Lesung aus Arthur W. Pink "Der Heilige Geist"

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Joschie
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Lesung aus Arthur W. Pink "Der Heilige Geist"

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14. Der Geist tröstet

„Darum siehe, ich will sie locken und will sie in die Wüste führen und freundlich mit ihnen reden“ (Hos. 2,16). Wenn Gott das Herz Seiner Gemeinde für Sich gewinnen will, was tut Er dann? Er führt sie „in die Wüste“, das heißt an einen Ort, der trocken oder ohne alle Bequemlichkeiten und Freuden ist; und dann und dort „redet er freundlich mit ihr“. Ebenso verfährt er auch mit den Einzelnen. Ein Mensch, der vom Geist wirksam seiner Sünden überführt ist, gleicht einem zum Tode Verurteilten: welche Freude könnte ein Mörder wohl an den schönen Blumen haben, wenn er durch einen lieblichen Garten zur Richtstätte geführt wird! So kann auch der Sünder, der vom Geist überführt ist, durch nichts mehr Frieden finden, bis ihm die Gunst Dessen zugesprochen wird, gegen den er sich so schwer vergangen hat. Und niemand außer Gott kann „freundlich reden“ mit einem Menschen, der in dieser Weise geschlagen ist.

Gott handelt zwar als Souverän und leuchtet in die Herzen aller Seiner Kinder nicht immer in gleichermaßen deutlicher Weise; nichtsdestoweniger führt Er sie alle dahin, daß Licht in Seinem Licht zu sehen: zu erkennen und zu fühlen, daß es kein Heil für sie gibt außer in dem Herrn allein. Durch das kraftvoll erleuchtende und überführende Wirken des Geistes muß der Sünder die schreckliche Ungleichheit begreifen, die zwischen Gott und ihm besteht, so daß er in seiner Schwäche ausruft: „Wie kann ein armer Schuft wie ich jemals vor einem so heiligen Gott bestehen, dessen gerechtes Gesetz ich auf so vielerlei Weise gebrochen habe und dessen unaussprechliche Majestät ich so oft beleidigt habe?“ Durch dieses Licht bekommt die schuldbewußte Seele schließlich ihre absolute Unfähigkeit zu spüren, sich selbst zu helfen oder auch nur einen Schritt zur Erlangung der Heiligkeit und Freude zu unternehmen. Durch dieses Licht sieht und fühlt die lebendig gemachte Seele, daß es keinen Zutritt zu Gott, keine Annahme bei Ihm geben kann außer durch die Person und das Blut Christi; aber wie sie zu Christus kommen kann, weiß die geschlagene Seele nicht.

„Ich will ihr von dorther ihre Weinberge geben und das Tal Achor zum Tor der Hoffnung machen“ (Hos. 2,17): das ist die tröstliche Verheißung Gottes an denjenigen, den zu „locken“ oder für sich zu gewinnen Er sich vorgenommen hat. Zuerst „versperrt er den Weg“ des Sünders mit „Dornen“ (Hos. 2,8), indem Er sein Gewissen mit den scharfen Pfeilen der Sündenerkenntnis durchbohrt. Zweitens bekämpft Er wirksam all seine Versuche, seine Sorgen zu ersticken und wiederum Erfüllung in seinen früheren Liebhabern zu finden (V. 9). Drittens deckt Er seine geistliche Schande auf und bereitet all seinen Freuden ein Ende (V. 12-13). Viertens führt Er ihn in „die Wüste“ (V. 16), indem Er ihn fühlen läßt, daß sein Fall wahrlich hoffnungslos ist. Und dann, wenn ihm alle Hoffnung genommen ist und der arme Sünder fühlt, daß es für ihn keine Erlösung gibt, wird ihm „ein Tor der Hoffnung“ „im Tal Achor“ oder „Sorgental“ geöffnet; und was ist dieses „Tor der Hoffnung“ anderes als die Gnade des Herrn!

Indem der Geist dem schuldbewußten Sünder Gedanken von Gottes Barmherzigkeit in den Sinn gibt, bewahrt Er sein schwaches Herz davor, in abgrundtiefer Verzweiflung zu versinken. Nun geschieht es, daß der Heilige Geist sich seiner Schwachheit „in unaussprechlichem Seufzen“ annimmt und der Sünder inmitten seiner tausend Ängste zu dem Ausruf bewegt wird: „Herr, sei mir Sünder gnädig.“ Aber „wir müssen durch viele Bedrängnisse in das Reich Gottes eingehen“ (Apg. 14,22) – das gilt sowohl für den anfänglichen Eintritt in das Reich der Gnade, als auch für die endgültige Ankunft im Reich der Herrlichkeit. Der Herr hörte das „Seufzen“ und „Schreien“ der armen Hebräer in Ägypten und „nahm sich ihrer an“ (2.Mose 2,23-5); nichtsdestoweniger sah Er, daß es gut für sie wäre, vor ihrer Befreiung durch noch schlimmere Prüfungen hindurchzugehen. Der Befreier wurde ihnen vorgestellt und Hoffnung in ihren Herzen geweckt (2.Mose 4,29-30), doch der festgesetzte Zeitpunkt ihres Auszuges aus dem Haus der Knechtschaft war noch nicht gekommen.
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

