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Andachten und Studien zu Jesaja 40–66

Teil 1: Jesaja 40–4

 
Vorbemerkung: Diese abschnittsweise Betrachtung ist ein Auszug (noch nicht druckfertig korrigiert) aus dem Buch „Trost für Gottes Volk – Ein Studien- und Andachtskommentar zum Propheten Jesaja“. Die Kapitel 40–66 des Propheten Jesaja künden die Erlösung an, die Gott seinem Volk bereitet. Nach den vielen Gerichtsankündigen in den Kapitel 1–39 bieten diese letzten 27 Kapitel eine sehr erbauliche und erweckliche Botschaft. Um sie vielen Christen zugänglich und verständlich zu machen, veröffentlichen wir diesen Kommentar in drei Teilen online, beginnend mit Kap. 40–48. Als Grundlage wurde der Text der Elberfelder Bibel, unrevidierte Fassung, verwendet. Teil 2 befindet sich hier.
© Betanien Verlag, 2002
 

Gliederung von Jesaja 40 – 66

1.) Kap. 40-48: Die Person des Erlösers – angekündigt
2.) Kap. 49-57: Das Werk des Erlösers – ausgeführt
3.) Kap. 58-66: Die Erlösung – vollendet
 

40,1-2 Trost für Gottes Volk

Dieser letzte Teil des Buches Jesaja ist eigentlich der dritte Teil, da die ersten 39 Kapiteln zwei Teile umfassten: einen prophetischen Teil (Kap. 1-35) und einen historischen bzw. typologischen (36-39). Die ersten 39 Kapitel betonten – ähnlich wie die 39 Bücher des AT – den Thron Gottes und sein Gericht; die 27 Kapitel des zweiten Teils betonen – wie die 27 Bücher des NT – Gottes Gnade und Heil durch seinen Erretter, den Messias, das Lamm. Das berühmte 53. Kapitel ist das mittlere Kapitel des mittleren Teils dieser drei Jesaja-Abschnitte; wobei in der Mitte von Kap. 53 der Herr Jesus als das Lamm Gottes vorgestellt wird. Der Thron Gottes und inmitten des Thrones das Lamm – das schaute auch der Apostel Johannes in Offb 5,6, und das sind die Grundelemente des Buches Jesaja, das die Regierungswege Gottes in seiner Gerechtigkeit und seinem Heilsratschluss verkündet.
Liberale Theologen und Bibelkritiker schreiben diesen Teil einem sogenannten „Deutero-Jesaja“ zu, einem „zweiten Jesaja“, der ein anderer Autor sein soll als der Prophet Jesaja und diese Kapitel nach der babylonischen Gefangenschaft verfasst habe. Aber das Neue Testament widerlegt diese Behauptung eindeutig und schreibt Zitate aus diesen Kapiteln Jesaja zu (siehe Mt 8,17; Lk 4,17.18). Daher können wir diese historisch-kritischen Hypothesen getrost als Irrtum von uns weisen.
Kapitel 40 beginnt mit dem Aufruf an den Propheten, das Volk Gottes zu trösten. Das ist Jesajas Auftrag für die nächsten 27 Kapitel. Gott will durch seine Propheten sein Volk trösten (vgl. 1Kor 14,3), aber dazu muss er ihnen zunächst ihren elendigen Zustand deutlich vor Augen stellen und dann sein Heilmittel zeigen. Zunächst hört sich diese Botschaft nicht gerade trostreich an. Gott verwundet, um zu heilen; er tötet, um lebendig zu machen. Erst wenn wir mit unseren eigenen Mitteln ans Ende gekommen sind, werden wir ihn in der Fülle seiner Macht kennen lernen, mit der er Leben gibt, Leben erhält und in Drangsal tröstet. Dann dürfen wir zu denen gehören, denen Gott selbst einst ihre Tränen abwischen wird (Offb 21,4).
Der ganze Abschnitt 40-66 ist vorausblickend geschrieben auf die Babylonische Gefangenschaft, die den Juden zur Zeit Jesajas noch bevorstand (Jesaja wirkte ca. 739-686 v.Chr.; die Gefangenschaft begann erst ca. 605 v.Chr.). Im Hinblick auf das Ende der Gefangenschaft nach 70 Jahren verkündet Jesaja im Voraus, dass die „Mühsal“ des Volkes beendet ist. Die Lektion für das Volk war, dass Sünde unweigerlich zu schlimmen Konsequenzen führt und das Gesetz die zweifache Erstattung verlangt (2Mo 22,3). Die frohe, tröstende Botschaft ist hier, dass diese Schuld getilgt und Sühne geleistet ist. Erst in Kapitel 53 wird deutlich werden, dass der Messias, Gottes Knecht, diese Schuld selber am eigenen Leib sühnt. Das ist für uns heute die frohe Botschaft vom Kreuz, wo der menschgewordene Gott anstelle von Sündern den Lohn der Sünde trug – schmerzvolle Trennung von Gott und den Zorn Gottes über die Sünde. Er ist der wahre Trost, den Jesaja hier verkündet.
Damals war es nur ein kleiner Überrest von Juden, der Jesaja glaubte und folgte und aus Babylon ins Gelobte Land heimkehrte. In den folgenden Kapitel wird viel die Rede sein vom wiederhergestellten, aufblühenden Gelobten Land, was sich erst im Tausendjährigen Reich erfüllen wird. Dann wird „ganz Israel errettet“ (Röm 11,26) werden, der treue Überrest aus allen 12 Stämmen. Als Gläubige unseres Zeitalters dürfen aber auch wir viele Lektionen daraus lernen, wie Gott uns, das „Israel Gottes“ (Gal 6,16), tröstet und beschreibt, was der großartige Segen ist, den er uns verheißen hat. Im Neuen Testament offenbart Gott sich in drei Personen als Tröster: Gott, der Vater, ist „der Gott alles Trostes“ (2Kor 1,3). Den Heiligen Geist bezeichnet der Herr Jesus viermal als „den Tröster“ (Joh 14,16.26; 15,26; 16,7). Und ein Charakterzug unseres Herrn ist „zu trösten alle Trauernden“ (Jes 61,2). Er ist auch „unser Fürsprecher beim Vater“ (1Jo 2,1), wobei „Fürsprecher“ im Griechischen dasselbe Wort ist „Tröster“ (parakletes). Welch größeres Vorrecht könnten wir auf Erden haben, als uns der bleibenden Gegenwart des dreifaltigen Gottes allen Trostes zu erfreuen, wenn wir die Verwirrungen und Enttäuschungen erleben, durch die unser Weg in die Ewigkeit führt!
 

40,3-8 Stimme eines Rufenden in der Wüste

Bevor Jesaja die Ankunft Jahwes selbst verheißt, kündigt er seinen Vorläufer an, Johannes den Täufer. Dieser war die „Stimme eines Rufenden in der Wüste“. Matthäus bezeugt das seinen jüdischen Lesern gleich zu Beginn seines Evangeliums, damit sie in Johannes die Erfüllung dieser alttestamentlichen Prophezeiung sehen (Mt 3,3). Johannes selbst zitierte diese Jesajastelle den „Priestern und Leviten aus Jerusalem“, die ihn nach seiner Identität fragten (Joh 1,23). Die Gottheit Jesu wird durch die Zitate dieses Verses im NT klar gelehrt: Es war Jahwe selbst, den Johannes ankündigt, der Messias war Gott höchstpersönlich.
Es ist stets der Dienst eines Propheten, zur Wegbereitung für Gott aufzurufen. Elia war der erste der Reihe von israelitischen Propheten, und Johannes der letzte von ihnen. Diese prophetische Ermahnung richtet sich ganz persönlich an Einzelne, und einige Israeliten zur Zeit des Johannes reagierten darauf mit persönlicher Umkehr und Buße, was sie durch die Taufe ausdrückten. Zu alttestamentlicher Zeit war es üblich, wenn Könige oder Fürsten durchs Land reisten, zuvor die Wege zu ebnen und aufzuräumen, um ihnen die Durchreise zu erleichtern und sie willkommen zu heißen. Im geistlichen Sinn bedeutet es, sich von den Dingen zu trennen, die Gott missfallen, aber auch einfach, das Herz zu erniedrigen und sich demütig Gott zu ergeben. Mit dem hebräischen Wort für „hügelig“ in Vers 4 (akob), wird in Jeremia 17,9 auch das menschliche Herz beschrieben: „arglistig“ heißt wörtlich „höckerig“ oder „hügelig“. Es muss gepflügt und geebnet werden, damit es bereit ist, Gott und sein Wort aufzunehmen. Es ist der Glaube, der Berge versetzen kann, und es ist Gott, der „das Höckerichte zur Ebene“ macht (Kap. 42,16).
Wenn ein Sünder im Glauben auf diesen Befehlsruf reagiert und umkehrt, wird sich ihm die Herrlichkeit Gottes offenbaren. In Jesus kam die Herrlichkeit Gottes nach Palästina, aber nur eine Minderheit hatte geöffnete Augen, um sich diese Herrlichkeit von Gott offenbaren zu lassen. Die Jünger, die alles aufgaben und ihm folgten, „sahen seine Herrlichkeit“ (Joh 1,14; 2Petr 1,16.17; 1Jo 1,1). Die anderen waren und blieben blind (Mt 13,14). Aber jetzt, in der Gemeinde, sehen alle ohne Ausnahme die Herrlichkeit des Herrn (2Kor 3,18), und so wird es im Tausendjährigen Reich und in der Ewigkeit buchstäblich sein.
Gottes Trostbotschaft beginnt stets damit, dass er uns unsere Bedürftigkeit und unsere Abhängigkeit von seiner Allmacht zeigt. Als Jesaja fragte: „Was soll ich rufen?“ (V. 6), antwortete Gott: „Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Anmut wie die Blume des Feldes.“ Das ist stets die göttliche Reihenfolge. Erst wenn wir unsere völlige Nichtsnützigkeit, Schwachheit, Vergänglichkeit und Hilflosigkeit erkennen – und einsehen, dass wir zu nichts anderem wert sind, als wie Stroh ins Feuer geworfen zu werden (vgl. Jak 1,10.11) können wir uns den Trost zunutze machen, den der Herr uns geben will. Gras und Blumen, mit denen der natürliche Mensch hier verglichen wird, sind eine Zeitlang schön anzusehen, aber sowohl kurzlebig als auch empfindlich und abhängig von der regulierten Schöpfung, mit der Gott ihnen wohldosiert Wasser und Wärme gibt. Hier werden diese zarten Gewächse jedoch zerstört durch einen versengenden Windhauch – den Hauch des Mundes Gottes. Dem souveränen Wirken des Heiligen Geistes durch das Wort Gottes kann der Mensch nicht widerstehen. Er kann „dem Heiligen Geist widerstreben“ (Apg 7,51), aber das bedeutet umso mehr Gericht für ihn. Die einzige Hoffnung ist das ewige Wort Gottes. Petrus zitiert und erklärt diese Schriftstelle in 1. Petrus 1,23-25: Der vergängliche Mensch muss wiedergeboren werden, und das Mittel dazu ist das biblische Evangelium.
 

40,9-11 Die Ankunft Gottes bei seinem Volk

Wer durch das Evangelium gläubig geworden ist und im Herrn Jesus Gott erkannt hat, ist dann berufen, anderen vom Herrn Zeugnis zu geben. Die Verkündigung des Evangeliums sollte von Jerusalem ausgehen (Apg 1,8), und dieser Ort war auch im AT der Ausgangspunkt für die Offenbarung der Herrlichkeit Gottes. Da Ablehnung der Botschaft zu erwarten ist, muss eine Furcht vor diesem Zeugnisgeben überwunden werden (2Tim 1,7). Aber welch großartige Botschaft ist es: Gott ist gekommen! Siehe, da ist er! In der Person Jesu Christi ist die Gnade Gottes erschienen, heilbringend allen Menschen! Die frohe Botschaft von Jesus Christus besagt zuerst, dass er „euer Gott“ ist. Wer nicht an Jesus als Gott glaubt – und das sind viele von denen, die sich als Christen bezeichnen – hat die frohe Botschaft des Evangeliums noch gar nicht ergriffen. Alle vier Evangelien weisen mehrfach ausdrücklich darauf hin, dass sich im Herrn Jesus die Prophezeiungen Jesajas erfüllt haben.
Der Herr Jesus wird hier als Gott sowohl in Kraft und souveräner Herrschaft als auch in der liebevollen Güte und Milde eines Hirten beschrieben. Er ist der „starke Gott“ (Kap. 9,5), der jeden Feind besiegen und Frieden bringen wird. Bei seinem ersten Kommen erweckte er den Anschein von Schwachheit, zeigte seine Kraft aber in seinen Wundern über die Natur und über alle Mächte sowie in seiner Autorität, Sünden zu vergeben. Sein Arm ist Ausdruck seiner Macht, und diese Macht ist so groß, dass er Dämonen sogar „mit dem Finger Gottes“ (Lk 11,20) austrieb. Er verhieß vielfältigen Lohn für die, die um seinetwillen alles aufgeben, einschließlich ihres eigenen Lebens. Er offenbarte sich als der gute Hirte, der dem verlorenen Schaf nachgeht, die Lämmer auf dem Herzen trägt und fürsorglich alle Bedürfnisse der Herde stillt.
 

