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Christliche Jugendarbeit

 

In diesem Artikel sind stichpunktartig die Ergebnisse eines Gesprächs unter drei Gläubigen zusammengefasst, die sich um die aktuellen Trends der gemeindlichen Jugendarbeit unter Evangelikalen sorgen und konstruktive Alternativvorschläge machen möchten.
1. Problematische Seiten der Jugendarbeit und aktuelle bedenkliche Trends
2. Konstruktive Konzepte und Vorschläge zur Jugendarbeit

 

1. Problematische Seiten der Jugendarbeit und aktuelle bedenkliche Trends

a) Zeitgeist: Unsere Gesellschaft betont Spezialistentum und Professionalität, was dazu führt, dass Jugendarbeit als spezieller Unterbereich ausgegliedert wird. Für die Jugendarbeit im Rahmen einer Ortsgemeinde bedeutet das, dass diese Arbeit als getrennter Bereich verstanden wird, losgelöst vom sonstigen, integrativen Gemeindeleben. Diese Arbeit wird in die Hand spezialisierter "Fachleute" gelegt (sowohl örtlich als auch überörtlich), wobei die "normalen" Gemeindeglieder (und die Ältesten und die Eltern) ihre Verantwortung abgegeben (Vorbild, Gabenausübung etc.). Das ist ein Trend, der auch in säkularen Erziehungswesen (Forderung nach Ganztagsschule usw.) deutlich wird.
Die Gemeinde ist aber von Gott so gedacht, dass sie wie in einer Familie alle Bedürfnisse der Glieder direkt in ihr gestillt werden, wenn sie lebendig und gesund ist.
b) Diese Ausgliederung und Spezialisierung führt dazu, dass verbreitet ein enorm hoher Aufwand an Kosten, Zeit, Kraft und sonstigen Ressourcen betrieben wird, um große Programme, Veranstaltungen, Aktionen usw. auf die Beine zu stellen. Man muss sich fragen, ob hier Geld und Kraft nicht im falschen Verhältnis investiert wird. Müsste nicht vielmehr die geistliche Substanz der Gemeinde gestärkt werden, um der heranwachsenden Jugend lebendige Gemeinden zu bieten, anstatt sie aus den Gemeinden herauszuholen und für Sonderprogramme zu begeistern? Außerdem werden diese Mittel an Geld und Kraft leider oft nicht für geistliche Dinge ausgegeben (z.B. Materialien und Hilfen zum Bibelstudium), sondern für eine hochtechnische, anspruchsvolle Performance (z.B. teure Bühnen- und Beschallungsanlagen, Multimedia-Ausrüstung usw.) für "Action-Beiwerk" oder weite Anfahrten zu überregionalen Veranstaltungen. Stehen Aufwand und Nutzen hier in einem sinnvollen Verhältnis?
c) Eine stark erlebnisorientierte Jugendarbeit führt dazu, dass solche Erlebnisse und Aktionen "Highlights" für die Jugendlichen sind. Danach aber, wenn der Alltag eingekehrt, sind die Jugendlichen enttäuscht und nicht gestärkt für einen Dienst und Kampf der Nachfolge Jesu. Unter der Devise "Erlebnis statt Dienst" wachsen junge (Namens-) Christen heran, die wahre Nachfolge Jesu nicht kennen und denen diese Nachfolge nicht durch Vorbilder vorgestellt wird - denn oft sind ihre "Jugendleiter" selber erlebnis- und actionorientiert und einfach "cool", statt dem Herrn hingegeben.
d) weitere grundsätzliche Probleme, die eine derartig ausgerichtete Jugendarbeit mit sich bringt:
- Förderung von Selbstbezogenheit statt Ausrichtung auf Gott und den Nächsten
- Passivität und Konsumverhalten statt kreativem, engagiertem Einbringen ins Gemeindeleben
- Psychologisierung und Verzärtelung statt konsequentem Messen am Maßstab Gottes
e) Fehlende Unterscheidung: Soll die Jugendarbeit -
- ein Dienst für Wiedergeborene junge Leute sein, oder
- eine evangelistische Arbeit unter gemeindefremden Jugendlichen sein,
- oder eine allgemeine Jugendarbeit für die Masse der Jugendlichen der Gemeinde sein?
Diese letzte, undifferenzierte Ausrichtung dient leider oft dazu, die Jugendlichen aus den Familien der Gemeinde "bei der Stange zu halten", indem man ihnen ein für sie attraktives, aufwendiges Programm bietet. Mit weit weniger Kosten an Kraft und Geld könnte man im kleineren Rahmen die wiedergeborenen Jugendlichen geistlich stärken, indem man mit ihnen die Bibel studiert und sie in geistliche Arbeiten mit hineinnimmt.
Stattdessen wird von der gemeindlichen Jugendarbeit aber erwartet, sie solle attraktiv für alle Jugendlichen sein, auch wenn die Mehrzahl von ihnen nicht wiedergeboren ist. Das führt zur Vermischung von Nachfolge-Inhalten mit fleischlichen Attraktionen im Sinne der heutigen weltlichen (von höchster Unmoral geprägten) Jugendkultur.
Ein Beispiel für die Folgen solcher undifferenzierten Jugendarbeit ist z.B., dass sogar Missionstage, bei denen es eigentlich um den entbehrungsreichsten Dienst in der Nachfolge Jesu geht, zu Erlebnisevents gemacht werden mit Bands, coolen Aktionen etc. und sogar die Einladungszettel dementsprechend aussehen (gemäß der heutigen Jugendkultur). Dadurch entsteht eine "christliche Subkultur" von Grauzonenchristen, die lediglich eine "christliche Minimalmoral" vertreten und geistlich auf unterster Stufe stehen bleiben. Wir müssen verhindern, dass die heranwachsenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den Gemeinden in dieser "modernen evangelikalen Subkultur" hängen bleiben und nicht geistlich wachsen.
f) Die moderne christliche Musik, die die christliche Jugendszene prägt, ist ein besonderes Beispiel für die Problematik des vorigen Punktes. Geistliche Musik dient eigentlich der Anbetung, aber bei der modernen christlichen Musik ist es wie bei Kain und Abel: Wie dem Opfer Kains fehlt der Musik (den Texten) der Gott wohlgefällige Inhalt: das Sühnewerk Christi und andere Themen der Erlösung. Der Rhythmus spricht den Körper an und ist stark ausgeprägt, die Melodie spricht die Seele an und steht ebenfalls im Vordergrund, der Text, der vom Geist ausgeht und auf ihn ausgerichtet ist, wird aber stark vernachlässigt.
g) Ein weiteres Zeitgeist-Problem ist unsere postmoderne, relativistische, hypertolerante gefühlsorientierte Kultur, die absolute Wahrheit nicht nur abstreitet, sondern sich überhaupt nicht mehr für Wahrheit interessiert und stattdessen nur noch für Gefühle und subjektive Wahrnehmung. Ein bezeichnendes Beispiel dafür ist die Abnahme der Hitzigkeit bei Diskussionsrunden auf christlichen Freizeiten, wo früher heiß debattiert wurde, heute jedoch Gleichgültigkeit und gelangweiltes Gähnen vorherrschen.
h) Ein kulturelles Problem ist die Prägung der Jugendlichen auf visuelle und multimediale Darbietung. Rein mündliche Vorträge wie Predigten sind für sie langweilig, gewinnen nicht ihre Aufmerksamkeit und sie reagieren darauf mit einer Verweigerungshaltung. Wiedergeborene Jugendliche sollte geholfen werden, diese Gewohnheit und Haltung abzulegen, weil sie ohne Konzentration auf Schrift (Bibel, Literatur) und Wort (Predigt, Vorträge) geistlich nicht weiterkommen werden. Die Anpassung der geistlichen Darbietungen auf visuelle und multimediale Präsentation kann keine biblische Lösung sein.

