Hallo Ron,
ich denke, dass man hier diferenzieren muss. Richtig ist, dass Paulus im 1.Korintherbrief ab Kapitel 7 Fragen anspricht die direkt aus Korinth stammen. In den ersten 6 Kapiteln hat er grundsätzliche Anweisungen gegeben, dann allerdings kommt ein Einschnitt.
"Was aber das betrifft, wovon ihr mir geschrieben habt..." (Kap 7,1)
Bezogen auf das Sprachenreden finde ich es schon bedenkenswert, dass der Korintherbrief der einzige Brief ist in dem sie erwähnt wird, und hier auch eher um zurechtzuweisen.
In Kapitel 11 ist es allerdings anders. Das Schweigegebot für Frauen findet sich auch an anderen Stellen. (z.B. 1.Tim 2,8-15)
Das ist das erste was man festhalten sollte. Nun ist es ja aber nicht unbedingt entscheidend wie oft eine Anweisung in der Bibel vorkommt. Wenn eine Anweisung klar und deutlich ist dann müssen wir sie stehen lassen, ob sie nun 1 mal steht oder 10 mal wiederholt wird. Der Hintergrund ist natürlich immer zu beachten. Um eine Aussage auf ihre Allgemeingültigkeit zu prüfen ist es wichtig an wen und mit welcher Begründung sie gemacht wird. Als Beispiel mal folgendes.
"Daher, Brüder, eifert danach, zu weissagen, und Hindert das Reden in Sprachen nicht." (1.Korinther 14,39)
Die Aussage ist zuerst einmal an die Korinther gerichtet. Wenn man den Kontext berichtet scheint es klar, dass zu dieser Zeit Weissagung und Sprachenreden nicht unüblich waren. Das sagt aber noch nichts darüber aus wie es bei uns heute ist. Also müssen wir zuerst prüfen ob die Umstände in Korinth und bei uns die gleichen sind um darüber zu entscheiden ob der Vers auch für uns gilt. Der Vers gilt also für die Situation in Korinth und nicht unbedingt für uns. (Die Diskussion über Sprachenrede heute gehört wohl nicht in diesen Thread)
Die Diskussion um das Schweigegebot ist eine ganz andere. Im Timotheusbrief wird es noch deutlicher. Hier sagt Paulus:
"Ich erlaube aber einer Frau nicht zu lehren, auch nicht über den Mann zu herrschen, sondern <ich will>, dass sie sich in der Stille halte,
denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva; und Adam wurde nicht betrogen, die Frau aber wurde betrogen und fiel in Übertretung." (1.Timotheus 2,12-14)
Die Gründe die Paulus nennt sind keine Zeitabhängigen. Da hat sich nichts geändert, das war vor 2000 Jahren so und auch heute. Und wenn man die Begründung von Paulus in frage stellt, wie es ja heute teilweise getan wird, dann greift man die Autorität der Bibel an. Die Frage nach dem Schweigegebot ist also ziemlich eindeutig zeitunabhängig.
Eine andere Frage ist meiner Meinung nach die nach der Kopfbedeckung. (1.Korinther 11) Es gibt dazu ja die verschiednsten Theorien. Die meiner Meinung nach schrägste von Thomas Schirrmacher. (
klick)
Diese Argumentation kann ich nicht ganz nachvollziehen aber es stellt sich bei mir eine andere Frage. Dass es Paulus in 1.Korinther 11 in erster Linie darum geht, dass sich die Frau dem Mann unterordnen soll, dessen sind sich alle Ausleger einig.
Könnte es also nicht sein, dass Paulus hier das Problem in Korinth sieht. Es waren sowohl Griechen als auch Juden in der Gemeinde und beide Parteien hatten unterschiedliche Gewohnheiten was die Kopfbedeckung betrifft. Es gab durcheinander und offensichtlich wohl uneinigkeiten. Paulus gibt ihnen also eine Anweisungen wie sie es handhaben sollen. Dabei beruft er sich nicht auf Traditionen oder ähnliches, wie es beide Gruppen eventuell gemacht haben, sondern nennt stichhaltige Gründe warum sie es so halten sollen. Eine Richtschnur an die beide sich halten sollen, quasi ein Kompromiss mit dem die Parteien wieder zusammengebracht werden sollen.
1.Korinther 11 ist auch die einzige Stelle in der von einer Kopfbedeckung die Rede ist, in keinem anderen Brief wird hiervon gesprochen. Ich würde mir vorstellen, dass es in anderen Gemeinden hier ebenfalls Probleme gegeben haben könnte aber Paulus hält es nicht für nötig ihnen in dieser Sache zu schreiben.
Ich bin mir bewusst, dass ich hier ein wenig spekuliere und ich eventuell falsch liege. Ich lasse mich also gerne belehren und wenn mir jemand meine argumentation widerlegt dann habe ich auch was dazugewonnen. :) Um es aber nochmal auf den Punkt zu bringen denke ich, dass man das Schweigegebot der Frau in der Gemeinde definitiv nicht als Zeitbedingt abtun kann, es in anderen Fragen wo es nicht so eindeutig ist aber zumindest in betracht gezogen werden kann.
Viele Grüße,
Jakob