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Verfasst: 22.01.2013 04:58
von Jörg
C. Seine ungeteilte Person
Drei Dinge müssen hier betont werden:
Erstens ist Christus eine Person. Dies kann man daran erkennen, dass die Pronomen, die für ihn gebraucht werden, stets im Singular und niemals im Plural stehen. Selbst an Stellen, in denen auf beide Naturen Bezug genommen wird, bleibt klar, dass es sich um nur eine Person handelt (Röm 1,3-4; Gal 4,4-5; Phil 2,5-11).
Zweitens ist diese Person der ewige Sohn Gottes (Joh 1,14; Gal 4,4; Joh 5,18; Hebr 1,2.8; Joh 10,29-37).
Drittens hat diese eine Persönlichkeit nicht zur Folge, dass die zwei Naturen Christi zu einer vereinten Natur verschmelzen oder miteinander vermischt werden. Das Bekenntnis spricht von zwei „vollständigen, vollkommenen und unterschiedlichen Naturen … ohne Verwandlung, Zusammensetzung oder Vermischung“ (8,2). Jegliche Vermischung der beiden Naturen Christi hätte eine dritte Natur zur Folge, die zwischen den beiden Naturen Christi anzusiedeln wäre, oder dies würde dazu führen, dass eine der beiden Naturen verdrängt würde. Die oben zitierten Stellen über die vollkommen göttliche Natur Christi und seine wahre menschliche Natur machen aber deutlich, dass die Menschwerdung Christi nicht darin bestand, dass von seiner Gottheit etwas entfernt wurde oder dass seine menschliche Natur aufgesogen wurde. Er blieb gleichzeitig „hochgelobter Gott, in Ewigkeit“ (Röm 9,5 RSCH) und der Mensch, der den Tag und die Stunde seiner herrlichen Wiederkunft nicht kannte (Mk 13,32).
Verfasst: 24.01.2013 05:03
von Jörg
D. Seine sündlose Rechtschaffenheit
Mit den Worten: „mit all ihren … allgemeinen Schwachheiten …, jedoch ohne Sünde“ (8,2) lehrt das Bekenntnis, dass die menschliche Natur Christi den Folgen der Sünde ausgeliefert war (Röm 8,3; Gal 4,4; Hebr 2,10.18; 5,8), jedoch mit der wichtigen Einschränkung, dass die menschliche Natur Christi sündlos war und sündlos blieb (Jes 53,9; Lk 1,35; Joh 8,46; 14,30; Röm 8,3; 2Kor 5,21; Hebr 4,15; 7,26; 9,14; 1Petr 1,19; 2,22; 1Joh 3,5). Diese Schriftstellen lehren, dass Christus den vollkommenen Anforderungen von Gottes heiligem Gesetz entsprechend völlig sündlos war. Somit war er in Gedanken, Worten, Taten und seinem Wesen nach nicht mit Sünde befleckt. Bei dem Versuch, das Geheimnis der Person Christi zu enträtseln, brachte die menschliche Weisheit viele Irrlehren hervor. Der Doketismus leugnete, dass Christus wahrer Mensch war. Der Arianismus leugnete, dass Christus wirklich Gott war. Die Apollinaristen (oder Synusiasten) leugneten, dass Christus eine menschliche Seele besaß, indem sie lehrten, dass das Wort die Stelle der menschlichen Seele einnahm. Die Nestorianer leugneten, dass Christus nur eine Person war, indem sie lehrten, dass er auf Grund seiner zwei Naturen auch zwei Personen sein müsse. Die Eutychianer, welche die monophysitische Häresie vertraten, leugneten, dass Christus zwei unterschiedliche Naturen besaß, indem sie lehrten, dass Christus nur eine Natur hat, die aus einer Mischung von göttlicher und menschlicher Natur besteht. Die göttliche Wahrheit überragt jegliche derartige menschliche Weisheit. Die Versuche, das Geheimnis zu erklären, die Spannung aufzuheben, führten immer zu Häresie. Die Bekenntnisse der Kirche, in denen derartige Irrlehren verworfen wurden, sind schlicht und einfach Schutzzäune, die von der Gemeinde errichtet wurden, um die Entweihung dieses heiligen Geheimnisses durch den Stolz des menschlichen Verstandes zu verhindern. Ein wesentlicher Beweis für den göttlichen Ursprung des christlichen Glaubens besteht denn auch darin, dass seine Lehren den menschlichen Verstand übersteigen. Doch auch wenn derartige Lehren den menschlichen Verstand überragen, so kann nur diese Lehre von der Person Christi das menschliche Bedürfnis befriedigen. Nur jemand, der sowohl Gott als auch Mensch ist, kann ein Stellvertreter für Menschen sein und in ein paar wenigen Stunden am Kreuz den Zorn des ewigen Gottes zufrieden stellen.
Verfasst: 26.01.2013 06:01
von Jörg
II. Cur Deus homo: Die Notwendigkeit des Sühnopfers Christi
Nachdem sich die Gemüter beruhigt hatten, war die Gemeinde in der Lage, die nächste sich logischerweise ergebende Frage zu stellen. Gottes Menschwerdung ist eine einzigartige Tatsache. Sie erforderte eine Erklärung. Daher schrieb Anselm von Canterbury im elften Jahrhundert die epochemachende Abhandlung Cur Deus homo? (Warum Gott Mensch geworden?). Anselm wollte zeigen, dass Gott deshalb Mensch wurde, weil dies notwendig war, um Sünder zu erretten. Wir wollen nun auf vier grundlegende Fragen zum Sühnopfer Christi eingehen: War das Sühnopfer Christi notwendig? Das Sühnopfer ist eine folgerichtige absolute Notwendigkeit. Der Ausdruck „folgerichtig“ besagt, dass das Sühnopfer nur unter der Voraussetzung notwendig ist, dass sich Gott aus freien Stücken dafür entschieden hatte zu erretten. Der Ausdruck „absolut“ besagt, dass, nachdem sich Gott einmal dazu entschlossen hat zu erretten, das Sühnopfer absolut notwendig ist, um dieses frei gewählte Ziel zu erreichen. Das Sühnopfer ist nicht lediglich deshalb notwendig, weil Gott auf diese Weise erretten wollte, sondern weil Gottes Wesen es nicht zulassen würde, dass Menschen auf irgendeine andere Weise errettet werden. Es mag vermessen und spekulativ erscheinen, darüber zu streiten, was Gott tun kann oder was er nicht tun kann. Die Bibel lehrt jedoch, dass es einige Dinge gibt, die Gott nicht tun kann (1Tim 1,17; 2Tim 2,13; Tit 1,2) und dass daher das Sühnopfer notwendig war (Joh 3,14-16; Röm 3,26; Gal 3,21; Hebr 2,10.17; 9,23).
