joasch hat geschrieben:Alle Bibelübersetzungen bis auf die Luther 1545 sowie die „konkordante“ und die „Dabhar“ liegen also Deiner Meinung nach falsch…
Luther hat noch bis wahrscheinlich 1912 »Sabbath« enthalten; zumindest für 1889 kann ich es nachweisen. Wie oben schon dargestellt, sind »all die anderen« durchaus nicht einig in der Übersetzung, einig nur in der Zielsetzung, die kirchliche Lehre zu decken. Menge übersetzt ja sabbaton durchaus als Sabbat, fügt aber das »nach« aus dem nichts ein. Andere übersetzen wiederum sabbaton nicht mehr als Sabbat. Philologisch ist das ja nicht gerade ein schlüssiges Gesamtbild.
joasch hat geschrieben:…Nur Du weißt es besser.…Alle anderen hätten sich nämlich gegen die Wahrheit verschworen und wollten uns zum Halten des Sonntags verführen.…abstruse Verschwörungstheorien…Wer sonntags nicht arbeitet, begeht damit automatisch Götzendienst und betet Mithras an…
…ferner, daß uns ein Ruhetag in der Woche durchaus gut tut. Aber das kann ja nicht sein, weil es nicht sein darf.
Nichts gegen gesunde Polemik, man sollte aber darauf achten, wahrhaftig zu bleiben, da die Wirkung sonst vom polemischen ins demagogische umschlägt. Erstens: Meine Meinung mag eine Minderheitsmeinung sein (was in biblischer Hinsicht ja nicht gerade eine Disqualifikation ist), eine Einzelmeinung ist sie keineswegs. Zweitens: Ich habe nie gesagt, daß das Nichtarbeiten am Sonntag Mithrasanbetung wäre, ich habe aber gesagt, daß die Schrift uns nicht gebietet, den Tag der Sonne zu heiligen und daß jeder, der diesen als »Tag des Herrn« bezeichnet, sich rechtfertigen muß, von
welchem Herrn er denn da redet. Auch ich arbeite nicht an jedem Sonntag, auch ich versammle mich u. a. am Sonntag mit anderen Christen, aber ich
heilige diesen Tag nicht, das heißt, ich lege ihm keine Bedeutung bei, die über die anderer Tage hinausgeht. Drittens habe ich nirgends die Nützlichkeit eines wöchentlichen Ruhetages infrage gestellt. Es ist billig, mit großem Pathos Argumente zu widerlegen, die garniemand vorgebracht hat.
joasch hat geschrieben:Daß man sabbaton „wahlweise“ so oder so übersetzen könne, habe ich übrigens nicht gesagt. Welche dieser Bedeutungen zutrifft, ist nicht willkürlich, sondern wird durch den Kontext bestimmt.
In der Praxis aber offensichtlich nicht durch den Kontext, sondern durch den Übersetzer.
Zu Mt. 28, 1:
joasch hat geschrieben:Luther 1545: „Am Abend aber des Sabbats, welcher anbricht am Morgen des ersten Feiertages der Sabbate, kam Maria Magdalena und die andere Maria, das Grab zu besehen.“
Man kann hier selbst ohne Griechischkenntnisse urteilen, wie sinnvoll dieser Satz ist: ein Abend, der am Morgen anbricht
Das Problem rührt daher, daß Luther hier »Dämmerung, Übergang« mit »Morgen« übersetzt hat, obwohl der Kontext die Abenddämmerung nahelegt.
joasch hat geschrieben:„Nach dem Sabbat aber…(Mt 28,1 Schlachter 1951 – treffend, genau und elegant).
Die Eleganz ist nicht mein Thema, aber die »Übersetzung« von »Abend« (
opsios) als »nach« (wäre
meta, steht allerdings nicht da) als treffend und genau zu bezeichnen, ist schon etwas eigenwillig. Wo nimmt Schlachter das »nach« her? Wo hat er den »Abend« gelassen? Was ist das für ein Umgang mit dem Text?
Die Elberfelder beginnt den Satz z. B.: »Spät am Abend, in der Dämmerung…« und hat damit diese beiden Schlüsselbegriffe des Satzes korrekt wiedergegeben, (bevor sie im zweiten Satzteil auch [falsch] mit dem ersten Wochentag fortfährt).
Eine denkbare nichtkonkordante Übersetzung wäre also etwa: »Aber [am] Abend des Sabbats in der Dämmerung an einem der Sabbate…«, was zwar eine Doppelung ist, (ja, mangelnde Eleganz), aber kein Widerspruch.
joasch hat geschrieben:In Lk 18,12 übersetzt sogar die Lutherbibel von 1545 sabbatou mit „Woche“:
„Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich habe.“
(Wie man an ein und demselben Sabbat zweimal fasten könnte, wäre schon interessant.)
Tatsächlich ist die Übersetzung »…faste zweimal des Sabbats« richtig. Du findest das Fasten in den beiden Tageshälften, (also sowohl von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang als auch von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang) auch in Esther 4, 16 – der Pharisäer hebt hier also hervor, daß er sich diesem »verschärften« Fasten unterwirft.
joasch hat geschrieben:Du berufst Dich übrigens zu Unrecht auf Menges Übersetzung
Ich hatte mich ja nicht direkt darauf berufen, sondern gezeigt, daß auch Menge, der an dieser Stelle sabbaton und mia richtig übersetzt, nur auf den ersten Wochentag kommen kann,
indem er dem Text etwas hinzufügt, nämlich ein »nach«.
joasch hat geschrieben:Doch nehmen wir einmal an,
sábbaton würde tatsächlich
nur „Sabbat“ bedeuten. Was wäre die Folge davon?
