Ist Musik nicht amoralisch?
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Ein sehr bekannter christlicher Songschreiber hielt kürzlich
einen Vortrag auf einem führenden christlichen College
in Ohio. Er spielte einige einzelne Noten auf dem Klavier und
fragte dann die Studenten, ob diese Noten gut oder böse
seien. Anschließend spielte er die Titelmelodie von Mr.
Rogers' Neighborhood (eine beliebte Kinder-Fernsehserie) und
die Melodie "Moon River" und fragte, ob es sich um
christliche oder nichtchristliche Musik handle. Aus diesen simplen
Beispielen folgerte er - sehr zur Freude der meisten Studenten
-, dass Musik an sich amoralisch sei. Die Auffassung, dass Musik
moralisch wertfrei sei, ist ein sehr beliebtes Argument und
grundlegend für die zeitgemäße Musikphilosophie.
Diese Sichtweise wurde sogar offiziell in einem Bekenntnis formuliert,
dem so genanten "Bekenntnis christlicher Rockmusiker":
"Wir halten diese Wahrheiten für selbstverständlich:
Dass alle Musik gleich erschaffen wurde - dass kein Instrument
und kein Musikstil an sich böse ist - und dass die Vielfalt
musikalischer Ausdrucksformen, die der Mensch hervorbringt,
lediglich ein Indiz ist für die grenzenlose Kreativität
unseres himmlischen Vaters."[1]
Paradoxerweise ist das zugleich eines der schwächsten Argumente
für die Verwendung jeglicher Musikstile in Lobpreis und
Anbetung. Für diese Sichtweise gibt es ganz einfach keine
Unterstützung in der Bibel, es sei denn, man glaubt, weil
die Bibel nichts Ausdrückliches über die moralischen
Aspekte von Musik sagt, müsse Musik einfach wertfrei sein.
Von einer solchen Denkweise rate ich dringend ab - sie kann
nämlich in allen anderen Graubereichen, die nicht ausdrücklich
in der Bibel erörtert werden, auf Irrwege führen.
Außerdem gibt es offenbar keinen historischen Präzedenzfall
für diese Auffassung. Die Behauptung, dass Musik moralisch
neutral sei, scheint vielmehr erst gleichzeitig mit dem Aufkommen
von CCM [Contemporary Christian Music - moderne christliche
Musik] in den 80er Jahren aufgetreten zu sein.
Trotz der zweifelhaften Grundlage dieser Behauptung glauben
viele Christen sie tatsächlich, als sei sie eine absolute
Wahrheit. Vielleicht wollen sie einfach simple Antworten auf
komplexe Fragen und Probleme. Ich habe dieses Argument immer
und immer wieder gehört, als habe es tatsächlich eine
gewichtige Autorität. Jeder, der dieser Behauptung zustimmt,
kann angeblich völlig frei wählen, welche Musik ihm
angemessen erscheint, ohne irgendwie eingeschränkt oder
hinterfragt zu werden. Wenn einfach behauptet wird, dass jegliche
Musik amoralisch sei - auch ohne jeden biblischen Nachweis -
und dass es nur auf den Text ankäme, dann kann kein Konservativer
jemals mehr etwas gegen moderne Musik sagen. Rick Warren zeigt,
wie das geht:
Ich lehne die Idee ab, dass man Musikstile entweder als
"gute" oder "schlechte" Musik einordnen
kann. Wer entscheidet das? Die Art von Musik, die Sie mögen,
wird bestimmt von Ihrem Hintergrund und der Kultur, aus der
Sie stammen
Musik ist nichts anderes als ein Arrangement aus Noten und
Rhythmen; es sind die Worte, die ein Lied geistlich machen.
Es gibt keine "christliche" Musik, nur christliche
Texte. Wenn ich Ihnen eine Melodie ohne jeden Text vorspielen
würde, dann könnten Sie nicht sagen, ob es ein christliches
Lied wäre oder nicht.[2]
Wenn Zeitgemäße dieses Argument vertreten, halten
sie es für überflüssig, über den Stil von
Musik zu diskutieren. Wenn jemand dem Argument "Musik ist
amoralisch" zustimmt, ist für ihn die Debatte beendet,
bevor sie überhaupt begonnen hat. Er wird üblicherweise
das Thema wechseln und nicht mehr über die Musik, sondern
über die Texte sprechen und viel Zeit mit der ohnehin offenkundigen
Tatsache verschwenden, dass die Aussagen des Textes der biblischen
Wahrheit entsprechen müssen.