2. Konstruktive Konzepte und Vorschläge zur Jugendarbeit

In den oben angeführten Problematiken sind die besseren Alternativen z.T. bereits erwähnt, nämlich (a-d):
a) Integration der "Jugendarbeit" in die Gemeinde statt Auslagerung. Ein anderes, falsches Extrem ist die Auffassung, die herkömmlichen Gemeindezusammenkünfte (Mahl des Herrn, Wortverkündigung, Bibel- und Gebetsstunde) seien "allgenugsam". Aber die Gemeindeveranstaltungen und -angebote und das Gemeindeleben müssen allen Gliedern der Gemeinde Schutz, Nahrung und Erbauung bieten, gerade den jungen "Lämmern". Alle älteren Gläubigen haben hier eine Verantwortung, vor allem durch ihr Vorbild und persönliche Beziehungspflege, besondere Verantwortung haben die Ältesten und Eltern.
b) Im kleineren Rahmen sollte man sich um wiedergeborene Jugendliche kümmern und sie geistlich fördern. Dann kommen diese weiter und werden nicht mitgerissen im Strom der Heillosigkeit. Neben regelmäßigen Jugendstunden sind weitere Möglichkeiten z.B. eine "Ferienbibelschule" oder Samstagsbibelseminare und auch das Mit-Hineinnehmen in geistliche Dienste (evangelistische Büchertischarbeit etc.)
c) Unterscheiden ist notwendig: Was soll die Jugendarbeit leisten, was sind die Ziele? Überlege: Lohnt sich der Aufwand einer spezialisierten, erlebnisorientierten Jugendarbeit, oder wären die Kosten und Kräfte besser anderweitig investiert (z.B. in Punkt b).
d) Der äußere Rahmen der Veranstaltungen (angefangen bei den Einladungen usw.) soll ruhig bewusst bescheiden sein, denn die Nachfolge des Gekreuzigten bedeutet auch Verzicht auf das "pralle Leben der Welt", und diesen Verzicht müssen die Jugendlichen lernen.

