Eine kritische Stellungnahme
Zunächst wollen wir das Wort Gottes selbst zum Thema reden lassen. Das NT gibt uns an drei Stellen Hinweise auf eine für Christen angemessene Verwendung von Musik:
„… werdet mit dem Geist erfüllt, redend zueinander in Psalmen und Liedern und geistlichen Liedern, singend und spielend dem Herrn in euren Herzen, danksagend allezeit …“ (Eph 5,18-20).
„Lasst das Wort des Christus reichlich in euch wohnen, indem ihr in aller Weisheit euch gegenseitig lehrt und ermahnt mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern, Gott singend in eurem Herzen in Gnade“ (Kol 3,16).
Aus diesen beiden Stellen wird bereits deutlich, dass zum einen die Musik textbetont sein soll („redend“, „lehrt und ermahnt“), zum anderen von innen, aus dem Herzen kommen soll, als Ausdruck dessen, wovon wir innerlich erfüllt sind. Das wird auch durch die dritte Stelle besonders klar:
„Leidet jemand unter euch Trübsal? Er bete. Ist jemand guten Mutes? Er singe Psalmen“ (Jak 5,13).
Die Anweisung lautet also nicht: „Ist jemand schlecht drauf, dann soll er Musik hören, um in gute Stimmung zu kommen.“ Abhilfe gegen schlechte Stimmung soll im Gebet beim Herrn gesucht werden; froher Gesang ist hingegen ein Ausdruck innerlich bereits vorhandener Freude.
Anbetung geschieht dem NT nach „in Geist und Wahrheit“ (Joh 4,24). Sie hat Opfercharakter („…lasst uns Gott ein Opfer des Lobes darbringen“; Heb 13,15), insbesondere den Charakter des Rauchopfers: „… goldene Schalen voller Räucherwerk; das sind die Gebete der Heiligen“ (Off 5,8). Ein Opfer ist nun gerade etwas, das man nicht für sich selbst haben will, sondern das man von sich aus abgibt. Gott schärft uns das im AT besonders ein:
„Was aber das Räucherwerk, das du machen sollst, angeht – in seiner Zusammensetzung dürft ihr keins für euch herstellen; als etwas Heiliges für den HERRN soll es dir gelten. Wer etwas derartiges macht, um daran zu riechen, der soll aus seinen Völkern ausgerottet werden“ (2. Mo 30,38).
Hier ist also klar und deutlich Gottes Wille gezeigt, dass Anbetung nicht zum eigenen Genuss und auch nicht zu Unterhaltung, Zeitvertreib oder dem Erzeugen einer „geistlichen Atmosphäre“ bestimmt ist, sondern allein für Gott.
Anbetung ist auch sicherlich nicht etwas, das als Konsum- und Komerzgut vermarktet werden sollte. Doch die Produzenten preisen ihre „Stars“ und deren „Lobpreis“ aus der Konserve mit allen Mitteln der Überredungskunst an. Hier einige erschreckende Beispiele, die zudem verdeutlichen, dass es sich hierbei keineswegs um Anbetung „im Geist“ handeln kann:
„Mitreißender Lobpreis – dichte Anbetung – aktuell. Eine gelungene Mischung aus Liedern von Vineyard, Hosanna, Graham Kendrick und bekannten Ohrwürmern – in deutscher Sprache. Mit ihrem jeweils eigenen Charakter vermitteln diese Produktionen die Atmosphäre tiefer und lebendiger Anbetung.“
„Ihre Musik strahlt eine wohltuende Ruhe für die Seele aus. Lassen Sie sich von Rob & Gill Bennett in die Anbetung Gottes mit hineinnehmen.“
„Lionel Peterson war Anbetungsleiter und führte die 5000 Anwesenden zum Thron Gottes. Mit von der Partie war eine Weltklasse-Band.“
„Die Liste seiner musikalischen Engagements liest sich wie eine Feinschmecker-Speisekarte: … Paul McCartney, die Musicals Cats, Phantom der Oper … Lassen Sie sich von wunderschönen Flötenklängen verzaubern. Bob McKay interpretiert mit Flöte und Klarinette Anbetungslieder.“
„Sie müssen diese Kinderlobpreisproduktion … einfach gehört haben. Frisch-frech engagiert und mit viel Pep.“
„Ungezwungen – natürlich – jedesmal individuell … Jede Produktion ein Ruf nach dem Vater – man spürt die sanfte und immer aufs neue prickelnde Gegenwart Gottes!“
„[… dass die Interpreten] die ehrlichen Texte von Herzen und aus dem Bauch singen. Die Hingabe dieser neuen Lobpreisleiter wird auch Ihnen die Musik und die Texte unter die Haut gehen lassen“.
