quarks.de auf die Frage "Wann wurde Jesus geboren?" werden die meisten - auch die nicht so Bibelfesten - sofort antworten: Klar, Weihnachten, am 25. Dezember, im Jahre Null (der "Heilige Abend" ist der Vorabend dieses Feiertages).
Doch das ist nicht der wahre Geburtstag Jesu: Es war der 12. November im Jahre 7 vor Christus!
So jedenfalls lautet die Antwort ernst zu nehmender Astronomen und Historiker auf die Frage nach dem Geburtsdatum Jesu. Wer's nicht glaubt, lasse sich von "Quarks&Co" mitnehmen auf einen astronomischen Historienkrimi.
25. Dezember - da wären wir beim ersten "historischen" Missverständnis.Dazu muss man wissen: Unser heutiges Weihnachtsfest verdankt sein Datum -etwas salopp gesprochen- einem historischen Zufall.Die Christen feierten Weihnachten nicht von Anfang an; ganz im Gegensatz zum Osterfest, das an den Tod und die Auferstehung Jesu erinnert und auf das jüdische Passahfest fällt. Jesus wurde nach biblischem Zeugnis am Freitag vor einem Passah, dem ersten Frühlingsvollmond, in Jerusalem gekreuzigt.
Das Osterdatum hat also einen direkten historischen Bezug. Aber das Weihnachtsdatum?
Das wurde -man höre und staune- erst im dritten Jahrhundert in der römischen Kirche eingeführt, selbstverständlich durch einen Papst. Und es verdrängte ein heidnisches alt-römisches Winterfest. Am 25. Dezember feierten die ungläubigen Römer den herannahenden Sieg der Sonne über den Winter. Dieser "sol invictus" (die unbesiegte Sonne) war für die frühen Christen natürlich Christus selbst, die "Sonne der Gerechtigkeit", wie es beim Propheten Maleachi heißt. Das erklärt das Datum 25. Dezember.
Damit ist klar: Unser Weihnachtstermin beruht auf einer Setzung und erinnert an kein konkretes Geburtsdatum.
Historisches Missverständnis Nummer Zwei ist das Jahr Null - das gibt es gar nicht. Wenn man rückwärts in unserem Kalender zählt, dann kommt vor dem Jahr Eins nach Christi sofort das Jahr Eins vor Christi Geburt. Eine Null dazwischen gibt es nicht. Die Zählung unseres Kalenders -also die Jahre nach Christi Geburt- ist auch noch nicht so alt: Erst im Jahre 525 (ausgedrückt in unserem heutigen Kalender) hat sich der gelehrte Mönch Dionysius Exiguus darangemacht, aus allen verfügbaren Quellen das wahrscheinlichste Geburtsdatum Jesu zurückzurechnen. Bei solchen Unternehmen sind Fehler unvermeidlich. Es könnte also sehr wohl sein, dass Christus in einem Jahr vor Christi Geburt -so absurd es klingt- geboren sein könnte. Vieles spricht dafür.
Und hier beginnt der zweite Teil der "historischen" Weihnachtsgeschichte.
Denn jeder kennt sicher die Erzählung von Krippe und Stall, von den Hirten, von den drei Königen und dem Stern von Bethlehem, so wie sie in der Bibel steht. So auch die Historiker und die Astronomen. Diese Forscher fragten sich, ob es nicht möglich wäre, aus diesen -zugegeben spärlichen- Angaben das Geburtsdatum Jesu zurückzurechnen. Schließlich ist hier von einem Himmelsschauspiel die Rede! Und ausgestattet mit allen Segnungen der mathematischen Berechnungskünste wäre es doch ein Leichtes, den Anblick des Himmels von damals zurückzurechnen und auffällige Ereignisse zu finden. Die Liste der ernst zu nehmenden Forscher verzeichnet fast alle, die in diesem Metier Rang und Namen haben:
Johannes Kepler, der deutsche Astronom, Edmond Halley, der englische Kometenforscher, Isaak Newton, um nur einige zu nennen.