Weitere konstruktive Vorschläge:
e) Bei einer neuen Gemeindegründung sollte die Jugendarbeit im kleinen Rahmen angefangen werden, aber es ist wichtig, dass es ein Angebot für die Jugendlichen gibt. Die Jugendlichen können ermuntert werden, wenn sie sich treffen, ihre Zeit nicht mit Videos und "Abhängen" zu verplempern, sondern ein einfaches gemeinsames Bibelstudium zu beginnen, sie brauchen dazu aber Anregungen, Anleitung und konkrete Initiative (Beispiel: aus einem bestimmten Bibelbuch alle Eigenschaften Gottes / des Herrn Jesus heraussuchen). Hier sind verbindliche, verantwortungsbewusste Leiter gefragt. Diese Arbeit erfordert Kampf, Ausdauer, Gebet und Fasten.
f) Zwar ist die stark erlebnisorientierte Jugendarbeit bedenklich, aber Jugendarbeit muss immer eine ausgewogene Kombination von körperlicher / sportlicher Betätigung und geistlichen Inhalten bieten. Jugendarbeit sollte ein "ganzheitliches Konzept" sein (nach W. Busch) und nicht nur auf die geistlichen Bedürfnisse ausgerichtet sein. Jugendliche brauchen Möglichkeiten, ihre Kräfte zu messen, müssen aber auch lernen, nicht ihren Trieben nachzugehen, sondern ihre Kräfte sinnvoll zu kanalisieren. Das sollte im Rahmen der Jugendarbeit geschehen, die neben Freizeitaktivitäten auch geistliche Aktivitäten wie z.B. Besuchsdienste beinhalten kann.
g) Jugendliche haben tatsächlich ein "Hingabebedürfnis" und sind eigentlich nicht zum orientierungslosen Abhängen veranlagt. In der Nazizeit wurde z.B. dieses Hingabebedürfnis auf schlimmste Weise missbraucht. Die Jugendarbeit sollte Jugendliche motivieren, ihre Hingabe ganz dem Herrn zu weihen, und die Jugendmitarbeiter sollten hier nicht zu bescheidene Erwartungen haben.
h) Das Alter: Junge Leute brauchen nicht erst mit über 20 anfangen, geistlich anspruchsvolle Bücher oder Zeitschriften zu lesen oder bei Predigten zuzuhören. Intellektuell sind auch 13- bis 14-Jährige bereits fähig, die meisten Predigten, Bücher und Artikel zu verstehen. Deshalb muss man Jugendliche nicht mit "geistlicher Babynahrung" (anspruchslose Literatur) füttern (oder gar mit geistlichem Gift in Form verweltlichter "christlicher" Zeitschriften). Es ist meistens nicht eine Frage des Alters und des Intellekts, sondern des Interesses und der geistlichen Gesundheit. Von wiedergeborenen Jugendlichen dürfen wir erwarten, dass sie "Hunger nach der unverfälschten Milch" haben, bzw. wir sollten sie ihnen schmackhaft machen.
i) Wenn es an Kapazität mangelt, ist Unterstützung durch Nachbargemeinden sinnvoll. Beispiel: In einer ländlich gelegenen Gemeinde standen die wenigen Jugendlichen im Begriff abzuwandern, dann wurde mithilfe von Geschwistern aus einer zahlenmäßig stärkeren Gemeinde vom Nachbarort eine regelmäßige evangelistische / erbauliche Abendveranstaltung eingeführt, zu der auch Jugendliche von der Straße eingeladen wurden.
j) Die Jugendarbeit sollte nicht humanistisch (auf die menschlichen Bedürfnisse orientiert) sein, sondern theozentrisch (auf Gott orientiert) und die Herrschaft Jesu zum Mittelpunkt haben.
k) Die Gemeinde soll für die heranwachsenden jungen Gläubigen die "Berufsschule" sein, die "Werkstatt" hingegen ist die "Welt", d.h. sie müssen sich bewähren in den Herausforderungen des Alltags, mitgenommen und angeleitet werden in evangelistischer Arbeit. Die Erbauung in der Gemeinde darf andererseits nicht wirklichkeitsfremd und unrealistisch / irrelevant sein.
l) Das didaktische Konzept der "Erlebnispädagogik" ist zwar eine Art Modeerscheinung, aber an sich durchaus biblisch, denn auch der Herr Jesus unterrichtete seine Jünger mithilfe von Gegenstandslektionen und Erfahrungen. In dieser gesunden Weise sollte geistliches Lernen bei Jugendlichen in Erlebnisse und Veranschaulichungen eingebunden sein. Gefahr besteht, wenn die Erlebnisse zum Selbstzweck werden (siehe Punkt 1b-h).

 

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