40,12-20 Der unvergleichliche Gott

Wer ist dieser Gott, der sein Volk heimsuchen wird? Gott erkennen ist leben, und Gotteserkenntnis ist eine Grundvoraussetzung, um an ihn glauben zu können. Gotteserkenntnis führt entweder zur Anbetung – oder bei nicht entsprechender Reaktion zu Schuld und Verdammnis. Deshalb offenbart sich Gott hier zu Beginn seiner Heilsbotschaft in seinen alles überragenden Eigenschaften als allmächtiger und allwissender Schöpfer. Zunächst stellt er seine unermessliche Fülle an Reichtum vor: Große Werke zeugen von einem großen Urheber, und die Schöpfung ist in ihren Ausmaßen wirklich unermesslich, insbesondere im Vergleich zu allen menschlichen Errungenschaften. Nachdem es in V. 12 um die Maße der Schöpfung ging, wird in V. 13-14 die unerreichbare Weisheit Gottes herausgestellt. Seine Gedanken sind unendlich höher als unsere (Kap. 55,9). Präsidenten und Könige brauchen ihre Berater, aber wer hätte Gott bei seinem Ratschluss belehren können? Aber als dieser allweise Gott auf der Erde war, hat er weder politische Schachzüge vorgestellt, noch technisch machbare Erfindungen vorweg genommen, sondern das wirklich Wichtige und Unfassbare ausgeführt: sein Volk von seinen Sünden zu erretten.
Einzelne Menschen mögen eingestehen, wie klein und unbedeutend sie sind, und um Stärke und Sicherheit zu erlangen, haben die Menschen Nationen gebildet, starke Körperschaften, die in der Bibel oft mit monströsen Tieren verglichen werden. Babel war der Beginn dieser nationalen Vereinigungen, und noch heute gehören Nationalstolz und Nationalismus zu den größten Motivationsfaktoren im Weltgeschehen. Aber wie unvergleichlich viel mehr ist es, zu Gott und seinem Volk zu gehören, als z.B. ein Amerikaner oder Deutscher zu sein! Der Libanon war besonders reich an Holz und Wild, aber all das würde bei weitem nicht hinreichen, um Gott gebührend zu verehren. Kein anderes Holz als das des Kreuzes und kein anderes Opfer als der Leib des Herrn Jesus leisten der Anbetung dieses Gottes Genüge.
Wenn Gott so groß und unvergleichlich ist, welch Gräuel ist es dann, ein Abbild anzufertigen, das ihn darstellen soll? Solche Gebilde können nur die Götzen unserer eigenen Einbildung sein. Und selbst ein Kruzifix – könnte es jemals auch nur annährend die Leiden dessen darstellen, auf den unsere Sünden gelegt wurden? Ist nicht jede menschliche Darstellung des Kreuzes eine Verharmlosung? Eine Finsternis kam über das Land, als er am Kreuz hing – und da sollten wir meinen, ein Künstler könne sich ersinnen, was da vorgegangen sei? Auch nicht die besten Materialen – Gold, Silber, feines Holz – und nicht die geschicktesten Kunsthandwerker können den darstellen, der so unvorstellbar ist, dass er gebot: Du sollst dir kein Abbild machen ...!
 

40,21-31 Gottes Kraft für die Schwachen

Kernpunkt dieses Abschnitts ist die unberechtigte Klage Israels: „Mein Weg ist verborgen vor Jahwe und mein Recht entgeht meinem Gott“ (V. 27). Ebenso fragen heute viele angesichts von Leiden und Notlagen: „Warum lässt Gott das zu? Mangelt es ihm an Macht? Interessiert er sich nicht für uns?“ Dem Volk, das auf Götzen vertraute und ein falsches Gottesbild hatte, erteilte Gott Lektionen über sich selbst, obgleich das Volk „von Anfang an“ die Möglichkeit gehabt hätte, durch die Schöpfung und durch Gottes Offenbarung von Adam an (die 5 Bücher Mose) ihn zu erkennen. Gott ist hoch erhaben über seine Schöpfung, hoch erhaben auch über die höchsten der Geschöpfe, die irdischen Regenten, die vor ihm völlig unbedeutend sind. Seine Macht ist so groß, dass er sogar über die Sterne und das Weltall herrscht, über dessen gigantische Ausmaße wir heute mehr Faktenwissen haben als damals, dessen Weite für uns dennoch unermesslich bleibt. Gott kennt alle die Milliarden Sterne in den Milliarden Galaxien mit Namen und bestimmte ihren Lauf. Sollte er da nicht die Macht haben, auch die Lebensbahn von uns Menschen zu lenken? „Wenn ich anschaue ... die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?“ (Ps 8,3-4). Die Macht dazu hat er, aber ist er auch willens dazu, in der Menschen Geschicke einzugreifen und sich ihnen als Helfer und Retter zu zeigen, wo sie sich doch von ihm abgewendet haben? Er ist „ewig“, nichts ist ihm zu groß, als dass er es nicht tun könnte, und nichts ist ihm zu klein, dass es unbedeutend für ihn wäre. Er versorgt sogar die Sperlinge und die Lilien. Es macht ihn nicht müde, für all die Myriaden Kleinigkeiten in diesem Weltall zu sorgen, noch fehlt es ihm an Einsicht dazu. „Fürsten“ gibt er dem Nichts anheim, aber sein besonderes Augenmerk gilt denen, die müde und kraftlos sind. Die Einladung des Herrn Jesus gilt allen „Mühseligen und Beladenen“ (Mt 11,28), die um ihre Not, ihr Verlorensein, ihre belastende Schuld und Sünde wissen und die als Folge der Sünde krank und untüchtig sind. An ihnen verherrlicht sich der Schöpfer und König des Weltalls, ihnen gibt er Kraft. Auch Sünder, die Böses tun, beziehen ihre Kraft letztlich von ihm, aber hier geht es vielmehr um die geistliche Bedeutung: Der natürliche Mensch ist „kraftlos“ (Röm 5,6; 8,3) und kann den Willen Gottes nicht tun. Der Wiedergeborene, der in einer lebendigen Beziehung zu diesem gewaltigen Gott steht, bekommt jedoch Kraft durch Gottes Wort und Gottes Geist von Gott selbst. Die Israeliten fühlten sich ermüdet aufgrund der Wege Gottes mit ihnen, die Gericht und Züchtigung bedeuteten, aber in dem Herrn Jesus sollte ihnen die Gnade Gottes erscheinen, heil- und kraftbringend allen Menschen. Auf ihn konnte das Volk damals schon „harren“ – d.h. hoffen und warten und nicht an sich selbst oder an langen „Wartezeiten“ verzagen –, und so Kraft gewinnen zu einem Leben in geistlichen Höhen, so wie sich Adler gen Himmel winden.
 

41,1-7 Gottes Souveränität über die Nationen

Obgleich Jesaja in diesem Teil seiner Prophezeiungen für das Volk Israel schreibt – und zwar im Voraus als Trost für ihre künftige Situation in Babylon und danach –, wendet er sich hier mit seiner Botschaft an die Nationen. Die „Inseln“ repräsentieren in diesem Buch stets die Nationen des Völkermeers. Auch sie brauchen neue „Kraft“, wie das geplagte Israel im vorigen Abschnitt, jedoch um dem Herrn im Gericht gegenübertreten zu können. Das angekündigte Gericht über die Nationen bedeutete hier das Kommen eines Eroberers, nämlich des Perserkönigs Kyrus, der das babylonische Reich, den Inbegriff der Nationen, im Jahr 539 v.Chr. mit großer Überlegenheit an sich reißen sollte, was in Vers 2-3 beschrieben ist. Namentlich wird Kyrus in diesem Buch erst in 44,28 erwähnt.
Aber wer steht hinter den Kulissen und hält als Herrscher wirklich die Fäden in der Hand? Wer hat die Feldzüge des Kyrus „gewirkt und getan“? Es ist Jahwe, der am Anfang allen Handelns und Geschehens steht, der die Geschlechter der Erde ins Dasein gerufen und ihre Bahn bereitet hat – und auch schon ihren Ausgang und ihr Ende bestimmt hat. Er wird sich seinen Ratschluss nicht anders überlegen und auch bei den Letzten noch derselbe sein. Ist das nicht ein Grund, ihn über alles zu fürchten? Und ist das nicht ein Grund, in ihm die einzige Hilfe und Rettung zu sehen?
Aber nein, die Heiden nehmen Zuflucht zu den Götzen ihrer Hände und ermutigen sich darin, sich durch ihre eigenen Schliche selber Rettung zu verschaffen. So war es damals, als die Nationen vor Kyrus erzitterten und händeringend Hilfe suchten, aber sehen wir dasselbe nicht überall bei Notlagen in der Welt? Programme werden aufgestellt, Philosophen und Psychologen beauftragt, von wissenschaftlichen Errungenschaften Abhilfe erhofft. Man ist optimistisch und berechnet, wie sicher der Erfolg sein wird, „damit es nicht wackelt“. Dieser falsche Optimismus ist dem natürlichen Menschen angeboren, der sich aufgrund seiner gefallenen Natur weigert, zu seinem Schöpfer umzukehren. Wie nahe ist dieser Schöpfer dabei uns gekommen, um uns zu retten: Der Erste und der Letzte ist kein anderer als der Herr Jesus Christus (Offb 1,17; 22,13); wie könnte man daher bezweifeln, dass er der Jahwe des Alten Testaments ist?
 

41,8-20 Worte des Trostes für das wahre Israel

Nachdem das Schwert eines Eroberers und die vergebliche Hilfesuche bei den Götzen beschrieben wurde, erfolgt nun das „du aber“, das wir aus den Timotheusbriefen kennen und das stets einen Gegensatz zwischen den Verdorbenen und den treuen Knechten Gottes herausstellt. Es sind Worte des Trostes an Israel, allerdings das geistliche Israel Gottes, d.h. die waren Gläubigen, denn „nicht alle aus Israel sind Israel“ (Röm 9,6). Das stolze Israel verachtete das „Ausland“, aber diese wahren Gläubigen sind „aus fernsten Gegenden gerufen“. Das kann sich beziehen auf die Berufung Abrahams aus Ur in Chaldäa, auf die Rückkehr der gläubigen Israeliten aus Babylon, auf die Berufung der Erwählten aus den Nationen in der jetzigen Haushaltung oder auch auf die Rückführung der Juden ins Land in der Endzeit. Der Trost in diesen Versen besteht aus 1.) der Zusicherung der Erwählung und der Retterhilfe Gottes, 2.) der Herausstellung der herrlichen Person Gottes und 3.) aus Prophezeiungen, in welcher Weise Gott den Seinen helfen wird. Haben sich diese Prophezeiungen bereits erfüllt? Zum Teil an dem treuen Überrest, der aus Babylon zurückkehrte und dann im als „kleines Häuflein“ Land lebte, umgeben von Feinden, aber nicht immer sind alle Feinde Israels „beschämt und zuschanden“ geworden, und ganz gewiss nicht die Römer, die dieses Volk am massivsten unterwarfen, nachdem es seinen Messias verworfen hatte. Die Verheißungen „ich stärke dich, ich bin mit dir“ und „fürchte dich nicht, ich helfe dir“ gelten seitdem dem treuen Überrest der Jünger (s.a. Mt 28,20): „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben“ (Lk 12,32). Aber auch mit dem irdischen Israel hat Gott noch seinen Plan, und der gläubige Überrest wird sich an diesen Verheißungen in der großen Drangsalszeit, unter dem Antichristen, trösten und stärken. Aber gelten diese Verheißungen nicht auch jedem Gläubigen, der sich zu der „kleinen Herde“ rechnet und der die tägliche Hilfe des Herrn im Kampf gegen die geistlichen Mächte der Finsternis braucht? Er, der am Kreuz für uns den Sieg errungen hat, ist es auch, der uns jetzt beisteht, der alle Macht hat und uns Sieg gibt: sei es im Kampf gegen persönliche Sünde oder im Kampf in Gemeindebau und Evangelisation.
Die Notlage besteht jedoch nicht nur darin, dass Feinde drohen und angreifen, sondern auch im Mangel an dem Lebensnotwendigsten: an Wasser. Und auch hier ist der Herr der große Retter; er verheißt, welche großartigen Wunderwerke er tun wird: Quellen auf Bergen, Wasserteiche in der Wüste, reiche Pflanzungen in der Steppe. All das tut er zu seiner Verherrlichung. Wir dürfen der Einladung des Herrn Jesus folgen: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke!“ (Joh 7,37) und aus seiner Fülle die Segnungen des Heiligen Geistes empfangen: Gerechtigkeit, Frieden und Freude im Heiligen Geist. Ein solcher Mensch wird sein wie „ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen“ (Ps 1,3).
 

