dir mag es sinnlos erscheinen, weiter zu diskutieren. Für meinen Teil kann ich nur sagen, dass mich diese Diskussion trotz unterschiedlicher Ansichten sehr weiterbringt. Weil jede neue Stelle, die du zitierst eine Herausforderung ist, seine eigene Sicht zu hinterfragen. Allerdings, und das habe ich dir auch schon privat geschrieben, finde ich es ein wenig traurig, wenn man irgendwelche pauschal Verurteilungen vornimmt, wie "greifst du stets auf ein Repertoire dispensationalistisch-konstruierter Sonderlehren zurück" - Du hast doch auch deine favorisierten Bibelausleger und ich werfe dir auch nicht vor, stets auf bundestheologisch-konstruierten Sonderlehren (oder irgendwas dazwischen liegendes) zurückzugreifen. Ich bin durchaus nicht sensibel, falls du das denkst, für mich ist das eher eine Frage der Fairness. Du tust damit so, als hätte nur ich eine dispensationalistische Brille auf und du wärest völlig frei davon durch irgendeine theologische Brille zu schauen. Natürlich geht es uns beiden nicht darum, durch die eine oder ander Brille zu schauen, sondern wir möchten den Blick ungetrübt auf das Wort Gottes haben - davon gehe ich bei dir aus und davon solltest du umgekehrt auch ausgehen (auch wenn das sicherlich beiden hier und da schwerfällt). Mir liegt überhaupt nichts daran irgendeinen "ismus" zu verteidigen.
Zu 2.Kor. 3,13-16:
"henika ean" (Wenn...) kommt nur noch an folgenden Stellen vor:2Kor 3,13 und tun nicht gleichwie Moses, der eine Decke über sein Angesicht legte, auf daß die Söhne Israels nicht anschauen möchten das Ende dessen, was hinweggetan werden sollte.
2Kor 3,14 Aber ihr Sinn ist verstockt worden, denn bis auf den heutigen Tag bleibt beim Lesen des alten Bundes dieselbe Decke unaufgedeckt, die in Christo weggetan wird.
2Kor 3,15 Aber bis auf den heutigen Tag, wenn Moses gelesen wird, liegt die Decke auf ihrem Herzen.
2Kor 3,16 Wenn es aber zum Herrn umkehren wird, so wird die Decke weggenommen.)
1.Mo. 24:41; 27:40; 2.Mo. 13:5; 3.Mo. 5:23; 5.Mo. 25:19; 27:3; Jos. 24:20, 27; Jdt. 14:2; --> LXX (Septuaginta)
An keiner dieser Stellen wurde mit "immer dann wenn" übersetzt.
Du möchteste hier gerne übersetzen "Immer wenn er/sie aber zum Herrn umkehrt". Lt. jemanden, der sich hier auskennt, steht das Wort "es" oder wie du es haben möchtest "er/sie" im Urtext nicht. Es gibt im Griechischen kein Pronomen in diesem Satz, das ist in dem Verb "umkehren" verborgen, was in der 3. Person Singular steht. Man muss den Bezug also im vorhergehenden Satz suchen und dort ist von den "Söhnen Israels" die Rede. Man muss das "es" global verstehen, denn wenn es sich auf den Einzelnen beziehen würde, könnte Paulus nicht schreiben, "bis auf den heutigen Tag", immerhin war er selbst schon einer von den Einzelnen gewesen, bei denen die Decke verschwunden war.
Du schreibst:
Damit bin ich einverstanden. Aber man muss dennoch die auf der Hand liegenden Schlussfolgerung aus einem Bild ziehen. Sonst hätte ein Bild ja überhaupt keine Bedeutung. Und eine Wurzel hat ganz offensichtlich mit der Erde zu tun und wenn vom Leib die Rede ist, dann geht es um die Glieder des Leibes, wovon Christus das Haupt im Himmel ist und da Haupt und Leib immer zusammengehören, sind wir mit einem verherrlichten Herrn im Himmel verbunden und das Bild in Römer 11 sagt, dass wir am Segensbaum der Verheißung eingepropft wurde, die auf die irdischen Wurzel Abrahams zurückgehen. Also diese ganz simplen und auf der Hand liegenden Schlussfolgerungen sollte man m.E. schon ziehen.Die Schrift ist eine Einheit und kein Sammlung strikt zu trennender Segmente.
Gleichnisse und Bilder wie der Ölbaum in Röm 11 dürfen nicht über die Schrift hinaus strapaziert werden, indem jedem Detail willkürlich eine Bedeutung zugesprochen wird.
Natürlich besteht auch eine Parallelität, indem es in Römer 11 um Juden und Nationen geht, darum geht es in Eph 2 auch. Aber woran Juden nun gemeinsam teilhaben, ist in Römer 11 die Verheißungen und der Segen Abrahams und in Epheser 2 die Tatsache, dass Juden und Nationen zu einem Leib werden, wenn sie an Christus glauben. Aber Baum und Leib sind nicht identisch, weil man aus dem Baum ausgebrochen werden kann und es um ein bloßes Bekenntnis geht und beim Leib werden nur echte und wahre Glieder einverleibt, ohne die Möglichkeit des wieder ausbrechens.
Gruß, Stephan