Welches Wesensmerkmal Gottes machte das Sühnopfer Christi erforderlich?
Seine Gerechtigkeit (Röm 3,26; 8,3; 1Kor 15,56; 2Kor 5,21; Gal 3,13; 4,4). Nicht Pilatus, die Juden oder Satan haben Jesus getötet. Es war Gott, es war die Gerechtigkeit Gottes. Welches Verhältnis besteht zwischen dem Sühnopfer und den Forderungen der Gerechtigkeit Gottes? Das Opfer Christi erwirkt Sühnung vor Gott. Dieses Wort wird als Beschreibung für das Opfer Christi gebraucht (Röm 3,25; Hebr 2,17; 1Joh 2,2; 4,10). Es bedeutet soviel wie beschwichtigen, besänftigen, beruhigen oder versöhnen. Gott ist zornig, und Christus besänftigt seinen Zorn. Er leistet Gottes Gerechtigkeit völlige Genüge, wie es in Abschnitt 5 dieses Kapitels heißt. Zum rechten Verständnis von Sühnung müssen drei falsche Vorstellungen korrigiert werden. 1. Es ist nicht dasselbe, jemanden zu lieben und mit dieser Person versöhnt zu sein. Gott liebt Menschen, auf die er zornig ist (Joh 3,36; Eph 2,3; vgl. 1,4-5). Gott kann nicht über seinen eigenen Schatten springen. Er kann Menschen nicht erretten, ohne dass für sie Sühnung erwirkt wurde. 2. Sühnung verwandelt nicht einen Gott des Zorns in einen Gott der Liebe (1Joh 4,10). Sühnung heißt nicht, dass ein liebender Sohn einen wütenden Vater beruhigt. 3. Sühnung schmälert die Liebe und Barmherzigkeit Gottes nicht. Vielmehr macht sie deutlich, wie teuer diese ist, wie entschlossen sie ist, wie herrlich sie ist, wie sicher sie ist. Gott liebt, selbst wenn ihn dies seinen Sohn kostet, aber er wird niemals auf Kosten seiner Gerechtigkeit lieben. Daher ist seine Liebe gewiss. Die Gerechtigkeit kann sie nicht verändern. Wie wird durch Christi Tod Gottes Zorn besänftigt und Gottes Gerechtigkeit völlige Genüge geleistet? Christus leistete Gottes Gerechtigkeit dadurch völlige Genüge, dass er tatsächlich repräsentativ an unserer Stelle litt und stellvertretend die Strafe oder die Bestrafung auf sich nahm, die Gott in seiner Gerechtigkeit von Sündern fordert. Die Strafe war der Tod (Röm 6,23), das sichtbare Kennzeichen der Gottverlassenheit. Die Hölle ist der Ort, an dem Gott die Sünder vollkommen verlässt. Christus war am Kreuz von Gott verlassen (Mt 27,46). Folgende Stellen lehren, dass Christus stellvertretend für unsere Sünden die Strafe erlitt: Römer 5,6-8.12.15-19; 6,5-8; 1. Korinther 15,22; 2. Korinther 5,14.21; Galater 2,20; 3,13; Epheser 1,4; 2,4-6; 5,2; Kolosser 2,13; Hebräer 2,11-14; 5,1; 7,24.