41,21-29 Nur Gott kennt und lenkt die Zukunft

Nun werden wieder die Ungläubigen angesprochen, die sich von ihren Götzen Hilfe versprechen. Da sie selbst die Schöpfer ihrer Götter sind, halten sie sich selbst für die eigentlichen Götter. Wer einen Gott macht, kann Gott nicht unterlegen sein. Aber eine solche Haltung erfordert eine berechtigte Grundlage und Beweise. Gott fordert sie zu solchen Beweisen heraus: Können Sie sagen, was vor ihrer Zeit geschehen ist? Heute behaupten viele Wissenschaftler zu wissen, was vor Millionen Jahren geschehen sein soll, und beschreiben diese „prähistorische“ Zeit so detailliert, als wären sie selber dabei gewesen. Aber nur Gott selbst war dabei, und er hat uns einen zuverlässigen Bericht gegeben, wie die Welt erschaffen wurde. Auch versuchen sich viele an Zukunftsprognosen, nicht nur Scharlatane wie z.B. Astrologen, sondern auch gebildete Leute, die Berechnungen und Analysen anstellen. Wie viel mehr wäre für sie gewonnen, wenn sie der vorlaufenden Geschichtsschreibung Gottes vertrauen würden! Sei es abergläubische Religiosität oder belehrte Wissenschaft, von der Welt werden sie mit Vertrauen geehrt, aber vor Gott sind sie „nichts“ und „ein Gräuel ist, wer sie erwählt“.
Gott, der nicht nötig hat zu beweisen, dass er Gott ist, kennt die Zukunft nicht nur, sondern er hat sich auch bestimmt. In Vers 25f. sagt er wiederum das Auftreten des Perserkönigs Kyrus voraus, das sich über 150 Jahre später erfüllen sollte (vgl. 41,2f). Kyrus fiel von Norden in Babylon ein, kam aber eigentlich aus dem östlich von Babylon liegenden Persien. Daher treffen beide Angaben, „von Norden“ und „von Sonnenaufgang her“ zu. Aber Gott wusste nicht nur im voraus, dass dieser Kyrus kommen wird, sondern es war sein Plan, er hat ihn „erweckt“. Wie nichtig ist das Geschöpf dagegen, und wie hochmütig und wichtigtuerisch spielt es sich auf! Anstatt sich dem Schöpfer zu unterwerfen, meint der Mensch, selber der höchste Ratgeber zu sein, aber Gott sagt: „Da ist kein Ratgeber, dass ich sie fragen könnte ... sie alle sind Betrug.“
 

42,1-4 Die Person und das Wesen des Messias

In den ersten beiden Kapiteln des „neutestamentlichen“ Teils von Jesaja (Kap. 40-66) ging es um die Ankündigung des Herrn, wie sie in Johannes dem Täufer erfüllt wurde. Nun wird der Herr Jesus selber vorgestellt. Nachdem im vorigen Abschnitt die Verdorbenheit der Menschen herausgestellt wurde, leuchtet seine Person hier hell hervor: An ihm, und nur an ihm, hat Gott Wohlgefallen, denn er ist sein Knecht, gehorsam bis zum Tod (Phil 2,8). Er ist der Auserwählte, der nach Gottes Plan und Ratschluss das Erlösungswerk ausführen soll, wozu er von Urzeiten her bestimmt ist (Apg 2,23; 1Petr 1,20). Er ist auch deshalb Gottes Auserwählter, weil Gott nur ihn wählen würde, auch wenn er aus noch so einer großen Menge wählen könnte. Er ist sein geliebter Sohn, die Wonne seines Herzens. „In ihm“ sind die Seinen auserwählt (Eph 1,4). In diesem kurzen Abschnitt sind so viele Dinge über ihn gesagt, dass sie bei ausführlicher Betrachtung Bände füllen würden: Auf ihm ruhte die siebenfache Fülle des Heiligen Geistes (siehe 11,2); sodass hier alle drei Personen der Gottheit inbegriffen sind; er bringt Gerechtigkeit zu den Heidenvölkern durch das Evangelium, d.h. sowohl praktische Gerechtigkeit, indem er sie dazu befähigt, als auch stellungsmäßige Gerechtigkeit, indem seine eigenen den Gläubigen angerechnet werden sollte – welch großartiges Erlösungswerk und welche „Frucht seiner Mühsal“ (Jes 53,11)! Er war sanftmütig, von Herzen demütig und suchte nicht die öffentliche Popularität. Er verwarf weder solche Menschen, die „geknickte Rohre“ waren, d.h. bußfertige, zerbrochene Sünder, noch richtete er Gläubige, die geistlich versagt hatten und deren Glaube nur noch auf „Sparflamme“ brannte. Die Gerechtigkeit Gottes richtet er nicht durch Kompromisse auf, sondern in Treue bzw. Wahrheit, durch das Evangelium. Dazu war es nötig, dass er litt und am Kreuz starb, aber obwohl er vorher heftig rang, schreckte er nicht davor zurück und hielt aus, bis das Werk vollbracht war. Diese Abfolge seiner Beschreibung zeichnet seinen Weg hier auf der Erde nach (in der Mitte seines Dienstes in Matthäus 12,18-21 werden diese Verse zitiert und als erfüllt erklärt): mit der Taufe, als der Heilige Geist sichtbar auf ihn herabkam, begann sein Dienst, den er auch zu den Nationen, z.B. nach Tyrus und Sidon, ausweitete. Er diente mit Sanftmut, Demut und heilbringender Barmherzigkeit und heilte viele körperlich und seelisch Schwache und richtete sie auf. Doch damit nicht genug, gipfelte sein Dienst im schweren Werk am Kreuz. Vollendet wurde es in der Auferstehung, Himmelfahrt und Aussendung des Heiligen Geistes. Seitdem ist „das Recht (die Gerechtigkeit Gottes)“ in unsichtbarer Weise auf Erden aufgerichtet, in sichtbarer Weise wird das im Tausendjährigen Reich der Fall sein. Was bleibt uns noch zu tun übrig, nachdem er alles so wunderbar gemacht hat? Wir sind die „Inseln“ aus dem Völkermeer, die auf seine „Weisung“ warten. Tun wir das, indem wir täglich sein Angesicht suchen und von Herzen dem gehorchen, was er uns durch sein Wort offenbart?
 

42,5-9 Der Auftrag und das Werk des Messias

Nun spricht Gott selbst zu seinem Knecht, dem Messias. Das wird klar aus Vers 7, wo die Berufung des Messias beschrieben wird. Gott verweist darauf, dass er nicht nur der Schöpfer des Himmels und der Erde ist, sondern auch der Lebensspender, von dem jedes Geschöpf mit jedem Atemzug abhängig ist. Aber wahres Leben ist das Leben im Heiligen Geist in enger Beziehung zu Gott, welches durch den Sündenfall verloren ging und zu dessen Erneuerung der Messias kommen muss. Er selbst steht in dieser engen Beziehung zu Gott und kann diese Beziehung für die Verlorenen wiederherstellen: Er ist in Gerechtigkeit berufen, von Gott ergriffen, geführt und behütet. Aber als Mittler zu Gott muss er auch in einer besonderen Beziehung zum Volk stehen: Er ist ihr „Bund“ – ja, die biblischen Bündnisse sind keine Papierverträge, sondern stellen den Herrn Jesus selbst dar –, und er ist für sie „das Licht der Welt“, die ansonsten völlig finster wäre. Aber bevor verirrte Sünder das Licht sehen können, müssen ihre geistlichen Augen geöffnet werden. Das Heilen von Blinden war ein Wunder, das ausschließlich dem Messias vorbehalten war, und als solcher gibt sich der Herr für Johannes den Täufer zu erkennen, als dieser nach seiner Identität fragte (Mt 11,5).
„Gefangene zu befreien“ gehörte im buchstäblichen Sinn nicht zum Dienst des Herrn auf der Erde, ist aber in Jesaja mehrfach erwähnt (49,9; 61,1). Um seinetwillen aus dem Gefängnis befreit wurde nur Barabbas, an dessen Stelle der Herr hingerichtet wurde. Später wurden einige Apostel durch den Engel des Herrn aus Kerkerhaft befreit. Doch der Herr selbst „heilte alle, die vom Teufel überwältigt waren“ (Apg 10,38), was sich auf die Heilung Besessener bezieht. Jeder natürliche Mensch ist der Sünde und dem Teufel versklavt und ist in dieser Lage hoffnungslos gefangen. Welch enorme Befreiung ist es, aus der Macht Satans und der Finsternis errettet und „ins Reich des Sohnes seiner Liebe versetzt“ zu werden (Kol 1,13)! Außerdem bedeutet diese Voraussage, dass der Herr die Gläubigen aus dem Totenreich befreien und in den Himmel führen sollte, wie in Epheser 4,8 angedeutet. Wahrscheinlich wurden nach seinem Erlösungstod die Seelen von der Seite des Hades, wo sich Abraham befand (Lk 16,23.26), in den Himmel geführt. Das Bild der Gefangenbefreiung ist eines der treffendsten für die Errettung: Der Sünder ist ein Gefangener Satans und wartet auf sein Todesurteil, seine einzige Hoffnung ist ein starker Retter und Befreier. Nur ein Sünder, der sich in dieser Situation erkennt, kann wirklich wertschätzen, was Errettung bedeutet.
Der Rettergott ist Jahwe, Bundesgott der ganzen Offenbarungs- und Heilsgeschichte. Sowohl die Schöpfung als auch die Erlösung verherrlichen ihn unermesslich, und kein Konkurrent kann Anteil an dieser Ehre haben. Menschen können ihn nur durch Glauben verherrlichen, und als Zeugnis für diesen Glauben haben sie das prophetische Wort: Er hat alles genau vorausgesagt, und in Christus hat sich alles genau erfüllt. In ihm sei Gott die Herrlichkeit!
 

42,10-17 Jubel über den Rettergott

Nach dieser Offenbarung Jahwes und seines Messias können die Erlösten nur noch in Jubel ausbrechen. Es ist ein neues Lied, das angestimmt werden soll, und darin werden neu erkannte Wesenszüge und Werke Gottes besungen. In der Fülle seiner Gnade, seines Charakters und seiner Werke gibt es immer Neues zu entdecken, aber wenn die Erlösung vollzogen ist, gehen einem die Augen auf für wirklich Neues, was man zuvor nicht zu erträumen wagte.
Das Ziel Gottes ist, dass seine ganze Schöpfung ihn verherrlicht, und die neue, erlöste Schöpfung wird dies unumschränkt tun: das Land (repräsentativ für Israel), das Meer samt Inseln und Bewohner (das Völkermeer). Sie preisen das größte seiner Werke: dass er die Welt so liebte, dass er seinen Sohn gab. Aber dies ist keine Verheißung oder Prophezeiung, sondern ein Befehl. Es ist das größte Gebot: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben ... mit deiner ganzen Kraft.“ Wir dürfen uns dieses Lob nicht für die Ewigkeit aufsparen. In jedem Moment, wo wir ihm Lob vorenthalten, machen wir uns ihm gegenüber schuldig.
Der Messias kommt wie ein Held auf die Erde, und er ist Jahwe, der Herr, selbst. Der natürliche Mensch stellt sich einen Helden anders vor, aber der Herr Jesus hat hier als ein Kriegsmann gelebt und gekämpft und den Eifer seiner Jünger geweckt. Wenn wir heute seine Jünger sind, erweckt er uns zu demselben Eifer, und wir dürfen uns davon nicht durch die Dinge des Alltags abhalten lassen. Der „gute Kampf“, der Kampf gegen die Mächte der Finsternis, verlangt Eifer und Hingabe, und wir können ihn voller Freude und Motivation aufnehmen, denn der Herr Jesus „beweist sich als Held gegen seine Feinde“. Auf welcher Seite wollen wir da stehen? Diese prophetischen Aussagen beziehen sich sowohl auf sein erstes Kommen in äußerer Schwachheit, seinem Sieg auf Golgatha, als auch auf seine Wiederkunft in allumfassender Macht zur Aufrichtung seines Reiches.
Gott greift erst nach langer Wartezeit ins Weltgeschehen ein. Etwa 4000 Jahre vergingen von der ersten Verheißung des Messias bis zu seinem Kommen, weiterhin mehr als 2000 bis zu seiner Wiederkunft. Für die Sünder bedeutet das Zeit zur Umkehr, aber Gott muss sehnlichst darauf warten, seine Pläne zu verwirklichen. Wenn er handelt, führt das zu radikalen Umwälzungen. So wird es zu Beginn des Tausendjährigen Reiches sein, aber so muss es auch sein, wenn jemand „eine neue Schöpfung in Christus Jesus“ wird, wenn er die Wiedergeburt erfährt und Christus Gestalt in ihm nimmt. Gott selbst spricht hier und betont die Souveränität in seinem Handeln; fünf Mal sagt er in V. 14-16 „ich will“, und so wird es geschehen. Wenn Blinde den Weg finden, dann deshalb, weil er sie leitet, ihnen Licht gibt und den Weg ebnet. Das dürfen alle erleben, die ihre Götzen verwerfen und auf ihn vertrauen. Wer jedoch an seinen persönlichen Götzen festhält, wird zwar auch das Eingreifen Gottes in sein Leben erfahren, aber das wird dann schreckliches Gericht bedeuten.
 

