Lieber Peter, das Thema ist wichtig, zweifelsohne!
Der NT.ler Donald Guthrie weist darauf hin, dass die Lehre vom Reich Gottes (oder "Himmelreich" bei Matthäus und ausschließlich bei ihm) einen Großteil der Lehre Jesu ausmacht! Deshalb eine kleine Wortstudie über das Reich Gottes:
Auszug aus dem Lexikon zur Bibel (Rienecker)
Sowohl Johannes der Täufer wie Jesus erklären zu Beginn ihres Auftretens, daß das R. G. »nahe herbeigekommen« sei (Mt 3,2; 4,17). Es ist die Meinung des Täufers, daß der, »der nach ihm kommt«, dieses Reich aufrichten wird. Durch die Verkündigung Jesu zieht sich die eigentümliche Spannung, daß es vor der Tür stehe, ja daß es in ihm bereits gekommen sei, daß man aber wiederum um sein Kommen beten müsse (vgl. Mt 6,10; 10,7; 12,28). In seinen Gleichnissen (Mt 13) spricht er vom Wachstum dieses Reiches, einem Prozeß, der zur Vollendung gebracht wird durch einen machtvollen Eingriff Gottes (Gleichnis vom Netz V. 47-50). Das R. G. ist nach Jesu Zeugnis eine allmählich werdende und wachsende, sich entfaltende Größe. Es ist in ihm angebrochen und doch noch etwas Zukünftiges. Jesus selbst ist der von Gott gesandte König dieses Reiches. Durch seinen Einzug in Jerusalem (Mt 21,1 ) und sein Zeugnis vor dem Hohen Rat (Mt 26,63 ) und vor Pilatus (Joh 18,37) hat er sich als diesen König zu erkennen gegeben. Sein Reich hat geistlichen Charakter, es ist nicht »von dieser Welt« (V. 36). Fleischliche Waffen können nicht angewandt werden, um es aufzurichten (V. 33-37). Wer dieses Reich »sehen« und in es »hineinkommen« möchte, muß »von neuem«, d.h. »aus dem Geist« geboren sein (Joh 3,1-8). So gehört das R. G. nicht bloß den Juden, sondern allen, die sich in das rechte Verhältnis zu Gott bringen lassen (vgl. Mt 8,11). Die Bergpredigt kann mit Recht als das »Grundgesetz« der Königsherrschaft Gottes bezeichnet werden. Hier werden die grundlegenden Verhaltungsregeln aufgezeigt, die für das Gottesreich gelten.
[…] Aber etwas anderes ist seit Pfingsten in wunderbarer Weise vorhanden. Das R. G. umfaßt seitdem die Gesamtheit aller derer, die an Christus glauben, die große, weltweite Gemeinde des Herrn, die repräsentiert wird durch die örtlichen Gemeinden auf Erden, sich aber mit diesen nicht deckt. In der Gemeinde, die Christi Leib ist, wird Gottes Königsherrschaft in dieser Welt vergegenwärtigt. In ihr fallen alle nationalen, religiösen und sozialen Schranken (Gal 3,28). Weil Christus der von Gott eingesetzte König des R. G. ist, heißt dieses Reich auch das Reich Christi (2Petr 1,11). Wer an Jesus glaubt, ist in sein Reich hineinversetzt (Eph 5,5; Kol 1,13). »Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem Heiligen Geist« zeichnen es aus (Röm 14,17). Die Bürger dieses Reiches leben noch in der Welt (vgl. Joh 17,15), ihre Weisungen aber empfangen sie von oben, sie besitzen das Bürgerrecht des Himmels (Phil 3,20; Kol 3,1-3).
Halten wir fest:
1.) Das Reich Gottes wird uns als gegenwärtig vorgestellt
2.) Das Reich Gottes wird uns als wachsend vorgestellt
3.) Das Reich Gottes wird seine Vollendung in der Zukunft erlangen
Was ist davon zu halten?
1. Das Reich Gottes in der Gegenwart
Lukas 17,20-21
»Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man's beobachten kann; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier ist es! Oder: Da ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.«
Matthäus 12,28
»Wenn ich aber die bösen Geister durch den Geist Gottes austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen.«
Das Reich Gottes ist eng an Jesus Christus geknüpft!! Er ist der Herrscher dieses Reiches und Er repräsentiert dieses Reich (s. V. im Zitat oben).
Jeder Mensch, der jetzt aber zu Ihm, d.h. zu Jesus Christus gehört, der sich in Buße und Reue von seinem sündhaften und gottlosen Wandel abgekehrt und sich gläubig zu Jesus hingewandt hat, und sich Ihm in Liebe und Gehorsam unterwirft, ist Teil dieses Reiches; ein Mitglied dieses Reiches.
2. Das Reich Gottes und sein Wachstum
Nun, das ist m.E. so zu verstehen, dass heute und morgen und bis zu der Wiederkunft unseres Herrn, mehr und mehr Menschen diesem Reich hinzugefügt werden, weil sie sich in der oben genannte Weise zu Jesus Christus, als dem Herrscher, wenden.
M.E. ist auch so Matthäus 6,10 zu verstehen. Wir bitte darum, dass das Reich Gottes komme, weil wir es uns wünschen, dass mehr und mehr Menschen zu diesem Reich hinzukommen und das Reich Gottes somit Ausbreitung findet. Und wir sollten auch nicht nur diese Bitte plappernd runter beten, sondern uns auch fragen, wie Gott uns vielleicht darin einbeziehen möchte – durch persönliche Evangelisation oder Mission.
Exkurs 1: Das Reich Gottes und der Wille Gottes
… stehen unzertrennlich zusammen!
Matthäus 6,10 + 17,21
»Dein Reich komme! Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auch auf der Erde!«
»Nicht alle, die >Herr, Herr< zu mir sagen, werden ins Himmelreich eingehen, sondern nur, wer den Willen meines himmlischen Vaters tut«
Es ist unmöglich zum Reich Gottes zu gehören ohne den Willen des Vaters tun zu wollen!
(Darin stimmen wir aber völlig überein