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Joschie
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14. Der Geist tröstet

Und warum wurde die Befreiung der Hebräer aufgeschoben, nachdem Mose vor ihnen offenbar gemacht worden war? Warum mußten sie die Feindschaft des Pharao noch bitterer zu spüren bekommen? Nun, der Herr wollte sie ihre Ohnmacht und ihr Elend fühlen lassen und Seine Macht über den Feind noch deutlicher zur Schau stellen. So ist es sehr häufig (wenn nicht immer) in der Erfahrung des wiedergeborenen Christen. Satan ist es jetzt gestattet, mit vermehrter Gewalt und Wut gegen ihn zu toben (Sach. 3,1). Der Teufel verklagt ihn seiner zahllosen Vergehen, verschärft seine Gewissensbisse, versucht, ihn zu überzeugen, daß er die unvergebbare Sünde begangen hat, versichert ihm, daß er durch seine Übertretungen jede Möglichkeit göttlicher Barmherzigkeit verwirkt hat, und sagt ihm, daß sein Fall hoffnungslos ist. Und, meine Leser, wäre der Sünder sich selbst überlassen, so würde es dem Teufel sicherlich gelingen, ihn zu demselben Verrat wie Judas anzustiften!

Aber, gepriesen sei Sein Name, der Heilige Geist verläßt die schuldbewußte Seele selbst in ihrer finstersten Stunde nicht: Er unterstützt sie heimlich und gewährt ihr, wie der Herr den Hebräern in Ägypten, zumindest zeitweilige Erfrischung. Die arme, von Satan geplagte Seele wird befähigt, „wider Hoffnung auf Hoffnung zu glauben“ (Röm. 4,18, Elberf.) und zu rufen: „Laß vor dich kommen das Seufzen der Gefangenen; durch deinen starken Arm erhalte die Kinder des Todes“ (Ps. 79,11). Doch bevor Befreiung tatsächlich erfahren wird, bevor der Friede, der höher ist als alle Vernunft, seinem Herzen vermittelt wird, bevor die Erlösung, „die in Christus Jesus ist“, bewußt sein eigen wird, wird die Seele dahin gebracht, ihre völlige Unfähigkeit zu spüren, diesem Ziel auch nur einen einzigen Schritt näherzukommen, und zu begreifen, daß sie gänzlich auf den Geist angewiesen ist, daß Er ihr den Glauben schenke, „Christus zu ergreifen“.

Man würde natürlicherweise annehmen, daß die gute Botschaft von einem gnädigen Erlöser und einer vollständigen Errettung von einem schuldbewußten Sünder bereitwillig aufgenommen werden müßte. Man würde denken, daß er, sowie er die frohe Kunde hört, von Freude überwältigt ausrufen müßte: „Das ist der Retter, den ich brauche! Seine Erlösung ist meiner Nichtswürdigkeit in jeder Hinsicht gewachsen. Was könnte ich mir mehr wünschen? Hier werde ich Ruhe finden.“ Aber in Wirklichkeit ist das nicht immer der Fall, ja, es ist eigentlich nur selten so. Stattdessen muß der geschlagene Sünder, wie die Hebräer in Ägypten, nachdem Mose vor ihnen offenbar gemacht worden war, weiterhin unter der Peitsche seiner erbarmungslosen Sklaventreiber stöhnen. Doch das kommt weder aufgrund irgendeines Mangels in Gottes gnädiger Vorkehrung, noch durch eine Unzulänglichkeit in der Erlösung, die das Evangelium anbietet, noch aufgrund irgendeiner Not des Sünders, die das Evangelium nicht beheben könnte; sondern die Wirksamkeit der Selbstgerechtigkeit hindert den Sünder daran, die Fülle und Herrlichkeit der göttlichen Gnade zu sehen.

So befremdlich es auch für die Ohren derer klingen mag, die nur eine oberflächliche Bekanntschaft, keine lebendige Erfahrung mit Gottes Wahrheit gemacht haben: Erweckte Seelen tun sich außerordentlich schwer damit, Trost in dem herrlichen Evangelium Christi zu empfangen. Sie denken, sie sind völlig unwürdig und untauglich, so, wie sie sind, zu Christus zu kommen, in all ihrer Boshaftigkeit und Schmutzigkeit. Sie stellen sich vor, daß zunächst eine Angemessenheit oder Würdigkeit in ihnen geschaffen werden müßte, bevor sie tauglich wären, das Evangelium zu glauben; daß in ihren Herzen gewisse heilige Anlagen vorhanden sein müßten, bevor sie zu dem Schluß berechtigt wären, daß Christus sie annehmen wird. Sie befürchten, daß sie nicht ausreichend unter ein Empfinden ihrer Sünde gedemütigt sind, ... daß die nicht die angemessene Abscheu davor haben, ... daß ihre Buße nicht tief genug ist; sie ahnen, daß sie eine brennende Sehnsucht nach Christus haben müßten, und ein Verlangen nach Heiligung, bevor sie das Recht hätten, mit begründeter Hoffnung auf Erfolg das Heil zu suchen. In alledem neigen sie dazu, gewissermaßen die Schmerzen des Unglaubens zu umarmen, um die Erlaubnis zu bekommen, glauben zu dürfen.
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

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