42,18-25 Das Versagen Iraels

In diesem Abschnitt wird wieder das Volk Israel als „mein Knecht“ angesprochen. Das Volk war taub und blind, hörte nicht auf Gottes Wort und erkannte ihn nicht. Das war ihr natürlicher Zustand, und die meisten von ihnen waren nicht wiedergeboren. Gott musste sie ihres Zustands überführen, damit sie überhaupt die Notwendigkeit erkennen, zu ihm umzukehren.
Besonders schlimm ist Israels Zustand deshalb, weil es eigentlich von Gott als sein Knecht, sein Bote und sein Zeugnis in dieser Welt berufen ist. Ebenso gibt es heute viele, die sich zur Christenheit zurechnen, aber nur dem Namen nach und nicht wiedergeboren, sondern blind und taub sind. Wenn sie christlich erzogen wurden, haben auch sie „viel gesehen“ und „offene Ohren“, aber haben es nicht zu Herzen genommen. Gott aber hat es gefallen, sich damals wie heute ein Volk zu bewahren, damit es sein Gesetz bzw. sein Wort bewahrt und verbreitet. Gottes Gerechtigkeit kommt durch sein Gesetz und sein Evangelium zum Ausdruck. Dieses Wort Gottes der Welt zu bringen, ist eine wesentliche Bestimmung des Volkes Gottes.
Dann muss Gott seinem Volk seinen erbärmlichen Zustand vor Augen halten: nicht nur blind und taub, sondern auch von Feinden bedrängt, ausgeplündert und in schrecklichen Lebensumständen. All das sollte auf Israel tatsächlich durch die Hand Gottes zukommen, als die Babylonier sie unterwarfen und in Gefangenschaften führten. Das war aber nicht vornehmlich das Werk der Babylonier, sondern Gott selbst hat es beschlossen und bewirkt, um sein Volk zu züchtigen und es zur Umkehr zu bewegen. Aber auch unter Zucht verhärteten sie sich: Sie „wollten“ nicht auf Gottes Wegen gehen. Ganz entsprechend soll dem unerretteten, natürlichen Menschen sein schlimmer Zustand immer mehr deutlich werden: taub, blind, bedrängt und im eigenen Willen versklavt, er will nicht zum Herrn Jesus kommen und ihm nachfolgen (Joh 5,40; Mt 23;37). Es sieht aus, wie eine völlig verfahrene, ausweglose Situation: Der Unwille zur Umkehr führt zu noch mehr Zucht und Zorn Gottes, und das Ergebnis ist nur, dass keine Einsicht da ist und das Volk im Herzen unbeweglich bleibt. Hoffnung in diese Hoffnungslosigkeit wird erst im nächsten Kapitel kommen.
 

43,1-7 Gott bewahrt seine Erlösten

Der Gegensatz zwischen Kapitel 41 und 42,1-17 bestand im Kontrast zwischen der Verdorbenheit der Sünder und der Herrlichkeit des auserwählten Sohnes Gottes. Nun wird wieder ein Kontrast eingeführt: zwischen der Verdorbenheit der Sünder (42,18-25) und der absolut sicheren Errettung Gottes. Der sündige Zustand des irdischen Volkes Gottes verlangt Gericht (42,25), aber Gott hat die, die wirklich zum Volk Gottes gehören, erlöst und er wird sie erretten. Sie sind sein Eigentum, 1.) weil er sie erschaffen hat, und 2.) weil er sie mit teurem Lösegeld losgekauft hat, mit dem Blut Jesu. „Wisst ihr nicht, dass ihr nicht euch selbst gehört?“ (1Kor 6,19). Für den Gläubigen bedeutet das einerseits Selbstverleugnung, aber andererseits den tiefen Frieden der Geborgenheit in Gottes sicherer Hand. Gläubige aller Zeitalter haben aus diesem Abschnitt Trost empfangen. Hier sind es die wenigen gläubigen Juden, denen der Beistand Gottes zugesichert wird bei allem, was an Drangsalen auf sie zukommen wird. Den Weg durchs Wasser hatte Israel bei seinem Auszug aus Ägypten erlebt und wurde von Gott durchs Rote Meer und durch den Jordan geleitet. Vor Feuer bewahrt wurden später die Freunde Daniels im babylonischen Feuerofen (Dan 3,19-27). Sicherlich kannten diese drei Gläubigen die Schriften Jesajas – denn Daniel hatte z.B. auch den Propheten Jeremia studiert (Dan 9,2). Auch für uns gilt, dass wir „durch viele Drangsale ins Reich Gottes eingehen müssen“ (Apg 14,22), und dabei dürfen wir die Nähe des Herrn so erleben wie Paulus (2Tim 4,17). Das „Fürchtet euch nicht“ kann leicht zu einer frommen Floskel werden, wenn es nicht mit Realität gefüllt ist. Wir dürfen konkret wissen, wovor Gott uns schützen wird, und auch, weshalb und wie Gott das tut. Der Grund dafür ist sein Wesen: „Denn ich bin Jahwe ...“, und „weil du teuer bist“ (durch Jesu Blut) weil du „wertvoll bist“ (der Heilige Geist in dir), „weil ich dich lieb habe“ (weil der Vater Liebe ist). Eigene Eigenschaften oder Leistungen werden nicht als Begründung für die liebe Gottes genannt; es heißt nicht „weil du treu bist“ etc. Gottes Schutz ist unabhängig von uns, Gottes Lohn jedoch nicht (Lk 19,17).
Erlösung bedeutet wörtl. Loskauf durch einen Preis und hat zwei Seiten, wie wir es beim Auszug aus Ägypten sehen: das Blut des Lammes war das Lösegeld im positiven Sinne, aber die Ägypter selbst mussten ebenfalls als Lösepreis sterben; sie stellen die negative Seite der Feinde dar. So war es auch am Kreuz: das kostbare Blut Jesu ist das Lösegeld, mit dem die Gläubigen erkauft wurden, aber in Jesu Fleisch wurde die Sünde und damit der Feind gerichtet.
Wenn Israel aus seinem Gerichtszustand erlöst wird, müssen andere Völker, Israels Feinde, mit ihrem Leben dafür zahlen. Das war so bei der Rückkehr aus Babylon, die nur durch die persischen Siegeszüge möglich wurde, und so wird es auch vor der Aufrichtung des Tausendjährigen Reiches sein, wenn die vereinten Nationen Israel angreifen und dann vom Messias selbst geschlagen werden. Dann werden alle noch lebenden gläubigen Israeliten in ihr Land zurückgeführt und so „wird ganz Israel errettet werden“ (Röm 11,26).
 

43,8-13 Herausforderung – Ich bin Gott

Dies ist ein weiterer von mehreren Zyklen seit Kap. 40, in denen Gott die Ungläubigen herausfordert zu beweisen, dass sie im Recht sind. Aber Gott erweist sich als der souveräne, einzige Retter. Seine Errettung ist so groß, dass er sogar ein geistlich blindes und taubes Volk rettet. Wer könnte ihm das je nachmachen? Wer hätte das je voraussagen und als im Voraus verordneten Ratschluss in die Wege leiten können? Nur Gott allein. Auch alle Nationen und Völkerschaften zusammen können weder seinen Ratschluss vereiteln, noch etwas Vergleichbares selber auf die Beine stellen.
Gottes Heilswege mit Israel – seinem „Zeugen“ – sind deshalb so wunderbar, weil Gott in vielfacher Weise genau vorausgesagt hat, was diesem Volk widerfahren wird. Bereits im 5. Buch Mose hat er in großen Zügen skizziert, wie es diesem Volk ergehen wird, wenn es ihm nicht gehorcht – bis hin zur Zerstreuung unter alle Nationen, weltweiter Verfolgung und Wiederherstellung als Nation (5Mo 28,15-69 etc.). Gott verherrlicht sich durch seine Wege mit Israel, auch wenn es in der Weltgeschichte oft so aussah, als sei dieses bedauernswerte Volk endgültig dem Untergang geweiht. Wer nach Beweisen für die Glaubwürdigkeit der Bibel sucht, muss sich nur die erfüllten biblischen Prophezeiungen über das Volk Israel ansehen, dann wird kein Zweifel mehr bestehen bleiben können, dass nur Gott die Geschichte so unglaublich gelenkt haben kann; einschließlich dessen, was sich heute vor unseren Augen in Palästina abspielt. Auch wenn das Volk Israel geplagt, bedrängt und verfolgt erscheint, wird es letztendlich doch gerettet werden (Röm 11,25), durch seinen Messias Jesus Christus. Ja, er ist Gott, denn sonst gibt es keinen Gott, der Israel retten könnte. Und ansonsten gibt es keinen Gott, der einen hoffnungslos in Sünde verstrickten Menschen retten könnte, der versklavt ist von Sünde und Gott nicht sucht. Doch auch daran verherrlicht sich Gott, dass er verdorbene, ihm entfremdete Sünder rettet, als der souveräne Retter-Gott. Niemand wird die Errettung derer, die er erretten will, verhindern können. Niemand wird die Gläubigen aus der Hand des guten Hirten rauben können. Jeder, den Gott von seinen Sünden errettet, ist ein „Zeuge“ dafür, dass Jesus Christus der Retter-Gott ist, denn diese Errettung wird vor den Augen der Welt nicht verborgen bleiben können.
 

43,14-21 Gott ist der Retter

Gott will seinem Volk die Augen dafür öffnen, dass er es ist, der alles Geschehen verordnet hat. So offenbart er sich ihnen als ihr „Erlöser“ – und als ein solcher Retter immer wieder ab Kap. 40 –, und als der „Heilige Israels“ – in seiner Gerechtigkeit, Heiligkeit und seinem Zorn im gesamten Propheten Jesaja. Wenn die Babylonier (Chaldäer) von den Persern überfallen werden, bedeutet das die nahe Rettung für die in Babylon gefangenen Israeliten. Die Babylonier flohen später, als sie 538 v.Chr. von den Persern erobert wurden, tatsächlich auf ihren Schiffen auf dem Euphrat. Wie erschreckend ist der Gedanke, dass Israel seinen „Heiligen, Schöpfer und König“ nicht erkannte, als Jesus Christus zu ihnen kam. Gebe Gott, dass niemand unter Lesern den Tag seiner Heimsuchung verpasst (Lk 19,4).
In V. 16-17 erinnert Gott die Israeliten an ihre frühere Rettung aus Ägypten, als er sie durchs Wasser des Schilfmeeres ausziehen und ihre Feinde darin umkommen ließ. Aber dann fordert er auf, nicht mehr daran zu denken, sondern ihren Sinn auf eine neue, noch gewaltigere Rettung zu richten, die er ihnen bieten wird. Eigentlich hatte er ihnen geboten, durch das Passah den Auszug aus Ägypten stets im Gedächtnis zu bewahren, und das soll hier sicherlich nicht aufgehoben werden. Aber gerade durch diesen Gegensatz wird deutlich, wie herausragend die neue Rettung sein wird. Gottes Mittel sind niemals erschöpft und er erreicht nie die Grenzen seiner Möglichkeiten, und so kann er „Neues wirken“. Wer hätte je gedacht, dass er seinen einzigen Sohn als Sühnopfer für Sünde geben würde? Beim Exodus legte er buchstäblich einen Weg durch die Wüste, aber durch den Messias hat er den lebendigen Weg zu ihm selbst durch diese geistliche Wüste gelegt; der Herr Jesus ist „der Weg“. Ob die Tiere aus V. 20 nun buchstäblich zu verstehen sind oder nicht, gilt jedenfalls: Gott kann durch seine Rettung aus solch skurrilen Kreaturen – durch die Folgen des Sündenfalls entartet – wie es z.B. einige der Söhne Jakobs waren („Junglöwe“, „knochiger Esel“, „Hirschkuh“; 1Mo 49) neue Geschöpfe machen, die ihn ehren, wenn er sie von ihren Sünden rettet. Wenn wir uns als solche „Monster“ erkennen, können wir uns in Demut und Zerbruch ihm ergeben und uns von ihm retten lassen und dürfen dann wissen, zu seinem „auserwählten Volk“ zu gehören, das er hegt und pflegt und in dieser Wüste mit Wasser versorgt. Als neue Geschöpfe, von ihm gebildet, werden wir seinen Ruhm erzählen.
 