Ab hier wird die Geschichte spannend, glaubt man doch zu wissen, was in der Bibel steht. Wer's nachschauen will, lese selbst die ersten Verse im zweiten Kapitel des Matthäus-Evangeliums. Hier steht folgendes:
"Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben Seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um Ihm zu huldigen."
Matthäusevangelium
So liest sich der griechische Text des Matthäusevangeliums:
Wir haben Seinen Stern aufgehen sehen...
Es ist von vielem die Rede: Wir lesen von Sterndeutern (Magiern oder Weisen) aus dem Osten - die Volksfrömmigkeit hat aus ihnen drei Könige gemacht. Es ist vom Aufgehen "Seines" Sternes die Rede, der die Geburt eines neuen Königs in Israel ankündigt. Und vor allem hören wir von einem König Herodes -und genau dieser Herodes ist eine verbürgte historische Gestalt. Aus anderen nichtbiblischen Quellen erfahren wir von ihm nichts Gutes. Machthungrig, von Roms Gnaden auf dem Thron, hatte er jeden, der ihm gefährlich werden konnte, brutal beseitigen lassen, sogar zwei seiner Söhne ins Gefängnis geworfen. Von diesem Herodes I. wissen wir sicher, dass er im März des Jahres 4 vor Christus in Jericho gestorben ist. Und aus dem Lukas-Evangelium wissen wir von der berühmten Steuer-Einschreibung unter dem Statthalter Quirinus.
Nach den Verzeichnissen der höchsten römischen Beamten war dieser Publius Sulpicius Quirinus einer der Konsuln im Jahre 12 vor Christus. In diesem Zeitraum, nach realistischen Schätzungen also zwischen etwa 8 bis 4 vor Christus, kann Jesus nur geboren sein. In diesem Zeitraum müsste -wenn die Erzählung der Bibel stimmt- ein "Stern" am Himmel erschienen sein.
Und hier beginnt der astronomische Teil unserer Weihnachtsgeschichte. Denn viele vermuteten, der Komet Halley könne der Stern von Bethlehem gewesen sein. Der Entdecker des Kometen, Edmond Halley selbst, vermutete das. Es gibt sogar Aufzeichnungen aus China (!), die sein Auftauchen am Himmel verzeichnet haben - alles stimmt, bis auf das Datum... Es ist viel zu früh, nämlich August bis Oktober im Jahre 12 vor Christus.
Alles spricht für eine andere Lösung, und der Erste, der sie vorgeschlagen hat, war Johannes Kepler -aber erst heute fügen sich alle Details des Puzzles zu einem Bild. Und diese Details sind Tontafeln aus Babylon, die heute im britischen Museum in London mit den Nummern BM 34659, 34614 und 35429 aufbewahrt werden.
Babylonische Tontafel
Eine der Tontafeln des britischen Museums,
das genau die Dreierbegegnung am Himmel
zur Zeit Jesu verzeichnet (Nachbildung)
Johannes Kepler vermutete eine spektakuläre Planetenkonstellation am Himmel, eine Konstellation, so außergewöhnlich und selten, dass sie von babylonischen Astronomen sicher beobachtet und gedeutet werden könnte. Er tippte auf ganz nahe Vorübergänge der beiden Planeten Jupiter und Saturn am Himmel -so nahe, dass die beiden hellen Sterne fast zu einem Lichtpunkt verschmelzen. Solche "Konjunktionen" sind äußert selten; aber sie wurden tatsächlich -und hier kommen die Tontafeln ins Spiel- von babylonischen Astronomen vorausberechnet und beobachtet. Ganz besonders selten sind solche Konjunktionen, die dreimal kurz hintereinander stattfinden - die letzte "Dreierbegegnung" zu unseren Lebzeiten fand 1980/1981 statt; die nächste wird sich erst 2238 am Himmel wiederholen.
