Ich zitiere hier noch einmal die Bibelpassage, die ich im Eingang des Threads bezüglich der Wiedergeburt angeführt habe:
Hesekiel 36,25-27
»Ich will reines Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet; von all eurer Unreinheit und von allen euren Götzen will ich euch reinigen. Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun.«
(vgl. 5.Mo.30,6; Jer.24,7; 31,31-34; 32,39-41; Hes.11,19-20)
Lieber Till, das ist Evangelium!
Dazu gehört auch die Aussage, dass ein Kind Gottes in Seinen Geboten wandelt und Seine Rechte hält und danach tut!
Ich möchte an dieser Stelle einen längeren Kommentar von Johannes Calvin anführen, den ich sehr treffend finde:
Calvin über Gesetz und Evangelium, altes und neues Testament
Komm. 3. Evangelienharmonie, 1555, zu Matth. 5,17 K. R. 73,170f.
Wiewohl Christus bei der Vollkommenheit seines Lebens mit Recht hätte rühmen mögen, er sei gekommen, das Gesetz zu erfüllen, so handelt es sich hier doch um die Lehre, nicht um das Leben. Weil er es wiederholt laut verkündigte, daß das Reich Gottes gekommen sei und die Gemüter der Menschen mit ungewohnter Hoffnung erhob, auch den Jüngern durch die Taufe den Eingang gewährte, so sind wahrscheinlich viele Gemüter schwankend und zweifelhaft gewesen, und haben ängstlich gefragt, wo es mit solcher Neuerung hinaus wolle. Nun mehr bezeugt Christus, es bestehe so wenig ein Zwiespalt seiner Lehre mit dem Gesetze, daß sie aufs beste stimme mit Gesetz und Propheten kommen und nicht bloß das, sondern das sie eine echte Ergänzung (solidum complementum) bringe. Er scheint aber vor allem durch zwei Anlässe dahin geführt zu sein, diese Übereinstimmung von Gesetz und Evangelium (hunc legis et evangelii consensum) zu bezeugen. Sobald eine neue Lehrweise aufkommt, greift die Menge das so auf, als ob ein Umsturz aller Dinge geschehen sollte: aber die Predigt des Evangeliums war … derart, daß sie Hoffnung machte, die Kirche anders einzurichten, als sie zuvor gewesen war. Sie meinten daher, das alte und gewohnte Regiment solle abgeschafft werden. Diese Meinung war auf vielerlei Weise sehr schädlich. Die frommen Verehrer Gottes hätten nämlich das Evangelium niemals angenommen, wenn es ein Abfall vom Gesetz gewesen wäre, sie leichtfertigen und unruhigen Geister aber hätten die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und wären mit Leidenschaft daran gegangen, den ganzen Stand der Religion zu untergraben …. Dies scheint der erste Grund gewesen zu sein, weshalb Chrsitus leugnete, daß er gekommen sei, das Gesetz aufzulösen …. Der zweite Grund aber ist gewesen, daß er die schlimme Verleumdung entkräften wollte, mit der er bei den weniger Gebildeten und Unwissenden, wie er wohl merkte, beschwert wurde: denn das dies Mal seiner Lehre von den Schriftgelehrten eingebrannt worden ist, geht daraus hervor, daß er gleich nachher wider sie drein fährt. Diese Absicht Christi müssen wir festhalten, daß er die Juden zur Aufnahme des Evangeliums also einlädt und mahnt, daß er sie dennoch im Gehorsam des Gesetzes festhält …. Wohl hatte Gott mit dem Kommen Christi einen neuen Bund (novum foedus) versprochen, aber er hatte zugleich gezeigt, der neue Bund werde keineswegs vom ersten verschieden sein, nein, vielmehr sei dies das Ziel, daß er den Bund, den er von Anbeginn an mit den seinen geschlossen hatte, für alle Zeiten unzerbrüchlich mache. „Ich will“, spricht er, „mein Gesetz in ihr Herz geben und ihrer Sünden nimmermehr gedenken“ (Jer. 31,33). Mit diesen Worten geht er so wenig von dem früheren Bunde ab, daß er vielmehr anzeigt, dieser werde erst dann fest und bestätigt sein, wo der neue darauf gefolgt sei. Und eben das wollen die Worte Christi, wenn er sagt, er sei gekommen, das Gesetz zu erfüllen. Denn in Wahrheit hat er den toten Buchstaben erfüllt, indem er ihn mit seinem Geist lebendig machte und sodann in der Sache selber darbot, was lediglich unter Figuren gezeigt worden war. Mithin, was die Lehre anbelangt, so dürfen wir keine Abschaffung des Gesetzes durch das Kommen Christi erdichten. Denn da die Regel eines frommen und heiligen Lebens ewig ist, so muss sie unveränderlich sein, gleich wie es nur eine einzige und beständige Gottesgerechtigkeit gibt, die darin begriffen ist. Was die Zeremonien anlangt, die freilich als etwas Fremdartiges angesehen werden können, so sind sie doch allein im Gebrauche (solo usu) abgeschafft: aber, das, was mit ihnen bedeutet, ist desto mehr gebilligt worden. Deshalb hat das Kommen Christi nicht einmal den Zeremonien einen Abtrag getan, vielmehr hat die Darbietung der Wahrheit, die unter den Schatten verborgen war (erhibita umbrarum veritas), ihnen Festigkeit verliehen, sondern sofern wir an der gedigenen Wirkung, die wir sehen, erkennen, daß sie nicht eitel noch unnütz gewesen sind. Darum wollen wir lernen, diese heilige Verbindung von Gesetz und Evangelium unverletzlich zu wahren, die Viele mit Unbedacht auflösen. Denn es trägt nicht wenig dazu bei, den Glauben an das Evangelium zu befestigen, wenn wir hören, es sei nichts anderes als eine Ergänzung zum Gesetz, sodaß sie in Eintracht miteinander Gott als ihren gemeinsamen Urheber erkennen lassen.
Quelle: Emanuel Hirsch, Hilfsbuch zum Studium der Dogmatik, Berlin 1964, 4. Auflage, S. 109-111.
Schaue mal, was in Philipper 1,27 steht:
»Nur führt euer Leben würdig des Evangeliums von Christus«
Gesetz und Evangelium, mein Freund, gehören zusammen!
Nur müssen bezüglich des Heilsweges Evangelium und Gesetz scharf differenziert werden. Denn das Gesetz kann niemanden retten, das Evangelium von Christus aber rettet jeden, der daran glaubt!
Die Einteilung der Bibel in Gesetz und Evangelium finde ich nicht gut.
Es scheint mir fast, als wollten wir damit Gott selbst zerteilen...
Liebe Grüße,
Anton