43,22-28 Der Mensch ist das Problem, das Gott löst

Dieser Abschnitt führt uns zu einem Höhepunkt der Gnade im Alten Testament, denn hier werden die Schuld Israels und die Vergebung Gottes in Kontrast gegenüber gestellt. Das Volk Israel konnte sich keinerlei Verdienste rühmen, nicht einmal, aus eigener Initiative Gott angerufen zu haben. Dieser Vorwurf muss die Israeliten besonders getroffen haben, da sie sich doch ihrer Religiosität rühmten. Aber der Tempeldienst wurde ihnen genommen, als sie von Babylon erobert und weggeführt wurden, und ihre Errettung aus Babylon beruhte daher nicht auf der Treue ihres Tempelgottesdienstes. So wird es auch bei der künftigen Wiederherstellung Israels sein, denn dann wird Israel über 2000 Jahre ohne Tempel und ohne Opfer gewesen sein. Es ist der Herr Jesus, der das eine wahre, gültige und Gott wohlgefällige Opfer gebracht hat. Wenn Israel opferte und wenn die Gemeinde ihren Gottesdienst feiert, kann das nichts anderes sein als ein Rühmen dieses Errettungswerkes Gottes. Auch bei der Errettung von Sündern ist es ähnlich: Der natürliche Mensch hat nichts, was er Gott bringen könnte oder wodurch er Verdienste vor Gott sammeln könnte. Er kann nichts anderes tun, als den Herrn Jesus als sein stellvertretendes Opferlamm annehmen.
Der Gläubige jedoch kann das tun, was Israel versäumte: Er kann und soll Gott ehren mit Schlachtopfern der Lippen (Hebr 13,15), wenn er das Werk des Herrn Jesus preist. Er kann und soll sich Gott selbst mit Haut und Haar hingeben als „lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer“ (Röm 12,1). Gläubige sind geistliche Priester, die Gott geistliche Schlachtopfer bringen können (1Petr 2,5). Aber wenn sie das nicht tun, wird Gott sie aus diesem Zustand herausretten. Bewegt es unser Herz, wenn wir bedenken, was das für Gott bedeutet, der ja würdig ist und verdient, dass wir ihn über alles lieben und ihn von ganzem Herzen ehren und ihm dienen? Er hätte Freude an uns haben können, wenn wir als Frucht den Charakter von Söhnen Gottes hervorgebracht hätten, aber wir haben ihn dieser Freude beraubt (Mal 3,8-9) und ihm stattdessen äußerste Mühsal bereitet. Gott ist ein Gott, der nie ermüdet (Kap. 40,28), nur unsere Sünden haben ihm bis aufs Äußerste zu schaffen gemacht. Wegen unserer Sünden schmerzte es ihn in sein Herz hinein (1Mo 6,6); im Garten Gethsemane litt er deswegen unsägliche Angst und am Kreuz wurde er deswegen zu einem Fluch. Wenn wir Gott lieben und fürchten, lässt uns schon die geringste Sünde erschaudern, wenn wir bedenken, was sie den Herrn gekostet hat.
Aber um seine Gnade zu offenbaren und sich selbst zu verherrlichen hat er die Verbrechen seines Volkes ausgelöscht. Das tat er ausdrücklich nicht um unsertwillen, sondern um seinetwillen. Ist das etwa ungerecht, wenn er es nicht zum Wohl der Sünder, sondern zu ihrer Heiligung und seiner Verherrlichung tut? Was könnte der Mensch einwenden, um seine eigene Gerechtigkeit zu verteidigen? Dieser Herausforderung muss sich der Sünder stellen, der mit erhobener Faust gegen Gott rebelliert und den Souveränen anklagt; das ist von Anfang an das Thema Jesajas (1,18). Kein Deut an Gerechtigkeit ist am Sünder vorhanden; denn da er von Adam abstammt, wie könnte da ein Gerechter von Ungerechten kommen (Hi 14,4)? „Was aus Fleisch geboren ist, ist Fleisch“ (Joh 3,6). Sogar Männer wie Abraham, Mose und David, die „Mittler Israels“, waren zeitweise in Sünde gefallen, ebenso wie die Priester des Volkes. Deshalb hat Gott das Recht, sein Volk auf schmerzlichen Wegen zu züchtigen und zu ihm zurückzuführen, und so gab er auch Israel hin in Gefangenschaft, Zerstreuung und Schmach.
 

44,1-8 Verheißungen des Heils

Selbst- und Sündenerkenntnis, wozu die vorigen Verse dienten, führt zu Furcht, nämlich zur Furcht vor dem verdienten Gericht und Zorn Gottes. Deshalb spricht Gott hier das wahre Israel an, um es zu trösten. Er zeigt ihnen, was er in der Vergangenheit getan hat – seine Erwählung – und was er in Zukunft tun wird – seine Errettung, und wer er ist und wer sein Volk ist. Für Israel war dieser Trost besonders wichtig, weil mit der babylonischen Gefangenschaft viele Züchtigungen und Drangsale auf sie zukommen sollten. Aber für die, die Gott lieben, wirkt alles zum Guten mit, und genau mit dieser Wahrheit musste Paulus auch die neutestamentlichen Gläubigen trösten, damit sie nicht daran zweifelten, dass Gott auch in Drangsalen für sie ist (Röm 8,28ff).
Wenn die Zeit der Drangsal durch Ausharren überstanden ist, wird Gott reichen Segen geben. Die sonst symbolische Sprache wechselt hier in V. 3 in deutliche Ausdrücke: Gott wird seinen Heiligen Geist ausgießen, durch den allein ein Leben unter dem Wohlwollen Gottes möglich ist, und er wird geistliche Fruchtbarkeit geben. Die Gläubigen werden fruchtbar sein und ihre geistlichen Kinder werden sein „wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen“ (Ps 1,3), d.h. aus dem Wort Gottes leben, und sie werden einsehen, dass sie nicht sich selbst gehören (1Kor 6,19), sondern dem Herrn, der sie erkauft hat. Welche Freude bedeutet das auch für die Elterngeneration, seien es die leiblichen oder geistlichen Eltern dieser jungen Gläubigen (siehe 3Jo 1,4)! Diese Verheißungen sind für Israel noch nicht in Erfüllung gegangen, aber eine Teilerfüllung besteht seit Pfingsten unter den Christen (Apg 2,17) und die volle Erfüllung wird im Tausendjährigen Reich sein.
Gott ist absolut einzigartig in seiner Person, als der ewige Gott, König, Erlöser und Gott des Himmelsheers. Der Herr Jesus ist dieser wunderbare Jahwe-Gott, der Erste und der Letzte (Offb 1,17 u.a.); das ist wieder einer der vielen herrlichen Beweise der Gottheit Jesu aus dem Buch Jesaja. Gott gibt seit Urzeiten Verheißungen und Prophezeiungen, die er mit Macht ausführen wird. Für die wahren Israeliten und Gläubigen gibt es keinen Grund, sich zu fürchten. Kein anderer Gott könnte Gott in die Quere kommen. Seinen Zeugen gelten die unwiderruflichen Verheißungen. Sind wir von ihm als seine Zeugen berufen und ausgesandt als Licht der Welt? Wenn Gott an uns seine rettende Gnade und Herrlichkeit offenbaren will, kann nichts uns von ihm trennen. Er ist der wahre und einzige Fels, auf dem wir unser Leben und unser ewiges Schicksal bauen können, so wie er für die Israeliten der einzige Zufluchtsfels war, der ihnen Schutz vor den Babyloniern bot.
 

44,9-28 Der Irrsinn der Götzendiener

Wer nicht auf Jahwe, den Felsen, vertraut, richtet sein Vertrauen damit auf etwas anderes. Wer kein Zeuge des Herrn ist, zeugt für einen Götzen. Zu Jesajas Zeit waren das vor allem Götzenbildnisse, aber das Neue Testament bezeichnet auch z.B. Habgier als Götzendienst und somit den Mammon als Götzen. Das allgemeine Prinzip des Götzenglaubens ist, dass der Mensch auf das Werk seiner eigenen Hände vertraut und damit über seine Rettung und sein Wohlergehen selber zu verfügen meint, anstatt sich dem lebendigen Gott in Abhängigkeit zu unterwerfen. Einem vernünftig denkenden Menschen sollte klar sein, dass leblose Materie nicht retten kann, aber dennoch haben Menschen aller Zeitalter materiellen Dingen übernatürliche Kräfte zugeschrieben, und heute nimmt dieser Trend sogar wieder zu: Immer mehr glauben an die Heilkräfte von Edelsteinen, homöopathischen Mitteln etc., und die religiöse Verehrung von Kruzifixen oder Reliquien ist sogar unter Protestanten in Mode gekommen. Die römische Eucharistie ist ein Gipfel des Götzendienstes: Brot wird gebacken; der Bäcker verkauft es zum Teil als Nahrungsmittel, und zum anderen Teil hält es ein Priester in der Hand und macht es zu seinem Gott und zum Gott seines Volkes. Der Katholizismus ist ohnehin ein Paradebeispiel für das Prinzip des Götzendienstes, da die Kirche mit ihren Priestern beansprucht, Gottes Heil in ihren eigenen Händen zu haben und es gemäß ihrer Gewalt an das Volk auszuteilen. Die Angehörigen dieser Kirche sind von ihr versklavt, anstatt in einer unmittelbaren, lebendigen Beziehung zu Gott zu leben. Aber bevor wir mit den Fingern auf andere zeigen, müssen wir uns hüten, nicht selber dem Prinzip des Götzendienstes zu verfallen. Erhoffen wir uns Wohlergehen für Geist, Seele oder Leib von irgendetwas anderem als direkt von Gott? Sogar im geistlichen Bereich, wenn es um christliche Ziele geht, schleicht so leicht Götzendienst ein: Man entwirft sich Konzepte, Methoden und Modelle nach menschlicher Weisheit, um zu evangelisieren, Gemeinden zu bauen usw. Oder man entwickelt „Techniken“ des Betens und Heilens, oder richtet menschliche Systeme auf, die man als die einzige wahre Gemeinde Gottes hinstellt, aber diese „Lieblinge nützen nichts“. Nichts, was vom Menschen ist, kann etwas nützen.
Warum sind die Menschen so blind für diese so offenkundige Tatsache? Ihre Augen und Herzen sind verklebt (V. 18). Bevor der Sünder zum Glauben kommen kann, muss er von seiner geistlichen Blindheit geheilt werden.
Auch die Israeliten waren diesem törichten Götzendienst verfallen und hatten es nötig, zum lebendigen Gott umzukehren (V. 22). Deshalb erinnert Gott sie daran, dass sie ihm als seine Knechte gehören – sie sind in seiner Hand, und nicht die Götzen in ihren Händen sind Gott – und dass niemand etwas nützliches wirkt als nur er allein (V. 24), er wirkt alles. Er zählt hier noch einmal auf, was er alles – im krassen Gegensatz zu den Götzen – getan hat: Er hat sie gebildet, ihre Sünden ausgelöscht, sie erlöst – ein Grund zu großem Jubel. Gott muss den Israeliten seine unumschränkte Macht vor Augen führen, um sie zur Umkehr von den Götzen zu bewegen: Er hat die gewaltige Schöpfung gemacht, aber er lenkt auch die Geschicke der Menschen nach seinem Belieben – und sogar ihre Herzen. Ja, seine ewigen Ratschlüsse wird er allen Widerständen zum Trotz vollbringen: Jerusalem wird wieder aufgebaut werden – und auch die Gemeinde wird von ihm gebaut: „Wenn der HERR das Haus nicht baut, arbeiten seine Erbauer vergebens daran“ (Ps 127,1). Dass er den Wiederaufbau Jerusalems durch Kyrus bereits beschlossen hat, wird er im folgenden Abschnitt ankündigen. V. 28 ist jedenfalls eine äußerst bemerkenswerte Prophezeiung: Hier wird namentlich der etwa 150 Jahre später auftretende persische Herrscher genannt, der durch seinen berühmten Erlass tatsächlich den Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem verfügte! (vgl. Esr 1,1-4). Das sind keine dunklen „Weissagungen“ wie z.B. eines Nostradamus, sondern klare, definitive Aussagen Gottes, der damit die Göttlichkeit seines Wortes beweist.
 