Verfasst: 28.01.2013 05:23
von Jörg
III Das Ausmaß des Sühnopfers Christi
Für wen starb Christus? Zunächst ist eindeutig zu klären, worauf sich diese Frage nicht bezieht. Die Frage lautet nicht: „Zu wessen Gunsten starb Christus?“ Viele Leute, die nicht erwählt sind, haben einen Nutzen von Christi Tod. Viele Segnungen der allgemeinen Gnade ergeben sich aus dem Tod Christi. Die nicht Erwählten empfangen viele zeitliche Segnungen als eine Folge von Christi Tod. Es geht auch nicht um die Frage: „Ist das Sühnopfer begrenzt?“ Alle evangelischen Christen, die glauben, dass durch den Tod Christi letzten Endes nur einige Leute errettet werden, bekennen sich zu einem begrenzten Sühnopfer. Die Arminianer begrenzen seine Wirksamkeit, indem sie sagen, dass der Mensch durch seinen freien Willen die Wirksamkeit des Sühnopfers eindämmen kann. Die Calvinisten begrenzen sein Ausmaß. Die Frage lautet also nicht, ob das Sühnopfer begrenzt ist oder nicht, sondern ob es in seinem Ausmaß oder in seiner Wirksamkeit begrenzt ist. Die Frage lautet demnach: „An wessen Statt ist Christus stellvertretend gestorben?“
A. Belege für das begrenzte Sühnopfer Christi
Das Wesen des Opfers Christi erfordert ein begrenztes Sühnopfer. Das Wesen des Sühnopfers besteht in der stellvertretenden Übernahme des Fluches. Wenn wir sagen, dass Christus für Sünder starb, meinen wir damit, dass er stellvertretend für Sünder den Fluch auf sich nahm. Wenn Christus tatsächlich stellvertretend für mich eintrat und den Fluch für meine Sünden trug, wie kann ich dann noch jemals diesen Fluch tragen? Wird ein gerechter Gott dieselbe Sünde zweimal richten? Hat Gott in Christus tatsächlich seinen Zorn gegen uns am Kreuz getilgt, besänftigt und Versöhnung erwirkt? (Vgl. Offb 5,9; 2Kor 5,14 verglichen mit Röm 6,5.8). Die konkreten und eindeutigen Aussagen der Bibel über die Frage, für wen Christus gestorben ist, erfordern ein begrenztes Sühnopfer (Joh 6,37-40; 10,15.26; 15,13-14; 17,9; Eph 5,25). Die Auswirkungen des Opfers Christi erfordern ein begrenztes Sühnopfer. Die Bibel lehrt, dass das Sühnopfer Christi mehr bewirkt, als dass dadurch die Errettung lediglich ermöglicht oder angeboten wird. Es sichert und garantiert das Heil (Röm 8,28-39). Der Rahmen, in dem das Opfer Christi stattfindet, erfordert ein begrenztes Sühnopfer. Der Rahmen für das Werk Christi ist der Bund. Das Blut Christi ist das Blut des Bundes. Dies ist eine der am häufigsten bezeugten Wahrheiten des Neuen Testaments (Mt 26,28; Mk 14,24; Lk 22,20; 1Kor 11,25; Eph 2,12-13; Hebr 10,29; 13,20). Nicht alle Menschen gehören zum Bund. Außerdem sichert der Bund das Heil für diejenigen, die zu ihm gehören (Jer 31,31-34). Wenn sich nun der gesamte Rahmen, in dem das Sühnopfer stattfindet, auf den Bund erstreckt, dann muss sein Ausmaß so groß sein, aber eben nur so groß wie der Bund. Dies erfordert ein begrenztes Sühnopfer.
Verfasst: 30.01.2013 05:42
von Jörg
B. Eine Auseinandersetzung mit den Problemen des begrenzten Sühnopfers Christi
Bei den Einwänden, die gegen ein begrenztes Sühnopfer ins Feld geführt werden, kann es sich nicht im eigentlichen Sinn um Einwände gegen diese Lehre handeln. Sie stellen all die biblischen Belege für das begrenzte Sühnopfer nicht in Frage und gehen auch nicht weiter auf sie ein. Denn solange diese Grundlage klar ist und nicht angefochten wird, steht diese Lehre. Bestenfalls handelt es sich bei diesen Einwänden also um Schwierigkeiten mit dem begrenzten Sühnopfer. Die häufigste Schwierigkeit ergibt sich aus den Bibelstellen, die universell von denen sprechen, für die Christus gestorben ist. Arminianer und andere, die sich gegen das begrenzte Sühnopfer wenden, glauben, dass sich diese universellen Bezeichnungen auf jeden einzelnen Menschen, der je auf dieser Welt gelebt hat oder leben wird, beziehen. Die folgenden maßgeblichen Überlegungen widersprechen dieser Vorstellung. Erstens werden universelle Ausdrücke in der Bibel oft durch den Zusammenhang, in dem sie stehen, eingeschränkt (Mt 2,3; 3,5; 10,22; 21,10; Mk 1,5; Lk 2,1; 16,16; Joh 3,26; 11,51-52; 1Kor 15,22 verglichen mit 15,23; Hebr 2,9 verglichen mit 2,10-14.17; 1Joh 2,2 verglichen mit 5,19). Zweitens wenden sich universelle Ausdrücke häufig gegen den Ausschließlichkeitsanspruch der Juden. Das Neue Testament betont, dass sich das Heil auf jede Nation und jede Klasse erstreckt. Wenn es daher im Neuen Testament heißt, dass Christus für die ganze Welt gestorben ist, dann bedeutet dies häufig soviel wie: „in gleichem Maße für Juden und Nichtjuden“. Die Begriffe „alle Menschen“ und „Welt“ sind Kollektivbegriffe (Joh 1,29; 6,33.51; Röm 11,15; 1Tim 2,4-6). Drittens ist der Universalismus des Neuen Testaments kein vorsorglicher oder potentieller Universalismus, sondern ein prophetischer Universalismus. Arminianer vertreten einen vorsorglichen oder potentiellen Universalismus. Die Welt — alle Menschen, wie sie sagen — ist vorsorglich errettet. Die Welt ist potentiell durch den Tod Christi errettet. Der biblische Universalismus ist jedoch ein prophetischer Universalismus. Die Propheten weissagten, dass die Welt gewiss errettet werden sollte. Der biblische Universalismus spricht von Gewissheit und nicht von Möglichkeit (Ps 22,28-30; 72,8-11.17-19; 86,9; Jes 2,2-4; 66,23-24; Jer 3,17; Joel 3,1; Sach 14,9. Vgl. auch Joh 12,32; Röm 5,18; 2Kor 5,19; Offb 21,1.24). Es geht schlicht um Folgendes: Wenn die Bibel sagt, dass Christus für die ganze Welt oder für alle Menschen gestorben ist, dann heißt dies, dass die ganze Welt erlöst ist. Die Folge von Christi Tod ist eine erlöste Welt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jeder einzelne Mensch errettet wird. Ein weiterer Einwand, der gegen das begrenzte Sühnopfer ins Feld geführt wird, ergibt sich aus dem freien Heilsangebot des Evangeliums. Die drängende Frage lautet hier: „Wie können wir jeden Menschen dazu einladen und auffordern, errettet zu werden, wenn Christus nicht für jeden Menschen gestorben ist?“ Dies ist eine schwierige Frage, die sich auf tiefe Geheimnisse erstreckt. Dennoch es ist genug offenbar, um die unmittelbaren Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. Das Problem löst sich nicht dadurch, dass das freie Heilsangebot des Evangeliums geleugnet wird. Die Vorstellung, dass das begrenzte Sühnopfer dazu führen würde, das freie Heilsangebot zu leugnen, ist weit verbreitet. Aber sie ist falsch. Die meisten Leute, die an ein begrenztes Sühnopfer glauben, halten auch an dem freien Heilsangebot fest. Das freie Heilsangebot des Evangeliums erfordert von uns nicht, dass wir den Leuten sagen, Christus sei für sie gestorben. Wenn das freie Heilsangebot des Evangeliums mit sich bringen würde, dass man unbekehrten Sündern sagen sollte: „Christus ist für dich gestorben.“, dann wäre das begrenzte Sühnopfer nicht mit dem freien Heilsangebot vereinbar.