Was genau bedeutet amoralisch? Im Duden-Fremdwörterbuch
heißt es unter diesem Stichwort: "a) Sich außerhalb
der Moral oder moralischer Bewertung befindend; b) die moralischen
Grundsätze völlig missachtend." Und was ist Moral?
Damit ist die moralische Qualität oder Natur gemeint; ob
etwas Recht oder Unrecht ist und mit den Prinzipien bzw. Maßstäben
für richtiges Verhalten übereinstimmt.
Das Argument besagt also, dass Musik nicht als moralisch richtig
oder falsch beurteilt werden sollte, weil Musik keinen moralischen
Wert habe. Sie könne weder gut noch böse sein. Anders
gesagt, sei Musik neutral. Ich stimme zu, dass der Oberbegriff
Musik an sich neutral ist. Noten und Akkorde sind an sich unbedenklich.
Gott hat die Elemente von Melodie, Harmonie und Rhythmus geschaffen,
und als bloße abstrakte Entitäten sind diese in keiner
Weise anstößig. Im Gegenteil: Sie sind bewusst zur
Freude geschaffen.
Doch im Gegensatz zum simplen Beispiel des besagten Songschreibers
haben wir es hier mit etwas weit Komplexerem zu tun. Wenn CCMler
sagen, Musik sei amoralisch, meinen sie damit nicht die Grundelemente
von Noten, Akkorden, Harmonie und Rhythmus. Vielmehr verteidigen
sie einen speziellen Musikstil, der z.B. durch ein bestimmtes
Lied repräsentiert wird, das sie besonders mögen.
Niemand in einem zeitgemäßen (oder konservativen)
Gottesdienst singt einfach die einzelnen Noten und Akkorde.
Jeder singt ein bestimmtes Lied von einer bestimmten Person.
Da das Lied von Menschen verfasst wurde, muss es notwendigerweise
bestimmte Stilmerkmale dieses menschlichen Urhebers tragen.
Glauben Sie, dass der Mensch Musik missbrauchen und verderben
kann? Gewiss würden Sie zustimmen.
Sehen Sie nun die Unwahrheit in diesem Argument, Musik sei amoralisch
und moralisch neutral? Trotzdem lassen sich viele täuschen
und glauben die große Lüge, dass jegliche Musikstile
für Lobpreis und Anbetung geeignet seien. In Wirklichkeit
singt oder spielt niemand im Gottesdienst allgemeine und neutrale
Musik. Die Lieder wurden in einem bestimmten Stil geschrieben.
Allein aus diesem Grund sage ich, dass dieses Argument hinfällig
ist. Die eigentliche Frage ist, ob ein Musikstil moralisch beurteilbar
ist oder nicht. Diese Frage müssen wir bejahen, und das
ist sehr leicht zu beweisen.
Ist der Stil der Rockmusik, der fast jegliche CCM prägt,
mit einer bestimmten moralischen Wertigkeit behaftet? Ich behaupte,
dass dieser Musikstil untrennbar verbunden ist mit moralisch
Bösem, insbesondere mit freiem und außerehelichem
Sex, Drogenkonsum und Rebellion gegen Autorität. Aber Dan,
du meinst bestimmt die gottlosen weltlichen Texte und nicht
die Musik! Nein, ich meine den Musikstil an sich. Jahrzehnte
von Rockmusik haben dieser Musik unaufhörlich den Stempel
der Unmoral aufgedrückt. Andere Texte und andere Musiker
können dieses Stigma nicht entfernen.
Das ist genau der Grund, weshalb so viele Christen sich daran
stören, wenn Rockmusik oder ein ähnlicher Stil in
der Gemeinde eingesetzt wird. Sie stören sich zu Recht
daran, denn der Musikstil erinnert unweigerlich an seinen unmoralischen
Hintergrund. Die Zuhörer assoziieren mit der Musik sofort
Sinnlichkeit, Verdorbenheit und Rebellion. Die Musik ist "schuldig
aufgrund von Assoziation". Ich habe gehört, wie einige
CCM-Befürworter beklagen, das sei ein ungerechtes Urteil
über Rockmusik und man solle diese Musik als unschuldig
ansehen, solange nicht ihre Schuld bewiesen ist. Ich stimme
jedoch nicht zu, dass säkulare Gesetze auch auf christliche
Musik anwendbar sind. Christliche Musik muss dem höheren
Gesetz Gottes entsprechen.
