"Die Stillen im Land" war früher eine umfassende Bezeichnung für Gläubige im Pietismus, in Gemeinschaftskreisen und in einigen Freikirchen. Dieses Bezeichnung wird von etlichen Gläubigen ind Gemeinden bis heute gebraucht. Ist dieses „Stillesein“ eigentlich noch zeitgemäß? Es galt lange Zeit als Ideal, demütig, bescheiden, zurückzuhaltend und zufrieden zu sein. Man war gehorsam, dankbar und widersprach nicht. Man zeigte Respekt und stellte keine „unverschämten Forderungen“.
Dieses Verhalten wird von vielen als „christlich“ angesehen. Man will nicht auffallen, sich selbst nicht so wichtig nehmen, mit den Dingen, so wie sie sind, zufrieden sein und alles in Gottes Hand legen, zu dem man regelmäßig betet. Und wenn man etwas tut, geschieht dies im Stillen und Verborgenen, eingedenk des Jesuswortes in Matthäus 6, wonach Gott alles sieht und derjenige seinen Lohn dahin hat, der seine „frommen Leistungen“ offen zur Schau stellt. Dabei wird nicht bestritten dass die, als christlich angesehenen Verhaltensweisen durchaus ihre positiven Seiten haben und es ganz gewiss richtig ist, Jesus an das Steuer seines Lebens zu lassen und sein ICH insoweit zurückzunehmen. Ebenso ist unstrittig, dass sich ein Wirken im Verborgenen sehr segensreich auswirken kann. Dafür gibt es viele Beispiele. Vieles, und das nicht nur in Glaubensdingen, läuft ganz erheblich besser, wenn die Fäden im Verborgenen gezogen werden, weil dadurch Reibungsverluste vermieden werden. Aber kann das immer und in allen Fällen gelten? Ist der Christ ein „angepasster Untertan“ der alles als gottgegeben hinnimmt, auch da, wo eigentlich Widerspruch notwendig wäre?

Vor etwa 10 Jahren habe ich angefangen, mich mit der Theorie der Schweigespirale zu beschäftigen. Es geht um eine Komponente der Theorie der öffentlichen Meinung, wie sie in den 1970er-Jahren von der Professorin Elisabeth Noelle-Neumann[1] formuliert wurde.
Laut dieser Theorie hängt die Bereitschaft vieler Menschen, sich öffentlich zu ihrer Meinung zu bekennen, in bestimmten Fällen von der wahrgenommenen Mehrheitsmeinung ab. Angesicht der rasanten Säkularisierung unseres Landes interessierte mich in erster Linie, in wieweit der Mechanismus der Schweigespirale für den Niedergang des Christentums verantwortlich ist. So entstand mein Aufsatz »Das Christentum und die Schweigespirale«[2], der damals im Journal des Professorenforums veröffentlicht wurde.

Nach der Theorie der Schweigespirale hängt die Bereitschaft vieler Menschen, sich öffentlich zu ihrer Meinung zu bekennen, von der wahrgenommenen Mehrheitsmeinung ab. Wenn ihre Meinung von der Mehrheitsmeinung abweicht, dann verfallen sie in Schweigen. Dieser Sachverhalt verweist dann direkt auf ein anderes Thema, das unmittelbar damit zusammenhängt. Es geht um die sog. ›Political Correctness‹, die durch die Beeinflussung der sprachlichen Ausdrucksweise versucht ›Tabus‹ zu konstruieren. Bestimmte Formulierungen werden öffentlich nicht geduldet, nach der Devise: »So etwas tut man und sagt man nicht, ja man denkt es nicht einmal.«
Hier greifen drei Themenbereiche ineinander, auf die ich näher eingehen möchte:
Erstens die Schweigespirale,
Zweitens die Political Correctness
Drittens die Medien
Unter dem Einfluß dieses Wirkungsdreiecks steht nun das Christentum und insbesondere Menschen, die an Christus, den Sohn des lebendigen Gottes, glauben. Schließen möchte ich dann meinen Vortrag mit dem Thema: ›Was können wir tun?‹.




»Leute, die noch am alten Glauben festhielten, fürchteten die einzigen zu sein, die ihm treu blieben, und da sie die Absonderung mehr als den Irrtum fürchteten, so gesellten sie sich zu der Menge, ohne wie diese zu denken. Was nur die Ansicht eines Teiles der Nation noch war, schien auf solche Weise die Meinung aller zu sein und dünkte eben deshalb diejenigen unwiderstehlich, die ihr diesen trügerischen Anschein gaben.«

Am Besten liest man sich den ganzen Vortrag hier durch. Zum Schluss werden auch Schritte gegen diesen Prozess beschrieben.