Verfasst: 02.02.2013 08:09
von Jörg
Aber an keiner Stelle in der Bibel wird das Evangelium so verkündigt, dass jemand unbekehrten Sündern sagt, dass Christus für sie gestorben ist. In der Apostelgeschichte tun die Apostel dies nie! Die Predigt des Evangeliums beinhaltet nicht in erster Linie, dass sie kundtaten, für wen Christus gestorben ist. Das Evangelium ist die Verkündigung von Christus selbst als dem ausreichenden Retter für Sünder (Mt 11,28-30; Apg 4,12; 5,28-31). Es mag sein, dass wir nicht in der Lage sind, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie Gott uns dazu auffordern kann, Christus Menschen anzubieten, für die er nicht gestorben ist. Aber eines ist klar: Gott hat uns nie dazu aufgefordert, diesen Leuten zu sagen, dass Christus für sie persönlich gestorben ist. Die Bibelstellen, die scheinbar lehren, dass einige, für die Christus gestorben ist, verloren gehen werden, stellen für diejenigen, die an einem begrenzten Sühnopfer festhalten, die komplizierteste Schwierigkeit dar (Röm 14,15; 1Kor 8,11; 2Petr 2,1; Hebr 10,29). Wir müssen uns allerdings daran erinnern, dass wir nur dazu verpflichtet sind, eine plausible Erklärung anzubieten, die mit den biblischen Aussagen über das begrenzte Sühnopfer in Einklang gebracht werden kann. Vier allgemeine Beobachtungen können die Schwierigkeiten verringern, die durch diese Schriftstellen aufgeworfen werden. Erstens sprechen all diese Schriftstellen ausschließlich von bekennenden Christen. Was immer sie also lehren mögen, sie können keine universelle Erlösung lehren. Zweitens wenden sich diese Stellen dadurch gegen ein universelles Sühnopfer, dass sie den Tod Christi allein auf bekennende Christen beschränken. 1. Korinther 8,11 spricht beispielsweise von dem „Bruder, um dessentwillen Christus gestorben ist.“ Hier wird der Tod Christi als ein besonderer Beweggrund dafür angeführt, auf Grund dessen wir mit Brüdern freundlich umgehen sollen. Welchen Sinn würde dies machen, wenn Christus auch für jeden anderen gestorben wäre? Hebräer 10,29 spricht von dem „Blut des Bundes, durch das er geheiligt wurde.“ Hier wird das Blut Christi nicht von jedermann mit Füßen getreten, sondern von jemandem, der ein bekennender Christ war. Es macht keinen Sinn, wenn man dies als etwas betrachtet, das die Sünde eines bekennenden Christen schwerer wiegen lässt, wenn Christus für absolut jeden gestorben wäre. Drittens glauben heutzutage die meisten Gegner eines begrenzten Sühnopfers an eine ewige Zusicherung des Heils. Für diese beweisen diese Stellen nur allzu viel. Denn wenn wir diese Schriftstellen so auslegen, wie sie es tun, dann widersprechen sie nicht nur dem begrenzten Sühnopfer, sondern auch dem Beharren der Heiligen. Hebräer 10,29 spricht nicht nur von jemandem, für den Christus gestorben ist, sondern auch von jemandem, den er geheiligt hat. 2. Petrus 2,1 spricht von jemandem, der nicht nur in dem Sinn erkauft wurde, dass Christus für ihn starb, sondern der sich auch bekehrt hat (2Petr 2,1.17-22; Jud 4-5). Viertens werden diejenigen, die in diesen Stellen genannt werden, entsprechend ihrem äußerlichen und sichtbaren geistlichen Bekenntnis und den damit verbundenen Vorrechten beschrieben und nicht gemäß den innerlichen und geistlichen Tatsachen (1Kor 8,11; Röm 14,15).Wenn diese Schriftstellen den Eindruck erwecken, dass ein Bruder verloren gehen kann, dann nur deshalb, weil dieser lediglich auf Grund seines äußerlichen Zeugnisses so genannt wird. Denn ein echter Bruder kann nicht verloren gehen (Röm 14,4). 2. Petr 2,1 spricht von jemandem, der von dem Gebieter erkauft wurde und sich selbst schnelles Verderben zuzieht. Diejenigen, die wahrhaftig erkauft oder erlöst wurden, können jedoch nicht verloren gehen (Offb 5,9; 14,3-4). Gemäß der in ihnen vorhandenen Wirklichkeit sind diese falschen Lehrer Hunde oder Schweine (2Petr 2,22), für die Verdammnis vorherbestimmt (Jud 4; 2Petr 2,3). Hebräer 10,29 spricht von jemandem, der durch das Blut Christi geheiligt wurde. Doch diejenigen, die wahrhaftig geheiligt sind, sind durch den Tod Christi für immer vollkommen gemacht (Hebr 10,10-14), und sie genießen die Segnungen des Neuen Bundes (Hebr 10,15-18). Diejenigen, die in Hebräer 10,29 erwähnt werden, sind also nur hinsichtlich ihrer äußerlichen Zugehörigkeit zum Bundesvolk Gottes, für das Christus gestorben ist, geheiligt.