)
3. Das Reich Gottes und seine Vollendung in der Zukunft
Wird m.E. dann vollzogen, wenn sich der aller Letzte zu Jesus wendet und dem Reich Gottes angegliedert wird. Dann wird das Ende kommen und das letzte Gericht. Zuerst die Verurteilung der Gottlosen und danach die Beurteilung der Geretteten (darin stimmen wir ebenfalls völlig überein

).
Exkurs 2: Das Reich Gottes und das "Tausendjährige Reich"
Da möchte ich mich etwas zurückhalten, weil ich mehrere Probleme in der Lehre von dem "Tausendjährigen Reich" sehe. Selbst wenn es tatsächlich und wortwörtlich stattfinden sollte, dann haben wir aber in der Bibel nicht allzu viele Informationen darüber und es ist sicherlich nicht angemessen einfach alles Mögliche auf das T.R. zu schieben bzw. zu interpretieren.
Exkurs 3: Die Mitgliedschaft im Reich Gottes
Johannes 3,3
»Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.«
Notwendige Bedingung ist die Wiedergeburt, das ist klar! Aber auch die
Hinreichende!
Wie ich bereits in der Antwort auf Deine erste Frage bezüglich der Wiedergeburt versucht habe deutlich zu machen (vgl. dort), besteht die Wiedergeburt vor allem darin, dass das abtrünnige Herz des verlorenen Sünders völlig neu wird. Gott schenkt ein neues Herz, dass Ihn liebt und Seinen Willen tun
will!
Es ist nicht möglich, wiedergeboren zu sein und nicht den Willen des Vaters tun zu wollen!
Über angeblich Gläubige, die aber den Weg Gottes verlassen haben, schreibt der Apostel Johannes:
1.Joannes 2,19
»Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns; denn wenn sie von uns gewesen wären, so wären sie bei uns geblieben. Aber es sollte offenbar werden, dass sie alle nicht von uns sind.«
Jakobus argumentiert in die ähnliche Richtung:
Jakobus 2,14-20
»Was hilft es, meine Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, und hat doch keine Werke? Kann ihn denn dieser Glaube retten? Wenn nun ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist und es ihnen an der täglichen Nahrung fehlt, und jemand von euch würde zu ihnen sagen: Geht hin in Frieden, wärmt und sättigt euch!, aber ihr würdet ihnen nicht geben, was zur Befriedigung ihrer leiblichen Bedürfnisse erforderlich ist, was würde das helfen? So ist es auch mit dem Glauben: Wenn er keine Werke hat, so ist er an und für sich tot.
Da wird dann einer sagen: »Du hast Glauben, und ich habe Werke. Beweise mir doch deinen Glauben aus deinen Werken, und ich werde dir aus meinen Werken meinen Glauben beweisen!« Du glaubst, dass es nur {einen} Gott gibt? Du tust wohl daran! Auch die Dämonen glauben es - und zittern! Willst du aber erkennen, du nichtiger Mensch, dass der Glaube ohne die Werke tot ist?«
Bitte achtet beim Lesen des Neuen Testamentes darauf, dass „glauben“ nicht immer gleichzusetzen ist mit „glauben aus einem wiedergeborenem Herzen heraus“

Das wird besonders deutlich beim Lesen des Johannes-Evangeliums. Dort glaubten viele an Jesus und liefen kurze Zeit später davon (s. bes. Kap. 6)! Was war das für ein Glaube?!
Lieber Peter, ich halte es für irreführend und völlig falsch, wenn man behauptet, man könne wiedergeboren sein, aber nicht dem Willen des Vaters unterworfen; und das solche zwar gerettet wären, aber nicht zum Reich Gottes gehörten. Das ist von der Bibel her betrachtet unmöglich
Herzliche Grüße,
Anton