Was schon Kepler berechnet hatte, nämlich das Jahr 7 vor Christus, genau dieses Datum und noch viele andere Details sind auf der Tontafel des Britischen Museums vermerkt.Was wir heute mit unserer Hochleistungs-Astronomie im Nachhinein berechnen können, steht dort in Keilschrift fein säuberlich aufgelistet: die drei Konjunktionen am 15. März, 20. Juli und 12. November im Jahre 7 vor Christus, und zwar jeweils im Sternbild Fische. Aus der Dreierbegegnung könnten unsere drei Weisen geworden sein.
Wichtig für Astronomen damals war aber nicht die Beobachtung, sondern die Deutung des Himmelsschauspiels. Für sie waren Planeten keine Himmelskörper, sondern Götter selbst, und der Himmel die direkte Entsprechung der Geschichte hier auf der Erde. Jupiter, dieser hellglänzende Stern am Himmel (jetzt in diesen Tagen wieder am Abendhimmel in südwestlicher Richtung eindrucksvoll zu sehen), stand für den höchsten babylonischen Gott Marduk - er war "Der Stern" schlechthin. Saturn entsprach dem babylonischen Kajmanu, einem Wandelstern, der immer nur mit dem König von Israel in Verbindung gebracht wurde. Dieser Kajmanu taucht sogar in der Bibel auf, nämlich in seinem aramäischen Namen Kewan im Buch Amos (Am 5,26) und (griechisch fehlübersetzt) im Neuen Testament als Romfa in der Apostelgeschichte (Apg 7,43). Und eben dieser Saturn stand auch noch im Sternbild Fische, dem himmlischen Ort des Landes Israel. Für die babylonischen Astronomen war also klar: Jetzt ist in Israel ein neuer König geboren und der König von Babylon soll hingehen, um ihm zu huldigen.
Sternenhimmel
So sahen die Babylonier den Sternenhimmel im November 7 vor Christus in südwestlicher Richtung. Die beiden Planeten Jupiter und Saturn stehen im Sternbild Fische - ein Sternbild, so wie wir es auch heute noch kennen.
Von hier ab häufen sich die Übereinstimmungen so sehr, dass eigentlich kein Zweifel mehr bestehen kann. Denn, angenommen, die Babylonischen Gelehrten sahen das erste Ereignis am Himmel, und sie hätten ihren König informiert, was sich da am Himmel abspielte, dann hätten sie ab dem 15. September, dem ersten Abendaufgang der Planeten am Himmel von Babylon (das ist das erste Erscheinen der Planeten am Abendhimmel), die Stadt auf Reitkamelen wie damals üblich verlassen. Genau im Osten hätten sie dann die beiden Planeten superhell am Himmel gesehen - und für die Reise gerade genug Zeit gehabt, um vor dem 12. November in Jerusalem anzukommen, dem vorausberechneten letzten und dritten Zusammentreffen. Eine Ankunft in Jerusalem wäre sicher die Sensation gewesen - zumal die Stadt vor Gerüchten überkochte.
Herodes dürfte nicht erfreut gewesen sein, noch einen gar unbekannten Thronanwärter neben sich dulden zu müssen. Für seine Schriftgelehrten dürfte aber auch klar gewesen sein, wo dieser Jemand zu suchen wäre:
In Bethlehem, einer Stadt kaum 10 Kilometer in Südrichtung von Jerusalem gelegen. Angenommen, die Delegation aus Babylon wäre am 12. November rechtzeitig angekommen, dann wird sie Zeuge eines denkwürdiges Schauspiels am Himmel gewesen sein: Ungefähr in 50 Grad Höhe über dem Horizont, fast genau in Richtung des Weges, den sie ritten, zog ihnen "Der Stern" voran...
Im Matthäus-Evangelium steht es:
"... und sie machten sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt.
Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar."
Ob sie ihn gefunden haben, den "König der Juden", das steht nicht auf den Tontafeln des Britischen Museum, so steht es "nur" in der Bibel. Ob es sie überhaupt gegeben hat, auch das wissen wir nicht, eines wissen wir nur sicher: "Sein Stern" ging auf am 12. November im Jahre 7 vor Christus. Heinz Greuling
source :
www.quarks.de