Verfasst: 03.02.2013 09:18
von Jörg
9.Über den freien Willen
1. Gott hat den Willen des Menschen mit der natürlichen Freiheit und Fähigkeit dazu versehen, nach seiner eigenen Wahl zu handeln, die nicht aufgezwungen noch durch irgendeinen Zwang der Natur dazu bestimmt ist, Gutes oder Böses zu tun.1
1. Mt 17,12; Jak 1,14; 5Mose 30,19.
2. In seinem Stand der Unschuld besaß der Mensch die Freiheit und Fähigkeit dazu, das zu wollen und zu tun, was vor Gott gut und wohlgefällig ist,1 er war aber nicht darauf festgelegt, so dass er davon abfallen konnte.2
1. Pred 7,29.
2. 1Mose 3,6.
3. Durch seinen Fall in einen Stand der Sünde, hat der Mensch jegliche Willensfähigkeit zu etwas geistlich Gutem, das mit der Erlösung verbunden ist, verloren, so dass ein natürlicher Mensch — der gegenüber diesem Guten völlig abgeneigt und tot in Sünde ist —unfähig dazu ist, sich durch seine eigene Kraft selbst zu bekehren oder sich selbst darauf vorzubereiten.1
1. Röm 6,16.20; Joh 8,31-34; Eph 2,1; 2Kor 3,14; 4,3-4; Joh 3,3; Röm 7,18; 8,7; 1Kor 2,14; Mt 7,17-18; 12,33-37; Lk 6,43-45; Joh 6,44; Jer 13,23; Joh 3,3.5; 5,40; 6,37.39-40.44-45.65; Apg 7,51; Röm 3,10-12; Jak 1,18; Röm 9,16-18; Joh 1,12-13; Apg 11,18; Phil 1,29; Eph 2,8-9.
4. Wenn Gott einen Sünder bekehrt und ihn in den Stand der Gnade versetzt, befreit er ihn von der natürlichen Knechtschaft unter die Sünde und macht ihn allein durch seine Gnade dazu fähig, frei das zu wollen und zu tun, was geistlich gut ist;1 jedoch so, dass er wegen seiner bleibenden Verdorbenheit weder vollkommen noch ausschließlich das will, was gut ist, sondern er auch das will, was böse ist.2
1. Kol 1,13; Joh 8,36; Phil 2,13.
2. Röm 7,14-25; Gal 5,17.
5. Der Wille des Menschen ist erst im Stand der Herrlichkeit vollkommen und unwandelbar frei, allein das Gute zu wollen.1
1.Eph 4,13; Hebr 12,23.
Verfasst: 05.02.2013 05:40
von Jörg
Gliederung 1
Abschnitt 1 I. Die Definition der menschlichen Willensfreiheit
2-5 II. Die Zustände der menschlichen Willensfreiheit
2 A. Der freie Wille im Stand der Unschuld
3 B. Der freie Wille im Stand der Sünde
4 C. Der freie Wille im Stand der Gnade
5 D. Der freie Wille im Stand der Herrlichkeit
Gliederung 2
Abschnitt1
I. Seine natürliche Freiheit
2 II. Seine ursprüngliche Wahlmöglichkeit
3 III. Seine gefallene Unfähigkeit
4 IV. Seine erneuerte Befähigung
5 V. Seine endgültige Unwandelbarkeit
Die Lehre vom freien Willen des Menschen ist theologisch und praktisch der alles entscheidende Dreh- und Angelpunkt. Falsche Vorstellungen darüber haben das gesamte System christlicher Wahrheit auf den Kopf gestellt. Der antike christliche Theologe Origenes (um 185-251/254 n. Chr.) ist das deutlichste Beispiel dafür. Origenes maß dem freien Willen in seinem Verständnis des Christentums eine zusehends wichtigere Stellung bei. Bengt Hägglund kann daher schreiben: „Daß der Mensch einen freien Willen hat, also in seinem Willensentschluß frei ist, gehört für Origenes zur Glaubensregel. Darauf baut sich auch seine [gesamte] Theologie auf.“ Dies ist in der Tat richtig. Erstens begründet Origenes die menschliche Sündhaftigkeit durch den individuellen Sündenfall einer jeden menschlichen Seele in ihrem präexistenten Zustand. Nur dies kann die allgemein vorhandene Sünde der Menschen auf eine Weise erklären, die mit dem freien Willen in Einklang gebracht werden kann. Zweitens erwarb sich die menschliche Seele des Gott-Menschen diese Stellung als die eine Seele, die nicht sündigte. Drittens sind die unterschiedlichen Stellungen, welche die Menschen in dieser Welt einnehmen, und ihre verschiedenen Schicksale eine Folge des jeweiligen Grades an Sündhaftigkeit in diesem präexistenten Zustand. Da viertens der freie Wille des Menschen stets erhalten bleibt, werden schlussendlich alle Menschen durch die Reinigung des Fegefeuers in der Hölle errettet werden. In dieser Weise ist die Lehre der Allversöhnung und des Fegefeuers in der Lehre vom freien Willen verwurzelt. Selbst der Teufel kann so wiederhergestellt werden. Da fünftens der Mensch seinen freien Willen beibehält, kann man nicht sicher davon ausgehen, dass sein Zustand im Himmel immer so bleiben wird. Schließlich kann auch das Werk Christi nur darin bestehen, dass er ein vorbildlicher Lehrer ist. Das Beispiel des Origenes warnt uns davor, unser natürliches Verständnis vom freien Willen an die Bibel heranzutragen. Dies wird auch durch die große Bedeutung dieses Kapitels des Bekenntnisses deutlich.