45,1-7 Kyrus, der Gesalbte des Herrn

Hier führt Gott das bisherige Thema weiter aus: seine alles überragende Macht und Souveränität im Gegensatz zu den Götzen, die nichtig sind und nicht retten können. Damit bewegt Gott sein Volk dazu, nicht den Götzen zu dienen, sondern ihm. Gott verheißt nicht nur irgendwie allgemein, dass er die Seinen retten wird, sondern prophezeit ganz konkret und detailliert, wie er das tun wird: Er nennt sogar den Namen des persischen Machthabers, Kyrus, der über 150 Jahre später das Werkzeug in Gottes Händen sein sollte, um Israel aus Babylon heimzuführen: Nachdem die Perser 539 v.Chr. Babylon erobert hatten, erließ Kyrus bereits ein Jahr später, 538 v.Chr., die Verordnung, Jerusalem wieder aufzubauen (Esr 1,4-8; siehe auch Dan 9,25). Dass dies kein glücklicher Zufall war, sondern Gottes Ratschluss und Vorsehung, ist mit dieser Prophezeiung offensichtlich. Den Skeptikern bleibt natürlich nichts anderes übrig, als diesen Teil Jesajas auf eine „nachexilische Zeit“ zu datieren.
Er bezeichnet Kyrus als „mein Hirte“ (44,28), weil er das Volk Gottes wieder zusammen an seinen Ort führte. Ein Hirte Gottes ist davon gekennzeichnet, dass er den Willen Gottes vollführt. In 45,1 nennt er Kyrus „seinen Gesalbten“, im Hebräischen wörtlich „Messias“, was von göttlicher Bevollmächtigung, Gottes Führung durch seinen Heiligen Geist und einem Retterauftrag spricht. Als Hirte und Messias ist Kyrus natürlich ein Bild, ein Typus, für den Herrn Jesus, und so können wir die konkreten Details hier auch geistlich anwenden auf den Dienst des Herrn auf der Erde. Kyrus steht ganz in der Hand Gottes, von Gott „ergriffen“, obwohl er menschlich gesehen ein souveräner Herrscher war und gar nicht wusste, dass er einer höheren Macht unterworfen ist. Aber das Herz eines Königs ist in Gottes Hand wie Wasserbäche; er lenkt es nach seinem Belieben (Spr 21,1). Kannte Kyrus wohl diese Prophezeiungen Jesajas und fühlte er sich davon angesprochen? Dem jüdischen Historiker Flavius Josephus zufolge las Daniel dem Kyrus diese Prophezeiungen vor, und Kyrus reagierte darauf mit Glauben und Ehrerbietung gegenüber dem Gott Israels. Wie demütigend muss es für ihn gewesen sein, zu wissen, dass Gott die Hüften der Könige entgürtet – sie ihrer Kraft beraubt, dass es Gott ist, der im Feldzug vor ihm herzieht, wo seiner Meinung nach diese Führungsposition doch den Feldherren gebührt. Gott ist es, der Türen und Toren mit Gewalt öffnet (bei der Eroberung Babylons), auch wenn Könige meinen, sie würden das aus eigener Kraft tun. Gott ist es, der Kyrus seinen ganzen Triumph bescherte, obwohl Kyrus selber ungläubig war: Er kannte Jahwe nicht (V. 4.5). Aber gerade durch Gottes Macht und Vorsehung sollte Kyrus den lebendigen Gott erkennen. Der Endzweck alles dessen war jedoch Gottes Liebe zu seinem Volk, das er aus der züchtigenden Gefangenschaft befreien wollte: Er wirkte dies alles „um seines Knechtes Jakobs willen“.
Kyrus’ Eroberung Babylons und sein Erlass, Jerusalem wieder aufzubauen, waren seinerzeit weltpolitische Ereignisse, die sicherlich nicht unbekannt blieben. Vom Osten bis zum Westen, in aller Welt, sollte offenbar werden, dass der Gott Israels der wahre Gott ist. So diente das Volk Israels damals als weltweites Zeugnis, quasi zur „Weltmission“, denn auch zu jener Zeit war es Gottes Wille, dass alle Nationen die Herrlichkeit Gottes erkennen und an ihn glauben (z.B. Ps 9,12; 96,3). So tat es z.B. Rahab, die ebenfalls von dem mächtigen Wirken Gottes gehört hatte (Jos 2,9-10).
Das erste Ziel ist dabei, Gott zu fürchten, denn „die Furcht des HERRN ist der Anfang der Erkenntnis“ (Spr 1,7). Wenn der Mensch die Souveränität Gottes erkennt, fürchtet er sich und wagt es nicht mehr, leichtfertig über Gott hinwegzugehen. Er ist völlig von Gott abhängig, sowohl um das Gute von ihm zu bekommen („Licht“ und „Frieden“, V. 7), als auch vor Übel bewahrt zu bleiben oder dadurch die Wege Gottes zu lernen. Denn – so unfassbar es für unseren verdorbenen Verstand auch ist: Gott sagt von sich auch, dass er „Finsternis“ und sogar „Unheil“ schafft; er ist es, der „alles wirkt“ (V. 7; 44,24; siehe auch Amos 3,6; Spr 16,4). Letztendlich wird er aber vor allem Rettung und Gerechtigkeit wirken: Jetzt im Leben des Gläubigen, einst im Tausendjährigen Reich und in der Ewigkeit.
 

45,9-19 Demütigung der Nationen

Die Götzendiener sind die Herren über ihre Götzen, und sie würden sich auch gern über den wahren Gott, ihren Schöpfer erheben. Aber es ist ein gänzlich törichter und verwerflicher Gedanke, Gott etwas vorschreiben oder im Vorwürfe machen zu wollen. Gott spricht ein Wehe – eine ernstliche Gerichtsandrohung – über solche aus, die keine unterwürfige, ergebende Haltung ihm gegenüber haben. Sicherlich hat es den Juden nicht gefallen, dass Gott ihre Wegführung nach Babylon verordnet und ihre Wiederherstellung durch Kyrus, einen heidnischen König. Aber darin sollten sie geprüft werden: ob sie sich gedemütigt – wegen ihres Versagens – den Wegen Gottes ergeben würden. Gleiches beabsichtigt eine ähnliche Stelle im Römerbrief (9,20-24), wo Gottes souveränes, unantastbares Recht als Töpfer herausgestellt wird. Damals empörte es die Juden, dass Gott auch unter den Heiden „Gefäße der Begnadigung“ bereitete. Anstatt sich gegen Gott zu empören, soll der Mensch besser die Zukunft bei Gott erfragen – denn diese steht in Gottes Händen –, und die Errettung (seine „Kinder“) und Vorantreibung seines Reiches (sein „Werk“) ihm überlassen.
In V. 13 stellt Gott heraus, dass er, der allmächtige Schöpfer es ist, der Kyrus auf den Plan gebracht hat und dafür sorgt, dass Kyrus’ Vorhaben gelingt. Im Buch Esra können wir nachlesen, wie Kyrus tatsächlich durch seine Befehle vollmächtig dafür Sorge trägt, dass Jerusalem wieder aufgebaut wird, trotz allem Widerstreben der Feinde (s. Esr 1,2; 3,7; 4,3; 5,13.17; 6,3.14). Der eigentliche Kyrus ist natürlich der Herr Jesus, der seine Gemeinde baut, ohne dass die Widersacher dies verhindern können. Er ist es auch, der ganz Israel retten wird, und in seinem Tausendjährigen Reich werden Ägypter, Sabäer und alle Nationen erkennen, dass Gott mit seinem Volk Israel ist (V. 14). Noch hält sich dieser Gott, Jesus Christus, verborgen und muss im Glauben gesucht und angenommen werden, aber einst wird auf der ganzen Erde offenbar sein, dass er Gott ist, wenn er sichtbar auf seinem Thron sitzt. Für die Ungläubigen ist dann die Zeit des Gerichts, für Gottes Volk jedoch die Zeit des Heils – sie werden nicht beschämt werden.
V. 18. wird oft als Argument für die Hypothese missbraucht, dass zwischen 1. Mose 1,1 und 1,2 eine Katastrophe die Erde verwüstet haben soll, da Gott in Vers 1 bereits eine vollkommene, bewohnbare Erde geschaffen habe. Aber darum geht es hier überhaupt nicht. Der Vers sagt einfach Folgendes: Gott hat auch für diese Erde noch einen Plan, sie ist nicht dem Untergang geweiht, sondern er hat sie zum Bewohnen geschaffen. Dieses Bewohnen wird erst dann seine Erfüllung finden, wenn der Herr Jesus hier sein Tausendjähriges Reich aufrichtet. Manche halten es für einen den Herrn erniedrigenden Gedanken, dass er noch einmal den Himmel verlassen und auf die Erde kommen wird, um hier zu herrschen. Aber das Gebet des Herrn ist: „Dein Reich komme, dein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden“, und auch auf der Erde muss demonstriert werden, dass Jesus Gott ist und dass er niemals umzudenken braucht. Der „Plan Erde“ ist Gott nicht aus den Händen geraten, sondern er lenkt unseren Planten auf ein glorreiches Ziel zu!
 