„Auf einen Sabbat aber, da die Jünger zusammenkamen, das Brot zu brechen, predigte ihnen Paulus und wollte des andern Tages ausreisen und verzog das Wort bis zu Mitternacht.“ (Apg 20,7 Luther 1545)
„Auf je der Sabbate einen lege bei sich selbst ein jeglicher unter euch und sammle, was ihn gut dünkt, auf daß nicht, wenn ich komme, dann allererst die Steuer zu sammeln sei.“ (1Kor 16,2 Luther 1545)
Na, jetzt schlägt’s aber Dreizehn: Die Lutherbibel von 1545 liefert hier nicht nur den Beweis, daß Christen sich am Sabbat zu versammeln haben, sondern auch daß von ihnen Kirchensteuer zu erheben ist!
Das also wäre die logische Konsequenz, wenn sábbaton stets „Sabbat“ bedeuten würde: Die Christen im Neuen Testament hätten den Samstag geheiligt und an diesem Tag das Brot gebrochen. Also genau das Gegenteil Deiner Meinung. Unsere adventistischen Freunde würd’s freuen.
Wenn der Text es hergäbe, daß die »adventistischen Freunde« sich freuen, wäre dies fraglos hinzunehmen, aber es ist ja nicht so. Es steht hier nur, daß die Jünger sich am Sabbat versammelt haben, genauso, wie andernorts steht, daß sie sich täglich versammelt haben. Von einer
Heiligung des Sabbats steht nichts da. Den Beweis, daß sie sich (auch) am Sabbat versammelt haben, liefert nicht die Lutherbibel 1545 sondern der Grundtext, mit dem Luther
an dieser Stelle übereinstimmt, was überhaupt nichts mit der fragwürdigen Luther-Übersetzung von logeia als Steuer zu tun hat. Mein lieber Joachim, Dein Stil, eine gegnerische These stark zu übertreiben, um dann diese Übertreibung lächerlich zu machen, auf daß dann auch etwas Anrüchiges an der ursprünglichen tatsächlichen gegnerischen These haftenbleibt, gefällt mir gar nicht, das ist weder sachlich noch geistlich.
joasch hat geschrieben:…weitere „Nebenkriegsschauplätze“, wie Du sie so gerne nennst, aber selbst immer wieder anführst (z. B. „Herrentag“ in Off 1,10…
Noch mal zur Erinnerung: Ich war es nicht, der den Begriff »Tag des Herrn« als Entsprechung von »Sonntag« in diese Diskussion eingeführt hat. Ich habe, nachdem er schon mal da war, nur festgestellt, daß es für diese Entsprechung nicht den geringsten biblischen Anhaltspunkt gibt. Dem hast Du zwar widersprochen, bleibst aber den Schriftbeweis bisher schuldig. Da dieses Begriffspaar »Sonntag – Tag des Herrn« zum Standardrepertoire der Sonntagsritter gehört, würde ich das hier nicht als Nebenkriegsschauplatz sehen, sondern als eines der wesentlichen Einfallstore für diese urkatholische Lehre von der Sonntagsheiligung.
Jenseits der Feinheiten in Übersetzungsfragen bleiben also die ganz centralen Lehrfragen:
1.
Wo in der Schrift wird der Bezug von Offb. 1, 10 (Tag des Herrn) auf einen Wochentag, gar auf den ersten Wochentag, nahegelegt?
2.
Wo in der Schrift wird Bezug genommen darauf, daß die Christen den ersten Wochentag als Auferstehungstag zu heiligen hätten? An dieser Stelle noch einmal der Hinweis, daß Mt. 12, 40 zuverlässig ausschließt, daß die Frist zwischen Tod und Auferstehung überhaupt zwischen Freitag und Sonntag gelegen haben könnte.
3. Welchen Platz hätte ein solcher zu heiligender Tag im neutestamentlichen Lehrgerüst, da uns doch die Sabbatruhe in Christus derart nahegebracht ist, daß wir an jedem Tage zur Ruhe gelangen sollen von eigenen Werken, nicht mehr selbst wirken, sondern Christus durch uns wirken lassen? Der Sabbat weist hierauf prophetisch hin, der Sonntag ist ein Fremdkörper, er paßt weder in die neutestamentliche Sabbatlehre noch hat er die geringste prophetische Wurzel im AT.
Es ist übrigens auch wieder völlig ignoriert worden, daß die RKK ja ausweislich der Citate in meinem vorletzten Eintrag
ein Geständnis abgelegt hat, daß sie den Sonntag in Willkür und ohne Schriftbezug eingeführt hat. Da dieses Geständnis sowohl zum biblischen als auch zum historischen Befund paßt, sehe ich keinen Grund, dies nicht als solches anzuerkennen, auch wenn der Grund für dieses Geständnis nicht demütige Schuldeinsicht war, sondern Hochmut. Jeder Täter, der sich in seinem Wahn seiner Taten brüstet, würde von einem Richter schuldig gesprochen, wenn obendrein die Indizien gegen ihn sprechen.
Herzliche Grüße, Stefan.