Verfasst: 07.02.2013 05:16
von Jörg
Bevor wir uns der Lehre des Bekenntnisses über die völlige Unfähigkeit, wie sie in Abschnitt 3 zum Ausdruck gebracht wird, zuwenden, sind einige Vorbemerkungen nötig. Das Bekenntnis bestätigt und definiert den freien Willen. Der Mensch besitzt eine natürliche Freiheit, die Fähigkeit, nach eigener Wahl zu handeln. Das ist die Freiheit, eine Entscheidung nach eigenem Wunsch zu treffen, egal von welchen äußerlichen Umständen oder Umwelteinflüssen jemand gerade beeinflusst ist (5Mose 30,19; Mt 17,12; Jak 1,14). Dem menschlichen Willen wird nichts „aufgezwungen“, noch wird er „durch irgendeinen Zwang der Natur dazu bestimmt …, Gutes oder Böses zu tun“ (9,1). Wenn also der biblische Calvinismus gewissermaßen den freien Willen verwirft, dann übernimmt er damit nicht den Behaviorismus oder irgend eine andere Form physischen oder chemischen Determinismus. Der menschliche Wille unterliegt keinem physischen Zwang. Der Mensch ist frei. Seine Entscheidungen werden nicht durch irgendwelche Faktoren außerhalb seiner freien, persönlichen Identität und außerhalb seines moralischen Wesens bestimmt. Wenn dies nicht zutrifft, könnte der Mensch keine eigene Verantwortung und Verantwortung gegenüber anderen haben, wie die Bibel es eindeutig lehrt (Spr 1,24-33; Joh 3,18-19). Daher grenzt das Bekenntnis den freien Willen behutsam ein und bestimmt diesen näher. Die menschliche Freiheit ist nicht die letzte Instanz. Sie befand sich selbst im Stand der Unschuld unter der Herrschaft von Gottes souveränem Willen (vgl. dazu die Aussagen des Bekenntnisses in 5,4 und 6,1). Die göttliche Freiheit (Gottes souveräner, verordneter Wille) und die menschliche Freiheit widersprechen einander nicht. Vielmehr ist unser Wille nur deshalb frei, weil er als Abbild der Freiheit von Gottes höchstem Willen erschaffen wurde und davon abgeleitet ist. Die menschliche Freiheit ist in Gottes souveräner Freiheit verwurzelt. Unser Wille ist von unserer ethischen Haltung und unserem moralischen Wesen her bestimmt. Die Willensfreiheit beschreibt nicht die Freiheit, das jeweilige Gegenteil wollen zu können, so als ob der Mensch gleichermaßen Gutes oder Böses tun könnte (Mt 7,17-20; 12,33-35).
Verfasst: 09.02.2013 07:17
von Jörg
Abschnitt 3 hebt hervor, dass der freie Wille von unbekehrten Menschen in keiner Weise „zu etwas geistlich Gutem“ in der Lage ist. Abschnitt 5 hält fest, dass der freie Wille des Menschen in der Herrlichkeit „vollkommen und unwandelbar frei, allein [auf] das Gute“ ausgerichtet sein wird (Eph 4,13; Hebr 12,23). Der freie Wille ist folglich nicht eine unveränderliche Fähigkeit, wahllos Entscheidungen treffen zu können. Da der freie Wille an die menschliche Natur gebunden ist, existiert er in unterschiedlichen Ständen, da auch die menschliche Natur in unterschiedlichen Ständen existiert. Gerade der Aufbau dieses Kapitels lässt diese Wahrheit klar hervortreten. Der erste Abschnitt definiert den freien Willen. Die Abschnitte 2 bis 5 behandeln die unterschiedlichen Stände, in denen er existiert. Sie entwickeln sich vom Stand der Unschuld, der von Wahlmöglichkeit gekennzeichnet ist, hin zum Stand der Herrlichkeit, der sich durch Unwandelbarkeit auszeichnet. Als begrenzte, ethische Wesen durchleben wir eine moralische und ethische Entwicklung. Christus unterwarf sich als Mensch selbst dem Prozess ethischer Reifung. Natürlich handelte es sich bei ihm nicht um eine Entwicklung von der Sünde hin zur Gerechtigkeit, sondern um eine Entwicklung von der unreifen ethischen Gerechtigkeit hin zur reifen Heiligkeit (Lk 2,40.52; Hebr 2,10.18; 5,8-9). Natürlich sind wir nicht jeder unser eigener Adam. Wir wurden alle in Sünde geboren und sind als Folge der Tat des einen Menschen vollkommen unfähig, uns selbst zu erretten. Dennoch werden wir nicht in einem Stand geboren, in dem unser Wille unveränderlich auf Gutes oder Böses fixiert ist. Bei den Unbekehrten gibt es eine fortschreitende ethische Reifung, bei der ihr Wille zunehmend in der Bosheit verhärtet. Und es gibt bei den Bekehrten eine fortschreitende ethische Reifung, bei der sie zunehmend geheiligt werden. Diese Entwicklungen finden ihr Ende stets im Tod. Es steht geschrieben: „An der Stelle, wo der Baum fällt, da muss er liegen bleiben.“ (Pred 11,3). Dann wird jeder nach dem gerichtet werden, „was er getan hat bei Lebzeiten“ (2Kor 5,10 LÜ). Diese Wahrheit sollte uns ernsthaft zum Nachdenken bringen. Wir werden mehr und mehr, was wir in der Ewigkeit einmal sein werden. Lasst uns daher um die Gnade flehen, die wir brauchen, und uns der uns erteilten Erziehung unterordnen, bevor unser moralisches Wesen und unser freier Wille für immer gefestigt ist. Im Folgenden soll die Lehre von der völligen Unfähigkeit der sündigen Menschen, die in Abschnitt 3 beschrieben wird, eingehend betrachtet werden. Dabei wollen wir drei Leitgedanken folgen: eine Definition der völligen Unfähigkeit, eine Verteidigung der völligen Unfähigkeit und Einwände, die gegen die völlige Unfähigkeit vorgebracht werden.