45,20-25 Das Evangelium im AT

Wer an ihn glaubt, Jesus, den HERRN, der alles wirkt, der Gerechtigkeit redet und Wahrheit verkündet (V. 19) – wer an das Wort vom Kreuz und das Evangelium glaubt –, der ist aufgerufen und befähigt, zu Gott zu kommen. Dieser Aufruf ergeht an alle Nationen, ähnlich wie in Matthäus 11,28 und Offenbarung 22,17. Den Gegensatz zu diesen bilden die Ungläubigen, die keine Erkenntnis haben und an Götzen glauben. Buchstäblich waren Götterbilder aus Holz, aber Holz ist in der Bibel auch ein Bild für die verdorbene, von Gott getrennte Menschennatur, die zu nichts taugt, als nur vom Feuer des Gerichts verzehrt zu werden. In diesem Sinne sind auch die Menschen Götzendiener, die auf Menschenwerk irgendeiner Art vertrauen, d.h. auf irgendetwas, was nicht auf Gottes Wirken, sondern auf menschliche Werke zurückgeht.
Niemand anders kann retten, niemand anders die Zukunft nicht nur voraussehen, sondern bestimmen. In den Kapiteln 44-46 sagt Gott sieben Mal, dass es außer ihm keinen Gott gibt, davon hier drei Mal (und 44,6; 45,5.14; 46,9). Wer ist dieser Gott? Der Gott, der in 40,3.9 angekündigt wurde: „Siehe da, euer Gott.“ Das ist kein anderer als der Messias, der Herr Jesus Christus. Er ist Gott und niemand sonst. Wenn all das, was Gott seit Kapitel 40 über sich selbst erklärt hat, auf den Herrn Jesus zutrifft, mit welch einem einzigartigen, mächtigen und souveränen Retter-Gott haben wir es dann in ihm zu tun! Er ist der gerechte Gott, der in seinem Leben alle Gerechtigkeit erfüllt hat, seine Geschöpfe völlig gerecht beurteilt und am Kreuz in seinem eigenen Leib die Rechtsforderungen Gottes im Hinblick auf die Sünden der Erlösten erfüllte. Ja, er ist ein gerechter und rettender Gott; er hat gerettet, indem er als Gerechter an der Stelle von Ungerechten starb, und er rettet, weil es sein liebendes und gnadenvolles Wesen ist, zu retten. Ein solcher Gott ist unvorstellbar und einzigartig! Und wie weit reicht seine Errettung? Bis an die Enden der Erde ergeht der einladende Ruf: „Lasst euch retten“, „lasst euch versöhnen mit Gott“ (2Kor 5,20). Wie? Indem man sich zu diesem Gott, und zu keinem sonst, hinwendet. Gab es im Alten Testament etwa ein anderes Evangelium als im Neuen; hat Gott auf andere Weise errettet? Nein, aber heute haben wir das Vorrecht, dass im Herrn Jesus das Heil Gottes völlig geoffenbart ist – nicht mehr schleierhaft –, und dass diese Botschaft tatsächlich bis an die Enden der Erde erklungen ist.
Aber sich zu ihm zu wenden, bedeutet nicht, ihn als „Kamerad“ anzusehen und so weiterzuleben wie bisher, sondern vielmehr sich ihm als Gott und Herrn zu unterwerfen, die Knie vor ihm in Ergebung und Anbetung zu beugen und offen zu bekennen, dass er der persönliche Herr ist. Wie gut, wenn wir das tun dürfen, bevor es bei den Ungläubigen einmal aus Zwang geschehen wird, denn auch ihre Knie werden sich beugen und auch sie werden vor dem Gerichtsthron bekennen müssen, dass Jesus Christus der HERR, Jahwe, ist (Phil 2,10-11; s.a. Röm 14,11). Dafür hat Gott sich durch einen Eid verbürgt, das heißt es ist sein Ratschluss, durch dessen Verwirklichung er sich verherrlichen wird. In Christus ist alles enthalten, was wir vor Gott brauchen: Gerechtigkeit, um vor ihm angenehm zu sein, und Stärke, um ihm zu dienen. Aber nur in ihm finden wir dies alles; getrennt von ihm kann ein Mensch „nichts tun“ (Joh 15,5). Die Erlösten werden in allen Zeitaltern und aus allen Völkern zu ihm kommen, aber der natürliche Mensch, der sich ihm nicht unterwerfen will, wird beschämt werden. Am Ende steht Gottes Triumph und das Erreichen seines Ziels: Alle wahren Kinder Abrahams, das „Israel Gottes“ (Gal 6,16), werden im Herrn gerecht sein und sich in ihm rühmen. Welch demütigende Botschaft muss das für die Israeliten in Babylon gewesen sein, dass auch die Nationen am Heil Gottes teilhaben sollen, doch konnten sie Trost finden in der Verheißung, dass das wahre Israel wahre Errettung finden wird.
 

46,1-13 Wer trägt wen?

Babylon war die Hochburg der Götzen, deren Irrsinn Gott in den letzten Kapiteln so oft aufgezeigt hat und auf deren verführerische Anziehung für das Fleisch die Israeliten sich in Babylon einließen. Nebo und Bel waren die zwei bedeutendsten dieser so genannten Gottheiten und finden sich in Namen wieder wie z.B. Nebukadnezar oder Baal-Sebub. Diese Götzenbilder sind nicht belastbar, sondern eine Last. Nicht sie konnten retten, sondern ihre Diener versuchten, sie auf Lasttieren vor dem in Babylon einfallenden Kyrus in Sicherheit zu bringen und zu retten.
Das Verhältnis von Gott zu den Seinen ist ganz umgekehrt: Nicht sie tragen Gott, sondern Gott trägt sie von Anfang an. Der Herr Jesus Christus ist es, der die ganze Schöpfung durch das Wort seiner Macht trägt (Hebr 1,3), der mit unseren Sünden eine unsagbar Schwere Last am Kreuz getragen hat (1Petr 2,24) und der die Gläubigen jetzt auf dem Herzen trägt, wie der Hohepriester die Edelsteine mit dem Namen der zwölf Stämme Israels auf seinen Schultern und seinem Brustschild trug (2Mo 28,29). Gott trägt sein Volk wie der Adler, der seine Jungen mit seinen Schwingen auffängt, wenn sie bei ihren ersten Flugversuchen erschöpfen. Wie anmaßend ist es, wenn wir in unserer Vorstellung meinen, etwas leisten zu können, was für Gott existenziell wichtig wäre! Ussa dachte so, als er meinte, den Wagen mit der Bundeslade vor dem Sturz zu bewahren müssen, und er bezahlte das mit dem sofortigen Gerichtstod (2Sam 6,6-7).
Gott ist absolut unvergleichbar und deshalb auch durch keinen Wert zu erwerben. Was könnte der Mensch mit seinen lächerlichen Mitteln als Preis geben, um Gott für sich zu gewinnen? Bei den Götzendienern ist das ganz anders; die bloße Existenz der Götterbilder beruht auf menschlicher Bezahlung, und ihr Fortbestehen auf menschlicher Leistung. Doch leider gibt es keine scharf erkennbare Trennlinie zwischen Götzendienern und dem Volk Gottes, den Letzteres hat sich mit den Ersteren gemischt. Deshalb muss Gott diese „Abtrünnigen“ seines Volkes zurückrufen. Seine Schafe werden seine Stimme hören und ihm folgen. Wie? In dem sie sich darauf besinnen, wer der lebendige Gott ist und Buße tun, d.h. sich bekehren von den Götzen zum lebendigen Gott. Er ist es, der seinen Ratschluss vorher durch seine Propheten aufschrieben ließ. Das dürfen wir in diesem Buch Jesaja besonders sehen, dessen Voraussagen im Neuen Testament so vielfältig in Erfüllung gegangen sind. Er war es auch, der Kyrus aus dem Osten (Persien) berief, der wie ein Raubvogel über Babylon herfiel und durch seine Eroberung das Ende der babylonischen Gefangenschaft einleitete. Im Buch Jeremia ist sogar die genaue Dauer der babylonischen Gefangenschaft von 70 Jahren vorausgesagt (Jer 25,11.12; 29,10). Das ist Gottes Souveränität in der Vorsehung! Ja, er ist wirklich der Gott, der alles wirkt und vollbringt, ständig aktiv am Werke, um seinen Ratschluss auszuführen.
Die „Trotzigen“ sind wörtlich „die, die starken Herzens“ sind. Sie sind fern vom gerechten Reich Gottes und haben es nötig, auf Gott zu hören und durch eine neue Geburt zu solchen zu werden, die „arm sind im Geist“ und die als „Mühselige und Beladene“ die Einladung des Herrn annehmen können. Obwohl sie so weit von Gottes gerechter Herrschaft entfernt sind, hat Gott ihnen sein Reich nahe gebracht. Genau diese Botschaft verkündete der Herr Jesus: „Das Reich Gottes ist nahe gekommen.“ Wenn dieses Wort an den Sünder ergeht, hat dieser die seltene Gelegenheit, das Heil Gottes anzunehmen, das zum Greifen nahe ist. „Durch das Blut des Christus“ dürfen die, die „einst fern waren“ jetzt „nahe“ sein (Eph 2,13). Welche Gnade, dass Gott uns abscheulichen Feinden und Sündern sein Heil anbietet. Ja, er wird sich daran verherrlichen, im Tausendjährigen Reich ebenso wie in der ewigen Herrlichkeit!
 

47,1-15 Das Siegeslied über Babylon

Das grundsätzliche Versagen der Juden in Babylon war es, dass sie sich dort mit der götzendienerischen Kultur identifizierten und vermischten. Deshalb musste Gott immer wieder das Gericht über Babylon ankündigen, um sein Volk aufzufordern, sich davon zu trennen. Dieses Kapitel verdeutlicht das Wesen Babylons und kündigt ihr künftiges Gericht an, führt aber auch das Thema des vorherigen Kapitel weiter aus, weil bereits dort auf die Zerstörung Babylons durch Kyrus angespielt wurde (V. 11) und weil dort das im Götzendienst verhärtete Herz der Juden herausgefordert wurde (V. 12).
Zunächst mutet es seltsam an, dass Babylon hier „Jungfrau“ genannt wird, wo das babylonische System doch in Offb 17-18 als „Hure“ beschrieben wird. Doch auch jede Hure war irgendwann einmal Jungfrau, und sogar eine unberührte Jungfrau kann in ihrem Herzen schon eine „wollüstige“ (V. 8) Hure sein. Babylon war unberührt in dem Sinne, dass diese Stadt noch nie von fremden Mächten erobert worden war; und sie war eine stolze und „verwöhnte und verzärtelte“ Jungfrau, weil sie dem Wohlstand frönte und unbekümmert und überheblich war. Aber in ihrem Herzen war sie eine „Hure“, die von ihrer Treue zu Gott abgefallen war und sich um des Gewinns willen mit jedem Götzen einließ. Ihr Sturz durch Kyrus würde bedeuten, dass sie zu einer Sklavin erniedrigt wird und niedere Frondienste wie Mahlen oder Wassertragen leisten muss (V. 2-3). Weil Gott die versklavende Herrin stürzt, erweist er sich als Erlöser seines Volkes. Er bestätigt hier nochmals, dass er die Juden zur Züchtigung an Babylon preisgab, aber weil Babylon die Juden so schlecht behandelte, wird es gerichtet (V. 6).
Dieses Kapitel ist ganz ähnlich wie Kapitel 14, wo das Gericht über den König von Babylon angekündigt wird und das zugleich den Sturz Satans beschreibt. Ebenso geht es in diesem Kapitel nicht allein um das historische Babylon, das im Jahre 538 v.Chr. an die Perser fiel, sondern um das weltweite götzendienerische System, „die Mutter der Huren“ (Offb 17,5), das in sich das abgefallene Volk Gottes absorbiert hat. Das wird deutlich aus der klaren Übereinstimmung von V. 7-9 mit Offb 18,7-10.18-19. In der Endzeit wird „Babylon“ eine ökumenisch-namenschristliche Weltkirche sein, die sich heute bereits herausbildet und am deutlichsten in der römisch-katholischen Kirche erkennbar ist, die die religiöse Ökumene in sich vereinnahmen will. Der römisch-katholische Kult ist mit seinen zahlreichen außerbiblischen Praktiken eine direkte Weiterführung des antiken babylonischen Götzendienstes (siehe z.B.: A. Hislop: Von Babylon nach Rom, CLV: 1997), und die frühere Weltherrschaft der Päpste und die heutige politische Buhlerei des Katholizismus ist allseits bekannt.
Wir brauchen uns aber nicht gerechtfertigt fühlen, wenn wir mit dem Finger auf andere zeigen. Das hier beschriebene Wesen Babylons ist genau der Charakter unserer sündigen Natur; deshalb lässt sich der natürliche Mensch auch so gern mit dem religiösen Babylon ein. Sie ist vor allem stolz, selbstsicher und vertraut für ihre Zukunft auf sich selbst. Sie ist selbstbestimmend und meint, ihr Leben in ihrer eigenen Hand zu haben. Genau das, so wird uns heute von Psychologen eingebläut, sei für eine gesunde Seele unverzichtbar: ein unerschütterliches Selbstvertrauen. Welch babylonische Lüge! Und wie weit in die Zukunft reicht ihre vermeintliche Sicherheit! „Ich werde auf ewig Herrin sein“ (V. 7). Sie will sich niemanden unterordnen – ist Herrin; sie will auf nichts verzichten – ist wollüstig; – sie meint, sie habe keine Hilfe nötig, keinen Retter, ja, niemanden. Doch Unterordnung, Verzicht, Selbstverleugnung und Ergebung an den Retter zeichnen einen Jünger Jesu, einen wahren Gläubigen aus.
Sie bedient sich übernatürlicher Mittel (Zauberei) und Weisheit (V. 9-10); all das hat einen Anschein der Frömmigkeit und Geistlichkeit. Aber es ist genau das Gegenteil wahren Glaubens, weil sie meint, auch über das Jenseits verfügen und herrschen zu können, anstatt sich dem jenseitigen Gott zu unterwerfen. Sie ist müde von ihren vielen Ratssitzungen – aber der Ratschluss des Gottes, der niemals müde wird, der wird zustande kommen: Ihr Untergang ist fest beschlossen. Dann werden die Weisen mit ihrer „Wissenschaft“ – die übrigens in Babylon ihren Ursprung nahm – mit ihrer Weisheit schnell am Ende sein. Und auch die wirtschaftliche Stärke und Handelsbündnisse – jegliche erhoffte Hilfe vom „Fleisch“ – können dann nicht mehr retten.
 