Was meinen Sie, warum haben CCMler ein solches Problem damit,
wenn Christen sich am Gebrauch dieses Musikstils in der Gemeinde
stören und etwas dagegen sagen? Der Grund liegt auf der
Hand: Damit ihr umstrittener Musikstil in der Gemeinde akzeptiert
wird, mussten sie anstelle der Wahrheit das trügerische
Argument einführen, Musik sei amoralisch. Nun müssen
sie dieses Argument gegen alle Infragestellungen verteidigen.
Wenn diese Verteidigung versagt, sind sie gezwungen (so wie
ich es war), das Unannehmbare anzunehmen: dass einige ihrer
Musikstile nicht gut, sondern böse sind.
Einige frühe Vorkämpfer der CCM-Welle müssen
dieses Argument heraufbeschworen haben, um ihren Rockmusikstil
zu verteidigen. Wenn etwas so Absurdes wie dieses Argument über
Jahre hinweg nur oft genug wiederholt wird, hört es sich
irgendwann logisch an. Deshalb müssen wir ein solches falsches
Argument logisch wiederlegen. Die Grundelemente der Musik mögen
amoralisch oder neutral sein, aber alle Musikstile haben eine
moralische Dimension, weil sie so leicht und unvermeidlich mit
einem Etikett aus der Welt in Verbindung gebracht werden. Deshalb
sollten wir uns jetzt die Frage stellen: Welche moralischen
Dimensionen haften meiner Lieblingsmusik an?
Gott hat die Musik erschaffen - ist daher nicht jede Musik
gut?
Nah verwandt mit dem Argument, Musik sei amoralisch bzw. moralisch
neutral, ist die andere verbreitete Halbwahrheit, die verwendet
wird, um den Gebrauch von CCM in der Gemeinde zu rechtfertigen:
Jede Musik sei von Natur aus gut. Ich glaube, dass die Zeitgemäßen
ein biblisches Prinzip fehlinterpretiert haben, um mit diesem
Argument aufwarten zu können. Es stimmt: Gott hat alle
Dinge geschaffen und sie als "gut" bezeichnet. Der
Mensch ist ein Geschöpf Gottes. Der Klang ist eine Schöpfung
Gottes. Das System von Melodie, Harmonie und Rhythmus ist seine
Schöpfung. Er schuf auch die Ordnung. Aber schreibt und
komponiert Gott selbst das Lied, das seinen Klang mit seiner
Melodie, Harmonie und Ordnung enthält?
Die CCM-Befürworter versuchen die Verwendung eines bestimmten
Musikstils zu rechtfertigen, der in der realen Welt durch reale
Lieder repräsentiert wird. Ihr Argument lautet, dass Gott
"die Musik" erschaffen habe. Aber welcher Art ist
die allgemeine Musik, die Gott schuf? Das lässt sich mit
dem Kinderspielzeug Lego vergleichen. Lego besteht aus vielen
verschiedenen Bausteinen, die in sich selbst wenig Wert haben.
Werden sie zu einem Gesamtwerk zusammengefügt wie z.B.
einem Lastwagen oder einem Feuerwehrhaus, wird ihnen dadurch
ein erkennbarer Wert verliehen, anhand dessen wir die Kreativität
des Kindes einschätzen können. Dasselbe gilt für
das System der Musik und ihren Elementen. Gott schuf die elementaren
Noten und verlieh uns einen Sinn dafür, was schön
ist und wie sich Klänge anordnen lassen. Das sind die Bausteine.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal wiederholen und
betonen, was wir in einem früheren Kapitel besprochen haben.
Niemand in einem CCM-Gottesdienst singt nur die einzelnen Elemente
der Musik. Jeder Teilnehmer singt das Lied eines Menschen, das
aus diesen Elementen besteht. Da das Lied von Menschen kreiert
ist, enthält es unweigerlich den bestimmten Stil des menschlichen
Schöpfers. Der Mensch kann Gottes Schöpfung missbrauchen
und verderben.