Verfasst: 11.02.2013 05:22
von Jörg
I. Eine Definition der völligen Unfähigkeit
Häufig wird von der völligen Verdorbenheit und der völligen Unfähigkeit in einer Weise gesprochen, als ob zwischen den beiden kein Unterschied bestünde. Wahrscheinlich kam es dazu, weil bei der Lehre von der völligen Verdorbenheit, wenn sie richtig und historisch korrekt definiert wird, die völlige Unfähigkeit auch mit vorausgesetzt ist. Dennoch muss hier eine Unterscheidung aufrechterhalten werden. Die völlige Verdorbenheit beschreibt, wie jedes Vermögen und jegliche Fähigkeit des Menschen untauglich ist, wie der Mensch als Ganzes verdorben ist. Das Bekenntnis drückt dies in Kapitel 6,2 so aus: „[A]lle Fähigkeiten und Teile von Leib und Seele [des Menschen] sind vollkommen verdorben.“ Die völlige Unfähigkeit wird in Kapitel 6 Abschnitt 4 erwähnt: Wir sind „völlig untauglich, unfähig zu und feindlich gegenüber allem Guten“. Die völlige Unfähigkeit besagt, dass der Mensch nicht in der Lage ist, irgendetwas geistlich Gutes zu wollen. Definitiv wird diese Lehre in Abschnitt 3 von Kapitel 9 festgeschrieben: „[D]er Mensch [hat] jegliche Willensfähigkeit zu etwas geistlich Gutem, das mit der Erlösung verbunden ist, verloren.“ Dabei werden dann zwei Folgen, die sich daraus ergeben, angeführt: „[E]in natürlicher Mensch … [ist] unfähig dazu …, sich durch seine eigene Kraft selbst zu bekehren oder sich selbst darauf vorzubereiten.“
Verfasst: 13.02.2013 05:13
von Jörg
II. Eine Verteidigung der völligen Unfähigkeit
Die Belege für diese Wahrheit lassen sich in fünf Kategorien
zusammenfassen:
1. Die Heilige Schrift bezeugt wiederholt, dass der Mensch in seinem natürlichen Zustand versklavt, tot und blind ist. Sklaverei, Tod und Blindheit sind drei Bilder für eine völlige Unfähigkeit (Joh 3,3; 8,31-34; Röm 6,16.20; 2Kor 3,14; 4,3-4; Eph 2,1).
2. In der Heiligen Schrift heißt es klar und deutlich, dass der Mensch die Fähigkeit verloren hat, Gott zu gefallen, Gottes Willen zu tun oder Gottes Wirken zu begreifen und anzunehmen (Jer 13,23; Mt 7,17-18; 12,33-37; Lk 6,43-45; Joh 3,3.5; 6,44; Röm 7,18; 8,7; 1Kor 2,14).
3. Kein Mensch will jemals Christus annehmen oder zu Gott kommen, es sei denn, Gott zieht ihn (Joh 5,40; 6,37.39-40.44-45.65; Apg 7,51; Röm 3,10-12).
4. Der Wille des Menschen ist weder der Grund noch die entscheidende Ursache für den Empfang des Heils (Joh 1,12-13; Röm 9,16-18; Jak 1,18). 5. Die entscheidenden Pflichten, die das Evangelium von einem Sünder fordert, nämlich Buße und Glaube, sind eine Gabe Gottes (Apg 5,31; 11,18; Eph 2,8-9; Phil 1,29; 2Tim 2,25-26).
Verfasst: 15.02.2013 05:13
von Jörg
III. Einwände gegen die völlige Unfähigkeit
A. Sie passt nicht zu den Geboten der Bibel.
Die Annahme, die diesem Einwand zu Grunde liegt, ist folgende: Wenn Gott den Menschen gebietet, Buße zu tun, zu glauben oder zu Christus zu kommen, dann müssen sie auch dazu in der Lage sein, dies zu tun. Mehrere gewichtige Erwiderungen gegenüber diesem Angriff auf die völlige Unfähigkeit müssen hier angeführt werden:
1. Dieser Annahme wird durch die Lehre der Heiligen Schrift klar widersprochen. Gott gebietet den Menschen zu glauben, aber die Bibel lehrt, dass sie dies nicht können (Apg 16,31 verglichen mit Joh 6,37.40.44.65). Gott befiehlt den Menschen, Buße zu tun, aber die Bibel lehrt, dass sie dies nicht können (Apg 2,38 verglichen mit 2Tim 2,25-26). Gott fordert die Menschen auf, ein neues Herz zu schaffen, aber die Bibel lehrt, dass sie dies nicht können (Hes 18,31 verglichen mit 11,19).
2. Wenn diese Annahme korrekt wäre, würde dies heißen, dass der Mensch vollkommen dazu in der Lage wäre, alle Gebote Gottes zu erfüllen, d. h. dem ganzen Gesetz und Wort Gottes gegenüber
vollkommenen, anhaltenden Gehorsam zu leisten. Wir wissen, dass dies noch niemand getan hat oder jemals tun kann (vgl. Kapitel 6,5 des Bekenntnisses).