48,1-11 Der souveräne Gott der Vorsehung

In diesem letzten Kapitel des Abschnittes Kap. 40-48 richtet Gott seinen Aufruf an das Volk Israel, auf ihn zu hören und sich von Babylon zu trennen. Die das tun, werden sich als die wahren Gläubigen erweisen, die zu Gott umgekehrt sind; als der treue Überrest, der unter Nehemia auf den Erlass des Kyrus hin zurück durch die Wüste nach Jerusalem zog. Der nächste Abschnitt (Kap. 49-57) beginnt dann mit einem Aufruf an die Völker der Welt.
Gott spricht das Volk, das nach ihm benannt ist, als bloße Namens-Gläubige an. Aufgrund ihrer natürlichen Abstammung (aus den „Wassern Judas“) gehören sie zum „Volk Gottes“, sind Israeliten. Sie sind erzogen worden in diesem Glauben und bekennen sich dazu, vertrauen sogar auf Gott („stützen sich auf“ ihn, V. 2), aber das Eigentliche und Wichtigste fehlt ihnen: Sie sind nicht von neuem aus Geist geboren (Joh 3,5) und haben kein Leben von Gott; sie haben keinen lebendigen Glauben, sondern nur einen toten (Jak 2,17). Dass sie sich mit dem Namen Gottes benennen, entspricht weder der Wahrheit noch der Gerechtigkeit. Es ehrt Gott keineswegs, wenn sich Unerrettete nach ihm benennen: „wie würde mein Name entweiht werden“ (V. 11).
Letztlich geht es darum, zu verstehen, wer der Herrscher über alles Geschehen in der Welt und somit auch der Herrscher über alle Herzen ist. Schon bei früheren Ereignissen war es so, dass Gott sie durch Propheten vorausgesagt hatte, und als es dann geschah, war damit offensichtlich, dass Gott es verordnet und bewirkt hatte. Doch der Ungläubige ist so verhärtet in seinem von Gott abgewandten Denken, dass er das Geschehen seinen eigenen Götzen zuschreibt. Wir haben im Buch Jesaja schon mehrfach zwei Kategorien von Götzen gesehen: geschnitzte aus Holz und gegossene aus Metall. Die hölzernen versinnbildlichen die Vergötterung des Selbst – der Mensch rühmt sich seiner Klugheit, seiner Geschicklichkeit usw. und die gegossenen Götzen stellen die Leistungen und Werke des Menschen dar. Wenn dies seine Götter wären, dann wäre er selber Herrscher über die Götter, über die Welt und über sich selbst; dann wäre er souverän. Aber dass dies ein fataler Irrtum ist, liegt auf der Hand, weil Gott seine Souveränität durch seine Vorsehung beweist. Nun hätte das Volk Israel in Babylon den Auftrag gehabt, sich vor den Heiden zu den Prophezeiungen Gottes zu bekennen (V. 6), aber stattdessen stimmten sie lieber kopfnickend den ungläubigen Götzendienern zu. Wie leicht geraten wir auch heute in dieses Fahrwasser! Doch gläubig ist der, der sich freimütig zu Jesus als seinem Herrn bekennt (Röm 10,9)!
Das „abtrünnige“ Volk, das sich so in Babylon integrierte, sollte nun eine zweite Chance bekommen. Gott wollte durch seinen Propheten etwas „Neues“ ankünden, was sie vorher noch nie gehört hatten. Bisher erstreckte sich der prophetische Plan bis zur Verheißung, dass das Volk letztendlich im verheißenen Land wohnen wird. Doch nun stand die Verkündigung ganz neuer Gedanken bevor: das Sühneopfer durch den leidenden Messias (Kap. 49-57) und die daraus resultierende glorreiche Erlösung des Volkes Gottes (Kap. 58-66) bis hin zur Erschaffung eines „neuen Himmels und einer neuen Erde“ (65,17). Es ist traurig, dass Israel diese wunderbare Offenbarung nicht angenommen hat; noch heute ist Jesaja 53 – das Kapitel über den leidenden Messias – das größte Rätsel für die Juden in ihrer eigenen Literatur. Nur ein Überrest verkündete und bewies später anhand des Propheten in den Synagogen, dass „Jesus der Christus ist“ (siehe Apg 17,3; 18,28; 28,38 etc.). Doch Gott hatte durch seine Prophezeiungen bewiesen, dass er Gott ist: er, der Herr Jesus Christus.
Dazu war es natürlich nötig, dass Gott sein Volk nicht ausrottete (V. 9), denn aus diesem Volk sollte der Messias hervorkommen. Es war reine Gnade, dass er es verschonte, und zwar um seines eigenen Namens willen: durch seinen Messias würde er letztlich die Ehre bekommen, die aller Gerechtigkeit Genüge tut. Bis dahin musste sein Volk Gottes souveräne Wege verstehen lernen: Auch das Leid, das ihnen in Babylon wiederfuhr, wenn sie sich zu ihm bekannten, war von ihm verfügt, denn dadurch sollten sie erprobt werden und ihr Glaube sich als echt oder falsch erweisen.
 

48,12-16 Die Berufung und die Verkündigung Gottes

Das Volk wird aufgerufen, auf Gott zu „hören“. Wer die Worte Jesu Christi „hört“ und ihm glaubt, hat die Verheißung des ewigen Lebens (Joh 5,24). Für dieses Hören ist jedoch das Ohr des Glaubens nötig, denn der natürliche Mensch kann Gott nicht hören; sein verhärtetes Herz ist unempfänglich für das Reden des Geistes Gottes (Joh 6,60; Joh 8,43.47; 1Kor 2,14). Es ist Gnade, dass Gott sich überhaupt mit seinen Ruf an sein Volk wendet. Nicht alle werden hören, denn „viele sind Berufene, wenige aber Auserwählte“. Doch wer von Gott persönlich berufen ist, wird seinen Ruf auch hören und ihm folgen, denn „die er berufen hat, die hat er auch gerechtfertigt“ (Röm 8,30). Denn Gott ist der Gott, „der die Toten lebendig macht und das Nichtseiende ruft, wie wenn es da wäre“ (Röm 4,17). So war es mit dem Himmel, als er sie schuf, und so ist es auch mit den Gläubigen, den wiedergeborenen „Himmelslichtern“ in dieser Welt.
Gott verdeutlicht die Notwendigkeit, auf ihn zu hören, durch seine Gegenwart und Macht. Auf jemanden, der fern ist oder der wenig Einfluss hat, würde man nicht hören, aber der allumfassende Gott, der „ist“ – dessen Wirken nichts entgeht –, wie könnte man sich von seinem Ruf abwenden? Zu Beginn des erhabenen 53. Kapitels wird Jesaja die Frage stellen: „Wer hat unserer Verkündigung geglaubt?“, was in Johannes 12,38 als Beleg dafür zitiert wird, dass ohne Gottes Gnadenwirken niemand die Verkündigung glauben würde, dessen Inhalt der Herr Jesus ist. Hier hingegen wird gefragt: „Wer unter ihnen hat dies verkündet?“ Der Messias selbst ist auch der Verkündiger. Er ist sowohl der Inhalt des Evangeliums als auch der, der als Verkündiger mit dem Evangelium beruft.
Die Redenden sind in diesen Versen abwechselnd Gott selbst (V. 12-13.15), Jesaja bzw. der Heilige Geist (V. 14), und der Messias (V. 16). Auf historischer Ebene könnte man meinen, in V. 14b-15 sei Kyrus gemeint, aber die einzigartige Beschreibung „den Jahwe liebt“ trifft nur auf den Messias zu (siehe 42,1). Christus, der Messias, ist es, der alles ausführt, was Gott gefällt, sei es Errettung oder sei es Gericht. Er verkündet nicht im Verborgenen (siehe 18,20). Seine Verkündigung ist geleitet und erfüllt vom Heiligen Geist, den der Mensch so dringend zu seiner Errettung braucht. Seine Worte „sind Geist und sind Leben“ (Joh 6,63).
 

48,17-22 Der Erlöser und seine Erlösung

In den letzten Versen dieses großen Abschnitts von Kap. 40-48 stellt sich Gott noch einmal als der Erlöser vor und beschreibt sein Volk als diejenigen, die Erlösung nötig haben. Er ist der Erlöser, aber haben die einzelnen Israeliten ihn als ihren persönlichen Erlöser angenommen? Haben sie sich von ihm lehren und leiten lassen? Nein, und damit ist klar, dass sie genau die Erlösung und den Erlöser nötig haben, die und der in den beiden restlichen Abschnitten des Propheten Jesaja verkündet werden wird (siehe Gliederung zu Beginn von Kap. 40.).
Aus Vers 18 könnte man bei oberflächlichem Lesen schließen, dass hier ein Prinzip der Errettung aus Werken gelehrt wird. Aber dort steht nicht: „Dass du getan oder erfüllt hättest meine Gebote“. Nein, worin die Israeliten versagt hatten, war, dass sie nicht auf Gottes Gebote gemerkt oder geachtet haben. Gott wollte sie durch seine Gebote lehren und leiten. Wohin? Das erfahren wir aus Galater 3,24: „Das Gesetz ist unser Zuchtmeister auf Christus hin.“ „Zuchtmeister heißt wörtlich „Pädagoge“ oder „Kinderführer“. Das Gesetz leitet den Sünder zur Erkenntnis, dass er ein Sünder ist, und dass er Christus als Retter von Sünden braucht. Genau diese Erkenntnis fehlte den Israeliten. Sie hatten kein Anliegen dafür, die Gebote Gottes zu erfüllen, zumindest nicht über das Maß hinaus, wie sie es in ihrer beschränkten Kraft vermochten. Es ist ein großer Unterschied, ob man etwas nicht schaffen kann – obwohl man es sich sehnlichst wünscht –, oder ob man es gar nicht erreichen will. Wer das Gesetz Gottes nicht erfüllen will, ist gesetzlos, und für Gesetzlose ist das Evangelium nicht. Das Evangelium ist die Botschaft der Errettung von Sünde, d.h. gerade von dem Problem, dass man das Gesetz Gottes nicht erfüllen kann. Die Israeliten hätten auch merken können, dass sie die Gebote Gottes gar nicht erfüllen wollen, und auch diese Erkenntnis hätte sie vor Gott demütigen können und sie dazu führen können, sich ihm als ihrem Erlöser zu unterwerfen. Dann hätten sie kostbare Segnungen und Verheißungen in Anspruch nehmen können: Frieden mit Gott und stellungsmäßige und praktische Gerechtigkeit. Genau das stellt uns der Römerbrief als Ergebnis des Evangeliums vor. Dann hätten sie sich tatsächlich als Kinder Abrahams erwiesen, der die Verheißung hatte, dass seine Nachkommen „wie der Sand“ sein werden (1Mo 22,17). Ihre Frucht wäre dann der Herr Jesus Christus gewesen, der an ihnen Gestalt genommen hätte und der der einzige ist, der ewig vor Gott bestehen wird.
Aber es gibt Hoffnung für die, die dieses Wort der Ermahnung im Glauben annehmen, mit Gehorsam darauf reagieren und aus Babylon fortziehen. Unter Serubbabel, Esra und Nehemia zog später dreimal eine kleine Anzahl von Juden aus Babylon fort zurück nach Jerusalem. Nur wenige nahmen die großartige Errettungsmöglichkeit an, die Gott ihnen bereitet hatte. Und welch großartiges Erlösung dies war, die sie erleben durften! Die Heimkehr und der Wiederaufbau Jerusalems war ein gefährliches und entbehrungsreiches Unterfangen, aber in allem war „die gute Hand Gottes mit ihnen“, wie wir so oft in Esra und Nehemia lesen. Wir wissen nichts davon, dass er sie, wie aus dem Auszug aus Ägypten, wiederum mit Wasser aus einem gespaltenen Felsen getränkt hat (wenngleich Nehemia dies im Dankgebet erwähnt, Neh 9,15.20), aber Esra brachte ihnen das lebendige Wasser, als er sie im Wort Gottes unterwies (Esr 7,10; Neh 8,4-8) wir dürfen wissen, dass die höhere geistliche Bedeutung auf jeden Fall zutrifft: Christus ist dieser Fels (1Kor 10,4), am Kreuz geschlagen, und an ihm können sich alle stärken und erquicken, die dem Ruf Gottes gefolgt sind, mit dem er uns „herausreißt aus dieser bösen Welt“ (Gal 1,4) und hinführt zum „himmlischen Jerusalem“.
Dieser Abschnitt wird beendet von der erhabenen Aussage, die auch den Endpunkt der beiden folgenden Abschnitte markiert (57,20; 66,24). So kostbar der Friede der Erlösten ist, so schrecklich wird das Ende der Gottlosen sein.
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