Musikgeschichte in der Bibel
Außerdem traue ich nicht dem Argument, dass jegliche Musik
gut ist oder sein kann, denn die Bibel spricht dagegen. Musik
wird in der Bibel zum ersten Mal nicht etwa in den Psalmen erwähnt
oder im Buch Chronik, wie viele meinen. Sie kommt nicht in der
Geschichte Davids oder im Lied Moses zum ersten Mal vor. Die
erste Erwähnung von Musik findet sich sehr früh in
der Bibel, in 1. Mose 4,21. Dort wird uns Jubal vorgestellt,
der Vorvater aller Musiker: "
Jubal; der wurde der
Vater aller Harfen- und Flötenspieler." Unsere heutigen
Band- und Orchesterinstrumente gehen wahrscheinlich zurück
auf die Kunst von Jubal und seinen Nachkommen.
Außerdem war dieser erste in der Bibel erwähnte Musiker
ein direkter Nachkomme Kains. Kain war von Gott schlimm verurteilt
worden, weil er in der Anbetung seine eigenen persönlichen
Vorlieben eingesetzt hatte! Halten Sie einen Moment inne und
denken Sie darüber nach! Gott hatte Kain gesagt, dass seine
persönliche Art der Anbetung Gott nicht wohlgefällig
war, weil sie nicht Gottes Vorgaben und Maßstab entsprach.
Kain wurde wegen dieser Ablehnung zornig und höchst eifersüchtig
darauf, dass Gott die Anbetung seines Bruders Abel annahm. Kain
brachte Abel um und wurde aus der Gegenwart Gottes und von seiner
Familie verbannt.
Auch Kains Nachkommen waren Gott weiterhin ungehorsam. Sie waren
zutiefst böse, und als sie schließlich Mischehen
mit den Nachkommen Seths eingingen, entschloss Gott, sie durch
die Sintflut untergehen zu lassen. Das war das Erbe und das
Umfeld von Jubal. Weil der Mensch ein Sünder ist und seine
Verderbnis auch in seine Werke und Schöpfungen mit einfließen
lässt - auch in seine musikalischen Kreationen -, müssen
christliche Musiker sehr, sehr aufpassen, wie sie ihr musikalisches
Talent einsetzen und welche Musik sie wählen. Denn auch
die Musik kann als menschliches Werk von unserer sündigen
Natur und unseren sündigen Lüsten ganz leicht verdorben
werden.
Die ersten Musiker, die speziell für den Lobpreis Gottes
ausgesondert wurden, tauchen offenbar erst viel später
in 1. Chronik 16 auf, als David die ersten offiziellen Lobpreisleiter
in Israel einsetzte. Sie sollten ihren Dienst vor der Bundeslade
verrichten. Es ist wichtig zu beobachten, dass David dazu Leviten
auswählte, die von Gott selbst für seinen Dienst geheiligt
bzw. abgesondert worden waren. Die Leitung der Anbetung Gottes
war im Alten Testament nichts, was einfach jedem Musiker erlaubt
war, und es wurde auch nicht einfach jegliche Musik dazu verwendet.
Alles und jeder, der dabei mitwirken sollte, wurde sorgfältig
abgesondert - aus lauter Ehrerbietung und Ehrfurcht vor Jahwe,
dem ehrfurchtgebietendem Gott. Auch wenn wir heute nicht unter
Gesetz sind, finden wir hier ein wichtiges Prinzip, um die Musiker
und die Musik auszuwählen, die im Gottesdienst eingesetzt
werden können.
Die Zeitgemäßen entgegnen vielleicht: "Doch
gewiss kann Gott die böse Musik erlösen
und zu seiner Ehre gebrauchen." Wer das behauptet, den
fordere ich heraus, mir in der Bibel zu zeigen, wo Gott so etwas
tut. Andernfalls ist das nur eine persönliche Meinung und
auf dieser Grundlage wage ich nicht, die Wohlgefälligkeit
meiner Musik und meiner Anbetung aufs Spiel zu setzen.
[1] Contemporary Christian
Music, November 1988, S. 12
[2] Warren, Purpose
Driven Church, S. 281 (dt. S. 264)
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