3. Diese Annahme bringt zwei völlig unterschiedliche Dinge durcheinander: die natürliche oder physische Fähigkeit und die moralische oder geistliche Fähigkeit. Das Bekenntnis unterscheidet zwischen der natürlichen Freiheit (Abschnitt 1) und der moralischen Freiheit (Abschnitt 3-4). Dem Menschen fehlt nicht der Wille, der Verstand oder das Herz. Ihm fehlen nicht die Gefühle von Liebe, Vertrauen oder Traurigkeit. Es liegt nicht an irgendeiner Begrenzung in der Menschlichkeit des Menschen, dass der Mensch nicht glauben kann. Natürlich wäre es verkehrt, einem Kind zu befehlen, dass es über eine zehn Meter hohe Mauer springen soll. Das wäre ungerecht, grausam und hart. Das Kind besitzt nicht die übernatürlichen Fähigkeiten, das zu tun, was ihm befohlen wurde. Aber darum geht es hier nicht. Bei der völligen Unfähigkeit handelt es sich um keine übernatürliche Angelegenheit. Es handelt sich um eine moralische Angelegenheit. Es ist eher so, als ob ich jemanden, der mich hasst, um einen Gefallen bitte. Er hasst mich und kann mir daher keinen Gefallen tun. Selbst in unserem alltäglichen Leben gehen wir nicht immer davon aus, dass Verantwortung auch die Fähigkeit voraussetzt. Das Beispiel des betrunkenen Autofahrers zeigt, dass die obige Annahme albern ist. Er ist nicht in der Lage, sein Auto auf der rechten Straßenseite zu halten. Er ist nicht in der Lage, der Straßenverkehrsordnung Folge zu leisten. Könnten Sie sich vorstellen, dass ihn das vor Gericht entschuldigen würde? Es gibt so etwas wie eine unentschuldbare Unfähigkeit. Die Menschen können nicht Buße tun. Aber das liegt daran, dass sie zu betrunken sind, von dem berauschenden Wein ihrer Rebellion gegen Gott.
4. Diese Annahme hat die Implikationen, die mit den biblischen Geboten und Voraussetzungen verknüpft sind, nicht richtig verstanden. Die Forderungen des Gesetzes können niemals verändert werden. Die Voraussetzungen des Heils müssen erfüllt werden. Diese Erfüllung der biblischen Gebote und Voraussetzungen geschieht durch Gnade, aber das heißt nicht, dass sie nicht absolut notwendig wären.
Verfasst: 17.02.2013 06:55
von Jörg
B. Sie passt nicht zu den Gegebenheiten des menschlichen Lebens.
Die Lehren von der völligen Verdorbenheit und der völligen Unfähigkeit des Menschen können, aus einem bestimmten Blickwinkel heraus betrachtet, als eine unrealistisch und übertrieben harte Sicht von der gefallenen Natur des Menschen angesehen werden. Man könnte fragen: „Sind einige Ungläubige nicht besser als andere? Gibt es nicht unbekehrte Menschen, die rechtschaffene Dinge tun?“ Die Antwort auf diese Frage lautet: „Ja.“ Und in gewisser Weise sind einige unerrettete Menschen besser als andere unerrettete Menschen. Wir müssen jedoch zwischen irdischer Rechtschaffenheit und geistlicher Rechtschaffenheit unterscheiden, zwischen allgemeiner Gnade und rettender Gnade. Hinsichtlich der irdischen Rechtschaffenheit nennt die Bibel unerrettete Menschen aufrichtig (2Kön 10,29-30; 12,3; Röm 2,14). Die oben skizzierte Unterscheidung ist jedoch notwendig, da die Heilige Schrift ebenso deutlich lehrt, dass unwiedergeborene Menschen Gott nicht gefallen und Gott auch gar nicht gefallen können (Röm 3,10-12; 8,7-8; 2Thess 3,2; Hebr 11,6). Die völlige Verdorbenheit und Unfähigkeit des Menschen bedeutet nicht, dass die Menschen so böse sind, wie sie sein könnten, oder dass sie Dämonen wären. Vielmehr besagt diese Lehre, dass sie denkbar schlecht dran sind, denn von Natur aus sind sie unfähig, irgendetwas zu tun, um sich selbst zu erretten oder sich selbst auf das Heil vorzubereiten. Ein solches Verständnis von der Unterscheidung zwischen der absoluten Verdorbenheit und der völligen Verdorbenheit ist biblisch.
Verfasst: 19.02.2013 05:11
von Jörg
C. Sie passt nicht zu den praktischen Nöten des Sünders und hat Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung zur Folge.
Leider gibt es manche Leute, die behaupten, an diese Lehre zu glauben, die aber die Lehre von der völligen Unfähigkeit so verdreht haben, dass sie andere Leute dazu gebracht haben, gleichgültig zu sein und nichts zu tun. Recht verstanden führt diese Lehre aber nicht zu Nachlässigkeit und Verzweiflung. An dieser Stelle sind drei Dinge zu erwähnen: Erstens setzen Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung voraus, dass jemand errettet werden möchte. Es stimmt einfach nicht, dass die Lehre von der völligen Unfähigkeit besagt, dass manche Leute gerne zu Christus kommen möchten, es aber nicht können. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Die völlige Unfähigkeit besagt, dass niemand zu Christus kommt oder zu Christus kommen will, bis Gott es in ihm bewirkt. Zweitens ist der Zweifel an menschlichen Mitteln tatsächlich eine notwendige Vorbereitung für den Empfang des Evangeliums. Das eigentliche Hindernis ist die entgegengesetzte Lehre, die behauptet, dass der Mensch die nötige Fähigkeit besitzt. Wenn man einen Sünder mit einem Mann in einem brennenden Haus vergleicht, der den Schlüssel für die Tür in seiner Tasche hat, dann führt ein solcher Vergleich leicht dazu, dass der Sünder nachlässig, anmaßend und selbstsicher wird. Aber vergleiche ihn mit einem Mann in einem brennenden Haus, der keinen Schlüssel hat. Wozu wird das führen? Was wird jeder normale Mensch tun? Er wird um Hilfe schreien! So soll die Lehre von der Unfähigkeit bei jedem besorgten Sünder dazu führen, dass er eine drängende Not verspürt, und nicht dazu, dass er gleichgültig ist.