Diese wenigen Beispiele vermitteln einen Eindruck von dem Verständnis von Anbetung und „geistlicher“ Musik auf Seiten der Interpreten, Produzenten und Verlage. Im Vordergrund steht (neben dem Profit) offensichtlich der Genuss des Hörers aufgrund einer vorgegaukelten „unter die Haut“ gehenden, „immer aufs neue prickelnden“ Gegenwart Gottes.
Hier geht es offensichtlich nicht um die Anbetung – also die Ehre und Verherrlichung Gottes – sondern, neben dem Profit, um den eigenen Genuss. Dieser „Feinschmecker“-Ohrenschmaus soll durch ein fleischlich-seelisches („prickelnd“, „aus dem Bauch“ usw.) „Gotteserlebnis“ erreicht werden. Äußerst bedenklich ist, dass sowohl der Musik als auch den Musikern oder „Anbetungsleitern“ die Fähigkeit zugeschrieben wird, in Gottes Gegenwart, ja zu seinem Thron zu führen. Zu Gott führt uns laut Bibel jedoch einzig und allein der Herr Jesus Christus aufgrund seines vollbrachten Werkes von Golgatha.
„So können wir jetzt durch das Blut Jesu in das Heiligtum eintreten, auf dem neuen und lebendigen Weg, den er uns durch den Vorhang, das ist durch sein Fleisch, freigemacht hat“ (nach Heb 10,19-20).
„Christus hat einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für uns Ungerechte, damit er uns zu Gott führe“ (nach 1. Pt 3,18).
„Einer ist Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Jesus Christus“ (1. Tim 2,5)
Die „Anbetungsmusik“ birgt somit die große Gefahr in sich, Ungläubigen eine falsche Möglichkeit vorzutäuschen, zu Gott zu kommen. Die Musik und ihre Macher sollen die Hörer angeblich, anstelle von Christus, in die Gegenwart Gottes führen. Interessanterweise umgehen die Texte der Anbetungsmusik das Kreuzesopfer Christi fast vollständig; meistens machen alttestamentliche Motive den Inhalt aus. Dadurch entfällt auch jede möglicherweise evangelistische Wirkung der Lieder – weil das Kreuz fehlt.
Eine Wirkung hat die Musik jedoch ohne Frage, nur sicherlich keine geistliche: Mitreißend, verzaubern, unter die Haut usw. sind Vokabeln, die mitsamt den herangezogenen weltlichen Rockmusikern eher in das Reich von Massensuggestion und okkulter Verführung gehören.
Bei frisch-frecher „Anbetungsmusik“ mit viel Pep ist sicherlich nicht der Heilige Geist am Werk, der alles andere als frech ist. Fraglich ist, von welchem Geist sich die Musiker dann inspirieren lassen, und welcher Geist schließlich auch auf die Hörer wirkt. Das Thema Anbetung Gottes lässt keine Neutralität zu, wenn Gott dabei nicht angebetet wird, dann wird er durch die Beanspruchung seines heiligen Namens gelästert und die Anbetung in einem anderen Geist, durch einen anderen Mittler, auf einen anderen Gott gerichtet.
Der Bibel entnehme ich, dass es nicht Gottes Wille sein kann, dass diese moderne „Anbetungsmusik“ produziert, vermarktet und konsumiert wird. Ich bitte Sie, dieses selbst aufrichtig anhand des Wortes Gottes und unter Gebet zu prüfen.
Quellen der Beispieltexte: Prospekte des Musikverlages Projektion J / Music House, Wiesbaden (1992-93/94) und des Asaph Buch- und Musikvertriebs, Lüdenscheid, 94/95.
Literaturempfehlung:
Rudolf Ebertshäuser: Die Charismatische Bewegung im Licht der Bibel, CLV, Bielefeld 1995, Kapitel IX: „Die charismatische Anbetungspraxis …“
Martin Heide: Musik um jeden Preis?, CLV, Bielefeld, 1989.
© Betanien Verlag 2001