MichaelM hat geschrieben:Mit dem Unterschied, dass Du außerbiblische Quellen zur Interpretation der Bibel heranziehen willst.
Meine außerbiblischen Quellen interpretieren nicht die Bibel, sondern nur außerbiblische Quellen. Das Wort legt sich selbst aus und bedarf keiner drittklassiger Heiliger
cu
Michael
Also noch einmal, Michael, zur Erklärung: Ich habe hier neben mir über 30 Bibelübersetzungen unterschiedlichster Richtung stehen. Von diesen Bibeln benutzen einige die männliche Form, einige die weibliche Form und einige die männliche, schreiben jedoch in Fußnote, daß die weibliche gemeint sei.
Die erste Form (männlich) benutzen:
Hoffnung für alle
New international Version
van Eß *
Jerusalemer Bibel *
Luther 1964
Thimme
Jörg Zink
Ulrich Wilkens
Das Neue Testament in der Sprache der Gegenwart (Mülheimer Ausgabe 1914) **
Weizsäcker
Luther 1956
Fritz Tillmann *
NWÜ ***
Otto Karrer *
Elberfelder
Konstantin Rösch *
Emil Dimmler *
Josef Kürzinger *
Peter Ketter *
Allioli *
Kistemaker *
Weinhart *
Zürcher Übersetzung
Einheitsübersetzung *
Schlachter 2000
Menge
Die zweite Form (weiblich) benutzen:
Gute Nachricht
King James Bible
Neue Genfer Übersetzung
Neues Leben Übersetzung
Die dritte Form (männlich mit Erklärung) benutzen:
Luther 1984
Elberfelder, revidiert
Eine wahrhaft beeindruckende Liste, die für die erste und gegen die zweite oder gar dritte Version spricht, oder?
Das Problem stellt sich dann, wenn ich ansehe, daß unter den Bibeln, die die erste Form bevorzugen, die meisten (nämlich alle die, die mit einem Stern versehen sind) katholische Bibeln sind, die (mit Ausnahme der van Eß-Bibel) eine kirchliche Imprimatur beinhalten, d.h. ihr Inhalt wurde von einem Bischof der römischen Kirche geprüft und als mit der Lehrmeinung der römischen Kirche übereinstimmend festgestellt (van Eß hat diese Erlaubnis nie bekommen, da sein AT ohne Apokryphen ist und er vieles für die Protestanten hineinschrieb
)
Die mit zwei Sternen versehene Übersetzung gehört afaik zur Pfingstbewegung, die mit drei Sternen versehene NWÜ ist die Neue Welt Übersetzung der Zeugen Jehovas und wahrlich keine Bibel.
Natürlich bleiben für diesen Befund immer noch ausreichende Zeugen, darunter einige wirklich anerkennenswerte (Menge, Elberfelder, Zürcher, Weizsäcker), und mir würde ihr Zeugnis im Prinzip ausreichen, gäbe es da nicht zwei Haken:
1. Unter denen, die die weibliche Form benutzen, befindet sich die King James Bible, eine englische Bibel, die ich als ausserordentlich zuverlässig kenne, soweit es die Überlieferung des Textus Receptus angeht.
2. Unter denen, die die weibliche Form in der Erläuterung haben, befindet sich die revidierte Elberfelder.
So haben wir für die Möglichkeit, daß es sich um einen Frauennamen handelt, zwei gewichtige Zeugen, die man nicht einfach beiseite schieben kann - eine aus dem Textus-Receptus-Lager, eine aus dem Nestle-Aland-Lager.
Nun, mein werter Bruder, wie willst Du dieses Problem jetzt anhand Deiner Bibel lösen? Erklärst Du die Elberfelder zur einzig wahren und alle anderen für falsch? Dann würdest Du Dich allerdings von all den englischen Geschwistern trennen, die die KJB mit dem überlieferten Text (TR) lesen. Fängst Du an, den Urtext zu suchen? Nur: Der ist leider nicht erhalten. Schließt Du aus Pauli' Worten: "Einem Weibe gestatte ich nicht, daß sie lehrt", daß hier keine Frau genannt sein kann? Dann stellst Du Deine Auslegung auf eine Ebene mit der Bibel, denn wenn die King James recht hätte, würdest Du sie als falsch und Deine Auslegung als höherwertig betrachten als sie.
Du merkst, so einfach findet man in dieser Frage (die ja noch nicht einmal eine Lehrfrage ist, sondern im Endeffekt die Diskussion um einen Buchstaben) die Antwort nicht in der Bibel - eben weil uns nur mehr oder weniger gute Übersetzungen vorliegen.
Gehen wir kurz zurück an den Anfang der Diskussion: Dort wurde behauptet, daß der Buchstabe "S" im Mittelalter eingefügt wurde, um aus "Junia" einen "Junias" zu machen. Man müßte also eine Bibel aus der Zeit vor dem Mittelalter haben. Vielleicht liegt bei Dir eine in derSchublade des Bernsteinzimmers - meine älteste Bibel ist von 1816, also definitiv nicht alt genug.
Aber es gibt eine Alternative, die ich nutzen kann: Ich kann nachsehen, wie in der Zeit vor dem Mittelalter über diese Passage gesprochen wurde. In diesem Zusammenhang können mir Predigten, Bücher, Auslegungen etc helfen, die aus der Zeit vor dem Mittelalter stammen.
Eine der wichtigsten Quellen in dieser Frage sind nun einmal die sogenannten Kirchenväter. Ich verstehe und akzeptiere Deine Schmähungen dieser Leute nicht, denn viele von ihnen waren überzeugte Christen, und was sie an Fehlern gemacht haben - sorry, bist Du ohne Fehler, ohne Irrtümer, ohne Schuld? Mir geht es doch nicht darum, eine Lehre auf ihren Worten aufzubauen (wiewohl die Lehre der Reformatoren z.B. auf den Worten des Augustinus und anderer Kirchenväter aufgebaut ist), sondern mir geht es um eine grammatikalische Frage. Um diese zu klären, benötige ich Informationen, die mir die Bibel eben nicht geben kann, also ziehe ich ihre Texte hinzu (
Davon ab eine Erklärung in eigener Sache: Man kann von den Kirchenvätern genausoviel lernen wie von Grafe, Spurgeon, Calvin, Luther, Bengel, Darby, Müller, Ebertshäuser und anderen. Und man kann bei ihnen genauso in die Irre gehen wie bei jenen, wenn man nicht sorgfältig anhand der Schrift überprüft, ob es sich so verhält).
Wenn Du Deine Konsequenz, allein die Bibel gelten zu lassen, wirklich bis zum Ende durchdenkst, so wirst Du feststellen, daß diese Konsequenz unbiblisch ist und zur Irrlehre führt. Denn:
- Dir fehlt das Korrektiv der Brüder, da Du nur die Bibel gelten läßt
- Dir fehlt die Predigt, aus der aber der Glaube erwächst.
- Dir fehlt der Gedankenaustausch, den wir doch benötigen, da unser Wissen Stückwerk ist.
Ich hoffe, mein Anliegen deutlich gemacht zu haben.