordnet hat, ohne Beziehung ist.
Nein, Paulus stürzt im Gegenteil die erdichtete Vorherrschaft (des Papstes) um, indem er einzig Christus eine überragende Stellung zuschreibt und ihm alle Apostel und Hirten so unterstellt, dass sie unter sich nichts als Brüder und Arbeiter am gleichen Werke sind. Es gibt keine Stelle in der Schrift, die jene gewalttätige Ämterabstufung (Hierarchie), in der ein einziges irdisches Haupt aufgestellt wird, kräftiger umstürzt. Dem Paulus folgt auch Cyprianus; er bestimmt kurz und ausgezeichnet, welches die rechtmäßige Alleinherrschaft in der Kirche sei. Ein einziges Bischofsamt, sagt er, besteht, und die einzelnen haben an ihm gemeinsam teil. Das Bischofsamt erkennt er aber Christus allein zu; in seinem Walten überweist er den einzelnen ihren Teil, und zwar als Glieder einer Gesamtheit, damit nicht einer sich über die andern erhebe.
Lutz
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